Bei der IQB-Studie zeichnet sich ein Desaster ab – Kultusminister stellen fest: Ohne Lehrer keinen Bildungserfolg!

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BERLIN. Das Bildungsniveau der Grundschüler in Deutschland ist wohl deutlich in den Keller gesackt – das sickerte aus der großen IQB-Vergleichsstudie, die am heutigen Freitag veröffentlicht wird, bereits durch. Aktueller denn je ist deshalb die Frage, wie wirksame Schritten gegen den zunehmenden Lehrermangel aussehen können.

Wie sieht der Lehrerbedarf in sechs oder sieben Jahren aus? Schwierig vorauszusehen. Foto: Chase Elliott Clark / flickr (CC BY 2.0)
Ja, wo laufen sie denn? Der Markt für Grundschullehrkräfte ist abgegrast. Foto: Chase Elliott Clark / flickr (CC BY 2.0)

Unmittelbar vor der Präsentation einer neuen großen Schulstudie wird der Ruf nach mehr Lehrern für Deutschlands Schulen lauter. «Ohne ausreichend Lehrer kann es keinen Bildungserfolg geben», sagte Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) auf Anfrage in Berlin. Am Donnerstag hatte sich die Kultusministerkonferenz (KMK) bereits auf Maßnahmen zur Gewinnung von mehr neuen Lehrern verständigt.

An diesem Freitag stellt die KMK in Berlin eine Studie über das Niveau von Grundschülern in Deutsch und Mathematik vor. KMK-Präsidentin Susanne Eisenmann sprach von einer wichtigen Standortbestimmung. «Wir erhalten differenziert darüber Auskunft, inwieweit sich das Kompetenzniveau der Schülerinnen und Schüler in der vierten Jahrgangsstufen in den einzelnen Ländern entwickelt hat», sagte die baden-württembergische Bildungsministerin der dpa. «An der Studie haben rund 30 000 Schülerinnen und Schüler der vierten Jahrgangsstufe aus allen 16 Ländern teilgenommen.»

Die Studie zeigt laut baden-württembergischen Medienberichten, dass das Bildungsniveau vom Jahr 2011 auf 2016 in ganz Deutschland massiv gesunken ist – vor allem in zwei Bundesländern: Bremen und Baden-Württemberg. Das berichteten die «Heilbronner Stimme» und der «Mannheimer Morgen» am Donnerstag unter Berufung auf Südwest-Regierungskreise. Auch die «Südwest Presse» berichtete darüber. In Stuttgart verlangten die oppositionellen SPD und FDP bereits nachdrücklich Maßnahmen zur Stärkung der Grundschulen.

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Rabe sagte, gegen den Lehrermangel seien kurzfristige Schritte und längerfristige Konzepte nötig. «Es ist ein Zukunftsthema, dessen Brisanz sich immer schärfer abzeichnet.» Bestimmte Länder hätten erhebliche Probleme, ausreichend Nachwuchs zu finden.

Rabe zeigte sich offen dafür, verstärkt Uniabsolventen ohne Lehramtsstudium einzustellen. Geklärt werden müsse: «Was lassen wir zu?» Um die Situation dauerhaft zu entschärfen, müssten die Ausbildungskapazitäten erhöht werden.

Rabe sagte, bei Schultests dürften die Veränderungen in der Schülerschaft als Grund für durchschnittliche Änderungen der Schülerkompetenz nicht außer Acht gelassen werden. So seien weit mehr Kinder von nach Deutschland Geflüchteten als vor wenigen Jahren in den Schulen.

Die KMK hatte festgestellt, dass insbesondere die Grundschulen, die Sonderpädagogik und die beruflichen Schulen von Lehrermangel betroffen seien. In den ostdeutschen Ländern herrsche noch deutlich mehr Bedarf als in westdeutschen Ländern. Nun solle unter anderem eine Stärkung der Berufs- und Studienorientierung geprüft werden – mit dem Ziel, dass mehr junge Menschen ein Lehramtsstudium aufnehmen. dpa

 

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17 Kommentare
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xxx
6 Jahre zuvor

Interessant, dass der Lehrermangel als Hauptursache festgelegt wurde und nicht die Kompetenzorientierung, die vermurkste Inklusion, zumindest kritisierbare Methoden wie Schreiben nach Gehör, nicht erfüllter Erziehungsauftrag seitens der Eltern, Spiel und Spaß an der Schule anstelle von Lernen und Leistung, immer mehr Nebenkriegsschauplätze für Lehrer usw.

