GEW: 2,1 Millionen junge Erwachsene ohne Berufsabschluss – ein gesellschaftspolitischer Skandal

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BERLIN. Die Chancen auf einen Ausbildungsplatz sind laut Bundesregierung so gut wie seit 20 Jahren nicht. Doch Probleme bleiben: Eklatanter Fachkräftemangel auf der einen Seite, Millionen Menschen ohne Abschluss auf der anderen.

Nicht alle jungen Erwachsenen können sich über einen Ausbildungsplatz freuen. Foto: Arbeitgeberverband Gesamtmetall / flickr / CC BY 2.0

Trotz leichten Anstiegs bei den Ausbildungsverträgen in Deutschland sind im vergangenen Jahr rund 24.000 Bewerber unversorgt geblieben. Die Zahl der Verträge stieg laut dem am Mittwoch im Kabinett beschlossenen Berufsbildungsbericht um 3.000 auf 523.300. Die Zahl der Betriebe mit Azubis blieb auf ähnlichem Niveau, weniger als jeder fünfte Betrieb bildet aus. Die Zahl der unbesetzt gebliebenen betrieblichen Ausbildungsstellen stieg auf knapp 49.000. Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) kündigte an, die berufliche Ausbildung angesichts des Strukturwandels auf dem Arbeitsmarkt stärken zu wollen.

«Die deutsche Berufsausbildung ist weltweit spitze», sagte die Ministerin im Bundestag. Die Chancen auf einen Platz seien so gut wie seit 20 Jahren nicht mehr. Verbessert werden müsse die Mobilität. Wenn Ausbildungsplätze nicht dort angeboten würden, wo junge Menschen leben, dann sollten diese beim Wohnen vor Ort unterstützt werden – oder dabei, die Wegstrecke zu überwinden.

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) forderte mehr Qualität der Ausbildung. «Auszubildende lösen nicht grundlos ihre Ausbildungsverträge, sondern meist, weil ihre Probleme in der Ausbildung auf die schlechte Qualität der Ausbildung zurückzuführen sind», sagte Gewerkschaftsvize Guido Zeitler.

Viele Ideen, was besser zu machen ist

Die GEW forderte eine gesetzliche Ausbildungsgarantie. Mehr als 2,1 Millionen junge Erwachsene hätten 2017 keinen Berufsabschluss gehabt. «Das ist ein gesellschaftspolitischer Skandal ersten Ranges», sagte GEW-Vorstandsmitglied Ansgar Klinger. DGB-Vize Elke Hannack mahnte: «Diesen Jugendlichen droht ein Leben in prekärer Beschäftigung oder Arbeitslosigkeit.»

Auch die Grünen-Ausbildungsexpertin Beate Walter-Rosenheimer forderte eine solche Garantie: «Ankündigungen alleine bringen keinen Jugendlichen in Ausbildung.»

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer hingegen meinte: «Wir brauchen einen neuen Schub für die „Karriere mit Lehre“.» Bessere Berufsorientierung gerade an den Gymnasien müsse dafür sorgen, «dass mehr junge Menschen ein klares Bild von der beruflichen Realität in den Betrieben bekommen». Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Oliver Zander sagte: «Wir begrüßen die Stärkung der dualen Ausbildung ausdrücklich.»

Der Maschinenbauverband VDMA wies auf den eklatanten Fachkräftemangel hin. Der Leiter der VDMA-Bildungsabteilung, Jörg Friedrich, forderte eine Bildungspolitik, «die vor allem die Mathematik und die technische Bildung stärkt». Es sei eine zentrale Aufgabe der Schulen, die jungen Leute fit für die Ausbildung zu machen. dpa

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3 Kommentare
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omg
5 Jahre zuvor

Woran liegts??
Die Länder und Schulträger brauchen Ewigkeiten, sich über Schulsozialarbeit zu einigen – raus kommt dann eine Lösung, die wie in Hessen nur als „mittelprächtig“ zu bezeichnen ist.
Die Schulformen mit den höchsten Integrationsaufgaben und auch dem höchsten Anteil an Erziehungsaufgaben stehen seit jeher im Schatten der sonnigen Bildungslandschaft: die Förderschulen und Hauptschulen.
Das Elend dieser Schulformen interessiert niemanden, stattdessen schwadronieren durch die Medien teils recht lustige Ideen und Lageneinschätzungen der Philologen.
Aber wie sagt man so schön: Ist so, nicht darüber aufregen, diese Wasserstandmeldung wird morgen schon wieder vergessen sein.

Biene
5 Jahre zuvor

Und alle halbe Jahre wechselt der Schulsozialarbeiter.
Auf der anderen Seite ist ein Gutteil der Abbrecher das Arbeiten und auch Gehorchen nicht mehr gewohnt. Autorität wird als Schlecht bezeichnet.
Konflikte werden nicht als Chance zum Lernen gesehen sondern als Grund zum Hinwerfen.
Schüler, die Unterstützung bräuchten, fallen durchs Raster, weil die Klassen viel zu groß sind.
Der Weg Erst Ausbildung Dann Studium ist relativ unbekannt, aber echt gut. Wer das Studium nicht packt, hat dann immerhin noch eine Ausbildung mit der man etwas anfangen kann.

U. B.
5 Jahre zuvor

Ich behaupte, dass die GEW an diesem gesellschaftlichen Skandal erheblich beigetragen hat. Über Jahrzehnte hat sie leistungsfeindliche Reformen nicht nur unterstützt, sondern auch gefordert und dabei jedesmal versprochen, dass dadurch (vor allem für die schwachen Schüler!!!) alles besser werde.
Die Misserfolge nun als anonymen „Gesellschaftsskandal“ zu bezeichnen, zeugt entweder von fehlendem Unrechtsbewusstsein oder von bodenloser Heuchelei.
Ich möchte einmal noch erleben, dass die GEW massive Irrtümer und Fehler eingesteht. Das dürfte aber illusorisch sein. Diese frömmelnde Pseudo-Gewerkschaft zeigt eher auf den Mann im Mond als Mitschuldigen als auf sich selbst.
Warum so viele Lehrer noch GEW-Mitglieder sind, wird mir immer ein Rätsel bleiben.