GEW fordert: Schluss mit der Sortiererei in der 4. Klasse!

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MÜNCHEN. Die GEW hat das bevorstehende bayerische „Übertrittszeugnis“ für Viertklässler als „Grundschulabitur“ kritisiert – ein „jährlich wiederkehrendes Ärgernis, das endlich abgeschafft gehört“. Am liebsten würde die Gewerkschaft das gegliederte Schulsystem gänzlich beseitigen.

Schon Zehnjährige haben das Klischee vom rechenschwachen Mädchen verinnerlicht. Foto: Lesley Show / flickr (CC BY 2.0)
Für Zehnjährige (nicht nur) in Bayern steht in diesen Tagen eine wichtige Entscheidung an. Foto: Lesley Show / flickr (CC BY 2.0)

„Wenn Sie sehen, wie die Kinder bereits in der vierten Klasse unter Druck stehen, um den erwarteten Notenschnitt zu erreichen, kommen Sie nicht umhin dieses System grundlegend abzulehnen“, meint Ruth Brenner, Sprecherin der bayerischen GEW-Landesfachgruppe Grund- und Mittelschulen und fügt hinzu: „Derart Angst erzeugende und Versagen provozierende Mechanismen haben in der Schule nichts verloren.“

Ist das Kind geeignet für alle drei in Frage kommenden Schularten (Mittelschule, Realschule, Gymnasium), für zwei (Mittelschule, Realschule) oder nur für eine (Mittelschule)? Dies errechnet sich nach wie allein aus den Noten in den Fächern Deutsch, Mathematik, Heimat- und Sachunterricht. Damit würden die Noten der letzten Monate über den weiteren Bildungsverlauf und die Zukunft der Kinder entscheiden, heißt es bei der GEW.

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„Sieger oder Verlierer“

„Diese Schubladen haben keinerlei pädagogische oder wissenschaftliche Fundierung: Sie dienen allein der Selektion von 9- bis 10-jährigen Kindern und der Zuordnung zu einem mehrgliedrigen Schulsystem“, findet auch der Sprecher der GEW-Fachgruppe Gymnasien, Andreas Hofmann. Die stellvertretende Landesvorsitzende und Sprecherin der Fachgruppe Realschulen, Martina Borgendale ergänzt: „Für viele Familien wird mit dem Zeugnis klar, ob sie zu den Siegern im Ausleseverfahren gehören oder zu den Verlierern, wenn die gewünschte Schulart nicht besucht werden kann. Dies muss endlich beendet werden.“

Die GEW fordert seit langem die Überwindung des zergliederten Schulsystems zugunsten „Einer Schule für alle“, bis zum Ende der Pflichtschulzeit. Erneut weist die GEW darauf hin, „dass eine große Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen den Auslesezwang ablehnt und Kinder gern in Bezug auf ihren persönlichen Fortschritt beurteilen würde“. Als Zwischenschritt fordert die GEW die sofortige Abschaffung der Übertrittszeugnisse an Grundschulen. Die Entscheidung, welche Schulart ein Kind besuchen soll, ist aus Sicht der GEW den Kindern zusammen mit ihren Eltern zu überlassen, die Schule hat dabei eine beratende Funktion. News4teachers

Lehrerverband warnt: Zeit des Übertritts stresst Viertklässler

 

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Monika Niemann
5 Jahre zuvor

Es würde mich ja wirklich mal interessieren, ob es denn auch Realität ist, dass eine Mehrheit der Mitglieder ein Gesamtschulsystem bevorzugt. Wenn ich mich in den Schulen so umhöre, ist das eher nicht der Fall. Warum sind trotzdem so viele Lehrkräfte in der GEW? Weil’s halt die größte Berufsvertretung ist.

sofawolf
5 Jahre zuvor
Antwortet  Monika Niemann

Aus früheren politischen Engagements weiß ich, dass es nicht so ist, wie man meint, dass die Spitzleute sich als Vertreter ihrer Wähler verstehen. Es ist eher umgekehrt, die Spitzenleute fassen ihre Wähler als ihre Vertreter (Gefolgsleute) auf, die für die Ziele der Spitzenleute auf die Straße gehen sollen u.dgl. mehr.

