Baby-Boom in Deutschland – VBE warnt Kultusminister, Trend nicht nochmal zu verschlafen (in 6 Jahren stehen die Kinder vor der Schultür)

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WIESBADEN. Deutschland holt auf – liegt aber in der statistischen Verteilung von Kindern pro Frau immer noch deutlich hinter Frankreich und Schweden, die gut ausgebaute Betreuungssysteme anbieten. Immerhin: 2016 wurden in Deutschland rund 792.000 Babys geboren. Das waren rund 55.000 Babys oder sieben Prozent mehr als 2015, als 738.000 Geburten verzeichnet wurden, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) heute mitgeteilt hat. Damit stieg die Anzahl der Geborenen damit das fünfte Jahr in Folge und erreichte damit wieder das Niveau von 1996. Der VBE warnt die Kultusministerkonferenz bereits, den Trend nicht nochmal zu verschlafen.

Weckt Empathie bei Kindern: ein Baby. Foto: christina rutz/flickr (CC BY 2.0)
Steht in sechs Jahren vor der Schultür: ein jetzt geborenes Baby. Foto: christina rutz/flickr (CC BY 2.0)

In allen Bundesländern kamen 2016 laut Destatis mehr Kinder zur Welt als im Vorjahr. In den westdeutschen Flächenländern und in den Stadtstaaten stieg die Geborenenzahl durchschnittlich um acht Prozent, während sie in den ostdeutschen Flächenländern mit vier Prozent etwas schwächer zunahm.

Deutsche Mütter haben rund 607.500 Kinder zur Welt gebracht, drei Prozent mehr als 2015. Damit setzt sich der Geburtenanstieg der letzten Jahre fort. „Diese Entwicklung ist vor allem darauf zurückzuführen, dass Frauen im Alter zwischen 30 und 37 Jahren häufiger Kinder bekommen. Sie hatten im jüngeren Alter deutlich weniger Kinder zur Welt gebracht als Frauen älterer Jahrgänge und realisieren derzeit unter günstigen familienpolitischen und wirtschaftlichen Bedingungen ihre Kinderwünsche mit höherer Intensität. Hinzu kommt, dass es aktuell mehr potenzielle Mütter in diesem wichtigen gebärfähigen Alter gibt“, so heißt es bei der Statistikbehörde.

Mütter mit ausländischer Staatsangehörigkeit haben in Deutschland rund 185.000 Kinder geboren, das ist ein Anstieg von 25 Prozent gegenüber 2015. Dazu trugen die Veränderungen in der Anzahl und Zusammensetzung der potenziellen ausländischen Mütter nach der Staatsangehörigkeit bei. Die Anzahl der Frauen aus Ländern mit traditionell relativ hoher Geburtenneigung ist dabei gestiegen. Außerdem hat 2016 die Geburtenhäufigkeit aller ausländischen Frauen insgesamt zugenommen.

Die zusammengefasste Geburtenziffer in Deutschland lag 2016 bei 1,59 Kindern je Frau. Das ist der höchste seit 1973 gemessene Wert und deutlich höher als 2015 (1,50 Kinder je Frau). Bei den deutschen Frauen stieg die Geburtenziffer von 1,43 Kindern je Frau im Jahr 2015 auf 1,46 Kinder je Frau im Jahr 2016. Bei den Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit nahm sie von 1,95 auf 2,28 Kinder je Frau zu. Mit der aktuellen Geburtenziffer rückte Deutschland ins europäische Mittelfeld auf. Im EU-Durchschnitt betrug 2016 die zusammengefasste Geburtenziffer nach Angaben des Europäischen Statistikamtes (Eurostat) 1,60 Kinder je Frau. Die höchste Geburtenhäufigkeit in der EU hatten Frauen in Frankreich mit 1,92, die niedrigste in Spanien und Italien mit 1,34 Kindern je Frau.

„Multiprofessionelle Teams“

„Die Politik muss jetzt reagieren. Die Zahlen liegen auf dem Tisch. Sie wird nicht erneut behaupten können, sie sei von den Zahlen überrascht“, so sagte VBE-Bundesvorsitzender Udo Beckmann mit Blick auf eine aktuelle Schülerprognose der Bertelsmann Stiftung, nach der in den nächsten Jahren 35.000 Lehrkräfte fehlen werden. Die KMK hatte die gestiegenen Geburtenraten augenscheinlich nicht auf dem Schirm. Beckmann fordert jetzt mit Blick auf den Lehrernachwuchs: „Die Ausbildungskapazitäten müssen deutlich erhöht und die Ausbildungsbedingungen müssen verbessert werden. Die im System befindlichen Lehrkräfte müssen durch multiprofessionelle Teams unterstützt und von überflüssigen Verwaltungs- und Dokumentationsarbeiten entlastet werden.“

Grundsätzlich gelte: „Der Lehrerberuf muss wieder attraktiver gemacht werden. Die Nachrichten über desolate Schulgebäude, hohe Anforderungen, aber unzureichende Ressourcen und die von der Politik provozierte Überforderung der Lehrkräfte schrecken potenzielle Bewerberinnen und Bewerber ab. Deshalb muss in hohem Maße investiert werden. Bund, Länder und Kommunen sind gemeinsam in der Pflicht, das Bildungssystem mit einer nachhaltigen Investitionsoffensive zu stärken.“ bibo / Agentur für Bildungsjournalismus

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3 Kommentare
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OlleSchachtel
6 Jahre zuvor

Wie sollen mehr junge Lehrer ausgebildet werden wenn an Hochschule wie der PH Heidelberg weiter ein NC gilt???

Palim
6 Jahre zuvor

Die Zahlen sind von 2016, die Kinder sind oder werden schon 2 Jahre alt.
Bis zur Einschulung bleiben noch 4-5 Jahre.

Nächstes Jahr können diese Kinder in die Kindergärten gehen, wo ebenfalls dringend Erzieher gesucht werden, deren Ausbildung 3-4 Jahre dauert. siehe https://www.ndr.de/nachrichten/Trotz-Erziehermangel-kaum-Anreize-fuer-Berufsanfaenger,erzieher136.html

Vor dem Hintergrund sollte auch das Verschieben der Sprachförderung vor der Einschulung bewertet werden, die bisher in Nds. Grundschullehrkräfte übernommen haben, im Sommer aber durch (neu einzustellende) Erzieherinnen in den Kitas erfolgen soll. Dafür gibt das Land Geld und reicht das Problem damit an die Kommunen weiter.

xxx
6 Jahre zuvor

Der Babyboom ist leicht zu erklären und hätte vor 40 Jahren schon vorhergesagt werden können:

Die Babyboomer-Generation wird Großeltern. Mehr nicht. Allerdings wird der Boom wesentlich geringer ausfallen als damals.