Der Philologenverband hat eine neue Chefin – und die ist keine Lehrerin (mehr), sondern Professorin

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BERLIN. Die Vertreterversammlung des Deutschen Philologenverbandes (DPhV) hat in Berlin mit großer Mehrheit Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing zur neuen Bundesvorsitzenden gewählt. Die 54-jährige Professorin für das Gymnasium an der Universität Marburg folgt Heinz-Peter Meidinger als DPhV-Vorsitzende. Meidinger ist bereits im Sommer an die Spitze des Deutschen Lehrerverbands gerückt, einem Dachverband, dem auch der Philologenverband angehört.

Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, neue Bundesvorsitzende des Philologenverbands. Foto: Hessischer Philologenverband
Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, neue Bundesvorsitzende des Philologenverbands. Foto: Hessischer Philologenverband

Die neugewählte Vorsitzende kündigte an, sich offensiv für eine anspruchsvolle Profilierung des Gymnasiums einzusetzen. „Das Kerngeschäft der grundständigen gymnasialen Bildungsarbeit ist der kognitiv anspruchsvolle, fordernde und fördernde Fachunterricht mit dem Ziel der vertieften Allgemeinbildung, Wissenschaftspropädeutik und Studierfähigkeit“, sagte Lin-Klitzing ihrer Antrittsrede. „Das ist das Alleinstellungsmerkmal des Gymnasiums und seine herausragende Bedeutung in einem pluralen und differenzierten Schulsystem – zu dem auch die Förderschulen gehören.“

Gleichzeitig erteilte Lin-Klitzing politischen Bestrebungen in mehreren Bundesländern eine Absage, das Gymnasium durch eine undifferenzierte Lehrerausbildung von seinem Nachwuchs her auszuhöhlen. Sie werde sich für eine schulartspezifische gymnasiale Lehrerbildung und eine dementsprechende Lehrerbesoldung einsetzen, so die neue Bundesvorsitzende weiter. Hierfür sei auch ein Brückenschlag zwischen Gymnasium und Universität notwendig.

Die Aufgabe, der sie sich in ihrer vierjährigen Amtszeit stellen werde, umriss die neue Bundesvorsitzende mit den Worten „Gymnasiale Bildung unter den derzeitigen Bedingungen leben“. Lin-Klitzing: „Wir haben eine besondere Perspektive, die wir uns nicht nehmen lassen sollten: Es geht im gymnasialen Bildungsgang um wissenschaftsorientierte Bildung für die jungen Menschen.“

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Dazu gehöre auch, sich der Herausforderung der zunehmenden gesellschaftlichen Digitalisierung zu stellen, gleichzeitig aber einem verkürzten Verständnis von sogenannter „Digitaler Bildung“ entgegenzutreten. „Reflektierte Bildungsprozesse der Schülerinnen und Schüler stehen im Vordergrund gymnasialer Bildungsarbeit! Dazu bedarf es heutzutage aber auch einer angemessenen digitalen Infrastruktur an den Gymnasien!“, so die Chefin.

Lin-Klitzing, die bis 2000 als 2000 Studienrätin an Gymnasien in Baden-Württemberg arbeitete, bevor sie in den Hochschuldienst wechselte, ist seit 2001 Mitglied im Geschäftsführenden Vorstand des Deutschen Philologenverbandes. Seit zehn Jahren leitet Susanne Lin-Klitzing den wissenschaftlichen Beirat des DPhV, in dessen Rahmen eine eigene Buchreihe „Gymnasium – Bildung – Gesellschaft“  gegründet wurde, um so wichtige Themen wie Begabtenförderung, Übergänge im Schulwesen, Abitur und Studierfähigkeit, Leistungsstandards und „Auf die Lehrperson kommt es an!“ zu besetzen.

