Legasthenie und Dyskalkulie: An den Rand gedrängt – warum Teilleistungsstörungen zu wenig Beachtung finden

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BERLIN. Um das Thema Rechtschreibung wird eine aufgeregte politische Debatte geführt. Ist „Schreiben wie Hören“ verantwortlich für den Absturz der Leistungen von Dritt- und Viertklässlern, den aktuell VERA und die IQB-Studie dokumentieren? Die Diskussion drängt ein Thema in den Hintergrund, das ohnehin deutlich mehr Aufmerksamkeit bedürfte: Teilleistungsstörungen, also vor allem Legasthenie und Dyskalkulie. Der vorliegende Beitrag ist zunächst in der Zeitschrift „Grundschule“ mit dem entsprechenden Themenschwerpunkt erschienen.

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Kinder mit Legasthenie tun sich schwer, Ordnung im Buchstabensalat zu erkennen. Illustration: Shutterstock

An den Rand gedrängt

Die Vergleichsarbeiten VERA 2017 in Deutsch und Mathematik sind für die Drittklässler in Deutschland alles in allem nicht gut ausgefallen – offenbar sogar so schlecht, dass die meisten Bundesländer es vorgezogen haben, die Ergebnisse nicht zu veröffentlichen. In Berlin allerdings wurde der politische Druck so groß, dass nachträglich die Daten herausgegeben wurde. Die Ergebnisse sind desaströs.

Rund 24.000  Berliner Grundschüler waren im vergangenen Jahr getestet worden. Die aktuellen Ergebnisse von VERA 3, so heißt es in einem Bericht des Berliner „Tagesspiegel“, zeigten ein bestürzendes Maß an Fehlleistungen. Drei Viertel der im Schnitt Neunjährigen würden nicht den von der Kultusministerkonferenz gesetzten Regelstandard im Bereich der Rechtschreibung schaffen (Stufe drei von fünf). Die Hälfte bleibe dabei sogar unter den Mindestanforderungen – sie lägen somit auf der untersten der fünf Kompetenzstufen. Ein weiteres Viertel erreiche nur den „Mindeststandard“, also Stufe zwei.

Beim Lesen sieht es etwas besser aus: Hier blieben 30 Prozent unter Stufe drei, dem Mindeststandard. Immerhin 18 Prozent erreichten die beste Stufe. In Mathematik würden nicht einmal zehn Prozent der Schüler zur Spitzengruppe gehören – mehr als ein Drittel hingegen schaffe nicht mal die einfachsten Aufgaben.

Die Zeitschrift 'Grundschule'

Dieser Beitrag und weitere zum Thema Legasthenie und Dyskalkulie sind in der Zeitschrift “Grundschule” mit dem Titel “Probleme richtig deuten” erschienen. Hier lässt sich das Heft bestellen oder lassen sich einzelne Beiträge herunterladen (kostenpflichtig).

Teilleistungsstörungen erschweren den Lernprozess von Kindern erheblich: Bei Dyskalkulie fehlt ihnen das nötige Mengenverständnis und die Zählfertigkeiten, um Grundrechenarten zu erlernen. Bei Legasthenie bleibt die Schrift lange ein „Code“, der kaum zu entschlüsseln ist. Werden solche Teilleistungsstörungen nicht rechtzeitig erkannt, kämpfen die Kinder häufig mit schlechten Noten, Klassenwiederholungen und einem geringen Selbstwertgefühl. Daher sollten betroffene Schülerinnen und Schüler möglichst früh gefördert werden – schulisch und außerschulisch. Wie Grundschulen mit dieser Herausforderung umgehen, welche Fördermöglichkeiten es gibt und wie die richtige Diagnose überhaupt gelingt, beantwortet diese Ausgabe der „Grundschule“.

Diese und ähnlich schwache Resultate beim fast zeitgleich herausgekommenen IQB-Viertklässlervergleich befeuern eine politische Debatte. Für konservative Politiker ist die Verantwortung für das Desaster bereits klar: Die (Grundschul-)Lehrer sind schuld. In Baden-Württemberg treibt CDU-Kultusministerin Susanne Eisenmann die Konfrontation gerade auf die Spitze. Angesichts der für das Ländle desaströsen IQB-Studie verstieg sie sich zu der Aussage: „Wir haben nicht zu wenig Lehrer. Die Frage ist, sind sie an der richtigen Stelle? Sind sie richtig ausgebildet? Sind sie richtig fortgebildet?“ Ihre Antwort auf diese Fragen: Eisenmann verbot die Methode „Schreiben wie Hören“ – und schob damit den Grundschullehrkräften die Verantwortung für den Absturz Baden-Württembergs im IQB-Länderranking zu.

Gestiegene Belastungen

Wie eine Methode aus den 70-er Jahren schuld daran sein kann, dass sich ein einzelnes Bundesland seit 2011 drastisch verschlechtert hat (das davor aber Spitzenleistungen aufwies, wie überhaupt die deutschen Grundschulen bei ILGU und TIMSS noch vor fünf Jahren zur Weltspitze gehörten), dazu gab es keine Erklärung. Kein Wort war von Eisenmann auch zu den durch die Inklusion, die Integration und den Lehrermangel in den vergangenen Jahren massiv gestiegenen Belastungen für die Kollegien zu hören. Damit nicht genug: Das Kultusministerium in Stuttgart forderte Eltern unlängst indirekt dazu auf, Grundschulen zu melden, die vermeintlich „Schreiben wie Hören“ weiterhin praktizieren. Es teilte mit, die Schulaufsicht werde bei entsprechenden Hinweisen eingeschaltet.

