Hintergrund: Die geplanten neuen Regeln für Thüringer Schulen

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ERFURT. Schulen in Thüringen sollen bald eine Mindestzahl an Schülern aufweisen, um bestehen zu können. Doch auch Kooperationen sind möglich. Eine Gesetzesnovelle soll bald vom Landtag beschlossen werden. In ihr stecken aber auch Ausnahmeregeln und Neuerungen bei der Inklusion.

Von Schwerin nach Erfurt: Helmut Holter. Foto: Sven Teschke / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0 DE)
Hat den Entwurf für ein neues Schulgesetz vorgelegt: Thüringens Bildungsminisr Holter. Foto: Sven Teschke / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0 DE)

Die Landesregierung hat den Entwurf für die Schulgesetznovelle am Dienstag abschließend im Kabinett beraten. Die Reform wird heiß diskutiert. Nachfolgend einige Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Was sind die wichtigsten Neuerungen?

Die wohl tiefgreifendsten Neuerungen betreffen die Inklusion und die Schulgrößen. Erstmals soll festgelegt werden, wie groß eine Schule sein muss, um bestehen zu können. Bei der Inklusion hält die Landesregierung zwar an dem Ziel fest, möglichst flächendeckend gemeinsamen Unterricht zu verwirklichen, nimmt aber etwas Tempo aus dem Vorhaben.

Wie viele Schüler müssen Thüringer Schulen künftig haben?

Der aktuelle Gesetzentwurf sieht vor, dass Grundschulen mindestens 80 Schüler haben müssen. Eine Unterscheidung zwischen Stadt- und Landschulen soll es entgegen vorheriger Pläne aber nicht geben. Regelschulen brauchen dem neuesten Entwurf zufolge mindestens 240 Schüler und Gymnasien 540. Gemeinschaftsschulen müssen für die Klassen 5 bis 10 mindestens 240 haben, Gesamtschulen 400.

Das sind aber nicht die einzigen Vorgaben. Schulen sollen unter Einberechnung aller Klassen einen durchschnittlichen Wert bei der Schülerzahl pro Klasse erfüllen. Auch diese Werte sind festgelegt. Und: Dem Entwurf zufolge müsste eine Schule für neu einzuschulende Klasse genügend Schüler zusammenbekommen – bei Grundschulen sind dies zum Beispiel 22, bei Regelschulen und Gesamtschulen 24, bei Gymnasien 26.

Ist festgelegt, wie groß eine Klasse maximal sein darf?

Nein. Allerdings wird die Klassengröße durch die Größe der Klassenräume eingeschränkt. Die Entscheidung trifft hier das jeweilige Schulamt.

Gibt es Ausnahmeregelungen?

Ja, jede Menge. Die wichtigsten: Kleine Schulen sollen die Möglichkeit bekommen, die Vorgaben mithilfe von Kooperationen zu erfüllen. Außerdem stehen im Entwurf Anfahrtszeiten zur Schule, die nicht überschritten werden sollen: Von der Haustür bis zur Grundschule sollen Jungen und Mädchen nicht länger als 35 Minuten brauchen, bis zur Regelschule nicht länger als 45 Minuten und bis zur Gemeinschaftsschule, einem Gymnasium oder einem regionalen Förderzentrum nicht länger als 60 Minuten.

Wie sehen die Inklusionspläne aus?

Nach dem Willen der Regierung sollen sich einige der Förderschulen zu Beratungszentren wandeln – ohne eigene Schüler. Förderschulen, an denen Kinder mit geistigen oder körperlich-motorischen Defiziten lernen oder Kinder, die beim Sehen oder Hören stark eingeschränkt sind, sollen von dem neuen Gesetz unberührt bleiben. Außerdem soll im Gesetz stehen, dass Eltern ein Wahlrecht haben und entscheiden können, wo ihre Kinder eingeschult werden. Nach Angaben des Bildungsministeriums müssen Schüler auch nicht die Schule wechseln, sondern können ihre Schulzeit wie geplant beenden.

Was sagen Kritiker zu dem Entwurf?

Die oppositionelle CDU ist gegen eine Änderung des bestehenden Schulgesetzes. Der bildungspolitische Sprecher der Fraktion, Christian Tischner, nannte den Entwurf einen «Frontalangriff auf das Thüringer Schulsystem». «Insbesondere das Festhalten an dem Ziel Förderschulen für Lernen, Sprache und emotionale und soziale Entwicklung langfristig zu Schulen ohne Schülern zu entwickeln, bedeutet das Aus für einen Großteil der Thüringer Förderschullandschaft», erklärte Tischner am Dienstag. Die AfD-Fraktion kritisierte vor allem die Pläne, kleinere Schulen auf dem Land zu Kooperationen zu bewegen. Von Stefan Hantzschmann, dpa

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2 Kommentare
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Pälzer
5 Jahre zuvor

Soso, Gymnasien müssen 26 Schüler pro Klasse (man darf wohl ergänzen: mindestens) zusammenbekommen. Das heißt, man liegt jedenfalls über der Grenze, wo ein normaler Lehrer noch im Unterricht auf jede(n) einzelne(n) eingehen kann. Auch für Regelschulen (ist das dasselbe wie Hauptschule /regionale Schule /Oberschule /Stadtteilschule/ Mittelschule …?) sind die Schülerzahlen viel zu hoch. Was hat die Linke eigentlich gegen Bildung?

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor

Zitat: „Förderschulen, an denen Kinder mit geistigen oder körperlich-motorischen Defiziten lernen oder Kinder, die beim Sehen oder Hören stark eingeschränkt sind, sollen von dem neuen Gesetz unberührt bleiben. Außerdem soll im Gesetz stehen, dass Eltern ein Wahlrecht haben und entscheiden können, wo ihre Kinder eingeschult werden.“

Sehr gut!