„Gewinnendes Durchsetzungsvermögen“

Angetan zeigt sich der Hessische Philologenverband, dass mit Lin-Klitzing ein Mitglied aus den eigenen Reihen nunmehr an der Spitze des DPhV steht. Im Hessischen Philologenverband gehört sie dem Pädagogischen Ausschuss sowie dem Landesvorstand als kooptiertes Mitglied an. Lin-Klitzing ist Sprecherin der Philipps-Universität Marburg im Deutschen Hochschulverband und Dekanin des Fachbereichs Erziehungswissenschaften. Durch ihre langjährige Tätigkeit in der gymnasialen Lehrerbildung ist sie mit den Kernthemen von Gymnasiallehrkräften bestens vertraut. „Ihr Sachverstand, der ihr auch bei der Verbindung von Theorie und Praxis hilft, ihre Intellektualität, ihr gewinnendes Durchsetzungsvermögen werden den Verband weiter stärken im Kampf um eine anspruchsvolle gymnasiale Bildung“, so heißt es beim Hessischen Philologenverband.

Meidinger im N4t-Interview zum Lehrermangel: Seiteneinstieg sogar schon ohne Hochschulstudium – “Ich bin entsetzt”

Neu als Stellvertretender Bundesvorsitzender wurde der 52-jährige Schulleiter des Justus-von-Liebig-Gymnasiums in Neusäß (Bayern), Stefan Düll, gewählt. Schatzmeister Andreas Bartsch (Nordrhein–Westfalen) und zwei der Beisitzer, Gabriela Kasigkeit (Berlin) und Steffen Pabst (Sachsen), erhielten erneut das Vertrauen der Vertreterversammlung und wurden im Amt bestätigt. Neu in den Vorstand wurden die Beisitzer Dr. Markus Hahn (Saarland) und Dr. Thomas Knoblauch (Rheinland-Pfalz) gewählt. N4t

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dickebank
6 Jahre zuvor

DPhV oder der Geselligkeitsverein der Dinosaurier …

Wie abgehoben der Verein ist, sieht man doch schon an der Tatsache, dass die Mitglieder eine „Unterrichtsflüchterin“ auf den Vorstandssitz heben.

sofawolf
6 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Das ist doch nur pures Miesmachen des Meinungsgegners !

dickebank
6 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

Seit wann ist ein Verband ein Meinungsgegner einer Person, die diesem Verband nicht angehört oder dessen Ziele nicht teilt?

Die Vielzahl der nicht tariffähigen Verbände auf Seiten der verbeamteten Lehrkräfte innerhalb des DBB ist ein schlechter Witz. Die Mitgliedschaft von tarifbeschäftigten Lehrkräften in diesen Verbänden des DBB ist eine Dämlichkeit.

sofawolf
6 Jahre zuvor

ZITAT: „„Das Kerngeschäft der grundständigen gymnasialen Bildungsarbeit ist der kognitiv anspruchsvolle, fordernde und fördernde Fachunterricht mit dem Ziel der vertieften Allgemeinbildung, Wissenschaftspropädeutik und Studierfähigkeit”, sagte Lin-Klitzing ihrer Antrittsrede. “Das ist das Alleinstellungsmerkmal des Gymnasiums und seine herausragende Bedeutung in einem pluralen und differenzierten Schulsystem – zu dem auch die Förderschulen gehören.“

Darin stimme ich ihr zu.

Und tritt sie denn demzufolge nun auch für A 14 für Gymnasiallehrer ein, wenn Grundschullehrer A 13 bekommen? (Ich frage ja nur.)

sofawolf
6 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

ZITAT: „Sie werde sich für eine schulartspezifische gymnasiale Lehrerbildung und eine dementsprechende Lehrerbesoldung einsetzen, so die neue Bundesvorsitzende weiter. Hierfür sei auch ein Brückenschlag zwischen Gymnasium und Universität notwendig.“

Dementsprechende Lehrerbesoldung? Na, da ist ja der Hinweis auf A 14, oder?

dickebank
6 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

Ach, und watt ist mit die Berufsschullehrkräfte?
Letztere – die Berufsschulen – sind definitionsgemäß schulen der Sekundarstufe II.

sofawolf
6 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Ja, natürlich die Berufsschullehrer auch. Wenn man nicht alles erwähnt, heißt das noch lange nicht, dass man die nicht auch meint. Man kann ja hier keine Romane schreiben.

