Moscheegründerin Ates fordert Neuanfang für Islam-Institut in Berlin

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BERLIN. Mit der Gründung eines Instituts für Islamische Theologie will sich Berlin erneut als multikulturelle und multireligiöse Stadt beweisen. Doch das ehrgeizige Projekt droht zu scheitern. Nach dem Wirbel um das geplante Islam-Institut an der Berliner Humboldt-Universität hat die liberale Moscheegründerin Seyran Ates einen grundlegenden Neuanfang gefordert. Vertreter aller muslimischen Richtungen müssten einen Sitz in dem geplanten Institutsbeirat bekommen, erklärte Ates in einer Mitteilung. «An den Tisch gehören alle oder keiner.»

Seyran Ates setzt sich für das Islam-Institut ein. Foto: European Conservatives and Reformists Group Making Europe Work Again / flickr / CC BY 2.0

Nach den Plänen des Berliner Senats sollten fünf – zum Teil erzkonservative – Islamverbände in dem Beirat sitzen. Bisher haben allerdings nur die Schiitischen Gemeinden den mühsam ausgehandelten Kooperationsvertrag unterschrieben. Die anderen fordern Nachbesserungen. Zu ihnen gehört auch die wegen ihrer Nähe zur türkischen Regierung umstrittene Türkisch-Islamische Union (Ditib). Uneinigkeit herrscht besonders darüber, wer das entscheidende Stimmrecht bei der künftigen Berufung von Professoren hat.

Ates erklärte, bei der Besetzung des Gremiums müsse die Vielfalt des Islam zum Ausdruck kommen. «Für mich gehören nicht nur die liberalen Muslime an den Tisch, sondern zum Beispiel auch die Ahmaddiyya, afrikanische und bosnische Gemeinden sowie Sufi-Vertreter», sagte sie. Die Rechtsanwältin und Frauenrechtlerin hat im vergangenen Jahr die liberale Ibn Rushd Goethe Moschee in Berlin gegründet. Nach Morddrohungen radikaler Islamisten lebt sie unter Polizeischutz.

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Muslime sind – anders als die christlichen Kirchen – nicht zentral organisiert, sondern werden durch verschiedene Verbände vertreten. Der Gründungsbeauftragte des Islam-Instituts, Michael Borgolte, warf den islamischen Verhandlungspartnern in der «Berliner Zeitung» (Donnerstag) vor, «nicht wirklich politikfähig» zu sein. In den Gesprächen habe es keine regulären Delegierten gegeben, immer wieder seien unterschiedliche Vertreter gekommen, oft nicht ausreichend eingearbeitet, sagte er dem Blatt. Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach (SPD) hat die beteiligten Verbände für den 13. April zu einem Krisentreffen eingeladen.

An dem Institut für Islamische Theologie sollen vom Wintersemester 2018/19 an unter anderem Imame ausgebildet werden. Das Land Berlin stellt dafür bis 2022 insgesamt 13 Millionen Euro zur Verfügung. Ähnliche Einrichtungen gibt es bereits in mehreren anderen deutschen Städten. dpa

Landeselternbeirat fordert Ende der Kooperation mit Ditib beim islamischen Religionsunterricht

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Ignaz Wrobel
5 Jahre zuvor

Offensichtlich hat man von Seiten der Politik noch nicht verstanden, dass verschiedene Glaubensrichtungen im Islam existieren und dass diese nicht klar strukturiert sind. Schiiten und Sunniten leben zwei konträre Auslegungen des Islam . Hinzu kommen salafistisch orientierte Sunniten, die sich eng an die Lebensweisen der ersten zwei Generation des Islam halten. Will man die alle unter ein Dach bringen, wäre es so, als wolle man Theologen gemeinsam für die Zeugen Jehovas, die Adventisten, Katholiken, Protestanten, Neu-Apostolische, orthodoxe Christen und andere zentral ausbilden. Das ganze wird enden wie der neue Flughafenbau.

