Interview zur Integration: Wenn an einer Schule keine Lehrkraft einen Migrationshintergrund hat, dann spiegelt sie die Gesellschaft nicht

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KÖLN. Laut „Deutschlandfunk“ gehört Kübra Gümüşay zu den „prägenden Köpfen des Islam“ in Deutschland. Die Politikwissenschaftlerin,  die als Bloggerin und Netz-Aktivistin in die Öffentlichkeit tritt, ist eine praktizierende, kopftuchtragende Muslima. Sie bezeichnet sich selbst als Deutschtürkin und Feministin. Im Interview spricht Gümüşay über die Rolle von Schulen und Lehrkräften bei der Integration.

Kübra Gümüşay. hier bei einem Auftritt auf der Netzkonferenz re:publica in Berlin. Foto: re:publica/Gregor Fischer CC BY 2.0

Frau Gümüşay, Schulen und ihre Lehrkräfte werden heute vielfach kritisiert: Sie hätten keine Antwort auf Antisemitismus auf dem Schulhof und würden sich auch sonst schwertun bei Themen wie Hate Speech oder Mobbing. Halten Sie diese Kritik für gerecht?

Gümüşay: Es ist gerecht, eine Debatte darüber zu führen, wie diese Missstände im schulischen Betrieb angesprochen und behandelt werden können. Inwiefern Schule also ein Teil der Lösung sein kann. Letztlich ist sie aber nur ein Bestandteil unserer gesamtgesellschaftlichen Bildungsinstitutionen und kann nicht allein dieser Fülle von Problemen gerecht werden. Denn diese betreffen alle Institutionen unserer Gesellschaft, die anteilig zur Meinungsbildung bzw. zur Bildung und Sensibilisierung allgemein beitragen: Jugendamt, Medieninstitutionen, Schauspielhäuser etc. Es braucht ein Zusammenspiel all dieser Institutionen, die dabei lösungsorientiert und nicht stigmatisierend an diese Probleme herantreten.

Welche Rolle können Lehrkräfte dabei übernehmen?

Gümüşay: Lehrkräfte haben großen Einfluss darauf, wie sich Schüler und Schülerinnen sozialisieren. Deshalb braucht es insbesondere bei diesem Beruf eine große Sensibilisierung. Studien zeigen beispielsweise, dass Rassismus insbesondere in Bildungsinstitutionen reproduziert wird: sei es durch Inhalte in manchen Unterrichtsmaterialien oder das Verhalten einzelner Lehrkräfte. Bereits im Studium, aber auch in Fortbildungen sollte eine Sensibilisierung stattfinden: zu Themen wie Rassismus, Antisemitismus, Geschlechtergerechtigkeit, Diskriminierung aufgrund von körperlicher Behinderung, Religion oder sexueller Orientierung.

All diese Themen werden in den Medien aktuell und teilweise sehr emotional diskutiert. Dabei sind Schüler mit Migrationshintergrund ja beispielsweise keine Neuheit auf Schulhöfen. Gibt es ein neues Bewusstsein für Rassismus, Geschlechterbenachteiligung etc.?

Gümüşay: Es gibt interessante Studien dazu, unter anderem von Professor Aladin El-Mafaalani, der in seinem letzten Buch „Das Integrationsparadox“ beschreibt, wie mit gelingender Integration auch Konflikte größer werden: Je integrierter eine Bevölkerungsgruppe ist, umso höher sind auch ihre „Ansprüche“. Dadurch können auch mehr Konflikte entstehen. Werden beispielsweise Menschen mit Behinderung befragt, geben sie im Vergleich zu anderen Minderheiten an, weniger häufig diskriminiert worden zu sein. Dabei werden sie eindeutig und permanent strukturell benachteiligt. Das fängt damit an, dass sie in gesonderte Schulen aussortiert werden oder ihnen Transportmöglichkeiten verwehrt bleiben. Ein weiteres Beispiel sind die Statistiken für sexuelle Gewalt. Heute werden viel mehr Vorfälle als in den 50er Jahren gemeldet. Man könnte annehmen, dass die Gewaltbereitschaft in diesem Bereich gestiegen ist. Aber es ist vielmehr so, dass durch eine erhöhte Sensibilisierung ein Bewusstsein für sexuelle Gewalt entstanden ist und sich mehr Betroffene wehren und Übergriffe anzeigen. Ähnlich verhält es sich eben bei den steigenden Ansprüchen der besser integrierten Gruppen.

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Demnach begreifen Sie die mediale Debatte, ob über Antisemitismus oder #MeToo, als positives Zeichen?

