Zu wenig Professorinnen an den Universitäten – klarer Fall von Diskriminierung?

11

DÜSSELDORF. Professorinnen sind an Unis in NRW immer noch selten zu finden. Die Gründe dafür gehen weit über das Problem der Vereinbarkeit von Familie und Beruf hinaus. Hier kommt der Satz «Pinguine stellen Pinguine ein» ins Spiel.

In Deutschland sind Frauen seltener von Analphabetismus betroffen als Männer. Foto: Ziko-C / Wikimedia Commons (CC-BY-SA-3.0-2.5-2.0-1.0)
In Deutschland In Deutschland gibt es wenig Professorinnen-Nachwuchs. Foto: Ziko-C / Wikimedia Commons (CC-BY-SA-3.0-2.5-2.0-1.0)

Professuren an den Universitäten in Nordrhein-Westfalen sind zum größten Teil immer noch eine Männer-Domäne. Nur jede vierte Professur an den Universitäten und Uni-Kliniken war 2016 mit einer Frau besetzt, wie aus einer Übersicht des NRW-Wissenschaftsministeriums hervorgeht. Frauen machten demnach nur 24,8 Prozent der Professorenschaft aus. Insgesamt gab es 2016 knapp 1.240 Professorinnen an den NRW-Hochschulen und 3.745 Professoren.

Je niedriger die Stelle angesiedelt ist, umso höher wird der Frauenanteil: Im wissenschaftlichen Mittelbau, also bei Dozenten und Assistenten, sind rund 38 Prozent weiblich. Unter den wissenschaftlichen Mitarbeitern gibt es schon fast 43 Prozent Frauen. Bei den Lehrkräften für besondere Aufgaben sind die Frauen mit 54,6 Prozent dann in der Überzahl. «Die Wissenschaftskultur ist immer noch sehr männlich geprägt», sagt Ulrike Brands-Proharam Gonzalez, Gleichstellungsbeauftragte der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen.

Nur in einigen wenigen Bereichen wie Kunst- oder Erziehungswissenschaften, die als typische Frauenfächer gelten, sind Professorinnen in der Überzahl. Dagegen sind Frauen bei den Professuren in Chemie (17,6 Prozent), Mathe (16,4 Prozent) oder Physik (9,8 Prozent) nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Schon der Studentinnenanteil besonders in den naturwissenschaftlich-technischen MINT-Fächern sei nach wie vor niedrig, sagt Brands-Proharam. «Dann kommen natürlich auch weiter oben weniger an.»

Anzeige

Bei den Hochschulen hat die auf Genderforschung spezialisierte Universität im katholisch geprägten Paderborn die meisten Frauen in Spitzenpositionen angestellt. Mehr als jede dritte Professur (36,3 Prozent) ist in Paderborn mit einer Frau besetzt. Auch an der Uni Bielefeld sind immerhin gut 30 Prozent Professorinnen zu finden. In Bonn dagegen liegt ihr Anteil nur bei gut 18 Prozent, an der RWTH Aachen bei 16,3 Prozent und an der Deutschen Sporthochschule Köln sogar nur bei knapp 13 Prozent.

Habilitation ist für Frauen schwierig

In den meisten Fächern sei die Habilitation «der Knick» bei den Frauen, sagt Anja Vervoorts, Gleichstellungsbeauftragte der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Die Habilitation sei in Deutschland immer noch die Grundvoraussetzung, um eine Professur zu bekommen. Meistens habilitiere man sich im Alter zwischen 30 und 40. Das falle dann aber in die Phase der Familiengründung. «Da muss man schon viel stemmen», sagt Vervoorts.

Die Gründe für den Mangel an Professorinnen liegen aber wohl nicht nur in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. «Auch für Frauen, die keine Kinder haben, gibt es die gläserne Decke», sagt Vervoorts. So sitzen in Berufungsgremien, aber auch Kommissionen, die über die Vergabe von Drittmitteln oder Publikationen entscheiden, oft überwiegend Männer. «Pinguine stellen Pinguine ein», beschreibt Vervoorts das in der Wissenschaft «homosoziale Kooptation» genannte Phänomen. Gemeint ist damit die Tendenz, «sozial ähnliche» Mitglieder in ein Netzwerk aufzunehmen.

Brands-Proharam sagt, wissenschaftliche Leistungen von Frauen würden tendenziell stärker hinterfragt als die von Männern. Sei eine Frau in einer Berufungskommission angekommen, müsse sie oft mit dem Vorurteil kämpfen, sie sei nur eine «Quotenfrau». «Frauen, die oben angekommen sind, haben eine gewisse Tendenz, noch einmal ganz besonders kritisch auf die Qualifikation ihrer Geschlechtsgenossinnen zu schauen», erklärt Brands-Proharam. dpa

OECD-Bericht zur Bildung offenbart Tops und Flops: MINT-Boom an den Hochschulen – Ausgaben für Grundschüler sind beschämend

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

11 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
drd
5 Jahre zuvor

Was hier quantifizierend als Frauendiskriminierung beschrieben wird, erlebt der Mann bei seiner Bewerbung als Männerdiskriminierung.

xxx
5 Jahre zuvor

Bei den ganzen Frauenförderprofessuren muss sich Frau mittlerweile fragen, ob sie wegen einer Quote oder wegen ihrer wissenschaftlichen Qualifikation zur Professorin berufen wurde. Dadurch werden sowohl die berufenen Frauen (insbesondere die wissenschaftlich guten Frauen) als auch die (insbesondere abgelehnten Männer) diskriminiert.

