Computereinsatz ist kein Selbstzweck! Was nötig ist, damit digitale Medien das Lehren unterstützen – ein Gastbeitrag

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TORONTO. Lehrerinnen und Lehrer stehen der Digitalisierung im Bildungsbereich häufig noch skeptisch gegenüber: Laut einer Umfrage der Bertelsmann Stiftung glaubt nur jede fünfte Lehrkraft, dass digitale Medien dazu beitragen, die Lernergebnisse der Schülerinnen und Schüler zu verbessern. Wie digitale Medien das Lernen fördern können, interessiert auch Smart Technologies, ein weltweit agierendes Unternehmen der Digitalbranche. Mit einer eigens durchgeführten Umfrage unter Bildungsverantwortlichen aus zehn Ländern nähert sich das Unternehmen dieser Frage. Die Befragung ist zwar nicht repräsentativ, liefert aber Hinweise, was ausschlaggebend sein könnte, um mit digitalen Medien bessere Lernergebnisse zu erzielen – ein Gastbeitrag von Martin Breier, Vertriebsleiter Digitale Bildungslösungen bei Smart Technologies für Deutschland, Österreich und die Schweiz.

In der digitalisierten Zukunft kommt den sozialen Kompetenzen höchster Stellenwert zu. Foto: Franz Glaw / WikimediaCommons (CC BY-SA 3.0)
Der Einsatz digitaler Medien im Unterricht führt nicht automatisch zu besseren Lernergebnissen. Foto: Franz Glaw / WikimediaCommons (CC BY-SA 3.0)

„Kein Medium alleine erzeugt gute Bildung“, heißt es im DigitalPakt Schule des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Dass erfolgreiches Lehren und Lernen auch im digitalen Zeitalter einem pädagogischen Konzept folgen soll, ist hinreichend bekannt und oft diskutiert worden. Das haben auch Studien aus der Vergangenheit gezeigt: Vor allem die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) und der Bildungsforscher John Hattie äußerten Bedenken, dass hohe Bildungsausgaben und intensiver Technikeinsatz nicht unbedingt zu höheren Lernerfolgen führen.

So knüpft auch das BMBF im DigitalPakt Schule die Fördermittel für digitale Bildungswerkzeuge für Schulen und Schulträger an pädagogische Konzepte und einen Medienentwicklungsplan. Die Verantwortlichen müssen sich vorab Gedanken machen, wie sie die Medienbildung an ihrer Schule umsetzen wollen, und im zweiten Schritt festlegen, welche Medien und Werkzeuge dafür sinnvoll sind und angeschafft werden sollen. Denn wenn die Rahmenbedingungen stimmen, können digitale Werkzeuge erheblich Lehr- und Lernprozesse verbessern.

Welche Faktoren sorgen nun in der Praxis für bessere Lernerfolge und wie schätzen Lehrkräfte und Schulleitungen ihre eigenen digitalen Lehrkompetenzen ein? Hierzu befragten wir zu Beginn des Jahres 481 Bildungsverantwortliche in zehn Ländern, darunter die Vereinigten Staaten, China, Großbritannien, Deutschland, Kanada, die Niederlande und Spanien. Die Teilnehmer sollten sich selbst in einer Reihe von Kompetenzen bewerten. Außerdem sollten sie einschätzen, welchen Beitrag diese Kompetenzen dabei leisten, Lernergebnisse wie beispielsweise bessere Noten oder bessere Vorbereitung auf das Berufsleben zu erzielen. Die Umfrage ergab, dass offenbar Schulen, die bei den einzelnen Kompetenzen vorne liegen, auch bessere Lernergebnisse erzielen. Im Durchschnitt sahen die Befragten ihre Ergebnisse auf einer Skala von 100 bei 62. 16 Prozent der Befragten berichten allerdings über deutlich höhere Lernerfolge. Auffällig ist, dass sie folgende Punkte gemeinsam haben:

  • Sie verfügen über detaillierte Ideen, Konzepte und Pläne, wie sie Bildungstechnologien einsetzen wollen.
  • Sie beziehen das Lehrerkollegium und die Schülerinnen und Schüler aktiv in die Technologieplanung mit ein.
  • Sie führen eine regelmäßige Evaluation der eingesetzten Technologien und Methoden durch.