Das Problem: Die politische Auseinandersetzung über „Schreiben wie Hören“ (und natürlich auch die tatsächliche Belastungssituation der Grundschullehrkräfte) drückt ein Problem an den Rand, das ohnehin mehr Aufmerksamkeit bräuchte – nicht weniger: Teilleistungsstörungen, also vor allem Legasthenie und Dyskalkulie.

Bis heute gelingt es den Schulen nicht ausreichend, die von einer Legasthenie oder einer Dyskalkulie betroffenen Kinder zu erkennen und zu fördern. Der zunehmende Lehrermangel, steigende Herausforderungen durch Inklusion und Integration sowie eine mitunter fehlende Förderqualifikation der Lehrkräfte macht es vielen Schulen schwer, individuelle Konzepte auszuarbeiten und umzusetzen. Das Ausmaß der Betroffenheit ist groß: Schätzungen zufolge sind immerhin zehn Prozent aller Schülerinnen und Schülern von Legasthenie oder Dyskalkulie betroffen. Wertvolle Potenziale werden verschenkt, wenn man die Stärken der betroffenen Schüler nicht erkennt, nicht fördert – und  die Kinder womöglich aufgrund ständiger Misserfolgserlebnisse sogar  seelisch krank werden.

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Schnelle Hilfe

Wünschenswert wäre, dass Lehrerinnen und Lehrer flächendeckend qualifiziert werden, damit betroffene Kinder schnelle und direkte Unterstützung bekommen. Die schulrechtlichen Regelungen sind allerdings in jedem Bundesland anders gestaltet und die Bildungsperspektiven in Folge dessen sehr unterschiedlich. Insbesondere für die Dyskalkulie gibt es in den meisten Bundesländern noch keine schulrechtlichen Regelungen, geschweige denn gut qualifizierte Förderlehrer, die individuell fördern können. Selbst in der KMK-Empfehlung für Schüler mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen, Rechtschreiben und Rechnen grenzt man die Problematik der Dyskalkulie aus. Man sieht Dyskalkulie noch nicht ausreichend wissenschaftlich erforscht. Es liegen allerdings ausreichend wissenschaftliche Erkenntnisse zur Rechenstörung vor. Mittlerweile wurde eine S3-Leitlinie zur Diagnostik und Behandlung der Rechenstörung publiziert, die die gesicherten Erkenntnisse zusammenfasst.

Durch die prekäre Situation in den Schulen durch fehlende Grundschullehrer kann oftmals noch nicht einmal der Regelunterricht anforderungsgerecht abgebildet werden, geschweige denn eine individuelle Förderung. Die bisher praktizierte Stoffwiederholung erfüllt in den meisten Fällen nicht die Anforderungen der Schüler mit einer Teilleistungsstörung. Die Fördergruppen, die es an einigen Schulen gibt, sind in den meisten Fällen sehr inhomogen und mit zu vielen Kindern besetzt, sodass es gar nicht gelingen kann, jedem Kind gerecht zu werden. Die Lehrkräfte werden mit dieser für alle Beteiligten unbefriedigenden Situation allein gelassen und fühlen sich überfordert, weil sie selber sehen, wie schnell sie und die Kinder an ihre Grenzen stoßen. Zeit für die Beratung von Eltern, welche außerschulischen Maßnahmen hilfreich sein könnten, bleibt in den meisten Fällen auf der Strecke. Insbesondere in den Fällen, wo auch die Eltern mit der Situation überfordert sind und keine außerschulische Förderung finanzieren können, werden die Kinder aus unserem Schulsystem ausgegrenzt.

Wichtigste Zeit

Es muss daher die Aufgabe unseres Bildungssystems sein, Lehrer in der Aus- und Weiterbildung besser zu qualifizieren, damit die bisher fehlenden Kompetenzen zur Förderung von Schülern mit einer Legasthenie oder Dyskalkulie erworben werden. Ebenso müssen Instrumente und Netzwerke geschaffen werden, die sicherstellen, dass Kinder mit einer Legasthenie oder Dyskalkulie frühestmöglich erkannt werden und durch eine qualifizierte Diagnostik die Ursachen der Lernstörungen herausgefunden werden. Nur so kann es gelingen, die richtigen Interventionsmaßnahmen einzuleiten und dem Kind nachhaltig zu helfen. Insbesondere die Grundschulzeit ist die wichtigste Zeit für Kinder, die Basiskompetenzen im Lesen, Rechtschreiben und Rechnen zu erwerben. Ohne eine Absicherung dieser Basiskompetenzen wird der gesamte Schulweg eine große Hürde darstellen und den Kindern nicht die Bildungschancen ermöglichen, die sie aufgrund ihrer allgemeinen Begabung hätten.

