„Kräftige Einkommenszuwächse sind zwingend“: Gewerkschaften machen vor der anstehenden Tarifrunde für Lehrer Druck

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BERLIN. Drohen bald wieder Warnstreiks angestellter Lehrerinnen und Lehrer? Für den öffentlichen Dienst der Länder stehen Tarifverhandlungen an. Die Gewerkschaften zeigen sich selbstbewusst. Der Verhandlungsführer der Länder warnt hingegen bereits vor einem sich abzeichnenden wirtschaftlichen Abschwung. 

Die GEW - hier Mitglieder bei einer Aktion im Tarifstreit - macht für höhrere Lehrergehälter mobil - jetzt auch für die Beamten. Foto: Archiv/GEW
Die Tarifauseinandersetzungen mit den Ländern sind immer wieder ein hartes Ringen, hier ein Foto von 2016. Foto: GEW

Knapp drei Wochen vor dem Start der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Bundesländer dringen die Gewerkschaften auf grundlegende Verbesserungen. «Wenn der öffentliche Dienst als Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt auch nur ansatzweise mithalten will, sind kräftige Einkommenszuwächse im Tarif- und Beamtenbereich zwingend», sagte der Vorsitzende des Beamtenbunds dbb, Ulrich Silberbach, in Berlin.

Der Chef der Gewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, begründete die Gewerkschaftsforderung nach sechs Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 200 Euro pro Monat, mit Sorgen vor nachlassender Konjunktur. «Der robuste wirtschaftliche Aufschwung wird sich auch 2019 fortsetzen, wenn auch mit verschärftem Risiko, etwa wenn man sich den Brexit ansieht oder den Handelskonflikt mit den USA», sagte er. Die gute Wirtschaftsentwicklung stütze sich stark auf den Binnenmarkt, auch dank guter Tariflöhne. «Diese gilt es zu stärken.»

Ab 21. Januar verhandeln die Gewerkschaften und die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über das Einkommen für rund eine Million Angestellte. Erfahrungsgemäß bekommen viele Bürger die Tarifauseinandersetzung im öffentlichen Dienst durch Ausstände zu spüren. Vor dem jüngsten Abschluss vor zwei Jahren hatten Warnstreiks unter anderem das Schulleben in weiten Teilen Deutschlands massiv gestört. Zudem blieben Kitas und Straßenmeistereien geschlossen.

Insgesamt geht es um 2,3 Millionen Beschäftigte. Die angestrebte Tarifeinigung soll auf die 1,2 Millionen Beamten von Ländern und Kommunen übertragen werden sowie auf etwa eine Million Pensionäre.

„Ordentliche Eingruppierung“

Bsirske sagte: «Die Länder brauchen qualifizierten Nachwuchs.» In den kommenden fünf bis zehn Jahren würden 20 bis 30 Prozent der Beschäftigten altersbedingt ausscheiden. Der Lohn spiele bei der Gewinnung von Nachwuchs eine wichtige Rolle. Allein in der Krankenpflege und bei den Erzieherinnen und Erziehern fehlten sehr viele Fachkräfte. «Gerade Städte wie Berlin oder Hamburg, aber auch Länder wie Thüringen sind stark betroffen.»

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Silberbach meinte: «Angesichts des Personalmangels und der demografischen Entwicklung müssten die Arbeitgeber der Länder bei anhaltend sprudelnden Steuereinnahmen unsere Forderungen eigentlich sofort unterschreiben.» Besonderes Augenmerk lege der dbb beamtenbund und tarifunion auf Bildung: «Wer Lehrkräfte schon nicht verbeamtet, muss wenigstens für eine ordentliche Eingruppierung sorgen.»

Silberbach betonte, es komme auf das Einkommen, attraktive Perspektiven und Wertschätzung an. «Das ist die Währung in Zeiten, in denen uns schon heute mehr als 200.000 Menschen im Staatsdienst fehlen.» In Gefahr sei die zentrale Aufgabenerledigung in allen Bereichen der Daseinsvorsorge. «Im Vergleich mit anderen Branchen ist der prognostizierte Personalmangel im Staatsdienst mit Abstand am größten.»

