Bei der Fahndung nach Kinderschändern hofft die Polizei jetzt auf die Hilfe aller Grundschullehrer in Schleswig-Holstein – sie sollen Opfer identifizieren

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KIEL. Alle Grundschullehrer in Schleswig-Holstein sollen im Kampf gegen Kinderpornografie helfen. Die Polizei hofft so, Opfer und Täter zu identifizieren.

ScDie Polizei setzt darauf, dass Grundschullehrer betroffene Kinder erkennen (Symbolfoto). Foto: Jacek NL / Flickr (CC BY – NC 2.0)hulen sollen sich verstärkt um das Thema Missbrauch kümmern. Foto: Jacek NL / Flickr (CC BY – NC 2.0)
Die Polizei setzt darauf, dass Grundschullehrer betroffene Kinder erkennen (Symbolfoto). Foto: Jacek NL / Flickr (CC BY – NC 2.0)

Im Kampf gegen Kinderpornografie hat die Polizei alle Lehrer der 631 Grundschulen in Schleswig-Holstein eingebunden. Sie sollen sich Fotos von missbrauchten Kindern im Grundschulalter anschauen – allerdings nur Porträts oder andere unverfängliche Aufnahmen, wie Torsten Heine, Ermittler des Landeskriminalamtes (LKA) am Montag in Kiel betonte. Die Kripo hofft so Opfer zu identifizieren und dadurch auch Täter zu finden. Und man hoffe zudem, aktuelle Missbräuche stoppen zu können.

«Aufgrund der Schulpflicht in Deutschland gehen wir davon aus, dass es irgendwo im Land einen Lehrer oder eine Lehrerin gibt, die eines der abgebildeten Kinder erkennt», sagt Heine, Leiter der Ansprechstelle Kinderpornografie im LKA Schleswig-Holstein.

Bis zum 19. Januar laufen diese Schulfahndungen des Bundeskriminalamtes (BKA) in Absprache mit dem Landeskriminalamt und der Schulverwaltung. Es handle sich dabei um sechs bundesweite Fahndungen sowie einen siebten regionalen Fall, der sich laut Polizei in Schleswig-Holstein ereignet haben dürfte.

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Seit 2012 arbeiten das LKA und die Schulverwaltung (Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein – IQSH) zusammen. Die bundesweiten Fahndungen werden mittlerweile zwei Mal im Jahr auch im Norden durchgeführt – aktuell an 551 öffentlichen Schulen und 80 Privatschulen, darunter 42 dänische Schulen des dänischen Schulvereins für Südschleswig. Damit die Fahndung nach gesicherten Standards verlaufe, sei die enge Kooperation zwischen Innen- und Bildungsministerium sowie den ausführenden Behörden wichtig.

Auch wenn niemand im Kollegium eines der Missbrauchsopfer erkennt, sind die Schulen angewiesen, bis Fristende eine Rückmeldung an das LKA zu geben «Das Fahndungsmittel ist an den Schulen sehr akzeptiert, obwohl es zu einer erheblichen Mehrbelastung vor allem der Schulleiterinnen und Schulleiter führt», sagt Jürgen Sievers vom IQSH. «Schließlich müssen alle Lehrkräfte und alle pädagogischen Fachkräfte auf dem Rechner der Schulleitung das Bildmaterial begutachten.»

Den Aufwand der «zielgruppenorientierten Öffentlichkeitsfahndung» bezeichnet auch das LKA als enorm, aber der Erfolg gebe den Ermittlern recht: Nach Angaben des BKA werden fast alle Missbrauchsopfer aufgespürt. In Schleswig-Holstein gab es im Sommer 2017 den ersten Treffer. Nach Hinweisen konnte in Lübeck ein inzwischen erwachsenes mutmaßliches Opfer ermittelt werden. Der Stiefvater steht im Verdacht, die Frau als Minderjährige sexuell missbraucht zu haben. Jahre später hat ein Lehrer im Rahmen der jüngsten Schulfahndung seine ehemalige Schülerin wiedererkannt.

Das Bildmaterial ist teils Jahre alt, teils aber auch recht neu. In der aktuellen bundesweiten Fahndung stammt das Fotomaterial vermutlich aus dem Jahre 2003, sagte Heine. Viele Hinweise an die Polizei kämen aus den USA von den dort ansässigen Providern. Anderes Material werde aber auch auf Festplatten von einschlägigen Tätern gefunden. «Mit VHS-Kassetten oder Schmuddelheftchen haben wir es nicht mehr zu tun.» dpa

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3 Kommentare
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Grundschullehrer
6 Jahre zuvor

Die „zielgruppenorientierte Öffentlichkeitsfahndung“ sollte m.E. deutschlandweit so durchgeführt werden. Hier von „erhöhtem Aufwand“ zu sprechen, finde ich bedenklich.

unverzagte
6 Jahre zuvor

@grundschullehrer

wenn lebenslang gezeichnete missbrauchsopfer in relation zum derartigen verständnis von „erhöhtem aufwand“ herabgewürdigt werden, ist das sicher viel mehr als nur bedenklich – als ob die zielgruppe auf ein bundesland zu begrenzen wäre!

Palim
6 Jahre zuvor

Die Einbeziehung von Lehrkräften ist nicht auf ein Bundesland begrenzt, in anderen Ländern wird das schon länger praktiziert.
Bei allen zusätzlichen Aufgaben und Belastungen ist doch DIESE wirklich eine Winzigkeit mit möglicherweise großem Nutzen.