Best-Practice-Beispiele an Schulen, wo Netzwerke aufgebaut wurden, Kompetenzzentren geschaffen und gut qualifizierte Lerntherapeuten eingebunden wurden, zeigen, dass es gelingen kann, Schüler mit einer Legasthenie oder Dyskalkulie gut aufzufangen und ihnen auch den Übergang zum Gymnasialzweig zu ermöglichen. Mit einer individuellen Förderung und anforderungsgerechten Nachteilsausgleichen werden auch Kindern mit Teilleistungsstörungen Bildungsperspektiven ermöglicht, die in einen Hochschulabschluss münden. Dies erfordert allerdings ein Umdenken in unserem Bildungssystem, das die Probleme dieser Kinder erkennt und Lösungen bereitstellt, die weit über das hinausgehen, was heute gelebte Praxis in unseren Schulen ist. Lehrer dürfen nicht weiterhin allein gelassen werden, sondern müssen Materialien an die Hand bekommen, mit denen sie bereits frühzeitig standardisierte Lese-, Rechtschreib- und Rechentests durchführen können. Darauf aufbauend müssen individuelle Förderpläne erstellt und die Förderung mit gut evaluierten Fördermaterialien qualifiziert durchgeführt werden – und das auch als Einzelförderung oder in Kleinstgruppen. Bis das Kind den Anschluss an die Klasse erreicht hat, muss es durch Nachteilsausgleiche entlastet und seelisch stabil gehalten werden.

Jedes Kind will Lesen, Schreiben und Rechnen lernen. Nicht jedes Kind hat dafür die gleichen Grundvoraussetzungen.

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Wichtig zu wissen! – Lese-Rechtschreibstörung

Eine Lese-Rechtschreibstörung bezeichnet anhaltende und bedeutsame Schwächen im Erlernen des Lesens und/oder Rechtschreibens, wenn diese nicht auf das Entwicklungsalter, eine weit unterdurchschnittliche Intelligenz, eine nicht ausreichende Beschulung, unzureichende Beherrschung der Unterrichtssprache, widrige psychosoziale Umstände, unkorrigierte Seh- oder Hörstörungen, neurologische oder psychische Erkrankungen zurückzuführen sind.

Erste Anzeichen einer Lesestörung äußern sich häufig bereits in den ersten Wochen des Erstleseunterrichts. Betroffenen Kindern fallen die Unterscheidung und das Erkennen von Graphemen- und Phonemen sehr schwer und es sind demnach auch große Probleme beim Einprägen der Graphem-Phonem-Korrespondenzen zu beobachten. Dadurch lesen die Kinder häufig sehr langsam, stockend und fehlerhaft. Im weiteren Verlauf der Leseentwicklung zeichnet sich die Lesestörung oftmals durch ein stark verlangsamtes Lesen aus. Dadurch erreichen die Betroffenen häufig auch kein altersgerechtes Leseverständnis und aus dem Gelesenen können nur schwer Zusammenhänge erkannt werden.

Eine Rechtschreibstörung tritt ebenfalls häufig gleich mit Beginn des Schriftspracherwerbs auf und kann sich zunächst durch Schwierigkeiten bei der Unterscheidung von Phonemen und Graphemen, der Graphem- und Phonemerkennung sowie der Segmentierung der Sprechwörter in einzelne Phoneme zeigen. Das Erlernen und Einprägen der Phonem-Graphem-Beziehungen ist oftmals erschwert und so kann es zu Schreibungen kommen, die in keinem oder nur geringem lautlichen Zusammenhang mit dem gesprochenen Zielwort stehen. Im weiteren Verlauf sind Schwierigkeiten im Einprägen der korrekten Schreibweise von Wortbestandteilen und Wörtern zu beobachten. Die betroffenen Kinder haben große Schwierigkeiten, orthographische Regelmäßigkeiten zu verinnerlichen und Wörter regelkonform zu schreiben. Die Art der Rechtschreibfehler erlaubt keinen eindeutigen Rückschluss darauf, ob eine Rechtschreibstörung vorliegt.

Wichtig zu wissen! – Dyskalkulie

Eine Rechenstörung bezeichnet eine Beeinträchtigung von Rechenfertigkeiten, wenn diese nicht allein durch eine allgemeine Intelligenzminderung, auf das Entwicklungsalter oder eine unangemessene Beschulung erklärbar ist. Die Symptome einer Dyskalkulie umfassen alle Bereiche des Rechnens, wobei betroffene Kinder unterschiedliche Stärken und Schwächen aufweisen. Nicht alle Bereiche müssen daher gleich stark betroffen sein. Rechenschwierigkeiten zeigen sich vor allem im Zählen und beim Transkodieren von Zahlwörtern und arabischen Zahlen, im Lernen arithmetischer Fakten (Einmaleins) und bei der Anwendung mathematischer Operationen. Die Basisfertigkeiten, d. h. das Mengen- und Zahlenverständnis, die Zählfertigkeit sowie einfache Additions- und Subtraktionsaufgaben. insbesondere das Zahlen- und Mengenverständnis sind bei einer Dyskalkulie in vielen Fällen auch betroffen.