Unterschiedliche Tarife hätten die Arbeits- und Einkommensbedingungen im öffentlichen Dienst insgesamt «ganz schön bunt» gemacht, sagte Silberbach. Die Politik forderte er zum Nachdenken darüber auf, dass drängende Probleme gelöst werden könnten, «wenn durch eine Konsolidierung der Verhältnisse Zeit und Kapazitäten freigeschaufelt würden».

Der Verhandlungsführer der Länder, Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD), hat die Gewerkschaftsforderungen bereits als «völlig überzogen» zurückgewiesen – unter anderem weil es «erste Anzeichen eines Abschwungs» gebe. dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Lehrer-Gewerkschaften ziehen mit Forderung nach einem spürbaren Einkommensplus in den Tarifstreit: „Sechs Prozent mehr Gehalt“

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22 Kommentare
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drd
5 Jahre zuvor

So so. Es gibt also erste Anzeichen ei8nes Abschwungs. Nur mal so: Das Land BW schwimmt im Geld. Wo waren denn die Einkommenszuwächse in der langen Aufschwungphase? Da gab es etliche Nullrunden, Verzögerungen, kein Inflationsausgleich. Deshalb hat ein Lehrer in BW in den letzten 20 Jahren 21 Prozent Nettoreallohnverlust hinnehmen müssen. Ich finde, es reicht jetzt mal so langsam. 6 Prozent wären für die ganzen Kürzungen ein gerechter Ausgleich

Küstenfuchs
5 Jahre zuvor

@drd: Auch in Schleswig-Holstein wurden die Lehrer in den letzten 20 Jahren von der Lohnentwickung abgekoppelt und mussten sogar Reallohnverluste hinnehmen, während im Jahresmittel die Durchschnittslöhne um über 1% stiegen.

Ich finde nicht, dass 6% ein wirklich gerechter Ausgleich wären, es wäre viel zu wenig!

drd
5 Jahre zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

ja, ich meinte eine gerechtfertigte Forderung

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor

Ich würde doch jetzt mal zu gern die Finanzminister jener Länder dazu hören, die gerade allen Lehrern A 13 gewährt haben (in Berlin zusammen mit Erfahrungsstufe 5 bei Neueinstellung = 5300,- Euro). Und nun wollen die alle darauf auch noch 6% Gehaltserhöhung.

Klar, Inflationsausgleich muss sein. Den bekommen ja alle mehr oder weniger, sodass auch alles teurer wird. Da dürfen wir nicht hinterherhinken, aber die Finanzminister dieser Länder würde ich zu gerne mal dazu hören.

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Ach, und mit Brennpunktzulage von 300,- (an bestimmten Brennpunktschulen) sind es dort dann ja sogar 5600,- Euro brutto und darauf dann 6% Gehaltserhöhung macht doch noch mal rund 300,- Euro mehr? Also fast 6000,- Euro brutto. (Na klar, reicht ja eigentlich auch nicht bei deeeeeeeeeeeeeer Verantwortung.)

Kein Wunder, dass nun der Job des „pädagogischen Mitarbeiters“ erfunden wurde, der sicherlich für deutlich weniger Gehalt den Zweitlehrer in den Klassen ersetzt (Stichwort Doppelsteckung). Dafür ausgebildete Lehrer einzusetzen, ist ja grob fahrlässig.

Würde ich auch nicht (mehr) machen! Viel zu teuer!

drd
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

wie kann das denn sein? Ich habe in BW mit Erfahrungsstufe 10, fast 11 4996.

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  drd

Warum das ständig angezweifelt wird, verstehe ich nicht. Ich habe es ebenso oft belegt und meine Lehrerfreunde in Berlin bestätigten es mir. Hier noch einmal die Übersicht, die für Lehrer (!) gilt.

