Studie: Gesundes und hochwertiges Schulessen muss gar nicht teurer sein

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BERLIN. Kinder und Jugendliche könnten laut einer Studie ohne große Mehrkosten einen gesünderes Mittagessen an Schulen bekommen. Die Kosten für Waren im Einklang mit Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) lägen in vergleichbarer Höhe wie bei konventionellen Anbietern, heißt es in einer am Dienstag in Berlin vorgestellten DGE-Studie zu Kosten in der Schulverpflegung.

Viele Schulen sind mit der Gestaltung des Schulessens allein gelassen. Grundsätzlich herrscht starker Preisdruck. Foto: Hans / pixabay (CC0 Public Domain)
Viele Schulen werden mit der Gestaltung des Schulessens allein gelassen. Grundsätzlich herrscht starker Preisdruck. Foto: Hans / pixabay (CC0 Public Domain)

Der Unterschied im Vergleich zum jetzigen Durchschnitt betrage vier Cent pro Essen, sagte Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU). Gesündere Angebote seien machbar, wenn man nur wolle. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) appellierte, Kindern frühzeitig einen «fröhlichen Umgang mit gesunden Lebensmitteln» zu vermitteln.

Die seit Jahren bestehenden DGE-Standards besagen zum Beispiel, dass täglich Gemüse auf den Teller kommen sollte, Fleisch hingegen nur maximal zweimal pro Woche. Daneben geht es um Rahmenbedingungen wie eine ausreichend lange Essenspause. An den Schulen sind die Standards aber längst nicht in der Breite umgesetzt. Nach Kenntnis der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch haben bislang nur Berlin und das Saarland sie zu Pflicht-Kriterien bei Neuausschreibungen gemacht. Foodwatch sieht bei Schulessen ein «verheerendes Staatsversagen».

Klöckner betont auch am Dienstag, die Empfehlungen seien ein «Angebot». Vage formuliert sie: «Die DGE-Standards sollten und müssten Kriterium werden für die Ausschreibungen […].» Auch ohne Pflichten soll sich das stark unterschiedliche Angebot von Schulküchen und Caterern nach dem Willen der Ministerin wandeln – durch verstärkte Beratung der Kommunen. Noch sei bei Schulträgern die Annahme verbreitet, dass gesundes Essen unbezahlbar sei, Qualität habe deshalb lange nicht im Fokus gestanden, sagte sie.

Die von Klöckners Ministerium finanzierte Studie soll bei der Überzeugungsarbeit helfen. 20 Prozent Bioanteil etwa führe nur zu Preissteigerungen im «einstelligen Cent-Bereich» pro Mahlzeit, heißt es darin etwa. Die Studienautoren schreiben, es sei besonders wichtig, die Akzeptanz des Mittagsangebots zu steigern – je mehr Essen verkauft werden, desto günstiger werde es. Nach Ministeriumsangaben haben täglich mehr als drei Millionen Schüler an Ganztagsschulen Anspruch auf ein Mittagessen, aktuelle Daten zur Nutzung gibt es aber nicht.

Im Schnitt 3,50 Euro kostet das Essen die Eltern laut der Studie. Möglich werde dieser Preis durch Kommunen, die das Angebot insgesamt pro Jahr mit 1,2 Milliarden Euro mitfinanzieren. Kommunen und Eltern müssten auch künftig nicht zwangsläufig höhere Kosten tragen, sicherte Klöckner zu. Die Studie zeige Einsparmöglichkeiten auf, so dass zum Beispiel Mehrausgaben für Rohmaterial durch weniger Energiekosten aufgefangen werden könnten.

Inwiefern das im Einzelfall umsetzbar ist, kann wohl nur die Zukunft zeigen. Für die Studie führten Experten Modellrechnungen durch und befragten zum Beispiel mehr als 120 Essensanbieter. Der von Klöckner genannte Vier-Cent-Unterschied ergibt sich, wenn vor Ort gekocht und im Schnitt 200 Essen ausgegeben werden. Viele Schulen lassen jedoch vom Caterer liefern oder beziehen Tiefkühlkost, um dem gestiegenen Bedarf nach Mittagsverpflegung gerecht zu werden. Es ist fraglich, wie günstig eine Gesundheitswende in solchen Fällen ausfällt.

Spahn warnt vor Übergewicht

Jens Spahn, mit dem Klöckner bei dem Thema eng kooperieren will, warnte vor Krankheiten, die mit Übergewicht und Fettleibigkeit einhergehen könnten. Wenn schon Jugendliche Altersdiabetes hätten, habe das «definitiv mit der Frage von zu wenig Bewegung und nicht ausreichend gesunder Ernährung zu tun». Rund 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen gelten als übergewichtig oder fettleibig. Eine weitere Zunahme müsse kein Automatismus sein, so Spahn. Er kündigte an, sich für mehr Präventionsangebote der Krankenkassen in Schulen und Kindergärten einzusetzen.