Gümüşay: Dass diskutiert wird, sehe ich nicht als schlechte Entwicklung. Pessimistischer bin ich bei der Art und Weise, wie diese Themen diskutiert werden. Tut man so, als seien diese Menschen qua Herkunft oder qua Religion darauf programmiert, bestimmte Missstände zu reproduzieren oder begreift man diese Missstände in unserer Gesellschaft in ihrem Gesamtzusammenhang? Denn keine Herkunft bedingt zwangsläufig ein bestimmtes Verhalten. Es sind viele Faktoren, die miteinfließen. Wenn man beispielsweise anfängt, Sexismus auf eine bestimmte Bevölkerungsgruppe oder Religionsgruppe zu reduzieren, dann wird das der Komplexität unserer Gesellschaft und der Realität nicht gerecht. Die Debatten müssen konstruktiv geführt werden, statt Panik zu schüren – und das bedeutet: lösungsorientiert. Wie können wir die bestehenden Missstände lösen? Wie können wir alle gemeinsam dazu beitragen, dass es besser wird? Sexismus ist beispielsweise kein isoliertes, importiertes Phänomen, sondern ein strukturell verankertes Phänomen. Es reicht von ungerechter Bezahlung über die Benachteiligung von Alleinerziehenden bis zur sexuellen Gewalt in den eigenen vier Wänden.

Wenn wir auf den Umgang mit Minderheiten an Schulen schauen. Wie konstruktiv wird aus Ihrer Sicht über diese Themen diskutiert?

Gümüşay: Ich denke, dass es vereinzelte Versuche gibt, die Debatte in eine konstruktive Richtung zu bringen. Leider kommt man aber in vielen medialen Diskussionen über die Panikmache und Provokation nicht hinaus, an der sich dann alle abarbeiten. Wir bräuchten stattdessen eine nüchterne Betrachtung der Missstände in unserer Gesellschaft. Die Art und Weise, wie wir aktuell diskutieren, hängt natürlich auch damit zusammen, welche Themen und Kommentare im Netz gerade mit Aufmerksamkeit belohnt werden. Aber ich denke, dass immer deutlicher wird, dass es ein Bedürfnis danach gibt, diese Themen konstruktiv zu besprechen. Ich bin zuversichtlich, dass sich die Debattenkultur auch ändern wird, weil das Unwohlsein Vieler darüber immer größer wird.

Sie sind 2019 erstmals auf der didacta eingeladen, um zum Thema „Vielfalt in der Schule“ zu sprechen. Welche Botschaft bringen Sie mit?

Gümüşay: Ich greife mal zwei Punkte raus: Migration und Pluralität sind in unserer Gesellschaft kein neues Phänomen: Deutschland ist seit Jahrhunderten ein Einwanderungsland, beginnend bei den Hugenotten. Es gab immer Ein- und Auswanderung in unserer Gesellschaft. In den letzten 50 Jahren hat in den Bildungsinstitutionen auch eine Sensibilisierung dafür stattgefunden – aber nicht ausreichend. Denn die Vielfalt unserer Gesellschaft muss reflektiert werden und sich bei den Lehrkräften auch abbilden. Wenn an einer Schule keine einzige Lehrkraft einen Migrationshintergrund hat, oder auch keine schwarzen oder muslimischen Lehrkräfte zu sehen sind, dann spiegelt diese Schule nicht die gesellschaftliche Pluralität. Natürlich beginnt dieser Auftrag nicht bei den Schulen, sondern sehr viel früher. Bei der Ausbildung und im Referendariat. Wie dort mit Menschen umgegangen wird und welche Personen Chancen auf eine Karriere haben.

Vielfalt ist eine Herausforderung, Vielfalt ist nicht immer schön. Sie bedeutet Auseinandersetzung und Herausforderung, weil man stets mit Menschen konfrontiert ist, die in irgendeiner Facette vielleicht fundamental anders sind als man selbst. Wir brauchen einen entspannteren Umgang damit. Weder eine Problematisierung von Menschengruppen hilft uns weiter, noch eine Beschönigung. Was wir brauchen ist ein Verständnis dafür, dass beides Hand in Hand geht. Wir kommen nur gemeinsam weiter, wenn wir begreifen, dass Vielfalt keine Einbahnstraße ist und alle gemeinsam daran arbeiten müssen, eine Kultur zu entwickeln, die Vielfalt umarmen und die Herausforderung konstruktiv meistern kann. Das sind meine beiden Hauptbotschaften: Realismus und ein selbstkritisches Hinterfragen, inwiefern sich Pluralität an der Schule widerspiegelt.