Link: https://www.berlin.de/sen/bildung/fachkraefte/einstellungen/lehrkraefte/
———————-
Die Bezahlung der Lehrkräfte

Die Beträge sind Anhaltspunkte für Ihre Bezahlung. Sie richten sich u. a. danach, an welcher Schulart bzw. Klassenstufe Sie beschäftigt werden. Wenn Sie Ihren Abschluss in einem anderen Bundesland erworben haben, hängt Ihre Zuordnung zum Berliner Lehramt an Grundschulen vom Umfang und Inhalt Ihrer individuellen Ausbildungs- und Studienleistungen ab. Im Einzelfall führt eine einschlägige oder förderliche Berufserfahrung ab 1. Januar 2018 zu einem höheren Entgelt. Als Quereinsteiger erhalten Sie grundsätzlich ein geringeres Entgelt und die genannten Beträge erst nach Abschluss Ihrer berufsbegleitenden Ausbildung.
Laufbahn Brutto (in EUR)
– Lehrkraft mit einem Wahlfach (einschl. Angleichungszulage)

4751,77

– Lehramt an Grundschulen, Lehrkraft mit zwei Wahlfächern, Studienrat (Lehramt an ISS und Gymnasien sowie an beruflichen Schulen)

5299,43

– Lehrkraft an Sonderschulen bzw. für Sonderpädagogik (einschl. einer Zulage)

5426,95

———————-

Was ist daran nicht zu verstehen? Das ist das normale Gehalt + Erfahrungsstufe 5, die in Berlin derzeit jeder bei Neueinstellung sofort bekommt.

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

+ jüngst beschlossen 300,- Euro Zulage für „echte Lehrer“ (Quereinsteiger nicht) an bestimmten Brennpunktschulen (80% Hartz IV).

https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2018/12/brennpunkt-schulen-berlin-lehrer-erzieher-zulage.html

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit? Nee, doch nicht …

dickebank
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Wen interessieren Minderheiten – also Lehrkräften aus einer Stadt mit ca. 3,5 Mio. Einwohnern?
Bei 82 Mio. Bundesbürgern ist das ein Anteil von rd. 4,3% – also nicht der Rede wert.

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Um es noch mal deutlich zu sagen: Ich kenne Berliner Neulehrer, die genau das bekommen !

Keine Ahnung haben hier andere und davon jede Menge.
(siehe unten)

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

@ dickebank: Witzig, die einen bezweifeln die Zahlen. Können sie nicht mehr bezweifelt werden, schweigen sie und andere kommen und versuchen sie kleinzureden.

Und wozu? Sie sind doch sonst für Fakten, dickebank, meine Fakten stimmen, darum ging es.

dickebank
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

@ Herr Mückenfuß – weil mich Berlin nicht interessiert. Ich bin Angestellter des Landes NRW.

Es macht doch überhaupt keinen Sinn, Zahlen einzelner Bundesländer außer hessen, das nicht zum TV-L zählt, heraus zu picken. Fakten, die nur für Berliner Minderheiten gelten sind zwar Fakten, für die Mehrheit der tarifbeschäftigten Landesbediensteten der anderen Bundesländeraber ohne Relevanz. Eine Tariferhöhung um 4,5% bei einer Laufzeit von 12 Monaten wäre tatsächlich einmal ein Lohnzuwachs, der signifikant oberhalb der Inflationsrate läge. Ob dabei 14 oder 34 Schüler in einer Klasse sind oder die Wochenstundenverpflichtung bei 23 oder 28 Unterrichtsstunden liegt, spielt dabei ja auch keine Rolle.

drd
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Sie werden in einem unbefristeten Angestelltenverhältnis eingestellt und erhalten eine Vergütung, die sich an der Beamtenbesoldung orientiert.
Angestelltenverhältnis. Deshalb

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

@ dickebank,

ich weiß gar nicht, was Sie jetzt wollen. Ich habe lediglich die rhethorische, aber interessierte Frage gestellt, was wohl die Finanzminister dieser Bundesländer gerade so denken, wenn sie von den 6% Gehaltsforderung hören, nachdem sie den Grundschullehrern ihrer Bundesländer gerade eine saftige Gehaltserhöhung (man spricht von rund 500 Euro bei einer Vollzeitstelle) genehmigt haben.

Ich nannte die konkreten Zahlen für Berlin, die daraufhin mal wieder angezweifelt wurden. Übrigens gibt es ja auch in diesen Bundesländern nicht nur Grundschullehrer.