Konzepte, Teamwork und Evaluation führen zu mehr Erfolg
Von den 22 Erfolgsfaktoren, die in der Umfrage gemessen wurden, zeigen die folgenden eine besonders starke Korrelation zu den Lernergebnissen: Erstens die Lehrerweiterbildung, zweitens die Einbindung aller Beteiligten in den Veränderungsprozess und vor allem die federführende Rolle der Schulleitungen und regionalen Entscheidungsträger mit einer klaren Zukunftsvision. Auch die Lernsoftware spielt eine große Rolle: So geben Schulen mit hohen Lernerfolgen an, dass sie häufiger Software für Bewertung, spielerisches Lernen und Zusammenarbeit von Schülern verwenden als die Lehrer mit schwächeren Ergebnissen.

Schulleitungen in Deutschland beziehen auch die Lernenden in die Technologieplanung mit ein. Foto:
Junge Tüftler / flickr / CC BY-SA 2.0

Deutsche planen gerne und gut voraus
Speziell in Deutschland hat die strategische Herangehensweise eine große Bedeutung. Schulleiter, die höhere Lernerfolge erzielen, berichten über detaillierte, langfristige Technologiepläne und beziehen Lehrer und Schüler in die Technologieplanung ein. Sie messen der planvollen Weiterentwicklung und der Evaluation ihrer technologischen Ausstattung eine höhere Priorität bei als diejenigen, die weniger erfolgreich sind.

Bedeutung der Integration von Technologie mit dem Lehren und Lernen
Befragte in Deutschland, die über höhere Lernerfolge berichteten, legen größeren Wert darauf, dass die Weiterbildung der Lehrkräfte mit den Inhalten der Pädagogik und dem Lehrplan sowie mit der Nutzung der Technologie verknüpft ist.

Bedeutung einer qualitativ hochwertigen beruflichen Entwicklung
Befragte in Deutschland mit höheren Ergebnissen geben an, dass ihre Schulen über eine größere Kompetenz für die Planung von beruflicher Weiterbildung verfügen.

Nachholbedarf der Deutschen beim sozio-emotionalen Lernen
Insgesamt schätzen sich die deutschen Befragten in ihrer Fähigkeit, soziales und emotionales Lernen zu fördern, vergleichsweise schwächer ein als ihre internationalen Kollegen und Kolleginnen. Schaut man sich die Antworten aus anderen Ländern an, scheint aber gerade diese Fähigkeit stark mit höheren Lernerfolgen zusammenzuhängen. Die Förderung des sozio-emotionalen Lernens birgt daher Potenzial für Verbesserungen an deutschen Schulen.

Wer Mediennutzung gut plant, hat Erfolg im Unterricht
Auch wenn ein guter Lehrer immer guten Unterricht machen wird, die Befragung zeigt, dass gute Lehrer mit der richtigen Unterstützung bessere Ergebnisse erzielen. Lehrer brauchen eine Bildungstechnologie, die die gewünschten Unterrichtsmethoden ergänzt. Unterstützt wird dies am besten durch vorausschauende Planung seitens der Schulleitung und Schulträger, die sowohl Pädagogik, Ausstattung und Infrastruktur als auch die Weiterbildung ihrer Lehrkräfte berücksichtigt. Gerade in diesem Punkt müssen Technologieanbieter mit Schulen zusammenarbeiten.

Die Umfrage bestätigt auch die Ergebnisse aus einer Studie, die Smart Technologies bereits im Jahr 2016 durchführen ließ. Sie zeigte, dass der Einsatz von Bildungstechnologie zu höheren Lernerfolgen führt, wenn sie als Ergänzung zu vorher definierten Lehrmethoden eingesetzt wird. Die Studie mit dem Titel Teaching, Technology and Learning: Den Zusammenhang verstehen kam zu dem Schluss, dass kollaboratives Lernen, kombiniert mit Klassenraumtechnologie, zu besseren Resultaten bei den Schülerinnen und Schülern führt. Hierzu sammelte Smart über 400 Antworten von Lehrern, Administratoren und IT-Fachleuten im Bildungswesen aus 26 Ländern.

Die Digitalisierung erfordert nicht nur Equipment, sondern auch ein Konzept. Foto: Blake Patterson / flickr / CC BY 2.0

Erfolgreiche Beispiele aus der Praxis 
Am Thomas-Eßer-Berufkolleg (TEB) unterstützt Technologie das Lernen nicht nur bei den technischen Themen. Im Jahr 2014 startete das Berufskolleg damit, das gesamte Schulgebäude auf digitale Medien umzurüsten, nachdem sie zuvor ein detailliertes Medienkonzept ausgearbeitet hatten. Hierzu wurden Schulträger und die Politik mit ins Boot geholt. Auch die Lehrer am TEB wurden mit einbezogen und konnten ihre Wünsche und Bedenken äußern.