Ein Schulfach «Ernährung», wie von manchen gefordert, halten die Minister unterdessen nicht für unbedingt nötig – vielmehr müsse Wissen über Ernährung und die Herkunft von Lebensmitteln allgemein in den Schulalltag integriert werden. Für Spahn gehört zudem ausreichend Bewegung zum gesunden Aufwachsen, wie er sagte. dpa

Schulessen ist zu schlecht – Foodwatch fordert: Ergebnisse von Kontrollen bei Caterern offenlegen

 

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Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor

Ich weiß nicht, aber ehrlich gesagt, ich finde unser Schulessen langweilig. Fast immer nur irgendwelches „Grünzeug“. Kann man uns nicht wenigstens wählen lassen (bei kleinen Kindern meinetwegen die Eltern)?

Pälzer
5 Jahre zuvor

… Schulessen ein „verheerendes Staatsversagen“ – nun, früher war Essen etwas, worum sich die Menschen selbst kümmerten, keine zentrale Aufgabe des Staates.

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

Essen … aber Schulessen? Ich glaube, das rührt aus Zeiten, die wir beide nicht mehr selbst erlebt haben und von denen man in der Serie „Babylon“ einen plastischen Eindruck bekommen konnte.

Dass alle Kinder wenigstens einmal täglich ein warmes Mittagessen bekommen, Pälzer, es gab eine Zeit, in der das nicht selbstverständlich war und in der sich das nicht jeder leisten konnte. (Heute sind das wohl eher Nachlässigkeiten.) Es war gut, dass der Staat das übernommen hat. Es sollte bleiben. Und es sollte kostenlos sein. Schmecken sollte es aber auch. 😉

Könnte man dafür nicht auch mal die sprudelnden Steuereinnahmen in Anspruch nehmen als immer nur für höhere Lehrergehälter? 5000,- statt 4500,- Euro und so … (Ist Wohlstandssicherung und -mehrung einiger die zentrale Aufgabe des Staates?)

Pälzer
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Ich stimme Ihnen zu, dass in Problemfamilien, wo Vater und Mutter nicht für ihr Kind sorgen können, der Staat einspringen soll. Das ist Nothilfe oder organisierte Nächstenliebe. Armenspeisung gab es schon lange. Es ist aber kein „Staatsversagen“, wenn der Staat das nicht organisiert hat, sondern ein Versagen der Familie.

Schulessen ist ja nicht Armenspeisung. Hier sitzen alle nebeneinander. Je nach Einzugsgebiet der Schule werden die meisten abends zuhause eine vollwertige Mahlzeit kriegen (und es genügt ihnen ein Brot zu Mittag) oder im anderen Fall kriegen viele zuhause gar nichts gutes zu essen. Wünschenswert wäre natürlich ein gutes Mittagessen, so reichhaltig und frisch wie es die kompetente Mutter der 70er/80er Jahre zuhause kochen würde. Aber das ist sehr teuer und kaum zu organisieren. Leider hat die Bundesregierung das viele, viele Geld und nicht die Kommunen, welche die Mensen zu organisieren haben.

Auf der anderen Seite sehe ich die Nachteile obrigkeitlich organisierten Kochens:
– es wird immer teuer, wenn etwas, was Menschen normalerweise einfach tun, von bezahlten Profis übernommen wird.
– Schulessen kann man nur organisieren, wenn die Zutaten in großen Mengen angeliefert werden. Da lassen sich die selbst angebauten Karotten oder Äpfel von einem Baum nicht einbauen. Es wird keine seltenen, ungewöhnlichen Gerichte oder Gemüse geben, die der Hälfte der Schüler nicht schmecken;
– Schulessen ergibt eine Gewöhnung, dass man sich nicht selber um’s Essen kümmert, sondern man steht in einer Schlange, kriegt ein Tablett, isst was einem schmeckt (lässt den Rest liegen), erhält vielleicht noch einen Nachschlag von den billigeren Komponenten, bringt das Ganze weg (irgendwer kümmert sich darum). Wer so aufwächst, lernt nicht Kochen als eigenes Tun kennen.
– Tischgemeinschaft ist auch ein Ort der Erziehung (vorausgesetzt Vater und Mutter sind selber erzogen). Das kann man in der Schule nur nachahmen, wenn eine enge und autoritative Beziehung zwischen Kindern und „Aufsichtspersonen“ besteht; in kleinen Grundschulen ist das sicher meist der Fall, in unserer Mensa für ca. 600 Schülern aus zwei Schulen gar nicht.
– Im Artikel wird der sehr wichtige Punkt Essensqualität besprochen. Das Frisch-Kochen, ernährungsphysiologisch eindeutig besser, ist bei unseren hohen Löhnen unweigerlich immer teurer als das Aufwärmen industriell vorgegarter Nahrung.

Johann Lafer hatte in Bad Kreuznach ein modellhaftes Konzept „Food@ucation“ aufgebaut, das vielfältiges, köstliches Essen aus der Region, frisch gekocht, möglich machte und Eltern, Schülern und Lehrern gefiel. Nach wenigen Jahren wurde seiner Firma die Mensa entzogen, weil seine Mahlzeiten pro Portion 0,50€ teurer waren als die Konkurrenz. Gerechtigkeit ist, wenn keiner besseres Essen kriegt als die anderen …