Sie haben nachgefragt, ich habe geantwortet. Die Sonderschullehrer auch (wo es sie noch gibt)? Ja, die auch.

dickebank
6 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

Die kennt sich ja nicht einmal aus – sonst hätte sie nämlich Hochschulen gesagt.

Cavalieri
6 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

sofawolf: Das Zitat zu dem Kerngeschäft ist doch der entscheidende Punkt: es gibt bekanntlich Bestrebungen, bis Klasse 10 ein einheitliche Schule einzuführen mit einem 2-jährigen Gymnasium obendrauf. Glaubt irgendjemand, dass man — unter den heutigen Nebenbedingungen von Heterogenität und Inklusion — dann nach Klasse 10 da ist, wo die Gymnasien jetzt sind (oder noch vor ein paar Jahrzehnten waren) ? Ich glaube das nicht, Fachlich wird man da sein, wo man früher nach Klasse 8 war, und dann führen die zwei zusätzlichen Jahre der Oberstufe nur in die Gegend dessen, was mal als mittlere Reife galt. Die Wissenschaftspropädeutik und Studierfähigkeit würden hinten runterfallen. Das Konzept des Gymnasiums sah immer vor, dass man von Anfang an (Klasse 5) ein wesentlich höheres Tempo vorlegte als etwa an der Hauptschule. Genau das war ja der Sinn der Sache, nicht ein „Sortieren“ nach dem Geldbeutel der Eltern. Insofern ist der Position des PhV zuzustimmen (egal wie die Besoldung sein mag).

dickebank
6 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Doch, denn die GY sind bei einer Übergangsquote von 42% aller Grundschulabgänger ohnehin hauptschulähnliche, heterogene Lerngruppen beschulende Einrichtungen, die aufgrund fehlender Kapazitäten an anderen Schulformen und des Alleinstellungmerkmales einer 5-jährigen SekI niemanden abschulen können sondern ihn individuell zu Tode fördern müssen. Die Wissenschaftspropädeutik ist auch an GY lediglich in den Kernlehrplänen der Oberstufe verankert.

Cavalieri
6 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Aber 42 % sind nicht 100 %. Die Gesamtschulbefürworter regen sich immer noch über die „elitären“ Gymnasien auf, die der sozialen Gerechtigkeit im Wege stehen.

dickebank
6 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Nein, das tuen diese nicht. Auch die Gesamtschulbefürworter – so auch ich – sehen die unterschiedliche Ausrichtung der beiden Schulformen GY und GE. WAs mich und andere stört ist, dass die GY selbst in den letzten Jahren als die absoluten Schülerzahlen rückläufig gewesen sind, ihren „Marktanteil“ ausgebaut haben. Gleichzeitig steigt die Anzahl der Einser-Abi-Durchschnitte und das „Geheule“ der Studienratsfraktion über die geringen Fähigkeiten und Fertigkeiten der eigenen Schülerschaft, die sie auf die ihrer Meinung nach mangelnde Leistungserbringung der Grundschullehrkräfte abwälzen.

Die Zahl der Neuaufnahmen an GY dient in erster Linie dem Erhalt des jeweiligen Stellenkegels.

Würden die GY nicht so viele Kandidaten mit Realschul- oder eingeschränkter Gymnasialempfehlung absorbieren, gäbe es das von Ihnen angeführte Problem gar nicht.

