Handyverbot an Schulen – ist das noch zeitgemäß? Lebhafte Debatte in Bayern

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MÜNCHEN. Jugendliche ohne Smartphone in der Hand? Das kann man sich heutzutage gar nicht mehr vorstellen. Die „Bottom-Down-Generation“ gehört zum normalen Alltagsbild, aber auch ältere Semester haben die Annehmlichkeiten eines Smartphones entdeckt. Das Handy ist zum wichtigste Kommunikationsmittel geworden, ein ständiger Begleiter, ohne den sich viele Menschen ein Leben nicht mehr vorstellen können. Ist es bei so einer Entwicklung überhaupt noch zeitgemäß, an Schulen ein generelles Handyverbot zu verhängen? Oder sperrt man sich so vor der von vielen Seiten gewünschten Digitalisierung?

Bei der Nutzung von Computerspielen und Internet zeigen sich bei Jugendlichen deutlich Geschlechtsunterschiede, die Mädchen anfälliger für Internetsucht machen als die Jungen. Foto: Jhaymesisviphotography / flickr (CC BY 2.0)
Das Smartphone spielt bei Schülerinnen und Schülern eine enorm wichtige Rolle. Foto: Jhaymesisviphotography / flickr (CC BY 2.0)

Zu diesem Thema ist nun in Bayern eine Diskussion entflammt. Smartphones bleben vorerst an Bayerns Schulen verboten, aber dieses Verbot wackelt. Der Landtag diskutiert über Lockerungen und Kultusminister Spaenle will einen runden Tisch, um Erfahrungen mit Schülern, Lehrern und Eltern auszutauschen. Eine Tendenz zeichnet sich ab.

Erst vergangene Woche diskutierte der Bildungsausschuss des Landtags darüber. Dabei stellte die CSU eine gewisse Lockerung in Aussicht – allerdings auf Basis der gesetzlichen Grundlage. So heißt es im bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen, dass Handys in der Schule nicht erlaubt sind – es sei denn, sie werden im Rahmen des Unterrichts verwendet oder ein Lehrer gestattet eine Ausnahme. Am Mittwoch stellen SPD und Grüne ihre Gesetzentwürfe zur Lockerung im Plenum des Landtags vor.

«Es ist kein Verbot, sondern eine Nutzungseinschränkung», betont Ludwig Unger vom Kultusministerium. «Zu pädagogischen und fachlichen Zwecken können Smartphones durchaus genutzt werden.» Besonders wichtig sei dabei aber der richtige Einsatz der Geräte im Unterricht sowie die Verantwortung der Lehrer, die Kinder vor potenziellen Gefahren zu schützen.

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Die Welt wird digitaler

Die neu aufgeflammte Diskussion um das Handyverbot begrüßt Simone Fleischmann sehr: «Die Praxis ist viel weiter als die Politik», sagt die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands. «Das Handyverbot hat nichts mir der Realität zu tun.» Das Smartphone gehöre mittlerweile zum Alltag – sowohl von Lehrern als auch von Schülern. «Die Welt wird immer digitaler. Und da ist die Diskussion um ein Handyverbot wirklich nicht mehr zeitgemäß.»

«Die Einschränkung macht keinen Sinn», sagt Florian Schwegler vom Landesschülerrat Bayern. Das Handy sei für die heutige Generation eines der wichtigsten Kommunikationsmittel. «Mit digitalen Lerninhalten kann man viel differenzierter und individueller auf die Stärken und Schwächen Einzelner eingehen und somit optimale Förderung betreiben.»

Von der Politik wünsche man sich die Integration von Mediennutzung – Medienkommunikation oder Medienethik – im Lehrplan sowie pädagogische Konzepte zur sinnvollen Nutzung und digitale Schulbücher. «Die Digitalisierung ist bereits in vollem Gange«, sagt Schwegler. «Die Frage ist, ob man sich ihr verschließt oder sie aktiv begleitet.» dpa

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2 Kommentare
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dickebank
6 Jahre zuvor

Handy an Schule oder Handy im Unterricht (byod)? Das eine ist eine erzieherische amßnahme (Schulordnung), das andere eine methodische Notwendigkeit, da die digitale Ausstattung bundesdeutscher Schulen in kommunaler Trägerschaft zeitlich in nächster Nähe zum Neolithikum zu verorten ist. Also mehr Lederhose als Laptop.

xxx
6 Jahre zuvor

Das Problem an byod ist, wenn das device nicht vorhanden oder aus finanziellen Gründen technisch veraltet ist. Längst nicht mehr jede App muss noch auf Anrdoid 4.x oder 5.x lauffähig sein. Abgesehen davon habe ich auch meine Probleme damit, wenn Schüler für Apps Geld ausgeben müssen. Die von den Verlagen bereitgestellten Apps sind inhaltlich sehr dünn, aber dafür sehr teuer. Dazu kommt die Problematik, wenn eine App für Android existiert, für iOS hingegen nicht (oder umgekehrt). Ebenso wird eine Lehrkraft die Apps meist nur auf einer Plattform im Vorfeld testen können. Vom Schulträger oder Land gibt es sicherlich keine Unterstützung.