Die SPD attackiert Prien wegen der Lehrersituation an norddeutschen Schulen

1

KIEL. Lehrer ohne vollständige Lehramtsausbildung – das betrifft im Norden fast 900 Stellen. Die SPD attackiert dafür die CDU-Ministerin, die noch nicht ein Jahr im Amt ist. Weil davor lange Sozialdemokraten auf dem Posten saßen, bläst Jamaika zum Gegenangriff.

Prien muss sich heftiger Kritik stellen.                                                      Foto: Frank Peter / Staatskanzlei Schleswig-Holstein

Um die Lehrersituation an den Schulen in Schleswig-Holstein ist ein heftiger neuer Disput entbrannt. Auslöser sind die Antworten des Bildungsministeriums auf Kleine Anfragen des SPD-Bildungspolitikers Martin Habersaat. Demnach sind von den rund
22.000 Stellen an allen Schularten 882 mit Lehrern besetzt, die keine vollständige pädagogische Ausbildung besitzen. Gut 670 Stellen entfielen sogar auf Menschen ohne jede Lehramtsausbildung, kritisierte Habersaat am Mittwoch.

Er warf der Ministerin Karin Prien (CDU) vor, sie habe das Problem vor der Landtagswahl dramatisch geschildert, dann geleugnet und verschärfe es nun mit falschen Entscheidungen. Sprecher der Jamaika-Koalition hielten dagegen, die SPD hätte das Land in ihrer langen Regierungszeit auf den Lehrermangel vorbereiten können. «Wer sich mit aller Vehemenz um die Verantwortung für unsere Schulen und die Qualität des Unterrichts für unsere Kinder und Jugendlichen beworben hat, muss sich dieser Verantwortung nach einem Jahr im Amt endlich stellen», sagte Habersaat.

Die GEW geht davon aus, dass bald 1.000 Stellen mit Lehrern ohne vollständige Lehrerausbildung besetzt sein werden. «Die Not wird größer», sagte die Landesvorsitzende Astrid Henke. «Das lässt sich auch daran ablesen, dass das Bildungsministerium zunehmend Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst zum Vertretungsunterricht heranzieht.» Die sei sehr bedenklich. Die jungen Lehrer seien noch in der zweiten Phase ihrer Ausbildung, sollten sich auf einen erfolgreichen Abschluss konzentrieren und diesen nicht durch Überstunden gefährden.

Problem bei der Wurzel packen

Jamaika kehre die Scherben der letzten SPD-Ministerin Britta Ernst zusammen, sagte der CDU-Bildungspolitiker Tobias Loose. Sie und Habersaat hätten viele wichtige Entscheidungen versäumt. «Das Grundproblem ist, dass in der Vergangenheit nicht ausreichend Lehrkräfte ausgebildet wurden.» Dem steuere die Jamaika-Regierung nun entgegen.

Menschen ohne Lehramtsstudium müssten an den Schulen die Ausnahme bleiben, sagte die Grüne Ines Strehlau. Schon die Vorgängerkoalition aus SPD, Grünen und SSW habe an diesem Ziel gearbeitet, und Jamaika verstärke die Anstrengungen. So würden mehr Referendare eingestellt, mehr Sonderpädagogen ausgebildet, die Arbeitsbelastung der Lehrer verringert und Grundschullehrer besser bezahlt. Die SPD sei lange genug selbst in der Regierungsverantwortung gewesen, als dass sie jetzt glaubwürdig von einem Skandal sprechen könne, sagte Strehlau.

«Die SPD empört sich über eine Situation im Einstellungs- und Ausbildungswesen von Lehrkräften, für die sie selbst verantwortlich ist», monierte auch Anita Klahn von der FDP. Die Freien Demokraten hätten die frühere Koalition schon damals aufgefordert, das Problem bei der Wurzel anzupacken. «Stattdessen hat die SPD Möglichkeiten geschaffen, Lehrer ohne abgeschlossene Ausbildung einzustellen.» dpa

Gewalt gegen Lehrer ruft Karin Prien auf den Plan

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

1 Kommentar
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
sofawolf
5 Jahre zuvor

ZITAT: „«Die SPD empört sich über eine Situation im Einstellungs- und Ausbildungswesen von Lehrkräften, für die sie selbst verantwortlich ist», monierte auch Anita Klahn von der FDP.“

Das sehe ich auch so, aber das ist ja für Oppositionsparteien typisch. Leider ist es auch ein Grund für die Unglaubwürdigkeit von Parteien und Politikern.