Plagiats-Jägerin Weber-Wulff: Unis tun noch immer zu wenig gegen Ideen-Klau

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DÜSSELDORF. Gut fünfeinhalb Jahre ist es her, dass mit der Untersuchung der Doktorarbeit der damaligen Bundesbildungsministerin Anette Schavan die Plagiatsaffäre ins Rollen gekommen ist. Schavan und weitere prominente Politiker mussten danach ihren Hut nehmen und auch weniger bekannten Plagiatoren wurden die Doktortitel entzogen. Hervorgetan habt sich dabei besonders das WIki VroniPlag. Von Seiten der Hochschulen gebe es aber immer noch kaum Fortschritte im Kampf gegen Ideen-Klau, kritisiert nun dessen Betreiberin.

Rund fünf Jahre nach dem Rücktritt der früheren Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) wegen einer abgekupferten Doktorarbeit werfen Plagiatsjäger den Universitäten Untätigkeit vor. «An vielen Hochschulen hat sich seit den Vorfällen um die prominenten Politiker kaum etwas geändert», kritisiert Debora Weber-Wulff von der Webseite VroniPlag Wiki. Die Betreiber der Webseite untersuchen wissenschaftliche Arbeiten auf Plagiate.

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Viele Doktoranden sind verunsichert, aus Angst unabsichtlich abzuschreiben. Foto: Jorma Bork / pixelio.de

Nach wie vor gebe es keine Statistik, wie viele Doktortitel pro Jahr wegen Plagiaten aberkannt würden, kritisierte Weber-Wulff, die als Professorin an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin lehrt. Das bestätigt Matthias Jaroch vom Deutschen Hochschulverband. Die Übersichtsseite bei VroniPlag Wiki dokumentiert mittlerweile 193 Fälle. «Das ist aber nur eine Stichprobe, keine repräsentative Erhebung», so Weber-Wulff. Sie stellt zudem bei den Doktoranden eine große Verunsicherung fest: «Viele haben große Angst, aus Versehen zu plagiieren», sagt sie.

Der Sprecher des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft eingesetzten Gremiums «Ombudsman für die Wissenschaft», Stephan Rixen, widersprach der Kritik. Er erkennt an den Hochschulen ein Umdenken. «Doktorarbeiten werden viel intensiver als früher auf Plagiate geprüft», sagt Rixen. Auch werde mehr für die Vorbeugung getan. Angebote zur Vermittlung guter wissenschaftlicher Praxis gebe es mittlerweile für alle Doktoranden.

Mehrere bekannte Politiker hatten in den vergangenen Jahren wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens aus ihrer Hochschulzeit den Hut nehmen müssen: So trat Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) im März 2011 als Verteidigungsminister zurück, nachdem die Universität Bayreuth ihm den Doktortitel wegen Plagiaten aberkannt hatte. Ähnlich erging es der früheren FDP-Europapolitikerin Silvana Koch-Mehrin (FDP) im Mai 2011 und Schavan im Februar 2013. Die Universität Düsseldorf hatte ihr kurz zuvor den Doktortitel entzogen.

Nicht einheitlich geregelt ist bisher auch, was nach dem Entzug einer Doktorarbeit mit den in den Bibliotheken stehenden Dissertationen passiert. «Manche nehmen die Publikation ganz aus der Bibliothek, andere machen gar nichts, dritte schreiben vorne in die Arbeit, dass sie in Teilen ein Plagiat ist», erklärte Weber-Wulff. Hier seien aber Änderungen in Sicht, erklärte Stephan Rixen.

Im Laufe des ersten Quartals 2018 will der «Ombudsman für die Wissenschaft» zusammen mit dem Deutschen Bibliotheksverband neue Empfehlungen herausgeben, wie damit verfahren wird.

Annette Schavan (CDU) war wenige Tage nach dem Entzug ihres Doktortitels durch die Universität Düsseldorf am 9. Februar 2013 zurückgetreten. Schavans Klage dagegen wies das Bundesverwaltungsgericht im März 2014 zurück.

2016 haben laut dem Bundesamt für Statistik bundesweit nach den aktuellsten Zahlen 29 303 Menschen eine Promotion erfolgreich abgeschlossen. 2015 waren es noch 29 218. (dpa)

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Dr. Bernd Dammann
6 Jahre zuvor

Unkritische Berichterstattung
Der hier aus einer dpa-Meldung gefertigte Artikel endet im vorletzten Abschnitt mit dem Satz: „Annette Schavan war wenige Tage nach dem Entzug ihres Doktortitels durch die Universität Düsseldorf im Februar 2013 zurückgetreten. Schavans Klage dagegen wies das Bundesverwaltungsgericht zurück.“ – Bei dieser Feststellung handelt es sich aber um eine unzutreffende Tatsachenbehauptung. Zutreffend ist vielmehr: Schavans Klage gegen den Entzug ihres Doktortitels wurde vom Verwaltungsgericht Düsseldorf am 20. März 2014 abgewiesen und dann wenig später rechtskräftig, weil Frau Schavan wegen der völligen Aussichtslosigkeit eines solchen Unterfangens immerhin hellsichtig genug darauf verzichtete, gegen dieses Urteil Rechtsmittel einzulegen und damit den steinigen Rechtsweg durch die Instanzen zu beschreiten. Es gilt also, um der Wahrheit die Ehre zu geben, festzuhalten: Weder das zuständige Oberverwaltungsgericht in NRW noch das Bundesverwaltungsgericht haben sich mit dem völlig eindeutigen Plagiatsfall Schavan und dem dazu ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf jemals befasst.