BERLIN. Die Berliner AfD-Fraktion hat ihr umstrittenes Schul-Meldeportal online gestellt (das insgesamt vierte der Partei): Auf der Internetseite können Schüler und Eltern aus der Bundeshauptstadt seit Montag mitteilen, wenn sich Lehrer im Unterricht kritisch zur AfD äußern. Die Fraktion will damit nach eigener Darstellung zur Durchsetzung des Neutralitätsgebots an den Berliner Schulen beitragen – und Kinder und Jugendliche vor Lehrern schützen (und Lehrer vor Schulleitungen). Nach Ansicht der AfD ist das offenbar bereits in Grundschulen notwendig – ein Foto, das Kinderhände beim Ausmalen eines Engelchens zeigt, ziert jedenfalls die Seite großformatig.
„Die AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus ist allen Bürgern verpflichtet. Es kann nicht angehen, dass Kinder und Jugendliche in der Schule einen Nachteil erfahren, weil sie Positionen vertreten, die ihren Lehrern oder ihren Mitschülern politisch nicht genehm sind oder sie sogar wegen der politischen Meinung ihrer Eltern angeprangert oder ausgegrenzt werden“, so heißt es auf der neuen Seite „Neutrale Schule“ der Berliner AfD-Fraktion. „Die AfD-Fraktion sieht sich in der Verantwortung, Benachteiligungen von Lehrern, Kindern und Eltern auf freiwilliger und anonymer Grundlage zu erfassen und – wo sachlich erforderlich – durch die Schulbehörde überprüfen zu lassen.“
Konkrete Fallbeispiele? Fehlanzeige
Auch Lehrer müssten vor einer Vereinnahmung durch die Schule geschützt werden. „Lehrer und Schulleitung müssen für die Einhaltung des Neutralitätsgebots sensibilisiert werden. Denn Lehrer und Schulleitung sind sich möglicherweise nicht immer bewusst, wann und wodurch sie gegen das Neutralitätsgebot verstoßen. Lehrer sind keinesfalls nur Akteure, sondern in manchen Fällen auch Objekte einer Vereinnahmung der Schule für politisch-weltanschauliche Zwecke“, behauptet die AfD und fordert: „In Schule und Unterricht darf kein Klima der Angst herrschen. Die Grundsätze der Meinungsfreiheit und freien Rede und ihr Wert für unsere Demokratie müssen an Schulen vorbildlich gelebt werden. Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt müssen für Schüler und Lehrer gewährleistet sein.“ Beispiele dafür, dass Schüler oder Lehrer an einer Schule aufgrund ihrer politischen Meinung „angeprangert oder ausgegrenzt worden sein könnten, liefert die Partei nicht.
Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) hatte Eltern und Schüler in der Vorwoche aufgerufen, bei dem Meldeportal nicht mitzumachen. Die AfD wolle Schulen für ihre Zwecke instrumentalisieren ihr politisch missliebige Lehrkräfte an den Pranger stellen. «Das sät Misstrauen, fördert Denunziantentum und vergiftet das Schulklima.» Die Landes- Datenschutzbeauftragte soll Scheeres zufolge prüfen, ob die AfD-Aktion überhaupt zulässig ist. Auch die Koalitionsfraktionen verurteilten das Vorgehen der AfD (News4teachers berichtete).
Ein solches Meldeportal planen AfD-Fraktion mehrerer Länder. In Hamburg und Sachsen ist es bereits online, in Baden-Württemberg wurde es nach einem mutmaßlichen Hackerangriff zunächst wieder abgeschaltet. In Brandenburg soll es nach Angaben eines Fraktionssprechers nunmehr am Dienstag gegen 15.00 Uhr starten. Ursprünglich sollte dies am vergangenen Freitag geschehen. Das sei aber nicht möglich gewesen, weil noch juristische Probleme in Bezug auf den Datenschutz hätten gelöst werden müssen, so der Sprecher. News4teachers / mit Material der dpa