didacta 2019

Viele der Themen, die die Bildungsbranche aktuell beschäftigen, greift die didacta 2019 in ihrem Event- und Kongressprogramm mit Foren, Workshops, Vorträgen, Seminaren, Sonderschauen und Podiumsdiskussionen auf und bietet so Fach- und Lehrkräften vielfältige Informationen sowie die Möglichkeit zu einem intensiven Diskurs über hochaktuelle Bildungsthemen. Veranstaltungen, die im Kontext mit dem Thema Integration stehen:

Forum Bildung:
Vielfalt in der Schule – Lehrer am Pranger

  • Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des VBE
  • Kübra Gümüşay, Journalistin
  • Udo Michallik, Generalsekretär der Kultusministerkonferenz

20.02.2019, 13:30 bis 14:30 Uhr, Halle 7, Stand D 40/E 41

Veranstalter: Verband Bildungsmedien e. V.

Lehrkräfte in der Kritik: Rassismus in der Schule?

  • Ali Can, Journalist, Lehramtsstudent und Gründer des Vereins „Interkultureller Frieden e. V.“
  • Dr. Cornelia Gresch, Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB)
  • Dr. Ilka Hoffmann, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands der GEW, Organisationsbereich Schule

21.02.2019, 13:30 bis 14:30 Uhr, Halle 7, Stand D 40/E 41

Veranstalter: Verband Bildungsmedien e. V.

Forum didacta aktuell:
Gegen Klischees in Schulbüchern

20.02.2019, 14:00 bis 14:45 Uhr, Halle 8, B 51

Veranstalter: Didacta Verband e. V.

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xxx
5 Jahre zuvor

Es hat mit Sicherheit niemand etwas dagegen, mehr Lehrer mit türkischem Migrationshintergrund tätig sind (um keine andere Herkunft geht es der Dame ja). Einzige Voraussetzung ist ein entsprechender Schul- und Hochschulabschluss sowie das Referendariat. An konfessionslosen Schulen kommt eine dieser angemessenen Haltung zum Thema Religion dazu.

dickebank
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Wieso? Die lehrkraft aus Sachsen-Anhalt oder mecklenburg-Vorpommern, die in NRW oder Bayern unterrichtet, hat doch einen Migrationshintergrund. Ist jemand, der innerhalb der Bundesrepublik migriert, ein besserer oder schlechterer Migrant als ein Zuzügler aus einem der EU-Länder oder eines europäischen oder amerikanischen Staates. Sind nur afrikanische oder asiatische Flüchtlinge bzw. Zuwanderer „richtige“ Migranten. Ist der Zuwanderer aus den europäischen teil der Türkei weniger Migrant als der aus dem asiatischen? Gibt es Migranten erster und zweiter Klasse?
Was soll diese Klientelpolitik vor dem Hintergrund der Migrationsbewegungen? Sehen türkische Verbände ihre Sonderrolle gefährdet, weil die Zunahme arabischer Klientele eigene Interessen definieren?

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Das ist doch Quatsch. Man kann dazu stehen, wie man will, aber jeder weiß, was mit „Migrationshintergrund“ gemeint ist. Am Ende hat dann für dicke bank auch derjenige einen Migrationshintergrund, der vom 3. Stock eines Hauses in den 1. Stock umgezogen ist.

dickebank
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Na gut, aber warum sind dann Migrant, Zuzügler, Flüchtling, Geflüchteter, Asylsuchender, Geduldeter als Begrifflichkeiten anders (legal) definiert?
Im Gegensatz zu Ihnen pflege ich vermutlich nur einen differenzierteren Sprachgebrauch – chacun à son goût.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

In Presse und Politik wird das Wort „Migrant“ eher mit Schwierigkeiten als mit Chancen verbunden, ohne es jedoch negativ zu nennen. Japanische Akademiker fallen folglich weniger oder seltener darunter als ungelernte Türken. So viel zu differenzierten oder nicht diskriminierenden Sprachgebrauch…

dickebank
5 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Nur sind die „türkischen Mitbürger mit Migrationshintergrund im schulpflichtigen Alter“ zumeist innerhalb der Bundesrepublik geboren – folglich nicht migriert.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Deswegen ist es ja auch ein Migrations_hintergrund_. Wenn man diese türkischen Jugendlichen fragt, würden sie sich mit signifikanter Mehrheit eher als Türken als als Deutschen sehen.