Schüler, die von einer Dyskalkulie oder einer Lese-Rechtschreibstörung betroffen sind, sehen sich oft von Beginn ihrer Schullaufbahn an kaum zu bewältigenden Leistungsanforderungen ausgesetzt. Viele Kinder versuchen ihre Schwierigkeiten zu verbergen. Sie entwickeln aufwendige Kompensationsstrategien, lernen ganze angekündigte Diktate, Lesetexte oder Rechenaufgaben auswendig und schaffen es so, manchmal sogar über mehrere Jahrgangsstufen hinweg, ihre Deutsch- und Mathematiknoten im durchschnittlichen Bereich zu halten. Bei zunehmendem Anforderungsniveau in höheren Klassen gelingt dies oft nicht mehr, die Schulleistungen der Kinder nehmen rapide ab und die Lese-, Rechtschreib- und/oder Rechenstörung wird erkennbar.

Gegen die Verunsicherung unter Lehrern: Welche Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen überhaupt noch erlaubt sind

 

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33 Kommentare
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xxx
5 Jahre zuvor

Wenn zwei Schuljahre lang auf die Rechtschreibung kein Wert gelegt wird, kann eine Legasthenie zwangsläufig nicht erkannt werden. Außerdem sind schwache Rechtschreiber noch lange keine Legastheniker und Lehrer ohne echte Ausbildung nicht in der Lage, das trennen zu können. Das können nur echte Psychologen, die aber mit der eigentlichen Therapie nichts zu tun haben. Die Kosten für eine wirklich sinnvolle Therapie können die wenigsten Eltern tragen.

Ähnlich verhält es sich mit Dyskalkulie, wobei hier noch der gesellschaftliche Konsens „Mathe ist doof, ich muss das nicht können“ erschwerend dazu kommt.

sofawolf
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Nur bei rund 10% aller heutigen LRSler liegt eine hirnorganisch bedingte LRS vor. Alle anderen sind einfach nur außerordentlich schwach in Rechtschreibung und könnten auch besser sein (siehe meinen Kommentar von 11.38 Uhr).

Ignaz Wrobel
5 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

Aus medizinischer Sicht haben weltweit ca 3 -5 % der Menschen eine Teilestungsstörung im Rechnen, Dyskalkulie, oder im Schreiben,Legasthenie.
Die 10 % sind deutlich zu hoch angesetzt und decken sich nicht mit den medizinisch weltweit bekannten Zahlen.
Das sind antrainierte Formen der Rechen-und Schreibschwäche, wenn eine fehlende Systematik mit einer hohen Fehlertoleranz zur Anwendung kommen.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  Ignaz Wrobel

Diese 5% oder 1-2 Schüler pro Klasse würde ich akzeptieren. Wenn aber nach der Hamburger Schreibprobe 20% oder noch mehr Schüler in einer Klasse LRS haben sollen, läuft etwas verkehrt. Ich habe daher Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Tests, also ob er tatsächlich (aus genetischen Gründen) nicht gekonnte Rechtschreibschwächen findet oder lediglich nicht gelernte Rechtschreibung („false positive“ wie die Statistiker gerne sagen).

Dazu kommen noch in etlichen Bundesländern die Leistungsausgleiche für LRS, die den betroffenen Schülern — unabhängig davon, ob sie tatsächlich eine LRS haben oder nicht — einen Freifahrtschein zum Verzicht auf eine Therapie, Nachhilfe oder sonst was geben.

Palim
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Die Hamburger Schreibprobe ist kein LRS-Test, wenngleich man sie zur ersten Diagnose von Problemen im Rechtschreiben heranziehen kann.

Dass das Aussetzen der Note zum Freifahrtschein werden kann,kann ich mir für die SekI vorstellen. In der GS sind die Bemühungen seitens der Eltern vermutlich eher gegeben, wenn auch nicht immer.
Schulischerseits gibt es ja bisher keine Möglichkeiten, das eine (keine Note) mit dem anderen (verpflichtende Förderung oder Therapie) verknüpfen.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Sie mögen damit Recht haben. Allerdings bieten die Rahmenbedingungen an der Schule nur selten andere Möglichkeiten als die Hamburger Schreibprobe. Mir sind Fälle bekannt, nur um Stress mit den Eltern zu vermeiden, auf Basis der Schreibprobe den Nachteilsausgleich zu gewähren und aufgrund von offiziellen Gutachten, die nicht mehr sind als Gefälligkeiten, den Nachteilsausgleich gewähren zu müssen.

sofawolf
5 Jahre zuvor
Antwortet  Ignaz Wrobel

@ Ignaz, ich meinte nicht 10% aller Kinder, sondern gut 10% der Kinder mit diagnostizierter LRS hätten eine wirkliche hirnorganisch bedingte Störung.

Palim
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

„Wenn zwei Schuljahre lang auf die Rechtschreibung kein Wert gelegt wird, kann eine Legasthenie zwangsläufig nicht erkannt werden.“
Stimmt. Wenn zwei Schuljahre nur abgeschrieben wird und die Kinder Buchstabe für Buchstabe abmalen, wir die Legasthenie aber womöglich auch übersehen.
Es braucht also Unterricht und Lehrer, die von Beginn an sehr genau hinsehen.

„Außerdem sind schwache Rechtschreiber noch lange keine Legastheniker“
Stimmt auch.

