GEW hat’s ausrechnen lassen: Lehrermangel an Berufsschulen fällt weit größer aus, als die KMK prognostiziert

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FRANKFURT/MAIN. „2030 werden etwa 240.000 mehr Schülerinnen und Schüler an beruflichen Schulen lernen, als es die Kultusministerkonferenz bislang prognostiziert hat. Das hat Konsequenzen für den bisher prognostizierten Lehrkräftebedarf an beruflichen Schulen“, sagt Ansgar Klinger, für Berufliche Bildung verantwortliches Vorstandsmitglied der GEW. Die GEW hat eine eigene Prognose erstellen lassen. Fazit, so Klinger: „Der Mangel an Berufsschullehrkräften wird noch größer werden“.

Das Duale System gilt als Erfolgsmodell – noch. Foto: Shutterstock

Bereits in diesem Frühjahr hatte die GEW mit einem Gutachten aufgezeigt, dass entgegen den bisherigen Annahmen die Zahl der Schülerinnen und Schüler an beruflichen Schulen langfristig auf dem vergleichsweise hohen Niveau von 2,5 Millionen Schülerinnen und Schülern verbleiben werde. Die Kultusministerkonferenz (KMK) hatte daraufhin ihre Prognosen im Mai aktualisiert.

Die nun vorgelegte, neue Studie von Dieter Dohmen und Maren Thomsen zeigt den Angaben zufolge eine höhere Anzahl von Schülerinnen und Schülern, als es die KMK noch im Mai für die Länder vorausberechnet hatte. Bis zum Jahr 2021 seien knapp 26.000 mehr Schülerinnen und Schüler an beruflichen Schulen zu erwarten. „In den folgenden neun Jahren steigt die Zahl sogar auf knapp 240.000 im Jahr 2030 an. Das hat natürlich Konsequenzen für den Lehrkräftebedarf an beruflichen Schulen“, erklärt Klinger.

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Sowohl der von der KMK als auch von der Bertelsmann-Stiftung ermittelte Lehrereinstellungsbedarf gingen von geringeren Schülerzahlen aus, so Klinger. „Wir können demnach erwarten, dass die bislang veröffentlichten Zahlen der Lehrkräftelücken an den beruflichen Schulen erheblich höher sein werden. Die Studie weist für jedes Bundesland den Lehrkräftebedarf aus, jetzt müssen die Länder handeln und wirksame Maßnahmen ergreifen“, sagt der GEW-Experte für berufliche Schulen.

„Beruf attraktiver machen“

„Klar ist, dass die Leistungsverdichtung der vergangenen Jahrzehnte den Beruf unattraktiver gemacht hat. Um jetzt zusätzliche Lehrkräfte zu gewinnen, müssen die Länder den Lehrerberuf an berufsbildenden Schulen wieder attraktiver machen“, sagt Klinger. „Doch das allein wird nicht reichen. Die Länder müssen für mehrere Jahre Quer- und Seiteneinsteiger einstellen und die Lehramtsausbildung ausbauen, um den Bedarf an Lehrkräften zu decken.“ Die Quer- und Seiteneinsteiger müssten sofort berufsbegleitend nachqualifiziert und durch Mentoringprogramme unterstützt werden. Dafür brauche es bundesweite Mindeststandards, so Klinger.

„Gleichzeitig müssen Lehrkräfte, die Quer- und Seiteneinsteiger ausbilden und betreuen, entlastet werden. Nur so kann die Qualität des Unterrichts gesichert werden.“ An den Hochschulen müssten zudem die Ausbildungskapazitäten von Lehrerinnen und Lehrer hochgefahren werden. Die „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ von Bund und Ländern könne dabei unterstützen, erklärt Klinger. Dazu gehöre unter anderem die (Wieder-)Einrichtung von Lehrstühlen in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik sowie der Didaktik der beruflichen Fächer. Klinger: „Eine länderübergreifende Zusammenarbeit in der Ausbildung von Lehrkräften der beruflichen Schulen ist notwendiger denn je!“. News4teachers

Hintergrund

Die von den Bildungsforschern Dr. Dieter Dohmen und Dr. Maren Thomsen erstellte Studie „Prognose der Schüler*innenzahl und des Lehrkräftebedarfs an berufsbildenden Schulen in den Ländern bis 2030“ legt für jedes Bundesland die Entwicklung der Zahl der Schülerinnen und Schüler vor und zeigt erstmals für jedes einzelne Land den daraus resultierenden Bedarf an Lehrkräften auf.

Dabei beruhen die Daten auf einer eigenen Bevölkerungs- und Schülervorausberechnung und einer ausgefeilten Methodik hinsichtlich des Übergangsverhaltens in die Berufsbildung mit einer genauen Aufschlüsselung für Bildungsgänge der Teilzeit, Vollzeit und des Übergangssystems. Sowohl bei der Prognose der allgemeinbildenden Schulabschlüsse als auch dem Übergangsverhalten in die verschiedenen Zweige der Berufsausbildung werden die Trends der vergangenen Jahre fortgeschrieben. Demgegenüber geht die KMK vom Übergangsverhalten des Schuljahres 2016/17 aus.

Die Studie kann hier heruntergeladen werden. 

Steht das Duale System auf der Kippe? Berufsschulen brauchen 60.000 neue Lehrer bis 2030

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1 Kommentar
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Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor

Es ist ganz klar und niemand wird es wohl bestreiten, attraktiver kann man den Beruf nur machen, wie in anderen Fällen, indem das Gehalt erhöht wird.

Wieder ein Argument für A 14 für Berufsschullehrer und somit dann auch für Gymnasiallehrer.

Oder?