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

XXX
Sollte es nicht heißen Lernen, Leisten und Erfolg, denn ohne den macht Lernen keine Freude.
Es sollte eine strukturierte Vermittlung der Schriftsprache und des Lesens vom ersten Schultag an erfolgen, und nicht erst ab der dritten Klasse. Spaß und Freude gewinnt man als Schüler am nachhaltigen Erfolg und nicht durch ein verspieltes „Gäschraipsäl“ mit einer Anlaut-Tabelle, die nicht die Haupt-und Orthgrapheme der deutschen Schrift vermittelt.
Jedem Grundschullehrer sollte die Standartlautierung der deutschen Schriftsprache bekannt sein, dessen Regelhaftigkeit nachhaltig vermittelt worden sein und eine wissenschaftlich fundierte Didaktik eigen sein. Dementsprechend sollte eine Entsorgung der Anlaut-Tabellen aus dem Anfangsunterricht als zentrales Arbeitsmedium beim Schriftspracherwerb und des Erlernen des Lesens erfolgen. Das heißt Verbot ! Unglaublich!
Wir brauchen Grundschulehrer die lehren und nicht Grundschullehrer, die eine Leere im Schriftsprach- und Leseerwerb hinterlassen.

GriasDi
6 Jahre zuvor

Scheinbar laufen all die Reformen der letzten Jahre ins Leere – im Gegenteil, alles scheint schlechter zu werden. Fazit: Lasst das Reformieren, zurück zu erfolgreicheren Methoden und Lehrplänen.

Cavalieri
6 Jahre zuvor
Antwortet  GriasDi

Ich kann GriasDi nur zustimmen: Da wird uns seit langen Jahren erzählt, wie großartig sich die neuen kompetenzorientierten KMK-Bildungsstandards auswirken werden. Für die Grundschulen gibt es die seit 2004. Dann beschäftigen sich wachsende Hundertschaften von Didaktikern und Bildungswissenschaftlern mit der Forschung in diesem Bereich, finanziert mit vielen Millionen vom BMBF. Und dann bringt’s aber nichts, im Gegenteil. Hier sollte mal etwas Ehrlichkeit einkehren statt des üblichen Schönredens.

F. H.
6 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

„kompetenzorientierte KMK-Bildungsstandards“ sind für mich nur appetitliche Ersatzkriterien und -erklärungen für nachweislichen Leistungsschwund.
Ein nebulöser Kompetenzgewinn lässt sich relativ gut herbeireden, wenn handfestes Können schwindet.

xxx
6 Jahre zuvor
Antwortet  F. H.

Es geht noch viel einfacher:
Einen Stift halbwegs richtig halten können, ist eine Kompetenz.
Wissen, wie man mit Google-Suche eine Frage beantwortet, ist bereits eine Kompetenz.
Was das mit Bildung oder Können zu tun hat, weiß ich nicht. Ich bin aber auch Lehrer, kein Bildungswissenschaftler.

xxx
6 Jahre zuvor
Antwortet  GriasDi

Streng genommen wäre „Zurück zu erfolgreicheren Methoden und Lehrplänen“ eine erneute Reform. Recht haben Sie aber trotzdem. Allerdings hätten die Schüler und deren Eltern keinen großen Spaß an dieser Reform, weil dadurch der zu vermittelnde Unterrichtsstoff erstens umfangreicher und zweitens anspruchsvoller wird. Vom politisch gewünschten Ziel der 50% Abiturquote kann man sich verabschieden, Gymnasien werden sich mangels geeigneter Schüler verkleinern müssen und geschlossene Hauptschulen müssen reaktiviert werden, weil die Sekundarschulen so groß werden, dass eine Rückaufspaltung in Real- und Hauptschulen sinnvoll wird. Als Niveaugrößenordnung kann man das aktuelle Niveau eine Stufe nach unten schieben, also HS10->HS9 ; MSA->HS10 ; Gymnasium Ende Sek I-> MSA (inhaltlich) ; Abitur LK->Abitur GK ; Abitur LK-neu wird wissenschaftspropädeutisch. Die Kompetenzorientierung wird gestrichen und durch Inputorientierung ersetzt.

sofawolf
6 Jahre zuvor
Antwortet  GriasDi

@ xxx

Genau !

sofawolf
6 Jahre zuvor
Antwortet  GriasDi

@ GriasDi,

ebenfalls Zustimmung meinerseits.

Hoi polloi
6 Jahre zuvor

Es ist sehr einfach die Schuld auf fehlende Lehrer und „neue“ Methoden zu schieben ich glaube eher die Fähigkeiten den Kindern etwas beizubringen fehlen immer noch bei den meisten Lehrern. Viele werden Lehrer weil es ihnen zu schwer fiel ein Diplom zu bekommen. Heute ist es sicher nicht anders. Lehrer müssen besser (ausgebildet) werden. Wenn die Schüler etwas nicht verstehen sind meistens die Lehrer schuld, viele Lehrer sind nicht in der Lage Schülern einfache Sachen verständlich zu erklären.

