Lehrer-Gewerkschaften ziehen mit Forderung nach einem spürbaren Einkommensplus in den Tarifstreit: „Sechs Prozent mehr Gehalt“

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BERLIN. Sechs Prozent mehr Gehalt für die Laufzeit von einem Jahr, mindestens jedoch ein Plus von 200 Euro – mit dieser Forderung ziehen die Gewerkschaften in die Tarifrunde des öffentlichen Dienstes für die bei den Ländern Beschäftigten. „Die Einkommen der Beschäftigten müssen aufgrund der anziehenden Lebenshaltungskosten und der wirtschaftlichen Entwicklung kräftig erhöht werden, damit auch bei den Reallöhnen ein Plus herauskommt“, so erklärte GEW-Vorsitzende Marlies Tepe. VBE-Bundesvorsitzender Udo Beckmann meinte: „Die Lehrkräfte verdienen Wertschätzung. All die schönen Worte über den hehren Anspruch von Lehrkräften und die Lobesworte aus der Politik in Wahlkampfzeiten können jetzt in bare Münze umgewandelt werden.“ Der dbb-Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach nannte die Forderung „völlig angemessen“.

„Damit auch bei den Reallöhnen ein Plus herauskommt“: Die Gewerkschaften fordern sechs Prozent bei einer Laufzeit von einem Jahr. Illustration: Shutterstock

Die Gewerkschaften verlangen zusätzlich Verbesserungen bei der Eingruppierung angestellter Lehrkräfte – und damit mehr Geld. GEW-Chefin  Tepe forderte die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) auf, über eine bessere tarifliche Eingruppierung angestellter Lehrkräfte zu verhandeln: „Die sogenannte Paralleltabelle muss endlich kommen! Angesichts des dramatischen Lehrkräftemangels muss der Beruf wieder attraktiver werden. Dazu gehört eine gute Bezahlung. Dann werden sich wieder mehr junge Menschen für diesen Beruf entscheiden.“ Mit der Paralleltabelle solle sichergestellt werden, dass beispielweise Angestellte, die jetzt nach der Entgeltgruppe (E) 11 bezahlt werden, während vergleichbare verbeamtete Lehrkräfte A12 erhalten, künftig in E12 eingeordnet werden.

Auch wolle die GEW erreichen, dass die Einkommen der im Sozial- und Erziehungsdienst (SuE) der Länder Beschäftigten an den Verdienst der SuE-Kolleginnen und Kollegen bei den Kommunen angeglichen werden. „Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst der Länder nicht schlechter zu bezahlen als ihre Kolleginnen und Kollegen bei den Kommunen“, sagt Tepe. „Hier gibt es noch erheblichen Nachholbedarf!“

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Die GEW-Vorsitzende sagte während einer Pressekonferenz der Gewerkschaften ver.di, GdP und GEW sowie des Beamtenbundes am Donnerstag in Berlin: „Die Länder nehmen Jahr für Jahr mehr Steuern ein, es gibt für sie keinen Grund zu jammern. Dafür haben die Beschäftigten mit ihrer Arbeit die Voraussetzungen geschaffen, jetzt müssen sie an dieser Entwicklung beteiligt werden.“ Und weiter: „Steigende Reallöhne sind wichtig, um die Binnenkonjunktur weiter anzukurbeln. Wir dürfen uns nicht allein auf den Export verlassen. Zudem wollen wir mit dieser Forderung den Abstand zu der Gehaltsentwicklung in der Privatwirtschaft verkürzen.“

Im Vorfeld des Beschlusses der Bundestarifkommission hatten die Beschäftigten die Möglichkeit genutzt, ihre Vorstellungen und Forderungen auf den sogenannten „Branchentagen“, die vom dbb beamtenbund und tarifunion organisiert wurden, zu artikulieren. VBE-Landesverbände und -Mitglieder beteiligten sich hieran. Hier zeigte sich auch, dass die Forderungen der Beschäftigten aber über die Anhebung der Tabellenentgelte hinausgehen. Beckmann betont: „Die Erwartungen der Tarifbeschäftigten im Lehrerbereich sind ganz klar: ‚stufengleiche Höhergruppierung‘, wie im Tarifrecht bei Bund und Kommunen, und die Realisierung der Paralleltabelle muss kommen.“ News4teachers