„und Lehrer ohne echte Ausbildung nicht in der Lage, das trennen zu können.“
Ich bin der Meinung, dass Lehkräfte, die sich eingehend damit beschäftigen, das eine vom anderen gerade zu Beginn der Schulzeit erkennen können.
Je älter die SuS sind, desto mehr Vermeidungsstrategien haben sie entwickelt, sodass eine Diagnose schwieriger wird.

„Das können nur echte Psychologen,“
Da kommt es wohl auf die Fähigkeit des Psychologen an… manche machen einen Test. Fertig.
Wichtig wäre allerdings, dass es eine genauere Abgrenzung gibt zwischen Teilleistungsschwächen gibt, denn die „Symptome“ einer LRS können auch ganz anders bedingt sein und die Kinder entsprechend andere Hilfen benötigen.
Zentren, die das in den Blick nehmen, sollten in jedem Gesundheitsamt sein.
Wartezeiten sollten kurz sein.
Derzeit wartet man in meiner Region ca. 1 Jahr auf den ersten Termin in einerm Sozialpädiatrischen Zentrum, eine Diagnose gibt es nach ca. 18 Monaten – also 1 1/2 Schuljahren. Dann ist aber noch keine Therapie erfolgt.

„…die aber mit der eigentlichen Therapie nichts zu tun haben. Die Kosten für eine wirklich sinnvolle Therapie können die wenigsten Eltern tragen.“
Stimmt auch.
Und es gibt nicht genügend Therapieplätze.

„Ähnlich verhält es sich mit Dyskalkulie, wobei hier noch der gesellschaftliche Konsens “Mathe ist doof, ich muss das nicht können” erschwerend dazu kommt.“
Sehe ich ähnlich.
Und ich glaube, dass man sich in Mathe erheblich besser „durchmogeln“ kann, weil man die Aufgaben zählend bewältigen kann. Eine Fehleranalyse ist schwieriger, da es nicht ausreicht, auf die Lösung zu schauen, sondern der Rechenweg oder das Vorgehen verbalisiert werden müssen.
Dazu bräuchte es aber Zeit in Einzelarbeit, also mehr gut ausgebildete Lehrkräfte.

U. B.
5 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Na dann viel Spaß bei der zählenden Bewältigung im 2. Schuljahr von 47+59 oder 93-68 oder 56:8 oder 7×9! Im 4. Schuljahr geht es in die Million. Lösen Sie hier mal Aufgaben durch Abzählen. Das dürfte selbst Ihnen schwerfallen.
Außerdem fallen Kinder mit ihrem Abzählen bereits im Zahlraum bis 20 durch ihre Langsamkeit und Unfähigkeit zu besseren Strategien auf.
Dieses leichtere Durchmogeln-Können in Mathe stimmt nicht, wie jeder Praxiskenner nur zu gut weiß.

Palim
5 Jahre zuvor
Antwortet  U. B.

In meinem Bundesland sind die von Ihnen aufgeführten Inhalte nicht notwendig, um das Ziel des 2. Schuljahres zu erreichen.
Das mag bei Ihnen anders sein.

Gerade Kinder, die nicht rechnen können, sich aber täglich im Zählen üben, bewältigen die Aufgaben eben doch. Und es gibt auch solche, die im 4. Schuljahr mit schriftlichen Rechenverfahren ZÄHLEND zur Million addieren und subtrahieren.

Wer Dyskalkulie entdecken will, muss schon genauer hinsehen, zumal die Störung ja von anderen abgegrenzt werden muss. Es geht ja gerade nicht um die, die einfach nur langsamer sind. Genau deshalb ist eine qualifizierte Fehleranalyse und Diagnose hinsichtlich Dyskalkulie schwieriger, weil es nicht ausreicht, auf das Ergebnis zu schauen. Bei der Rechtschreibung ist dies aber möglich.

Und ich verweise noch einmal darauf, dass es um frühe Diagnose und frühe Hilfe geht und nicht um schlechte Noten im 4. Schuljahr.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Ernsthaft, das kleine 1×1 ist nicht das Ziel des zweiten Schuljahres? Ich hoffe, Sie haben sich nur auf die ersten beiden Beispiele von U.B. bezogen. Falls nicht, brauchen Sie sich über Beschwerden der Gymnasien über die nicht mehr vorhandenen Fähigkeiten nicht zu wundern.

In allem anderen gebe ich Ihnen recht. Gerade _weil_ man Dyskalkulie und / oder LRS nur schwer von „langsam“ oder „lernfaul“ unterscheiden kann, kann man Lehrer nicht auch noch zu dieser Diagnose verdonnern. Man kann höchstens die Eltern informieren und hoffen, dass sie sich weiter darum kümmern.

Palim
5 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Ernsthaft, das kleine 1×1 ist nicht das Ziel des zweiten Schuljahres?