Pälzer
5 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

… siehe die Fotos bestimmter Fußballspieler, siehe das Wahlverhalten „deutscher“ Türken zum türkischen Referendum.

dickebank
5 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

@XXX – das ist bei den „Russen“ und „Polen“ aber nicht anders. Auch die leben tlw. in der „3. Generation“ hier und sehen sich als benachteiligte Migranten.

Die Forderung nach Lehrkräften mit Zuwanderungsgeschichte in ausreichender Anzahl, kann ich nachvollziehen. Sie ist auch nicht schwer umszusetzen, da viele junge Erwachsene, die eine Zuwanderungsgeschichte haben, Lehramt studieren. Lehramt ist eine Nische in unserer akademisierten Welt, die für „Zugewanderte“ eine Aufstiegsmöglichkeit bietet.

Da ich selbst an einer GeS arbeite, die einen hohen Anteil an „nicht biodeutschen“ Lehrkräften hat, weiß ich aber auch, dass das Verständnis für Schüler mit MiHigru, die sich auf ihre „nationale Identität“ berufen, wenn sie gegen Regeln verstoßen, nicht sonderlich ausgeprägt ist. In den einzelnen „Communities“ gibt es keine „ethnische Geschlossenheit“. Da besteht der gleiche gesellschaftliche Riss wie in sonstigen Bevölkerung zwischen denen, die durch Leistung zum Mittelstand gehören, und denen, die überwiegend von Transferleistungen des Staates leben und sich über hinterzogene Abgaben einen Zusatzverdienst erschleichen.

Der Punkt, der die Gruppen unterscheidet, ist, dass in bestimmten Gruppen der Anteil an Beziehern von Sozialleistungen gegenüber den Leistungsträgern, die ja alle in das Sozialsystem einzahlen, höher ist als in anderen Refernzgruppen. Auf diesem Punkt reiten die entsprechenden Studien ja schon seit Jahren herum.

Richtig ist, dass es in Deutschland – unabhängig von der Nationalität – extrem schwierig ist, den sozialen Aufstieg innerhalb der Gesellschaft zu schaffen. Da werden selbst zugewanderte Deutsche (Binnenmigranten), die nicht in ihrer Heimatregion eine berufliche Existenz aufbauen, über Generationen im ländlichen Raum kritisch beäugt. („Aber von hier ist der nicht!“)

Die städtischen Ballungszentren machen es Migranten leichter. Nur entstehen hier die Schwierigkeiten bei der Integration durch den hohen Anteil unterschiedlicher Gruppen von Migranten – auch Binnenmigranten – im Verhältnis zur „Urbevölkerung“. Aufgrund der nur geringfügig vorhandenen Sprachprobleme der Binnenmigranten gegenüber den anderen Migranten, können sich diese allerdings schneller erfolgreich etablieren.

Letztlich ist es der fehlende Wille zum Spracherwerb, der es den Migranten fast unmöglich macht, gesellschaftlich aufzusteigen. Nur dafür sind sie selbst verantwortlich, der Staat des Zuwanderungslandes kann nur Sprachangebote machen. – Und sollte es einstellen, Formulare zu erstellen, die nicht in der Amtssprache verfasst sind.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Ich gebe Ihnen, dickebank, recht. Ich habe die Türken als eine der größten Migrantengruppen in Deutschland ausgewählt. Dasselbe gilt auch für andere Gruppen mit einer hinreichend hohen Anzahl.

Ihr letzter Absatz bringt es auf den Punkt, aber mit einer kleinen Einschränkung: Mir ist nicht bekannt, dass es behördliche Formulare auf japanisch gibt und etliche der Japaner in Düsseldorf kaum ein Wort deutsch sprechen. Allerdings ist deren Mentalität sehr viel kompatibler zur deutschen bzw. westeuropäischen als die der Türken, Vorderasiaten, Nordafrikaner, Osteuropäer u.ä..

dickebank
5 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

@xxx, bei den in D’dorf meist wenige Jahre beheimateten Japanern regelt die Firma den „Behördenkram“. Die japanischen Firmen haben dafür eigene Abteilungen.