Das Medienkonzept des TEB erläutert die pädagogischen Grundlagen, ihre methodisch-didaktische Umsetzung sowie die erforderliche technische Ausstattung. Schritt für Schritt legt es die erforderliche technische Ausstattung fest, von WLAN, Web und Intranet über Hardware und Software bis hin zum Support.

Lebendiger Unterricht sorgt für Aha-Effekte
Interaktive Displays sind dabei ein zentrales Element. Denn wenn ein Board verschiedenste Medien wie Tafel, Overhead-Projektor, Scanner, CD-, DVD-, Video- und Audiogeräte vereint, vermeidet dies unnötige Medienbrüche und spart darüber hinaus nicht nur Kosten sondern auch viel Zeit – wertvolle Unterrichtszeit, Wartungs- und Betreuungszeit. Der Unterricht wird anschaulicher, lebendiger und dies führt zu höherer Interaktivität und damit höherer Motivation bei den Schülern, beispielsweise wenn anstatt Modellen interaktive 3D-Animationen eingesetzt werden. Gerade für Schüler, die wenig Verständnis für abstrakte Konzepte aufbringen können, sind diese Animationen oft mit einem Aha-Effekt verbunden.

Kombination aus interaktiven Displays und BYOD
Bring-your-own-Device (BYOD) ergänzt die interaktiven Tafeln, denn es ist wichtig, Smartphones und Internet sinnvoll in den Unterricht zu integrieren, um die Schüler da abzuholen, wo sie sich befinden. Ein generelles Verbot und die Verteufelung der Technologie sind hier der falsche Ansatz. Denn, ein weiteres Kernziel der Arbeit des TEB ist die Förderung von Medienkompetenz, sowohl das zielgerichtete Lernen mit Medien als auch das Lernen über Medien.

Praxis ist am TEB enorm wichtig. Das Berufskolleg vermittelt nicht nur Fachwissen, sondern auch zunehmend Methoden-, Medien-, Sozial- und Kommunikationskompetenz. Wenn Inhalte besser verstanden werden, die Schüler motivierter sind und sich leichter beteiligen und besser ausdrücken können, dann hat das auch Einfluss auf die Ergebnisse, bis hin zu den Schulnoten. Von Martin Breier, Smart Technologies 

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FElixa
5 Jahre zuvor

Eine nicht repräsentative Studie von einem Hersteller solcher interaktiven Displays erscheint mir nicht sonderlich glaubwürdig. Entsprechend kritisch sehe ich es an, dass dies hier als Gastbeitrag beworben wird. Es handelt sich am Ende um eine Produktwerbung, da Smart Technologies genau mit interaktiven Displays ihr Geld machen möchte und zum Fazit feststellt, dass BYOD in Kombination mit interaktiven Displays der Schlüssel zum Erfolg ist.

Generell stehe ich dem Thema Digitale Bildung sehr offen gegenüber. Man muss sich jedoch fragen welchen Mehrwert es bieten kann. Wenn ich aus dem Beitrag lese, dass BYOD und interaktive Displays die Lösung sind, kann ich eigentlich nur laut loslachen. Welchen Mehrwert bieten mir diese Displays? Genannt wurden keine und in den wenigen Pilotprojekten in deutschen Schulen wurde mehrfach festgestellt, dass diese Tafeln einfach nur teure Präsentationsmedien darstellen. Für den Preis einer solchen Tafel (bis zu 12000€) kann ich zwei Klassen mit iPads, Beamer und Dokumentenkamera ausrüsten und mehrjährig warten. Dazu gibt es bereits erfolgreiche Projekte an Schulen, die sogar vom BMBF ausgezeichnet wurden. Aber auch hier gilt doch welchen Mehrwert iPads oder das Prinzip BYOD der Schule bietet. Aktuell gibt es doch gar keine vernünftigen digitalen Medien. Eine Cloud oder ein LMS ist keine Lösung, da am Ende die Lehrkraft dafür sorgen muss entsprechende Materialien zu entwickeln. So kann, stand jetzt, die Digitalisierung nur scheitern.