Lehrermangel: GEW fordert A13 für Grundschullehrer, VBE multiprofessionelle Teams an Schulen

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BERLIN. Angesichts der aktuellen Prognose der KMK, nach der jährlich 32.000 Junglehrer in Deutschland neu eingestellt werden müssen – von den Universitäten aber nicht genug abgehen –, fordern die Lehrergewerkschaften GEW und VBE ein entschiedenes Vorgehen gehen den Nachwuchsmangel. Die GEW begrüßte zwar, dass bei den Kultusministern „mehr Realismus eingezogen“, sei. Jetzt gehe es aber darum, die „Fehlsteuerung endlich zu korrigieren“. Der VBE schlägt in die gleiche Kerbe.

Immer mehr Stellen insbesondere an Grundschulen können nicht besetzt werden. Foto: Shutterstock

Die GEW legte ein 10-Punkte-Programm gegen den Lehrermangel vor. Dass Sofortmaßnahmen notwendig sind, belege nun auch die lange erwartete Lehrkräftebedarfsprognose der Kultusministerkonferenz (News4teachers berichtete). „In diesem Schuljahr fehlen mehrere tausend Lehrkräfte, zudem sind tausende Stellen mit Quer- und Seiteneinsteigern besetzt. Bei der KMK ist offensichtlich endlich mehr Realismus eingezogen. Nun müssen den Worten Taten folgen. Denn wenn nicht die Notbremse gezogen wird, steuert Deutschland auf einen Bildungsnotstand zu“, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. Sie mahnte an, die jahrelange Fehlsteuerung in der Lehrkräfte-Ausbildung zu korrigieren.

Während zu viele Gymnasiallehrkräfte ausgebildet worden seien, gebe es an Grund-, Berufs-, Förder- und Sonderschulen sowie insbesondere in den östlichen Bundesländern einen gravierenden Lehrkräftemangel. „Zudem müssen sich alle Bundesländer endlich dazu durchringen, Lehrkräfte an Grundschulen genauso zu bezahlen wie an Gymnasien. Sonst wird die Fehlentwicklung auch in den nächsten Jahren fortgeschrieben“, unterstrich Tepe. „Das ginge zu Lasten der Lehrkräfte und eines guten Unterrichts – und träfe damit die Schülerinnen und Schüler.“

Das 10-Punkte-Programm der GEW zeige kurz-, mittel- und langfristige Lösungsansätze auf, um mehr Lehrkräfte zu gewinnen, betonte die Vorsitzende: „Die GEW hält die Einstellung von Quer- und Seiteneinsteigern für dringend notwendig. Ohne diese Maßnahme sind die großen Lücken in den Klassenzimmern einfach nicht zu schließen. Entscheidend ist, dass diese Kolleginnen und Kollegen bestmöglich (nach)qualifiziert werden, da sie in der Regel keine pädagogischen Kompetenzen mitbringen“, so Tepe.

Ausbildungskapazitäten erhöhen

„Der Beruf muss attraktiver werden, damit sich wieder mehr junge Menschen entscheiden, Lehrer oder Lehrerin zu werden. Dafür brauchen wir dringend bessere Arbeitsbedingungen an den Schulen. Dazu gehören Entlastungen vor allem aber eine Bezahlung aller voll ausgebildeten Lehrkräfte nach A13 (Beamtinnen und Beamte) und E13 (Angestellte). Das ist insbesondere für Lehrkräfte an Grundschulen – hier ist der Mangel am gravierendsten – wichtig: Sie werden in fast allen Bundesländern schlechter bezahlt als Lehrkräfte an anderen Schulformen.“ Tepe stellte klar, dass die Länder gefordert seien, die Ausbildungskapazitäten an den Hochschulen und im Vorbereitungsdienst zügig zu erhöhen – und zwar deutlich. Sie machte KMK und Ländern das Angebot, gemeinsam Wege aus der Misere zu entwickeln und umzusetzen. „Wir sind gesprächsbereit und unterstützen die Länder in dieser Notlage. Die Belastungen durch die Mangelsituation dürfen nicht länger auf dem Rücken der Lehrerinnen und Lehrer ausgetragen werden“, hob Tepe hervor.