Hintergrund

Von den Verhandlungen über den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) sind rund 3,3 Millionen Beschäftigte direkt oder indirekt betroffen: eine Million Tarifbeschäftigte der Länder (ohne Hessen, das nicht Mitglied der TdL ist und gesondert Verhandlungen führt), für die der TV-L direkte Auswirkungen hat, sowie rund 2,3 Millionen Beamte und Versorgungsempfänger in Ländern und Kommunen (ohne Hessen), auf die der Tarifabschluss übertragen werden soll, um – so der dbb – „den Gleichklang der wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung im öffentlichen Dienst zu gewährleisten“. Die Tarifverhandlungen starten am 21. Januar 2019 in Berlin, danach sind zwei weitere Verhandlungstermine für den 6./7. Februar 2019 und 28./29. Februar/1. März 2019 (beide in Potsdam) vereinbart.

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Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor

Ich bin immer für Inflationsausgleich, auch wenn der eine oder andere sich wundert.

Wenn alle mehr verdienen, was sich ja andeutet, wird auch alles teurer. Dann müssen auch wir Lehrer einen Inflationsausgleich haben, sonst haben wir ja einen „Reallohnverlust“.

Wo die Gelder herkommen sollen, ist wohl gar nicht die wichtigste Frage (bitte zu Ende lesen) – eher, wo sie fehlen dürfen. Ich hörte gestern von einem Finanzierungsbedarf von rund 160 Milliarden Euro bei den Kommunen. Da ging es auch um stillgelegte Bahnhöfe, Zugstrecken, Jugendklus, geschlossene Polizeistationen, geschlossene Schulen, zusammengelegte Kreise, also auch Kreisverwaltungen und vieles mehr, vor allem im ländlichen Bereich. Vielleicht sollten ja langfristig wirklich am besten alle in die Großstädte ziehen?!

Küstenfuchs
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Was hat die Bezahlung der Lehrer mit den Finanzproblemen der Kommunen zu tun?

dickebank
5 Jahre zuvor

Wofür Sie sind, ist für die Tarifforderung der Mehrheit so ziemlich unerheblich.

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

@ dicke bank, natürlich. Glauben Sie, das wüsste ich nicht?! 🙂 Dennoch nehme ich mir die Freiheit, hier auch mal eine andere Meinung erklingen zu lassen.

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

…wobei ich ja nicht gegen einen Inflationsausgleich bin.

Ich schaue nur eben etwas über den eigenen Tellerrand hinaus und bemerke, dass Gehaltserhöhungen u.a. mit statten Steuerüberschüssen gerechtfertigt werden (40-60 Milliarden?) und höre dann von 160 Milliarden, die den Kommunen fehlen, um den Lebensstandard vor Ort zu sichern oder gar wiederherzustellen. (Man könnte ja entsprechende Gesetze ändern, dass die Kommunen wieder besser finanziell ausgestattet werden – notfalls auch das Grundgesetz. Macht man ja bei der Digitalisierung auch.)

Ich sehe gern Zusammenhänge, wo Sie eben nur Ihr eigenes Portmonee sehen. Aber wie gesagt, ich bin auch für Inflationsausgleich. Ich möchte auch keinen Reallohnverlust Jahr für Jahr.

Cr
5 Jahre zuvor

Versteh ich auch nicht so ganz. Abgesehen davon ist eine (moderate) Inflation förderlich für die Wirtschaft und das Prinzip von Tarifverhandlung und ggf. Arbeitskampf ein altes nicht in Frage gestelltes Prinzip.
Im Übrigen geht es hier nicht nur um Lehrer, sondern generell um die Beschäftigten des TV L und später ggf um die Landesbeamten.
Und da hinkt der TV L dem TVöD (der übrigens für die Kommunen wesentlich ist) und der Privatwirtschaft nunmal hinterher.
Ein sattes Lohnplus ist meines Erachtens gerechtfertigt.