Cavalieri
5 Jahre zuvor

Vielleicht kann uns Frau Gümüsay mal die Frage beantworten, ob an den Schulen in der Türkei die Gesellschaft „gespiegelt“ ist durch hinreichend viele Lehrer, die Aleviten, Christen, Kurden, Gülen-Anhänger oder einfach auch Erdogan-Gegner sind.
In ihrem Wikipedia-Artikel wird sie mit „unsere Gesellschaft hat ein Sexismus-Problem auf allen Ebenen.“ zitiert, Gemeint ist die deutsche Gesellschaft. Vielleicht könnte sie als Islam-Aktivistin auch die Frage beantworten, ob die islamische Welt von Marokko bis Indonesien nicht ein noch schlimmeres Sexismus-Problem hat, indem Frauen weitgehend als minderwertig gelten und beispielsweise Mädchen immer nur gehorchen müssen, erst dem Vater, nach der Verheiratung dann dem Ehemann..Wenn Mädchen sich widersetzen, gibt’s Prügel oder Schlimmeres. Auch in Deutschland gäbe es hinsichtlich der Rechte von Mädchen viel zu tun für Feministinnen. Beispielsweise gehen Konflikte auch bei den Deutsch-Türken häufig darum, ob die Mädchen sich ihren Ehemann selbst aussuchen dürfen oder nicht. Unverheiratet zu bleiben oder gar lesbisch zu sein, das ist schon mal gar nicht vorgesehen, auch nach Meinung der islamischen Autoritäten (Imame, Vorstandsmitglieder von Islamverbänden),

geli
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

„Auch in Deutschland gäbe es hinsichtlich der Rechte von Mädchen viel zu tun für Feministinnen.“
Haben Sie schon mal bemerkt, dass die Feministinnen sehr zurückhaltend sind in ihrer ansonsten sehr freizügigen Kritik, wenn es um die Benachteiligung und Unterdrückung muslimischer Frauen und Mädchen geht?

ysnp
5 Jahre zuvor

Feministin und kopftuchtragende Muslimin widerspricht sich.
Das Kopftuch wird im Islam so interpretiert, dass man möglichst seine sexuellen Reize verdeckt um Männer nicht zu reizen. Je mehr Haut und Haare die Frau zeigt, desto leicht“fertiger“ und aufreizender gilt sie in der gläubigen muslimischen Welt.
Wer unter den Umständen und diesem Wissen bei uns das Kopftuch trägt, leistet dem Vorurteil und dem Bild der Frau unter den muslimisch geprägten Männern Vorschub, dass die Frau eben unter dem Mann steht. Das ist in muslimisch orientierten Gesetzen verankert und wird von konservativen Muslimen vor allem in den entpsrechenden Ländern so gelebt.
Ich verstehe nicht, dass europäische Muslima das immer wieder übergehen. Wissen sie nicht, wie das in muslimischen Ländern gesehen wird? Ich selbst habe einige bereist. Weit weg davon lässt sich einiges behaupten. Europa/Deutschland ist im Vergleich zu muslimisch orientierten Ländern von der Toleranz in der Gesellschaft und von der Gleichberechtigung der Frau her gesehen wesentlich freier und fortschrittlicher in der Gleichberechtigung.
Treffender wäre kein Kopftuch zu tragen und einen weltoffenen Islam zu vertreten. Das wäre eher feministisch.
Im Internet existiert ein Film über Iraner. Iranische Jugendliche, wie sie sich heimlich mit Freunden ohne diese ganzen Kopftücher treffen (müssen).

ysnp
5 Jahre zuvor
Antwortet  ysnp

P.S.:
Was mir bei meiner letzten Marokkoreise noch klar geworden ist: Nicht alle Muslime sind gläubig. Aber die Gesellschaftform ist konservativ – muslimisch, die Frauenrechte betrachtet. Die Gesellschaft könnte sich langsam öffnen. So wie ich mitbekommen habe, war es anscheinend ganz normal -1-2 Generationen vor der jetzigen – Frauen und Kinder als Strafe zu schlagen und dem Familienoberhaupt bedingungslos zu gehorchen. Das ist aber lockerer geworden. Dennoch: Der Druck der Gesellschaft ist hoch, kaum einer traut sich, auszuscheren. Das ist zu vergleichen mit der Nachkriegszeit bei uns, wo eine moralische Meinung, die sich mit der katholische Kirche deckte, vorherrschte. Bei uns wurden bis in die 60iger zumindest Kinder noch geschlagen, Frauen konnten kein Bankkonto anlegen, mussten ihre Männer um Erlaubnis fragen, wenn sie arbeiten wollten.
Es gab übrigens auch die Bemerkung eines Einheimischen in eindrucksvollen Beispielen übrigens, dass diejenigen, die mit Kindern nach Frankreich auswandern, plötzlich große Probleme haben, ihre Kinder zu erziehen, weil sie nicht mehr schlagen dürfen und ihr konservatives Erziehungssystem nicht mehr weitermachen können. Oft ist es auch so, dass die Kinder dort mit der Freiheit und dem, was man alles machen kann und bekommt, nicht das Richtige anfangen können und abgleiten.