Streitthema Inklusion – Opposition kritisiert schwarz-gelbe Pläne scharf

7

DÜSSELDORF. Sollen Kinder mit Förderbedarf an Regelschulen unterrichtet werden oder an Förderschulen? Der Streit um das Thema hält im Düsseldorfer Landtag an.

Bieten Förderschulgruppen eine Einladung zum Mobbing?                            Foto: Sascha Kohlmann / flickr / CC BY-SA 2.0

Die von der schwarz-gelben Landesregierung beschlossenen Standards für das gemeinsame Lernen von Schülern mit und ohne Behinderung in Nordrhein-Westfalen stoßen bei der Opposition auf scharfe Kritik. Die Landesregierung wolle mit dem neuen Inklusionskonzept vor allem Förderschulen stärken, aber das wirkliche gemeinsame Lernen an den Regelschulen bremsen, beklagten Redner von SPD und Grünen jetzt in einer Aktuellen Stunde des Landtags.

Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) wies die Vorwürfe, sie wolle die Inklusion aushebeln, vehement zurück. Die schwarz-gelbe Regierung wolle den Eltern von Kindern mit sonderpädagogischen Förderbedarf «echte Wahlmöglichkeiten» zwischen Förder- oder Regelschulen bieten. Die rot-grüne Vorgängerregierung habe die Inklusion verhindert, weil sie die Regelschulen nicht mit ausreichend Personal versorgt und keine Qualitätsstandards gesetzt habe.

Laut den Plänen von CDU und FDP müssen weiterführende Schulen künftig ein pädagogisches Inklusionskonzept sowie genug Räume haben, um gemeinsames Lernen anzubieten. Um flächendeckend Förderschulen zu erhalten, wird die Mindestgröße für diese Schulen deutlich reduziert. Bis 2025 will die Landesregierung den weiterführenden Schulen knapp 5.800 zusätzliche Stellen für Inklusion zur Verfügung stellen. Die Kosten werden auf knapp 1,4 Milliarden Euro geschätzt.

Anzeige

Heftige Kritik

Auf heftige Kritik stieß Gebauers Plan, Förderschulgruppen der Sekundarstufe I unter dem Dach von Regelschulen in den Regionen zu ermöglichen, wo es sonst keine anderen Angebote gibt. Das sei eine «Demonstration der Ausgrenzung und ein Angebot zum Mobbing», sagte der SPD-Bildungsexperte Jochen Ott. Zudem seien solche Gruppen ein «Einfallstor, Schüler mit Schwierigkeiten loszuwerden».

Nach Ansicht der CDU fühlten sich Lehrer, Eltern und Schülern mit dem bisherigen rot-grünen Inklusionskonzept, das auf gemeinsames Lernen an Regelschulen setzte, überfordert. Die Inklusion werde vielerorts als Belastung wahrgenommen, sagte die CDU-Abgeordnete Kirstin Korte.

Redner der Opposition räumten Defizite der rot-grünen Politik ein. Die Grünen-Abgeordnete Sigrid Beer sagte, es habe im bisherigen Inklusionsprozess «berechtigte Enttäuschung und große Unzufriedenheit» gegeben. Nun aber gebe Schwarz-Gelb das Ziel auf, ein inklusives Bildungssystem zu entwickeln. Denn die Landesregierung wolle vor allem die Förderschulen stärken.

Es sei richtig, dass neue Stellen geschaffen und bei Qualitätsstandards nachgebessert werde, sagte die SPD-Politikerin Eva-Maria Voigt-Küppers. Falsch sei jedoch, dass Schwarz-Gelb die Gymnasien bei der Inklusion kaum in die Pflicht nehme. dpa

Gebauer legt neue Standards für Inklusion vor – Förderschulen sollen erhalten bleiben (und wo das nicht geht, sollen Förderklassen kommen)

 

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

7 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor

Und so stellt die TAZ das Thema dar:

„‚Wir werden die Angebote an Schulen des gemeinsamen Lernens bündeln und eindeutige Qualitätskriterien einführen‘, fasste Gebauer den Kabinettsbeschluss zusammen.

Heißt: Das Ziel ist nicht mehr, wie unter ihrer grünen Vorgängerin Sylvia Löhrmann, ein möglichst hoher Inklusionsgrad an allen Schulformen, sondern die Beschränkung der Inklusion auf einige wenige weiterführende Schulen. […]

Neu ist auch, dass Gymnasien künftig selbst entscheiden dürfen, ob sie inklusive Klassen anbieten oder nicht. Ebenso, dass wieder neue Förderschulen gegründet werden können. Bei den bestehenden wird die Mindestgröße herabgesetzt, um Sonderschulen wieder ‚flächendeckend‘ anbieten zu können. […]

Die Schulministerin begründet die Maßnahmen mit der Kritik von Eltern an der Umsetzung inklusiver Konzepte.“

http://www.taz.de/!5521559/

xxx
5 Jahre zuvor

@ Anna

Wieso darf die Politik so gegen die UN-BRK verstoßen. Sie ist doch geltendes Menschenrecht.

OMG
5 Jahre zuvor

„berechtigte Enttäuschung und große Unzufriedenheit“. Schoener kann man das Wort Totalschaden kaum umschreiben. Nun war die SPD mit den Grünen in der Regierung. Hunderte Hinweise hat man kalt übergangen. Und erst eine verlorene Wahl führt zu einer Problemsic ht???? Lächerlich

Ignaz Wrobel
5 Jahre zuvor

Ja,lächerlich hat sich die Opposition gemacht. Nach dieser chaotischen Inklusion ohne zusätzliche Hilfskräfte und dazu noch an Gymnasien , wo eine wirkliche zielgerichtete Förderung unterblieb, sollte man sich als gescheiterte Regierungsparteien einfach einmal zurückhalten und konstruktiv mitarbeiten.
Die vielen runden Tische einer Frau Löhrmann haben gar nichts gebracht.

Invictus
5 Jahre zuvor

Ich denke mal, dass an jeder Schule ohne passende Personalausstattung eine zielgerichtete Förderung unterbleibt.

Palim
5 Jahre zuvor
Antwortet  Invictus

Das würde dann auch für Förderschulen gelten, die nicht genügend Förderschulkräfte finden, weshalb Lehrkräfte anderer Lehrämter dort eingestellt oder dorthin abgeordnet werden.

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor

„‚Inklusion hat leider in weiten Teilen der Bevölkerung einen negativen Klang bekommen. Das ist unter der rot-grünen Vorgängerregierung völlig aus dem Ruder gelaufen‘, sagt Jochen-Peter Wirths, Vorsitzender des Landesverbandes NRW der Eltern und Förderer sprachbehinderter Kinder und Jugendlicher.

Rot-Grün habe die Warnungen der Verbände in den Wind geschlagen. ‚Es wäre aufgrund begrenzter Ressourcen besser gewesen, mit der Inklusion erst einmal in einigen Schulen anzufangen. Inklusion darf kein Selbstzweck sein. Entscheidend ist, ob die Kinder optimal gefördert werden‘, sagt Wirths.“
https://www.welt.de/politik/deutschland/article179257880/Nordrhein-Westfalen-Kehrtwende-bei-der-Inklusion-an-Regelschulen.html