30-köpfige Sonderkommission schlug zu: 15-Jähriger gefasst – er soll Kollegium eines Gymnasiums ein Jahr lang terrorisiert haben

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AUERBACH. Der mutmaßliche Erpresser des Goethe-Gymnasiums im sächsischen Auerbach, der am Freitagabend festgenommen wurde, hat nach bisherigen Erkenntnissen allein gehandelt. «Im Zuge der polizeilichen Maßnahmen in seiner Wohnung konnten Tatmittel wie Laptop und Smartphone sichergestellt werden», teilten die Staatsanwaltschaft und die Polizeidirektion Zwickau am Montag mit. Hinweise darauf, dass der 15 Jahre alte Beschuldigte eine Gewalttat wie angedroht tatsächlich vorbereitet hatte, liegen nicht vor, hieß es. Die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen.

Die Polizei hatte alle Hände voll zu tun. (Symbolfoto). Foto: LIbertinus / flickr (CC BY-SA 2.0)
Die Polizei hatte alle Hände voll zu tun. (Symbolfoto). Foto: LIbertinus / flickr (CC BY-SA 2.0)

Bereits am Wochenende hatte die Polizei mitgeteilt, dass der 15-Jährige auf richterliche Anordnung in einer Jugendeinrichtung untergebracht wird. Ihm wird räuberische Erpressung vorgeworfen. Laut Polizei befindet er sich unterdessen in einem Heim der Jugendhilfe. Aufgrund seines Alters komme bei ihm das Jugendstrafrecht zur Anwendung, das als Hauptziele Erziehung und Resozialisierung anstrebe.

Seit gut einem Jahr hatte ein Erpresser das Kollegium des Gymnasiums terrorisiert. im Namen der Schule hatte er Waren im Internet bestellt und eine Zahlung von 10.000 Euro in der Internetwährung Bitcoin gefordert. Vor einigen Tagen kündigte er an, dass sich die Serie von Warenbestellungen beschleunigen würde, wenn man seine Forderung nicht erfüllt.

Im Mai wurde die Schule sogar nach Morddrohungen gegen Lehrkräfte, die in einer  Amokankündigung gipfelte, für drei Tage geschlossen. Auch nach Wiederaufnahme des Unterrichts konnte von einem geregelten Schulablauf nicht die Rede sein: Polizisten kontrollierten am Eingang die Taschen für Schülern und Lehrern. Für die Betreuung der Schüler sowie des pädagogischen Personals waren vier Schulpsychologen sowie Kommunikationsfachleute der Polizei vor Ort. Trotzdem geriet die Einrichtung in einen Ausnahmezustand, der eine dauerhafte Polizeipräsenz bis zum Schuljahresende nach sich zog, wie es in einer Agenturmeldung heißt.

„In Verbindung“

Die Polizei hatte nach eigenen Angaben eine 30-köpfige Sonderkommission gegründet und sechs Personen im Visier. Alle stünden in irgendeiner Weise «in Verbindung» zum Gymnasium. Ob sie dort zur Schule gingen, sagt die Polizei nicht.

In Auerbach wurde die Festnahme des mutmaßlichen Erpressers mit Erleichterung aufgenommen, wie die „Freie Presse“ berichtet. „Natürlich sind wir froh, dass die Ermittlungen Erfolg hatten. Damit kann ab Montag am Goethe-Gymnasium versucht werden, langsam wieder zu einem normalen Schulbetrieb zurückzukehren“, sagte ein Vertreter der Stadt. Er kündigte an, dass Schüler und Lehrer psychologische Hilfe in Anspruch nehmen können, um die Geschehnisse der letzten Wochen verarbeiten zu können – und zwar dauerhaft. An dem Gymnasium soll eine schulpsychologische Beratungsstelle eingerichtet werden.

jetzt komme es darauf an, welche Schlussfolgerungen aus den Ereignissen um die Erpressung gezogen würden, meinte Sören Voigt, CDU-Landtagsabgeordneter der Region und selbst Vater eines Schülers am Gymnasium, gegenüber dem Blatt. Vieldeutig ließ er wissen: Der Fall habe eine Vorgeschichte. News4teachers / mit Material der dpa

Seit mehr als einem Jahr: Erpresser terrorisiert ein Lehrerkollegium mit falschen Bestellungen – und Todesdrohungen

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Küstenfuchs
5 Jahre zuvor

Ob nun Jungendstrafrecht oder nicht, ist völlig unerheblich. Nett wird es, wenn zivile Forderungen kommen. Wie ist es zum Beispiel, wenn ein Lehrer von ihm Lohn fordert, weil er eine zusätzliche Vertretungsstunde geben musste, da eine Lehrkraft auf Grund des Psychoterrors krank war? Von direkten Schadensersatzforerungen ganz zu schweigen.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

Zivilrechtliche Forderungen gehen dann wohl an die bisherigen Erziehungsberechtigten. Über die wird (mal wieder typisch) nichts gesagt, offenbar auch nicht in der Presse.