Pälzer
5 Jahre zuvor

Zu diesem „Problem“ gibt es sehr ähnliche Rechenbeispiele ( zu Zulassungszahlen für weibliche und männliche Studenten verschiedener Fachrichtungen) in Mathe-Schulbüchern, die „bedingte Wahrscheinlichkeit“ behandeln. Leider weiß ich nicht mehr, an welcher amerikanischen Hochschule dieses Paradoxon zuerst auftauchte. Irgendwie scheint die Diskriminierung darauf hinauszulaufen, dass Frauen Kinder kriegen können. Aber Deutschland und die meisten europäischen Länder haben dafür ja schon ihre spezifische Lösung gefunden. Die Geflüchteten kriegen die Kinder und die Frauen ohne Migrationshintergrund Genderprofessuren. In wenigen Jahrzehnten wird das Problem gelöst sein.

Ignaz Wrobel
5 Jahre zuvor

Was für ein Schmarren ist denn dieser Artikel ?
Wenn man sich als Frau für Familie und Teilzeit ausspricht, dann bleibt auch weniger Zeit für die Karriere und den Beruf übrig, und so sinken die Chancen auf eine Professur.
Das läuft auf anderen Ebenen anderer Berufsfelder aber genauso ab.
Lustig wird es erst , wenn die Gender-Ideologen ins Spiel kommen und ihre abstrusen und verdrehten Theorien hypothetisch untermauern, sodass ganze hypothetische Argumentationsketten entstehen.
Dieses Leute können besser bei den atavistischen Männerkulturen missionieren, als in der westlichen Hemisphäre sich Versorgungsnischen zu suchen.

unverzagte
5 Jahre zuvor

danke für diesen nachvollziehbar recherchierten artikel, der meine beobachtungen und erfahrungen an der uni hamburg in den neunziger jahre spiegelt – in den letzten zwei jahrzehnten scheint sich nichts wesentliches verändert zu haben…

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  unverzagte

Erläutern Sie mal Ihre Beobachtungen genauer. Dabei reicht natürlich nicht die nüchterne Feststellung, dass Ihre mit Abstand meisten Dozenten männlich waren, sondern eine nachvollziehbare Begründung, dass die meisten Dozenten aufgrund ihres Geschlechtes zu solchen ernannt wurden.

Auf Basis Ihres Kommentares komme ich zu dem Schluss, dass die ganzen Gleichstellungsbeauftragten hauptsächlich Geld gekostet, aber ihren Job nicht gemacht haben.

Ignaz Wrobel
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Bestenfalls entsprechen diese Jobs für Gleichstellungsbeauftragte gut bezahlten Versorgungsjobs, ohne das irgendeine juristische Verantwortung für Fehlentscheidungen auf diese Amtsinhaber lauert.
Diese sorgen dann nicht dafür, dass Stellen unabhängig von der sozialen Herkunft und unabhängig vom Geschlecht besetzt werde, sondern diese Gleichstellungsbeauftragten sorgen dann für eine einseitige Besetzung von Stellen, was irgend wann die Verfassungsrichter auf den Plan rufen wird.
Man bewegt sich vollkommen unverständlich wieder in Zeiten Kaiser Wilhelms, als Adlige bevorzugt befördert wurden und im Militär und in der zivilen Repräsentation bevorzugt wurden. Wollen wir da wirklich wieder hinkommen ?

unverzagte
5 Jahre zuvor

in zwei jahrzehnten lassen sich jahrtausendalte machtstrukturen offensichtlich nicht mal eben verändern: genannte fakten des artikels insbesondere mit verbitterten kommentaren nicht direkt betroffener sind nur ein indiz für die weiter mehr als notwendige arbeit der gleichstellungsbeauftragten.

Reni
5 Jahre zuvor
Antwortet  unverzagte

Noch mehr „Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten“ bedeutet für mich noch mehr Diskriminierung von Männern. Meiner Meinung nach halten nicht die Männer die Frauen kurz, sondern Frauen haben i. A. nicht dieselben Berufsinteressen und dasselbe Karrierestreben wie Männer.

Außerdem finde ich diese Äußerung der Gleichstellungsbeauftragten interessant und aufschlussreich: «Frauen, die oben angekommen sind, haben eine gewisse Tendenz, noch einmal ganz besonders kritisch auf die Qualifikation ihrer Geschlechtsgenossinnen zu schauen».

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  unverzagte

Wenn sich solche „Machtstrukturen“ über Jahrtausende halten konnten, Ländergrenzen und Kulturen hingegen nicht, können sie keine rein sozialen Ursachen haben, sondern müssen bereits evolutionär und weitgehend unveränderlich einprogrammiert worden sein.

Übrigens, liebe Unverzagte: Es gibt einen Unterschied zwischen Gleichstellung und Gleichberechtigung. In unseren Breiten hat sich die Gleichberechtigung glücklicherweise durchgesetzt. Gleichstellung geht in Richtung Kommunismus. Wie gut der funktioniert hat, können Sie am Beispiel der DDR nachvollziehen.

Danke an @Reni für Ihren Kommentar. Besonders den letzten Satz finde ich sehr bezeichnend.

Ignaz Wrobel
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Danke für die beiden Kommentare von Reni und XXX.