„Talentschulen“ in sozialen Brennpunkten? GEW hält davon nichts

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DÜSSELDORF. Schulen in sozialen Brennpunkten haben deutschlandweit mit ganz eigenen Problemen zu kämpfen. In NRW sollen künftig Talentschulen in sozial benachteiligten Stadtvierteln mehr Chancen für ihre Schüler bieten. Diese Schulen bekommen mehr Lehrer und eine bessere Ausstattung.

Besonders im Ruhrgebiet soll es Talentschulen geben.                                                  Foto: Karl Reif / flickr / CC BY 2.0

Die geplanten 60 «Talentschulen» an sozialen Brennpunkten in Nordrhein-Westfalen sollen insgesamt rund 415 zusätzliche Lehrerstellen bekommen. Die ausgewählten Schulen sollten Fachlehrer einstellen, aber auch mindestens eine Stelle für Schulsozialarbeit einrichten, teilte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) nun nach einer Kabinettssitzung in Düsseldorf mit. Ein Gymnasium könne mit rund sechs Stellen und eine Gesamtschule mit rund acht Stellen rechnen. Um die Stellen attraktiver zu machen, können die Talentschulen Sonderzuschläge anbieten.

Die ersten 35 Talentschulen sollen im Schuljahr 2019/20 auf den Weg gebracht werden, 25 weitere folgen im Schuljahr 2020/21. Bewerbungen für die erste Startphase können Schulen bis Ende dieses Jahres einreichen.

Die von einer externen Jury ausgewählten Schulen – vornehmlich in sozial benachteiligten Stadtteilen im Ruhrgebiet – sollen «hervorragend ausgestattet» werden, sagte Gebauer. Die Schulträger müssten sich verpflichten, eine sehr gute bauliche und digitale Ausstattung der Schulen zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang verwies Gebauer darauf, dass die Kommunen aus dem Programm «Gute Schule» erst 290 Millionen Euro von einer Milliarde Euro abgerufen hätten.

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Schüler und Schülerinnen der Talentschulen sollen durch Beratung und Praxisnähe auf ihrem Weg eng begleitet werden. Dafür sollen die Schulen mit Verbänden, Stiftungen, Hochschulen und Kulturinstitutionen kooperieren.

Insgesamt sollen 45 allgemeinbildende Schulen, zum Beispiel Haupt-, Real-, Gesamtschulen und Gymnasien, sowie 15 Berufskollegs in den sechsjährigen Schulversuch aufgenommen werden. Grundschulen gehören nicht dazu, allerdings sollen die Talentschulen eng mit Grundschulen kooperieren. Die Kosten für den Schulversuch bezifferte Gebauer auf etwa 20 Millionen Euro.

Die CDU/FDP-Landesregierung verspricht sich von den Talentschulen mehr Chancengerechtigkeit. Die SPD hingegen sieht eine verschärfte Bildungsungerechtigkeit im Land. Die GEW sieht in den Talentschulen eine falsche Weichenstellung. 60 Schulen besonders gut auszustatten, «führt bei Tausenden von Schülerinnen und Schülern, die andere Schulen besuchen, nicht zu besseren Lernbedingungen und mehr Chancengleichheit», sagte die GEW-Landesvorsitzende Dorothea Schäfer. Die Grünen im Landtag bezeichneten das Vorhaben als «bildungspolitische Nebelkerze».

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3 Kommentare
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sofawolf
5 Jahre zuvor

Naja, da würde ich aber auch sagen, dann lasst uns doch alle Schulen zu Talentschulen machen mit mehr Lehrern und besserer Ausstattung und wer auf die Kosten verweist, den verweise ich auf die hier vielfach im eigenen Interesse (A 13) genannten sprudelnden Steuereinnahmen.

Palim
5 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

Es ging ja um eine bessere Ausstattung im Brennpunkt.
Beginnen wir dirt, wo der Anteil der sozial benachteiligten SuS am höchsten ist, egal welche Schulformen.
Warum es dann eine Bewerbung braucht, ist mir nicht klar. Brennpunkte sind in der Regel bekannt oder können über Quoten ermittelt werden: Ergebnisse der Einschulungsuntersuchung, der zahnärztlichen Kontrolle in der Schule, Notwendigkeit von Sprachförderung vor der Einschulung bzw DaZ-Unterricht, Inklusionsquote… vielleicht auch erreichte Schulabschlüsse…

dickebank
5 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

@sofawolf – ob die Landesregierung NRW jetzt ca. 800 Stellen zur wöchentlichen Erfassung des Unterrichtsausfalles und weitere 400 zusätzliche Stellen für Schulen vom Standorttyp 5 auslobt. heißt ja nicht, dass sie die Stellen auh besetzen können. Also läuft es auf Entlastungsstunen für die an den Talentschulen eingesetzten Lehrkräfte hinaus. Das gleiche gilt für die Erfassung des Unterrichtsausfalles. Letztendlich werden die ohnehin belasteten Kollegien mit zusätzlichen Aufgaben belastet, ohne dass mehr Personal an die Schulen kommt. Dass Genehmigen von Stellen bedeutet für die selbständigen Schulen ja nicht, dass sich auf die ausgeschriebenen Stellen jemand meldet.
Das ganze hat auch nichts mit der Forderung nach A13 im Einstiegsamt für alle Stufenlehrkräfte zu tun. Es geht um die Einstellungsvoraussetzungen für die Laufbahngruppe 2, zweites Einstiegsamt, die durch die Änderung der Prüfungsordnungen inzwischen von allen Hochschulabsolventen erreicht wird.
Der Anspruch auf gleiche Einstufung im Einstiegsamt kann somit eben auch auf A12/E12 für alle hinaus laufen. Im besten Falle bekommen auch nur die Angestellten aller lehrämter im Einstiegsamt E13, um die angeordnete Mehrarbeit (gleiches Wochenstundendeputat wie die beamten) zu kompensieren. Angestellte dürfen dafür nämlich streiken. Und 20% Unterrichtsausfall während eines Streiikes merkt das Schulministerium hier in NRW auch, dafür bekomme sie die Ausfälle gemeldet …

Falls Ihnen der Widerspruch im ersten Satz noch nicht aufgefallen ist, dann noch einmal:

Es werden doppelt so viele Stellen für unnötige Bürokratie bzw. ein Wahlversprechen in den Haushalt eingestellt wie für die pädagogische Arbeit in Brennpunkten. Ahmet un Acelia haben deshalb keine besseren Abschlüsse, aber dafür wissen deren Eltern wie groß die Abweichung von der tatsächlichen Stundentafel ist. Ob In den Jahrgängen die Stundenzahl einzelner Fächer wegen lehrermangels reduziert oder ganze Fächer nicht unterrichtet werden, da sie wegen fehlender Fachkräfte ersatzlos gestrichen werden (Abweichung von der Sollstunden-Tafel gem. APO), interessiet dabei niemanden – vor allem das Ministerium nicht.