„Zeit-Killer“ Medienkonsum: Ein Drittel aller Jugendlichen will ohne Smartphone nicht leben

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HEILBRONN. Medienkonsum macht dick, behaupten Wissenschaftler, denn hoher Medienkonsum wirkt sich negativ auf die Bereitschaft zu sportlicher Aktivität aus. Müssen wir künftig also mit einer Hoch-BMI-Smartphone-Nerd-Generation rechnen? Ganz so einfach liegen die Zusammenhänge glücklicherweise nicht, wie neue Forschungsergebnisse nahe legen.

Jugendliche beschäftigen sich in ihrer Freizeit lieber mit Smartphone, Tablet und portablen Spielkonsolen als mit Sport: 10,3 Stunden Medienkonsum an Wochentagen und gar 12 Stunden an den Wochenenden stehen 5,1 Stunden Sport pro Woche gegenüber. Das hat eine Studie zum Zusammenhang zwischen Mediennutzung und körperlicher Aktivität ergeben. Im Durchschnitt betätigten sich die Kinder und Jugendlichen an 4,4 Tagen der Woche sportlich. Sie waren durchschnittlich über einen Zeitraum von 5,1 Stunden aktiv.

Sport und Smartphone gleichzeitig: Da wird kein Schuh draus.Foto: Marvin Nauman /WIkimedia Commons (Public Domain)
Sport und Smartphone gleichzeitig: Da wird kein Schuh draus. Foto: Marvin Nauman / Wikimedia Commons (Public Domain)

Ein internationales Forscherteam hatte 391 Heranwachsende im Alter zwischen 10 und 14 Jahren in Tirol untersucht. Die Wissenschaftler haben einerseits den Body-Mass-Index und die motorischen Fähigkeiten bestimmt, andererseits den Medienkonsum der Jugendlichen erfragt.

Professor Sebastian Kaiser-Jovy von der Hochschule Heilbronn kommentiert die Ergebnisse: „Als Teil eines zunehmend komplexen Freizeitverhaltens in der Jugend ist der Gebrauch von Medien ein bedeutender und bestimmender Faktor für die sportlichen Aktivitäten und die motorischen Leistungen“. Zusammen mit seinen Kollegen Anja Scheu (Uni Mainz) und Klaus Greier (Uni Innsbruck) hat er die Studienergebnisse kürzlich veröffentlicht.

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Wie sehr der Medienkonsum in Konkurrenz zu allen anderen Aktivitäten des täglichen Lebens tritt, zeigen die Erhebungsdaten: Im Durchschnitt verfügt jeder der Heranwachsenden über 5,6 der folgenden Geräte: Fernsehen, Mobiltelefon, Smartphone, Tablet, PC/Laptop, stationäre und portable Spielkonsolen, CD-Spieler, MP3-Player und Radio. 31,1 Prozent gaben an, sie könnten ohne Smartphone nicht leben. Die soziale Schicht spielt dabei keine Rolle. Die Anzahl der verfügbaren Medien ist ebenfalls unabhängig vom Alter, dem Schultyp oder dem sozialen Status der Familien. Sie ist auch unabhängig von einem möglichen Migrationshintergrund.

Nahm man alle Medien in Betracht, so benutzten die Heranwachsenden die Geräte pro Tag im Durchschnitt 10,3 Stunden lang. Am Wochenende waren es bereits zwölf Stunden. Der Konsum von Medien mit Bildschirmen macht davon unter der Woche im Durchschnitt 8,2 Stunden aus, am Wochenende sind es 9,9 Stunden. Die Gesamtwerte waren bei den Jungen um 2,5 Stunden höher als bei den Mädchen.

Starker Medienkonsum, ein hoher BMI-Wert und Migrationshintergrund korrelieren negativ mit sportlichen Aktivitäten und den motorischen Fähigkeiten. Allerdings bedingen sich die Faktoren gegenseitig und können sowohl Ursache als auch Nebeneffekt sein. Medienkonsum beeinflusst sportliche Aktivitäten bzw. motorische Fähigkeiten nicht per se. Es handelt sich eher um einen „Zeit-Killer“ und ist damit Teil des komplexen Freizeitverhaltens bei Jugendlichen. (zab, pm)

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2 Kommentare
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xxx
6 Jahre zuvor

Eine Nerd-Generation wage ich mal zu bezweifeln, weil damit noch immer jemand verbunden wird, der ständig am PC o.ä. hängt, aber noch eine hohe (naturwissenschaftliche) Intelligenz besitzt. Und diese wird durch das gegenwärtige gender-gleichmacher-inklusions-getue weder gefördert, noch gefordert, noch überhaupt entdeckt.

Küstenfuchs
6 Jahre zuvor

Ich sehe da ein ganz anderes Problem: Wir züchten eine Generation heran, die 24/7 erreichbar sein will und noch mehr von der Meinung anderer abhängig ist. Konnte man früher Mitschülern, mit denen man keinen Kontakt wollte, nach 13 Uhr aus dem Weg gehen, ist heute eine Dauerkommunikation gegeben. Und damit nehmen auch Mobbing-Fälle (und ich meine hier echtes Mobbing) noch zu.