Sie machte aber auch noch einmal deutlich, dass die aktuelle dramatische Situation im Wesentlichen hausgemacht sei. „Die Länder haben es in den vergangenen Jahren versäumt, ausreichend Lehrkräfte auszubilden, obwohl die Pensionierungszahlen und die steigende Geburtenrate teils lange bekannt sind“, unterstrich Tepe.

Der Bundesvorsitzende des VBE, Udo Beckmann, kommentierte die Zahlen wie folgt: „Positiv ist, dass nun auch dem letzten Kultusministerium offenbar wird, dass es einen immensen Bedarf an originär ausgebildeten Lehrkräften gibt. Wir sind allerdings äußerst skeptisch, ob die heute vorgelegten Zahlen den tatsächlichen Bedingungen gerecht werden. Andere Prognosen zeigen (trotz der Modellannahme der Beibehaltung des Status quo) deutlich höhere Bedarfe, zumal der genannte Lehrkräftemehrbedarf schon aufgrund steigender Geburtenzahlen und hoher Pensionierungszahlen zu erklären ist. Wir fragen uns aber, wann genau die Kultusministerien damit beginnen, die Bedarfe für die an Schule gestellten Herausforderungen einzurechnen. Eine den Status quo als Basis nehmende Modellrechnung verkennt die Realität an den Schulen. Die Lehrkräfte arbeiten am Limit, weil jetzt schon Stellen nicht besetzt werden können, Seiteneinsteigende unterstützt werden müssen und die Lehrkräfte immer mehr Aufgaben übernehmen müssen. Inklusion, Integration, Digitalisierung und Ausbau des Ganztags stellen hohe Anforderungen an Schule, die mit dem momentanen Personalschlüssel nicht bewältigbar sind.“

Beckmann forderte deshalb, dass endlich auch Modellrechnungen erstellt werden müssten, die Verbesserungen der Lehr- und Lernsituationen einbeziehen. „Die Lehrkräfte brauchen eine klare Perspektive, dass sich die momentane Situation wieder entspannen wird. Dafür braucht es dringend kleinere Lerngruppen, insbesondere, wenn Kinder mit Beeinträchtigungen oder geflüchtete Kinder inkludiert werden sollen. Da der Lehrermarkt leergefegt ist, müssen Lehrkräfte durch die Unterstützung multiprofesioneller Teams entlastet werden. Seiteneinsteigende, die den akuten Lehrermangel lindern sollen, müssen mindestens halbjährig vorqualifiziert und anschließend angemessen weiterqualifiziert werden.“ News4teachers

Hier geht’s zum 10-Punkte-Programm der GEW.

Auch auf der Facebook-Seite von News4teachers wird das Thema diskutiert.

 

Lehrermangel weitet sich aus – KMK-Chef fordert: Bundesweit mehr ausbilden!

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8 Kommentare
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sofawolf
5 Jahre zuvor

Lehrermangel gibt es insbesondere an Grund-, Berufs-, Förder- und Sonderschulen.

Lehrer an Berufs-, Förder- und Sonderschulen verdienen aber bereits wie Gymnasiallehrer oder sogar mehr, das belegt erneut, dass der Lehrermangel nichts mit dem Gehalt zu tun hat.

Die gleiche Bezahlung würde den Lehrermangel bestenfalls, wenn es denn doch am Gehalt läge, in ca. 7 Jahren beenden, wenn neue Interessenten ihre Ausbildung abgeschlossen haben. Alle, die jetzt davon profitieren würden, sind ja bereits Lehrer. Das kostet dann die Länderhaushalte Millionen, ohne dass es einen einzigen Lehrer mehr gibt dadurch und verschärft den Lehrermangel noch, wenn mehr Lehrer sich mehr Teilzeit leisten können.

Die Arbeitsbedingungen massiv zu verbessern, kann hingegen dazu führen, dass weniger Lehrer in Teilzeit gehen, sich frühpensionieren lassen oder dauerkrank ausscheiden. Das würde bereits jetzt gegen den Lehrermangel helfen.

Wer sind nur die Berater der Politik?

sofawolf
5 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

Noch ein Beleg dafür, dass es nicht am Geld liegt und andere Dinge wichtiger sind!