Ich mache den Vorwurf auch nicht einzig und allein den Studienräten. Ein wesentlicher Anteil des Problems liegt bei der kommunalen Politik. Die errichten lieber die x-te Klasse im fünften Jahrgang eines GY als den anmeldenden Eltern zu sagen, dass es bei der bestehenden Zügigkeit bleibe und die Schule das Recht habe, sich die Schüler ihrer Eingangsklassen selbst auszusuchen. Nein, da richtet die Politik doch lieber eine weitere Klasse ein, um bloß keine Absagen erteilen zu müssen. Und so werden dann alle aufgenommen, die nach vier bis fünf Jahren in der Primarstufe ihren Vornamen richtig schreiben können und in der Lage sind, auszurechnen wie alt sie in einem Jahr sind, schließlich darf man so junge Eleven auch nicht gleich zu Beginn ihrer akademischen Laufbahn überfordern. Die anderen, die die ihren Vornamen noch nicht schreiben können und das Alter an den Fingern abzählen, die können ja noch andere Schulformen bevölkern.

Palim
6 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Die “ Wissenschaftspropädeutik“ ist in allen möglichen Lehrplänen verankert, nicht allein am Gym. und tatsächlich geht es auch an allen anderen Schulen um „wissenschaftsorientierte“ Bildung, schließlich haben auch deren Lehrkräfte studiert. Die oben zitierte Aussage ist nämlich nicht eindeutig und Lehrkräfte an anderen Schulen erzählen ja selten „Märchen“ im Unterricht.

@dickebank
Wenn 42% der SuS einer Grundschule auf das Gymnasium gehen, bedeutet das noch lange nicht, dass dies das Klientel der HS ist. Immer wieder muss man deutlich sagen: Die Gymnasien bekommen die selbstständigsten, eigenständigsten, lernfähigsten und lernbereitesten SuS der Grundschulen. Das mag den LuL nicht ausreichen, ähnliche Gedanken hegen andere LuL aber tatsächlich auch.
Die anderen Kinder besuchen andere Schulen und meistern diese mit weit weniger Lernvermögen, häufig mit weit weniger Unterstützung durch Eltern, dabei aber weit mehr Lernschwierigkeiten, sozialen Problemen etc., auch Migration und Inklusion findet nur zu einem verschwindend geringen Bruchteil an Gymnasien statt, denn auch diese SuS sind gerade nicht unter den womöglich 42% Gym-SuS.

Wenn die Gymnasien ein so ausgesprochen großes Interesse an ihrem Alleinstellungmerkmal haben, dann sollen sie selbst Aufnahmeprüfungen durchführen (Mehrarbeit!) und entsprechend hohe Anforderungen stellen, sodass ein verschwindend kleiner Teil der SuS das Gym besuchten kann.

Die dann am Gym übrig bleibenden Lehrkräfte können dann die dann weitaus mehr als 58% SuS an anderen Schulen mit übernehmen, werden aber in Folge nicht mehr vom Philologenverband unterstützt werden (s. Umfrage in SH, von der hier in den letzten Wochen die Rede war).

sofawolf
6 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

@ cavalieri,

in Ostdeutschland (DDR – Gott hab sie seelig) ging man zuletzt nach der 10. Klasse ans Gymnasium (EOS), in früheren Jahren nach der 8. Klasse. Der Übergang nach der 10. Klasse wurde aber kritisiert.

Ich finde die Stufenlehrer (Grundschule, Oberschule [Klasse 5 – 8 / 10], Abiturstufe) gut. Wer in der Abiturstufe unterrichten können will, sollte im Studium oder später eine Zusatzqualifikation machen müssen. Damit sehe ich die notwendige Qualifikation gewahrt.

Cavalieri
6 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

„Ich finde die Stufenlehrer … gut.“

Die Frage ist, ob Sie auch die Studienordnung für denselben gut finden. Zusatzqualifikation: meinen Sie das zusätzlich zu den 300 Leistungspunkten in Bachelor/Master ? Und das Referendariat wird dann verlängert? Oder soll was anderes dafür gestrichen werden? Der Teufel steckt im Detail und in der Praxis, nicht in der Idee des ganzen. Vermurkste Reformen hatten wir schon genug. Jede derartige Reform wurde bislang dafür genutzt, das fachliche Niveau abzusenken.