Ernsthaft: Ist es nicht.
Die alten (2006) wie neuen (2017, S. 29) Curricula meines Bundeslandes geben vor, dass das sichere Beherrschen des kleine 1×1 das Ziel der 4. Klasse ist,
vorher reichen die Kernaufgaben aus.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

„Ernsthaft, das kleine 1×1 ist nicht das Ziel des zweiten Schuljahres?“

In Berlin/Brandenburg nicht mehr:
http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/fileadmin/bbb/unterricht/rahmenlehrplaene/Rahmenlehrplanprojekt/amtliche_Fassung/Teil_C_Mathematik_2015_11_10_WEB.pdf
Das „automatisierte“ kleine 1×1 ist laut Seite 35 der Stufe C zugeordnet, und C entspricht laut Seite 13 normalerweise der Klasse 3 (für MSA) oder 4 (für BBR, also Hauptschulabschluss), nur bei den künftigen Gymnasiasten teilweise schon Klasse 2.
NB: Man hat eine raffinierte Zuordnung der Klassen 1-10 zu den acht Stufen A, B, …, H. Schon in der Grundschule klafft das weit auseinander.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Was unterscheidet eine Kernaufgabe zur Multiplikation im Unterschied zu den 100 Produkten des kleinen 1×1 oder wenn ich großzügig bin wenigstens die Zahlenreihen als Vorstufe?

So oder so wundert es mich nicht, dass Ihnen die wirklich guten Schüler wegdämmern und das Lernen nicht lernen (brauchen).

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

xxx: Ich denke, Kernaufgaben sind die Multiplikationen mit 1,2,5 und (möglicherweise) 10.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Mal ganz ohne Spott: Kann sich jemand genauer erinnern, wann das kleine 1×1 vor 30, 40, 50 jahren dran war und erwartet wurde? Ich denke, in Klasse 2 sollte es gekonnt sein, sonst drohte eine 5 im Rechnen und das Sitzenbleiben. Aber absolut sicher bin ich mir nicht. Und das war in der Grundschule und hatte nichts mit einem stärkeren Übergang aufs Gymnasium oder der ganzen Übergangsproblematik zu tun.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Spontan würde ich sagen, dass ich vor gut 30 Jahren in Klasse 1 den Zahlenraum bis 20, in Klasse 2 bis 100 inkl. dem kleinen 1×1 und in den Klassen 3 & 4 die schriftlichen Grundrechenarten beliebig großer Zahlen inkl. Division mit Rattenschwanz und Rest. Ich hatte selbstverständlich noch Fibeln in Deutsch und war einer der letzten Jahrgänge mit Mengenlehre in der Grundschule.

Palim
5 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

„Falls nicht, brauchen Sie sich über Beschwerden der Gymnasien über die nicht mehr vorhandenen Fähigkeiten nicht zu wundern.“

Das ist eben das Problem, dass die Curricula nicht abgestimmt werden und meist auch erst Jahre später neuere Vorgaben für die weiterführenden Schulen kommen, sodass es nie wirklich passt.
Auch sind die weiterführenden Schulen über die Änderungen in den Vorgaben der Grundschulen meist nicht informiert.

Hinzu kommt, dass auch die Lehrwerke häufig einen verqueren Aufbau haben – im 2. SJ setzen sie, wie im Curriculum gefordert, den Schwerpunkt auf die Kernaufgaben, im 3. SJ soll das 1×1 dann aber automatisiert sein und wird nur knapp wiederholt.

Davon abgesehen reden wir von Minimum. Das bedeutet nicht, dass es Kindern untersagt wäre, das 1×1 zu üben oder zu beherrschen.
Während es die einen wieder und wieder üben müssen, würden die anderen wirklich vor Langeweile in den Tisch beißen. Gerade deshalb ist es wichtig, den Stärkeren etwas anderes als Pflicht oder Kür zu setzen.

Reni
5 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

@U. B.
Das habe ich auch gedacht. Wer die Grundschulpraxis nicht nur aus Beschreibungen kennt, der weiß, dass Kinder mit wahrer Dyskalkulie sogar sehr schnell auffallen. Sie können oft nicht die Frage beantworten, welche relativ niedrige Zahl größer oder kleiner ist als eine ebenfalls niedrige Vergleichsahl. Was Zahlen- und Mengenvorstellung betrifft, herrscht bei ihnen Chaos im Kopf.
Kindern mit Dyskalkulie zu helfen habe ich als viel schwieriger (ehrlich gesagt sogar als ziemlich aussichtslos erlebt) als Kindern mit Legasthenie. Schreib-Leseschwächen können mit viel Einfühlsamkeit für die Stolpersteine sowie viel Geduld und Übung vergleichsweise gut reduziert werden. Eltern müssen dabei aber eingebunden werden und mithelfen.
Bei der Dyskalkulie bin ich dagegen trotz mehrerer Lehrgänge weiterhin hilflos, weil die schlauen und schön anzuhörenden Ratschläge nicht hinhauten.

@Palim
Sie kommen mir immer wieder sehr theoriebeladen vor und nicht unbedingt als praxiserfahrene Kollegin, auch wenn Sie vielen Lehrern aus der Seele sprechen mit Ihren Aufzählungen an Belastung und Ihren Forderungen nach mehr Hilfskräften.

sofawolf
5 Jahre zuvor

ZITAT: „Ist „Schreiben wie Hören“ verantwortlich für den Absturz der Leistungen von Dritt- und Viertklässlern, den aktuell VERA und die IQB-Studie dokumentieren?“

Ja, wobei ich einfügen muss, dass ich diese Methode nicht wirklich kenne, da ich ja nicht im Grundschulbereich arbeite. Es sind also eventuell einfach nur die heutigen Methoden, die für den Absturz der Rechtschreib- und Rechenleistungen verantwortlich sind, denn die in dem Artikel genannten Teilleistungsstörungen werden nicht an den Rand gedrängt, sondern sind in den Focus geraten. Jedes Kind, das schlecht schreibt, bekommt heute eine LRS bescheinigt. Gefühlt ist das jedes dritte Kind (GEFÜHLT !).