Auszug: „In den Niederlanden arbeiten Lehrer länger und werden schlechter bezahlt als in Deutschland. Warum ihnen die Arbeit dennoch mehr Spaß zu machen scheint, erzählt eine junge Lehrerin FOCUS-Online-Reporterin Petra Apfel.“

https://www.focus.de/perspektiven/14-laender-14-reporter/14-laender-14-reporter-niederlande-weniger-geld-mehr-freiheit-das-geheimnis-gluecklicher-lehrer_id_9700759.html

Die Politiker in Deutschland haben eindeutig die falschen Berater. Das kommt uns teuer und bringt gar nichts.

sofawolf
5 Jahre zuvor

Der deutsche Staat lebt über seine Verhältnisse? Es sprudeln doch die Steuereinnahmen und alle wollen mehr Geld und weniger Steuern? Kann das auf Dauer gut gehen?

Auszug: „Deutschland hat Schulden und Verpflichtungen – aber auch Vermögen. Wie reich ist der Staat wirklich? Eine neue Analyse zeigt: Deutschlands Finanzen gehören zu den unsolidesten der Welt. Sogar Uganda und Kenia wirtschaften besser. “
https://www.welt.de/wirtschaft/article181823824/IWF-Warnung-Deutscher-Staat-lebt-ueber-seine-Verhaeltnisse.html

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

Gerade weil die Steuereinnahmen fließen, wird das Geld falsch ausgegeben. Außerdem hat Helmut Kohl die Einheit komplett auf Pump finanziert und das Rentensystem ruiniert.

sofawolf
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Das ist immer die Frage. Wie sollen die Einnahmen des Staates ausgegeben werden. Dazu machen uns die Parteien Angebote, aus denen wir ausWÄHLEN können. Leider schauen viele nur auf ihren eigenen, persönlichen Vorteil und nicht auf das Gemeinwohl oder gar die Folgen.

Die Gewerkschaften und Berufsverbände betreiben (derzeit vorrangig) nichts weiter als
– Klientelpolitik
– Branchenegoismus
– und puren Eigennutz.
Nur von einer Erhöhung der Lehrergehälter profitieren Berufsverbände und Gewerkschaften auch selbst. Ich wette, wenig später erhöhen sie sich auch ihre eigenen Gehälter. Von besseren Arbeitsbedingungen an den Schulen haben sie hingegen gar nichts.

dickebank
5 Jahre zuvor

In den neuen Bundesländern werden 1500 Referendare und lehramtsanwärter weniger ausgebildet als gebraucht würden, um zukünftig alle offenen Stellen besetzen zu können. Im Westen werden derzeit 900 Lehrkräfte mehr aus den ZfsL entlassen als Planstellen vorhanden sind. Dass im Westen die Stellen in der Primarstufe und der Sekundarstufe I nicht besetzt werden können, liegt vor allem daran, dass deutlich mehr Studenten das Lehramt GY/GE absolvieren als es SekII-Stellen gibt.

NRW bildet an den ZfsL deutlich mehr Anwärter und Referendare aus, als tatsächlich benötigt werden. Andere Bundesländer hingegen haben sowohl die Studienplätze für Lehramtsstudenten als auch die Ausbildungsplätze an den Studienseminaren eingespart.

sofawolf
5 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Eben, der Lehrermangel derzeit liegt erheblich an den reduzierten Ausbildungskapazitäten und am Stellenabbau im gesamten öffentlichen Dienst. Es sind ja auch Studiengänge an Hochschulen im Rahmen der Sparmaßnahmen (mehr netto vom Brutto) gestrichen worden usw.

Krokodilstreichler
5 Jahre zuvor

A13 für alle ist zu teuer und verhindert nur die Einstellung von mehr Lehrern und die Schaffung von mehr Studienplätzen. Sinnvoller wäre E9 für alle, dann würden nicht mehr junge Leute Gymnasiallehramt nur wegen des höheren Gehalts studieren. Ein bezahltes duales Studium für junge Leute mit integrierten Praxisphasen, die das Referendariat ersetzen, würde zudem viele Schulabgänger aus ärmeren Familien den Beruf ermöglichen.