Cavalieri
5 Jahre zuvor

Die GEW weiß genau, dass Bayern das niemals machen wird, solange die CSU regiert. Das wäre eher was für rot oder grün regierte Länder. Die Grünen haben die „eine Schule für alle“ im Programm stehen. An einem SPD-Wahlstand hat mir mal ein dortiger Wahlkämpfer sinngemäß gesagt: „Wir favorisieren das Zwei-Säulen-Modell, wollen aber langfristig die beiden Säulen zu einer zusammenführen.“ Ich habe eigens nochmal nachgefragt. Ja, es ginge ja doch nicht, die besseren aufs Gymnasium und die anderen auf die andere Schulform zu schicken. Seitdem horche ich immer auf, wenn vom Zwei-Säulen-Modell die Rede ist.

Mississippi
5 Jahre zuvor

In Bayern sind die meisten Lehrer im BLLV (Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband) https://de.wikipedia.org/wiki/Bayerischer_Lehrer-_und_Lehrerinnenverband. Die GEW richtet da noch weniger aus, als sonst.

ysnp
5 Jahre zuvor
Antwortet  Mississippi

Ja, das stimmt so, Mississippi. Nur hat die GEW leider auch manchmal Einfluss, obwohl sie in Bayern das Schlusslicht bei den Berufsverbänden ist (BLLV, KEG, GEW in der Reihenfolge). Da bemüht sie dann leider die Gerichte. So hat sie z.B. durch Gerichtsbeschluss erreicht, dass die Beförderung der Grund- und Mittelschullehrer nur noch von der Beurteilung abhängt und nicht die Dienstjahre mitzählen. Da hat sie sicher nicht im Interesse der Mehrheit der Lehrer gehandelt. Da kann jemand, der knapp das Studium hinter sich hat, schon befördert werden, wenn er sich ein paar wenige Jahre sehr aktiv nach außen zeigt (und sich dann theoretisch auf seiner Stelle ausruhen.) Ich finde schon, dass man einige Dienstjahre haben muss, bevor man befördert wird.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  ysnp

Das fördert darüber hinaus die Neigung, sich in erster Linie bei der Schulleitung beliebt zu machen als wirklich gute Arbeit im normalen Alltag zu leisten. Richtig gute Lehrer, die aber kritisch die mehr auf Außenwirkung bedachten Projekte hinterfragen, haben dann automatisch schlechtere Chancen als Jasager mit normal gutem Unterricht.

drd
5 Jahre zuvor

Das einzige Ärgernis ist so langsam die GEW.

geli
5 Jahre zuvor
Antwortet  drd

Was heißt „so langsam“? Für mich ist die GEW schon lange eine gewerkschaftliche Mogelpackung und ein einziges Ärgernis.