Cavalieri
5 Jahre zuvor

Manche sehen reaktionäre Tendenzen in diesem Islam-Institut an der Humboldt-Universität:
https://www.cicero.de/kultur/islam-institut-humboldt-universitaet-berlin-islamverbaende
Das ist bestimmt nicht im Sinne von Frau Ates. Ich finde, es enspricht auch nicht der so oft strapazierten „offenen Gesellschaft“. Eher passt der Begriff „geschlossene Gesellschaft“ darauf. Zitate aus dem Link:
„Die mehrheitlich liberal denkenden Musliminnen und Muslime in Deutschland kommen in diesen Verbänden nicht vor. Die so dringend notwendige Akademisierung des liberalen Islams und Entwicklung einer Islam-Theologie auf der Basis von Freiheit, Gleichheit, Demokratie und Menschenrechten wird von diesen Verbänden systematisch verhindert.“
„Es geht um die Marginalisierung liberaler Muslime und die Stigmatisierung jeglicher Islamkritik.“
Da frage ich mich nur: warum sind wir so dumm, sowas mit Millionenbeträgen zu finanzieren?

Reni
5 Jahre zuvor

Ich bewundere schon lange die mutige und tolerante Muslimin Seyran Ates. Ihre Meinung, Alreech, sie fördere Fremdenhass und Rassismus kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, um es freundlich auszudrücken. Wer sind Sie, dass Sie so etwas behaupten?
Seyran Ates setzt sich für einen Islam ein, der sich mit unserer Rechtsordnung verträgt, der Andersgläubige und Frauen nicht unterdrückt, der demokratiefreundlich ist, sich von grundgesetzwidrigen Gesetzen des Dschihad befreit und von der Paralleljustiz Abschied nimmt.

Sie scheinen anzunehmen, mit dem beliebten Vorwurf der Förderung von „Fremdenhass und Rassismus“, der immer wieder als bewährte Waffe gegen Andersdenkende (auf mehreren Gebieten) eingesetzt wird, könnten Sie auch noch gegen Frau Ates Erfolg haben. Ich bin entsetzt über Ihr Vertrauen in die primitive Rechts-Keule. Hatten Sie mit ihr schon so viel Erfolg?

Ignaz Wrobel
5 Jahre zuvor
Antwortet  Reni

Offensichtlich wurde der Beitrag von Alreech gelöscht, zumal Frau Ates einen liberalen Islam vertritt, der sich mit unserer Demokratie verträgt.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  Ignaz Wrobel

Genau, ein Islam, der sich mit unserer Demokratie verträgt. Kritik an dem anderen Islam wurde von Bernd & co durchweg als Islamophobie, Rechtsextremismus usw. ausgelegt. Diese Kreise scheinen den Unterschied nicht erkennen zu wollen.

Markus
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Ich würde eher von „nicht zugeben“ oder „nicht wahrhaben wollen“ reden. Deswegen wird sachliche Kritik abgeschnitten und kurzerhand zum Symptom einer Phobie gemacht.
Mit dem Stempel „Phobie“ können unerwünschte Argumente trotz guter Begründung und Berechtigung schnellstens vom Tisch gefegt und weitere Gedanken darüber als absurd dargestellt werden.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Reni

„… zumal Frau Ates einen liberalen Islam vertritt, der sich mit unserer Demokratie verträgt.“
Richtig. Sie vertritt aber offenbar einen Islam, der von den islamischen Autoritäten nicht anerkannt wird, woher sonst kamen die Morddrohungen gegen sie? Da stellt sich doch die Frage, ob diese (anderen) islamischen Autoritäten sich mit unserer Demokratie vertragen. Von Meinungsfreiheit scheint man nämlich in der islamischen Welt generell nichts zu halten, umso mehr von Drohungen, Denunziation usw. Auch Herr Mazyek, der sich nach außen gern liberal gibt, weigerte sich, die Ates-Moschee zu kommentieren:
https://www.tagesspiegel.de/politik/morddrohungen-moschee-gruenderin-seyran-ates-unter-polizeischutz/20009674.html
Woher diese Gewohnheit kommt, in unvorstellbarem Übermaß mit Morddrohungen zu operieren, kann auch Mazyek nicht erklären. Er sagt nur, er sei auch dagegen. Dass das nichts mit dem Islam zu tun hat, glaubt wohl keiner mehr.
Vermutung: Könnte es sein, dass Alreech hier wiederholt Positionen von Salafisten vertreten hat? Einiges würde dazu passen. Gerade an Schulen sind die Salafisten ein Problem. Seit 2 Jahren ist das bei n4t aber kein Thema mehr, die AfD umso öfter.

Ignaz Wrobel
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Alreech scheint ein Schüler zu sein, der durch sein räumliches Umfeld normale Kontakte zu Freunden hat, die in einem moslemisch geprägten Umfeld aufwachsen, ohne dass ich das jetzt werten will.