Trotz Urteil: Kultusministerium will an Kopfnoten festhalten

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DRESDEN. Bisher wird das Verhalten von sächsischen Schülern im Zeugnis benotet. Ein Gericht hat das teilweise für verfassungswidrig erklärt. Erwartungsgemäß regt sich Widerstand.

Der sächsische Kultusminister Piwarz muss sich mit einem Urteil des Verwaltungsgerichts beschäftigen. Foto: Steffen Prößdorf / Wikimedia Commons / CC BY-SA 3.0 DE

Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) will ungeachtet eines Gerichtsurteils an Kopfnoten in Schulzeugnissen festhalten. «Eine Bewertung der sozialen Kompetenz von Schülern steht für mich nicht zur Disposition», sagte er am Dienstag in Dresden. Das Verwaltungsgericht der Landeshauptstadt hatte die Noten in Zeugnissen von Schülern, die sich um Ausbildungsplätze bewerben, am Montag für verfassungswidrig erklärt. Das Kultusministerium prüft nun, ob es die Entscheidung vor dem Oberverwaltungsgericht Bautzen anfechtet.

In Sachsen erhalten Schüler bis zum ersten Halbjahr der zehnten Klasse Noten für Betragen, Mitarbeit, Fleiß und Ordnung. Alle Lehrer, die einen Schüler unterrichten, benoten ihn dabei auf einer Skala von eins bis fünf. Dabei haben sie zum Beispiel auch seine Hilfsbereitschaft und Pünktlichkeit im Blick.

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Der sächsische Handwerkstag sprach sich ebenfalls für Kopfnoten aus. «Diese geben einen ersten Anhaltspunkt über den bisherigen Werdegang des potenziellen Azubis», sagte der Präsident, Roland Ermer. Dennoch würde kein Betrieb allein wegen dieser Noten eine Zu- oder Absage erteilen. Vonseiten der AfD-Landtagsfraktion hieß es, Schüler sollten ihr Verhalten verändern, wenn sie negative Auswirkungen durch Kopfnoten befürchteten. Die Linksfraktion begrüßte hingegen das Urteil, da sie die Aussagekraft der Noten anzweifelt.

Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) zeigte sich derweil von den Kopfnoten überzeugt. «Es gibt aus meiner Sicht viele Gründe, dass wir auch die Sozialkompetenz von Schülerinnen und Schülern mitbeurteilen», sagte der Regierungschef. Schule sei nicht nur zur Wissensvermittlung da, sondern habe auch einen Erziehungsauftrag. Ein Oberschüler hatte auf Entfernung der Noten aus dem Zeugnis der 9. Klasse geklagt, mit dem er sich bei Unternehmen um eine Ausbildung nach dem Realschulabschluss bewerben will. dpa

Schüler klagt gegen Kopfnoten – und bekommt Recht vom Verwaltungsgericht

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5 Kommentare
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Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor

Sehr gut. Die Verhaltensnoten finde ich viel wichtiger als die Fachnoten. Deshalb wiederhole ich:

Kopf- oder besser Verhaltensnoten als Gegenstück zu den Fachnoten finde ich eine sinnvolle Rückmeldung an den Schüler. Es ist besser, sie in eigenen Kategorien zu bewerten, als sie mit den Fachnoten zu vermischen, da gibt es ja gegenwärtig die Note für Ordnung (Heftführung) und allüberall auch für die Mitarbeit. Ruhige, aber leistungsstarke Schüler werden so benachteiligt ebenso wie das Genie, das sein Chaos beherrscht.

Man kann darauf verzichten, dass diese Bewertungen auf den Bewerbungszeugnissen erscheinen, wie manche Bundesländer es tun, obwohl sie ja oft gerade am interessantesten sind bei einer Bewerbung.

Letztendlich muss Sachsen jetzt nur eine entsprechende Passage ins Gesetz einfügen. Kopfnoten sind also keineswegs unrechtmäßig, falls das jemand glauben möchte.

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Zitat: „Alle Lehrer, die einen Schüler unterrichten, benoten ihn dabei auf einer Skala von eins bis fünf.“

Hier scheint die alte DDR-Notenskala überlebt zu haben. Aber warum?

Küstenfuchs
5 Jahre zuvor

Ich kenne mich in Sachsen nicht so aus. Kopfnoten in Form von Zensuren, also 1 bis 6, halte ich für völlig unsinnig, weil es keine klaren und einheitlichen Richtlinien gibt.
In Schleswig-Holstein gibt es eine Tabelle, wo Schulen z.B. unter „Verhält sich respektvoll anderen gegenüber“ zwischen „immer“, „in der Regel“/meistens oder „selten“ ankreuzen können. Darunter können sich alle etwas vorstellen und man kommt bei ähnlichem Verhalten auch zu ähnlichen Kreuzen, egal an welcher Schule man gerade unterrichtet wird.

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

Ich halte das nicht für Quatsch, sondern für pragmatisch und realistisch.

Ob ich nun in einem Ankreuzzeugnis zum Arbeits- und Sozialverhalten mein Kreuzchen bei „trifft zu“ mache oder eine 2 gebe, wo ist denn da der Unterschied? Gibt es für Kreuzchen diese klaren und einheitlichen Richtlinien? Jeder hingegen versteht, was gemeint ist, wenn man eine 2 gibt, nämlich dass das vom Schüler gezeigte Verhalten als „gut“ bewertet wird. Kreuzchen, aber auch längere verbale Formulierungen werden letztlich auch nur in Noten „umgerechnet“. Notfalls wird dann gefragt, welcher Note das denn nun entspräche.

Was Sie als „klar und einheitlich“ aus SH formulieren, halte ich für Quatsch in Hinsicht auf „einheitich und klar“. Was ist denn „immer“ und wann ist es „meistens“ oder „selten“? Wenn man einmal im Halbjahr höflich war oder 5x oder 11x oder 37x oder tatsächlich täglich (sonst ja nicht „immer“) oder wie? Und wie ist es diesbezüglich bei respektvoll oder pünktlich oder teamfähig? 1x, 5x, 23x, 48x pro Halbjahr? Wir müssen einfach anerkennen, dass Noten einen „Spielraum“ haben und letztlich nie 100% objektiv sind. Die Fachnoten doch auch nicht! Da ist soviel dem Ermessensspielraum des Lehrers überlassen und ggf. auch pädagogischer Motive und das ist alles auch so gewollt und (gerichtlich) anerkannt. Nicht umsonst wurde immer wieder festgestellt, dass unterschiedliche Lehrer Arbeiten unterschiedlich bewerten.

Noten geben eine Orientierung. Mehr ist es nicht. Sowohl bei den Fachnoten als auch bei den Verhaltensnoten. Konsequent wäre nur, ganz auf jegliche Formen der Bewertung zu verzichten. Aber wie ist es dann mit der positiven Motivierung?

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Zitat: „Aber wie ist es dann mit der positiven Motivierung?“

Geben wir dann zwei Bienchen bei einer guten Leistung und drei bei einer sehr guten? Und worin besteht dann der Unterschied zu einer 2 oder einer 1? Und wer kein Bienchen bekommt, hat doch dann auch eine „negative Konsequenz“, nämlich kein Bienchen.

Es läuft doch alles auf das Gleiche hinaus und jegliche „moderne“ Varianten sind Augenwischerei und machen das Ganze nur aufwändiger und komplizierter als nötig. Ziffernnoten sind eine gute praktable und pragmatische Variante für die fachlichen ebenso wie für die sozialen Kompetenzen!