Wilfried Fortkamp
5 Jahre zuvor

Wenn ich jetzt schon wieder lese, dass die Tarifabschlüsse auf die Beamten übertragen werden sollen, bekomme ich einen „dicken Hals“. Die Unterschiede bei gleichem Brutto zwischen Angestellten und Beamten sollten jedem klar sein. Hier muss es alleine um die Bedürfnisse der angestellten Lehrkräfte gehen. Zunächst einmal sollten die „Beamten“, die unseren Tarifvertrag abgewickelt haben, dafür sorgen, dass Netto genauso viel übrig bleibt, wie bei Ihnen. Dann müsste die Entgeltgruppe aber gleich um mehrere Stufen angehoben werden (z.B. von E10 auf mind. E13 usw.). Zweihundert Euro oder 6 % Anhebung auf das Bruttogehalt, da bleibt bei den Beamten genügend übrig und bei den Angestellten wäre es nur ein Tropfen auf einem sehr heißen Stein. Gleichheit heißt für mich „Nettogleichheit“ sonst nichts. Der TV-L für Lehrkräfte ist doch eine Verarschung!!! Gleiche Arbeit – gleicher Nettolohn!!! Auf gehts!!!

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor

Das interessiert doch keinen Beamten! Und die sind in der Mehrheit (rund 600.000 von rund 800.000 Lehrern)!

Gleichen Lohn für gleiche Arbeit forderten die nur, als sie selbst davon einen Vorteil witterten (A 13 für alle).

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Berlin ist derzeit das einzige Bundesland, das Lehrer nicht verbeamtet. Die Tage dessen sind offensichtlich gezählt. Siehe Link: https://www.tagesspiegel.de/politik/regierender-buergermeister-mueller-im-interview-wir-leiden-es-tut-im-moment-richtig-weh/23765752.html

Wer soll sich noch für die angestellten Lehrer einsetzen? Die sterben aus und haben Pech gehabt. Glaubten Sie je wirklich, es gehe ehrlich um gleichen Lohn für gleiche Arbeit? Es ging immer nur um „mehr Gehalt für mich“!!!

dickebank
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Stimmt, nur sind 25% eben keine zu vernchlässigende Größe. Die Tatsache, dass die meisten Bundesländer den Lehrkräftenachwuchs verbeamten, heißt eben nicht, dass alle Lehrkräfte in den entsprecehnden Bundesländern verbeamtet werden. Die Landesbeamtengesetze nennen eine reihe von Gründen, warum eine Verbeamtung ausgeschlossen werden kann..

Und ja, Tarifforderungen bedeuten „mehr Geld für mich“ als Tarifbeschäftigtem. Ich darf aber leider nicht dafür streiken, dass mein Tarifabschluss 1 zu 1 auf die Beamten übertragen wird. Dürfte ich es, ich würde es allein wegen Ihnen schon tun.

dickebank
5 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Btw, die Forderung nach „gleichem Lohn für gleiche Arbeit“ in Bezug auf verbeamtete und tarifbeschäftigte Lehrkräfte mit „A13 für alle“ gleichsetzen zu wollen, ist ein von Ihnen gestreuter Fake.

1) Gehalt und Besoldung sind vollkommen unterschiedliche Entgeltsysteme, die nicht angleichbar sind.

2) Wie wäre es denn, wenn neben der gehaltserhöhung den tarifbeschäftigten Lehrkräften endlich auch die gleiche Arbeitszeitverpflichtung wie anderen Angestellten des ÖD der Länder zuteil würde. Das gäbe schon einmal einen Riesenfortschritt zur Beseitigung der Entgeltungleichheit zwischen beamteten und tarifbeschäftigten lehrkräften.