Cavalieri
5 Jahre zuvor

„Diese Schubladen haben keinerlei pädagogische oder wissenschaftliche Fundierung: Sie dienen allein der Selektion von 9- bis 10-jährigen Kindern.“
Es gibt vielleicht keine wissenschaftliche Fundierung, aber doch ein sehr praktisches Argument: Wenn die Heterogenität, die es im Prinzip schon immer gab, durch politische Maßnahmen ganz bewusst derart ins Unermessliche gesteigert wird (vgl. einige Brandbriefe), dann dient die sog. „Selektion“ eben auch dazu, diese Heterogenität wieder auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren, Dem Lernen kann das nur guttun. Zu behaupten, das Gymnasium würde quasi irgendwelche Wohltaten über dem Volk ausschütten, die anderen verweigert werden, ist irreführend. Eigentlich war das mal so gedacht, dass das Gymnasium im Gegenzug auch Erhebliches von den Schülern forderte, nämlich Leistungsfähigkeit und -bereitschaft einschließlich der Fähigkeit zum logischen und abstrakten Denken, mehr an Mathematik und auch mehr an Fremdsprachen. Das hat vielleicht auch etwas mit einer gewissen Widerstandsfähigkeit gegen den „Schulstress in der Grundschule“ zu tun. Gibt’s den überhaupt flächendeckend außer in Bayern? Wer schon in der Grundschule überfordert ist, sollte sich nicht zu viel zumuten. Denn das Gejammere ist groß, wenn irgendjemand am Gymnasium dann überfordert ist.
Die übliche Forderung nach der einheitlichen Schule muss bei unseren sonstigen Randbedingungen zu einer Nivellierung zur Mitte hin führen (Finnland hat eben andere Randbedingungen). Für Spätentwickler muss gesorgt werden, aber das ist ja auch der Fall. Einen zweiten Bildungsweg gibt es in Deutschland schon seit knapp 100 Jahren, inzwischen in verfeinerter Form. Man darf bei bestimmten Voraussetzungen sogar ohne Abitur studieren.

PeterPan314
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

@Cavalieri: Ich stimme Ihnen vollkommen zu.
Die Verfechter einer Schule für alle argumentieren mit der Chancengleichheit für alle, was aber widersprüchlich ist, da in einer Klasse mit 30 Kindern mit unterschiedlichsten Bedürfnissen hinsichtlich Leistung, Verhalten, Inklusion, Integration und und und alle die gleiche Chance haben, nämlich kaum eine, weil eine Lehrkraft sich nicht aller Probleme in 45 Minuten annehmen kann.
Man möchte, dass eine Schule individuell fördert, aber warum dann eine Schule für alle und nicht die richtigen Schulen für zufriedenere Kinder?

Cavalieri
5 Jahre zuvor

Zu genau diesem Thema steht hier ein Beispiel für eine realitätsverzerrende Kampagne seitens der GEW:
http://www.gew-ansbach.de/2014/05/abschaffung-der-uebertrittszeugnisse-an-grundschulen/#more-8091
Man behauptet einfach polemisch, die Differenz einer Hundertstel-Note würde über das Schicksal von Schülern entscheiden, wie ungerecht. In Wahrheit kann die Durchschnittsnote 2,34 gar nicht entstehen, nach der 2,33 kommt gleich die 2,66. Es werden nämlich drei ganzzahlige Noten ausgemittelt. Man hofft vielleicht darauf, dass das Leute lesen, die nicht durchblicken. Die Lehrer in Bayern allerdings müssten es besser wissen.

Claudia K.
5 Jahre zuvor

Wie schön ist es da doch hier bei uns in Schleswig-Holstein! Grundschulen können sich dafür entscheiden gar keine Noten zu haben, vier Jahre lang, und verbindliche Empfehlungen für die weiterführenden Schulen gibt es auch seit einigen Jahren nicht mehr. Gelernt wird trotzdem, sicher mit mehr Freude und weniger Angst und Zwang.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Claudia K.

Aber Sie schreiben nichts dazu, ob mehr oder weniger gelernt wird, besser oder schlechter. In Schweden gab’s Noten erst ab Klasse 8, man hat das aber zurückgenommen, und jetzt gibt’s Noten ab Klasse 6. Warum? Die Erfahrungen scheinen nciht besonders gut gewesen zu sein. In Baden.Württemberg sind Noten an den Gemeinschaftsschulen bis Klasse 8 auch abgeschafft, aber so richtig ermutigende Signale sendet das nicht aus. bei VerA 8 haben die Gemeinschaftsschulen nciht gut abgschnitten, so etwa halb zwischen Realschule udd Hauptschule. Offiziell schließen sie aber das „gymnasiale Niveau“ mit ein.