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

drd 4. Januar 2019 at 15:57

Sie werden in einem unbefristeten Angestelltenverhältnis eingestellt und erhalten eine Vergütung, die sich an der Beamtenbesoldung orientiert.
Angestelltenverhältnis. Deshalb
———————————————————————————

Das „Deshalb“ verstehe ich nicht recht. Was wollen Sie damit sagen? Sie zweifelten die Zahlen an. Die Zahlen stimmen aber.

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Ach so, Sie meinen, deshalb sind die Zahlen unterschiedlich: Angestellte – Beamte. Ok!

Soweit ich weiß, bekommen verbeamtete Lehrer ein leicht geringeres Brutto als angestellte Lehrer, haben dann aber ein deutlich höheres Netto (bei gleicher Steuerklasse und so).

In Berlin werden Lehrer seit geraumer Zeit nur noch angestellt, soweit ich weiß. Alle anderen Bundesländer sind zur Verbeamtung zurückgekehrt (oder waren dabei geblieben).

dickebank
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Mich interessiert doch nur, was Herr Lienenkämper sagt. Außer mir als lehrkraft gibt es aber viele andere tarifbeschäftigte Landesbedienstete, die z.B. durch die Steuergewerkschaft oder die GdP vertreten werden, und die gleichen, berechtigten Interessen wie ich haben.

Der Amtsrat der Finanzverwaltung und der Polizeihauptkommissar – beide übrigens mit Bachelor-Abschluss und bestandenem Anwärterdienst – haben nämlich gleiche Forderungen an Herrn Linenkämper.

drd
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

„Deshalb“ ist es mehr als bei einem Beamten in BaWü mit höherer Erfahrungsstufe. Es gehen noch Renten- und Arbeitslosenversicherung ab. In Ihren Darstellungen stand nichts von Angestelltenverhältnis, sondern die Höhe wurde mit Aussagen über A13 in Verbindung gebracht.

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Ja, gut, drd, diese „Kritik“ nehme ich an. Ich ging davon aus, dass allgemein bekannt ist, dass Berliner Lehrer wie bis vor Kurzem ja alle (?) ostdeutschen Lehrer angestellt und nicht verbeamtet werden.

Sie haben auch Recht, dass es dann nicht A 13, sondern E 13 heißen muss, wobei es ja wiederum in Berlin auch noch reichlich verbeamtete Lehrer gibt (bis 2003) wurden sie ja in Berlin auch verbeamtet.

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Übrigens, gerade bei meinen Recherchen gefunden. Interessanter Artikel:

„Gab es denn trotzdem etwas, das gut war am Schulsystem der DDR?

Gut war der sehr hohe Anspruch an die Naturwissenschaften. Entsprechend waren auch die Bücher sehr gut. Sie waren erstaunlich frei von Ideologie und sie waren thematisch gut aufgebaut. Ich kann Lehrer verstehen, die diesen Schulbüchern noch nachtrauern. Außerdem wurde fächerverbindend unterrichtet. Es gab Themen in Physik, Biologie und Chemie, die zusammenpassten und zur gleichen Zeit behandelt wurden. Zudem war es hilfreich, dass alle Lehrer und Schüler in der gesamten DDR die gleichen Bücher benutzten. Wenn man umgezogen ist, hatte man keine Probleme, denn an der neuen Schule wurde mit dem gleichen Buch unterrichtet. Das war ein Vorteil. Es gab allerdings auch nur einen Schulbuchverlag und damit keinen Wettbewerb, was wiederum ein großer Nachteil war. Natürlich sind wir heute froh, dass jeder Lehrer frei wählen kann, mit welchen Materialien er arbeiten will.“

https://www.n-tv.de/leben/Die-Ostdeutschen-lachen-sich-scheckig-article20682707.html

emil
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß
Küstenfuchs
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Mal echte Zahlen: Seit der Euroumstellung (1.1.2002) in Schleswig-Holstein:

Lehrer A13: +21%
Inflation: +23% (-> Reallohnverlust)
Durchschnittsverdiener: +41%

Da sind ein Plus von 6% eine gemäßigte, eher zu geringe Forderung angesichts (verhaltnismäßig) voller öffentlicher Kassen.