Oft zeigt sich in der Arbeit mit diesen Kindern aber, dass die einfach jede Menge Defizite angesammelt haben im Laufe der Jahre und dass sich bei kontinuierlichem und konsequentem Üben Mindeststandards erfüllen (4 und besser), also eigentlich gar keine LRS haben!

sofawolf
5 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

Das kontinuierliche und konsequente Üben, Üben, Üben ist bei diesen Kindern einerseits in der Schule, andererseits zu Hause nicht erfolgt. Grund sind auch heutige Unterrichtsmethoden (Spaßschule). Ich fasse das unter die Zuspitzung „Viel Spielkram und wenig Lernen“. Ich weiß, das macht jetzt einige GS-Lehrer rasend, aber wie oft gesagt, wenn Sie gar nicht so arbeiten, müssen Sie sich auch nicht empören.

Gerade Kinder aus sozialschwachen und bildungsfernen Familien oder solchen mit Migrationshintergrund fehlt die Zuarbeit zu Hause aus teilweise sehr unterschiedlichen Gründen. Wenn das Üben i.o.S. dann in der Schule auch unter den Tisch fällt, ist das Kind verloren.

sofawolf
5 Jahre zuvor

Darf ich ein bisschen sarkastisch sein? 🙂

In dem Artikel oben fehlt der Hinweis darauf, dass die Leistungen der Kinder besser wären, wenn die Grundschullehrer endlich A 13 bekämen.

Invictus
5 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

First-World-Slavery

sofawolf
5 Jahre zuvor
Antwortet  Invictus

Verstehe ich leider nicht.

Könnten Sie es vielleicht auf Chinesisch sagen?

Heinz
5 Jahre zuvor

Zitat: „Jedes Kind will Lesen, Schreiben und Rechnen lernen. Nicht jedes Kind hat dafür die gleichen Grundvoraussetzungen.“

Solche Aussagen sind mit der Grund dafür, dass so viele nach der Uni in der Schule einen Praxisschock bekommen, und auch ein Grund mit dafür, dass Lehrer sich auspowern und Burn-Out bekommen. Es ist einfach nicht richtig, dass JEDES Kind Lesen, Schreiben und Rechnen lernen will.
Von der Pubertät mal ganz abgesehen, gibt es auch vorher schon eine ganze Reihe von Schülern, die in der Grundschule zum Lesen, Schreibe, Rechnen gezwungen werden müssen. Diese Aussage stimmt also einfach nicht, und ist auch noch nie wissenschaftlich belegt worden.
Natürlich möchte jedes Kind lernen: Wenn ein Kind auf einen Baum klettert und runterfällt, dann macht dies Aua, und das Kind hat gelernt. Diese Art von Lernen meinen die Psychologen, die jedes Kind möchte. Das heißt aber noch lange nicht, dass ein Kind vollkommen unnatürliche Dinge in einer unnatürlichen Umgebung lernen möchte. Das machen viele Kinder tatsächlich gerne, aber nicht alle.

Das Problem von Teilleistungsstörungen sehe ich folgendermaßen:
Wer ein Problem mit Zahlenmengen, Zahlenverständnis und dem Rechnen hat, der hat keine Teilleistungsstörung, sondern eine komplette Störung im Fach Mathematik. Im Gegensatz zum Deutschunterricht, ist es in einer Mathearbeit einfach nicht möglich, die Teilleistung rechnen auszuschließen.
Das gut gemeinte System der Ausgleiche bei Teilleistungsstörungen wird vollkommen missbraucht! Ich habe Schüler, die haben 2 Jahre lang keinen Finger krumm gemacht, keine Hausaufgaben, keine Berichtigungen, nicht mal ein Heft geführt, stattdessen haben sie noch gestört. Das ein Psychologe dann mit einem Mathematiktest eine unterdurchschnittliche Entwicklung in der Mathematik feststellt, könnte ich den Eltern auch kostenlos sagen (das wäre übrigens in jedem Fach so). Wir haben Psychologen bei uns in der Umgebung, da kommt kein einziges Kind ohne eine Diagnose wieder raus, in der Regel wird direkt alles ADS, LRS und eine Dyskalkulie bescheinigt. Wo kann dann hier noch von einer Teilleistungsstörung die Rede sein?

Die Schüler, die häufig diese Diagnosen haben, bräuchten sie nicht, oder könnten die Teilleistungsstörung locker hinter sich lassen, wenn die Eltern sie ordentlich fördern. Die Schüler, die diese Diagnosen wirklich bräuchten, haben sie in der Regel nicht.

Hier ist meiner Meinung also das Problem. Es wird ein Leistungsstand in einer Teilleistung ermittelt, von jemandem, der dafür Geld bekommt, dabei wird in keinster Weise die Geschichte und Arbeitsmoral der Schüler beachtet.