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  Hoi polloi

Wie und was wollen Sie an der Lehrerausbildung verändern ? Was ist Ihrer Meinung nach nicht gut an einer multimodalen Methodik?
Propagiert wird eine Methodenvielfalt ohne wissenschaftlichen Nachweis, nicht Empirie,der Wirksamkeit.

xxx
6 Jahre zuvor
Antwortet  Hoi polloi

Ist es aber nicht auch so, dass die Lehrer / Lehrpläne / Unterrichtsmethoden immer weiter auf die Schüler zugegangen sind und gleichzeitig immer weniger von den Schülern verlangten? Wenn Sie noch SchülerIn sind, fragen Sie mal Ihre Großeltern, was sie für Unterrichtsstoff für ihren höchsten Schulabschluss lernen mussten und was heutzutage für denselben Abschluss verlangt wird. Mir kommt es dabei auf Basiswissen an, nicht auf das Erstellen einer PowerPoint-Präsentation. Ich habe das Gefühl, dass eine kritische Masse von Schülern zwei Schritte zurück geht, wenn der Lehrer versucht wie auch immer einen Schritt auf sie zu zu gehen. Gleichzeitig beschweren sich die Schüler, teilweise über die Eltern direkt an die Schulleitung, wenn der Lehrer die Schüler nicht erreicht.

Zwei Beispiele: Die Leistungskurse von heute hatten weniger Inhalt und Tiefgang als die Grundkurse meiner Schulzeit (NRW, um Jahrtausendwende). Der DDR-Lehrplan Mathematik für das MSA-Äquivalent um 1980 hatte teilweise Inhalte, die man heutzutage keinem ausgewachsenen Leistungskurs mehr zumuten kann.

sofawolf
6 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

ZITAT: „Ist es aber nicht auch so, dass die Lehrer / Lehrpläne / Unterrichtsmethoden immer weiter auf die Schüler zugegangen sind und gleichzeitig immer weniger von den Schülern verlangten?“

Genau!

Cavalieri
6 Jahre zuvor
Antwortet  Hoi polloi

„Ich glaube eher die Fähigkeiten den Kindern etwas beizubringen fehlen immer noch bei den meisten Lehrern.“
(Zitat Hoi Polloi)
Was heißt denn „immer noch“? Warum wird es denn tendenziell sogar schlechter statt besser? Noch nie hatten wir so viele Lehrer/innen, die so viel Pädagogik und Didaktik in ihrem Werdegang gelernt haben, wie heute. Noch nie hatten wir so viel didaktische Forschung, noch nie so viel Bildungs-Monitoring. Alles auf unfähige Lehrer zu schieben, verkennt die zahlreichen Schulreformen und -reförmchen, oft genug im Rhythmus der Landtagswahlen. Schauen Sie nur nach Baden-Württemberg: Von 2011 bis 2016 hat grün-rot regiert, und von 2011 bis 2016 gibt es eine negative Bilanz bei diesen IQB-Tests. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Emil
6 Jahre zuvor

Der eigentliche Grund ist in der Praxis offensichtlich, man nennt den Feldversuch an lebenden Kindern Inklusion.
Dass der Leistungsstand von Klassen, in denen sich Ese-Kinder austoben, Autisten sich auf dem Boden wälzen und LB-Kinder Unmengen an Lehrerzeit benötigen ist selbstverständlich zunehmend geringer. Früher hat der Lehrer unterrichtet, heute versucht er vorwiegend das totale Chaos zu verhindern.
Tut mir leid, ist aber Realität…

ysnp
6 Jahre zuvor
Antwortet  Emil

Genau Emil. So ist es. Und solche Klassen sind keine Ausnahmen mehr. Ist ja auch logisch, wenn sich Rahmenbedingungen nicht ändern und die Zusammensetzung einer Klasse schwieriger wird. Mit Methoden kann man das nie im Leben auffangen.

xxx
6 Jahre zuvor
Antwortet  Emil

Das Problem ist, dass immer mehr Menschen studieren, relativ noch viel mehr in den Geisteswissenschaften und darin auch einen Abschluss erreichen wollen. Dazu erfordert es oft Studien, die im Bildungsbereich leider nur im Feldversuch mit lebenden Kindern durchgeführt werden können. Dummerweise haben diese Studierenden oder Promovierenden oft genug kaum Ahnung von Mathematik und Testerstellung, weshalb von einer kleinen Stichprobe auf die Gesamtheit und von Korrelation auf Kausalität geschlossen wird. Dazu kommt die wie ich finde katastrophale Durchseuchung der Geisteswissenschaften durch die Gender Studies, die wie es ihnen passt die Besonderheiten der diversen Geschlechter (bzw. einseitig Frauen) hinweisen und behaupten, dass es keine Unterschiede gibt. Wissenschaftlich brauchbare Ergebnisse bringen sie nicht hervor, die seriösen Wissenschaftler (bzw. einseitig Männer) mögen die Behauptungen der Genderologen doch widerlegen.