Reni
5 Jahre zuvor
Antwortet  Heinz

Danke Heinz, Sie sagen genau das, was ich auch beobachte und denke. Wenn Kinder mit echten Teilleistungsstörungen an den Rand gedrängt werden wie behauptet, dann vor allem deswegen, weil die großzügige Handhabung von Diagnosen und „Persilscheinen“ bei arbeitsscheuen und aufsässigen Mitschülern die tatsächlich existierenden Schwächen mit in den Dreck der Drückebergerei vor Arbeit und Anstrengung ziehen.
Es ist ein Skandal, wie für Schüler und Eltern die Expertise „Teilleistungsschwäche“ zum Geschäftsmodell gemacht wird auf Kosten jener Kinder, die wirklich besondere Beachtung und Zuwendung brauchen, sie aber bei so einem Übermaß an bescheinigter Bedürfigkeit seitens der Schule nicht bekommen können.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  Heinz

Aus demselben Grund erhalten die Nervbacken einer Klasse die größte Aufmerksamkeit, obwohl sie sie am wenigsten verdienen.

Cavalieri
5 Jahre zuvor

Mal ganz dumm gefragt: Sieht irgendjemand hier, dass in dem obigen Artikel ernsthafte Gründe für die Annahmer genannt werden, dass die schwachen VERA-Ergebnisse (und andere) auf eine ungeheuer weit verbreitete Legasthenie und Dyskalkulie zurückzuführen sind? Kann es sein, dass das in Deutschland anders ist als in Nachbarländern?
Dieses Suchen nach Ausreden seitens derer, die die bisherigen Schulreformen schöngeredet haben, finde ich unwürdig. Auch die Inklusion sowie die Heterogenität und der Migrantenanteil wurden bereits als Ursachen genannt, und jetzt auch noch Legasthenie und Dyskalkulie.
Nur die Reformen selbst, die Sparmaßnahmen, die Belastung der Lehrer, der Zwang zu Evaluationen, die neuen Bildungspläne, die neuen Methoden beim Schreiben und Rechnen, die Erlasse aus den Ministerien, die ganze Parteipolitik im Bildungsbereich, die moderne Erziehungswissenschaft, die sind nie Schuld an irgendetwas. Ich finde: Die Reformer sollten wenigsten Verantwortung übernehmen. Jeder kann mal irren.

sofawolf
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Der Gedanke ging mir auch durch den Kopf.

Erst hat man versucht, den Leistungsabfall an den Grundschulen damit zu erklären, dass es weniger „berufsuntätige“ Mütter als früher gäbe; hat aber nicht bedacht, dass im Osten die Leistungen an Grundschulen früher nicht schlechter, sondern sogar besser waren, als dort noch viel mehr Mütter als heute berufstätig waren.

Nun startet man als neue These, dass die selbst verschuldeten (!) massenhaften LRSen und Rechenstörungen schuld sind am Leistungsabfall in den Grundschulen bzw. – was unseren Wahrnehmungen völlig widerspricht – viele LRSen und Rechenstörungen gar nicht ermittelt würden und somit „ungerechtfertigterweise“ das Leistungsbild an Grundschulen verschlechtern.

Nein, Cavalieri sagt es richtig. Das sind einfach nur AUSREDEN.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Ich sehe das anders, weil die miesen Ergebnisse in den Vergleichstests die wirklich hilfebedürftigen Schüler aus den Fokus der Aufmerksamkeit rücken. Darunter versteht der Artikel die Legastheniker und Dyskalkulogen. Nicht damit gemeint sind die tausende von Schülern, die aus den unterschiedlichsten, jedoch nicht krankheitsbedingten Gründen unterirdische schulische Leistungen zeigen.

Statistisch dürften die jeweils 3-5% Legastheniker und Dyskalkulogen kaum auffallen, weil geschätzt zehn Mal so viele Schüler selbstverschuldet ähnlich schlecht sind.

K.S.
1 Jahr zuvor

Schon mal darüber nachgedacht, warum auf einmal soooo viele Kinder mehr eine LRS oder Dyskalkulie haben?
Und wenn, dann hilft neben dem Nachteilsausgleich kein Zurücklehnen der Eltern, weil Kind hat ja…..sondern neben den Anstrengungen der Lehrer (wir lassen diese Kinder nicht hängen, sondern helfen und fördern, ja und fordern) ganz viel zusätzlicher Fleiß zu Hause. Nur so kann man an einem Problem auch was ändern. Die Schule, das Fordern und die Noten sind nicht das Problem.
Manchmal denke ich, Kind „krank“ und so ist es dann. Muss aber nicht so bleiben.

K.S.
1 Jahr zuvor

Beitrag von XXX bringt es ebenso auf den Punkt.
zum Großwerden gehören auch Anstrengungen und Leistungsbewertung.

K.S.
1 Jahr zuvor

Der nächste Artikel folgt: Sprachstörungen – immer mehr Kinder betroffen!!
Wann und wo entstehen denn die Sprachstörungen, die LRS und die Dyskalkulie – in den ersten 6 Jahren. Dann sollten doch die eigenen Eltern eigentlich in der Lage sein, die Grundlagen gelegt und entwickelt haben, damit ein Kind schulfähig ist. Dazu gehören dann auch das Sauberwerden, das Schleifenbinden, die Fein- und Grobmotorik uvm.
Die Schule kann nicht alles aufholen und retten, was in den ersten Jahren vermasselt wurde.