Wie gerecht ist das Schulsystem? Kinder aus armen Familien werden nach wie vor benachteiligt – ein Debattenbeitrag

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DÜSSELDORF. Geht es in Deutschland gerecht im Schulsystem zu? Eine Umfrage unter Jugendlichen und Heranwachsenden in Deutschland ließ unlängst aufhorchen: Fast die Hälfte, 47 Prozent, der befragten 14- bis 21-Jährigen glaubt nicht daran, dass alle Kinder unabhängig von ihrer sozialen und kulturellen Herkunft die gleichen Chancen auf eine gute Bildung haben (News4teachers berichtete) – andersherum: Viele junge Menschen glauben es eben doch. Das offenbar scharf geteilte Meinungsspektrum in dieser Frage war auch Ausgangspunkt einer Debatte, die im vergangenen Jahr auf News4teachers Wellen schlug: Stimmt der Befund von der „Bildungsungerechtigkeit“, der spätestens seit der ersten PISA-Studie als gesetzt gilt, überhaupt? Unser Gastautor Gerd Möller, Mitherausgeber der Zeitschrift „Schulverwaltung NRW“ und ehemaliger Mitarbeiter im NRW-Schulministerium, ist um eine Klarstellung bemüht.

Entscheidet allein das Leistungsvermögen über die Bildungskarriere? Foto: Shutterstock

Bildungsungerechtigkeit nur eine Mär?

Begriffsklärung und empirische Fakten

Bereits in den 1960iger Jahren haben bildungssoziologische Studien auf die enorme soziale Auslese im deutschen Bildungssystem hingewiesen. Erinnert sei an die Arbeiten von Ralf Dahrendorf („Bildung ist Bürgerrecht“) und Georg Picht („Bildungskatastrophe“). Chancengleichheit, Chancengerechtigkeit und Bildungsgerechtigkeit – diese Begriffe prägen die bildungspolitische Debatte wieder zentral, seitdem die PISA-Studie ergab, dass in kaum einem anderen Industrieland die Bildungschancen so stark von der familiären Herkunft abhängen wie in Deutschland.

In letzter Zeit mehren sich allerdings die Stimmen derer – vorrangig aus dem Lager der Befürworter eines selektiven gegliederten Schulsystems – die die einschlägigen Befunde der Bildungsforschung bezüglich sozialer Benachteiligung im deutschen Schulsystem in Zweifel ziehen. Zwei Beispiele aus jüngster Vergangenheit sollen dies kurz illustrieren:

In einem Artikel in der FAZ vom 29.5.2018 spricht Rainer Bölling von der Mär der sozialen Ungerechtigkeit im deutschen Schulsystem. Er beruft sich dabei auf die neuen Auswertungen der OECD von PISA 2015, die zeigen, dass Deutschland bezüglich der Resilienz erhebliche Fortschritte gemacht hat. Unter Resilienz wurde in der Studie die Fähigkeit von Schülerinnen und Schülern verstanden, trotz sozialer Nachteile in allen PISA-Testfeldern mindestens die Kompetenzstufe drei (von sechs) zu erreichen und damit die Voraussetzung für eine aktive gesellschaftliche Teilhabe und lebenslanges Lernen zu erwerben. Anstatt dies nun als Sieg der Bildungsgerechtigkeit zu kommentieren, so Bölling, habe die OECD trotz aller Fortschritte bekräftigt, dass der statistische Zusammenhang zwischen Leistung und sozialer Herkunft noch immer sehr ausgeprägt sei. Das sei aber gar kein Ergebnis dieser Studie, die auf einer Sonderauswertung der Pisa-Daten von 2015 beruht.

Bezüglich des Zusammenhangs zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg hat es zweifelslos Fortschritte gegeben. Bölling klammert in seiner Argumentation gegen die vermeintliche tendenziöse Darstellung statistischer Befunde aber völlig aus, dass – wie im Weiteren belegt wird – noch erhebliche soziale Disparitäten im deutschen Schulsystem nach wie vor existieren. Dies gilt auch für die Resilienz.

Rainer Dollase, Emeritus der Uni Bielefeld, spricht in seinem ironischen (z. T. zynischen) Kommentar auf News4teachers über die Abhängigkeit der Bildungschancen von der familiären Herkunft von einer „vermeintlichen“ Ungerechtigkeit. Er wirft den Befürwortern für mehr Bildungsgerechtigkeit hysterische Empörungsfreude über „greisenhafte empirische Befunde“ und einen „niedlichen Gestus von Weltverbesserung“ vor.

Ernst zu nehmende Befunde zu den Ursachen von Bildungsungleichheiten werden von ihm als Weisheiten der „Stammtische“ abgetan. Er selber aber bedient ganz unverhohlen die Stammtische des Bildungsbürgertums, hier einige Beispiele:

  • „Kompensatorische Förderung kann und wird nicht gelingen („Förderillusion“)“
  • „Länger gemeinsam Lernen ist keine Lösung. Gemeinsames Lernen ersetzt bloß die Institutionen-Diskriminierung durch schulklasseninterne Diskriminierung“
  • „Einheitsschulen, Ganztagsschulen, individuelle Förderung, längeres gemeinsames Lernen – alle diese Maßnahmen erzeugen keine „Bildungsgerechtigkeit“ (der Begriff gehört eingemottet).“

Belege für diese Aussagen sucht man vergebens. Wenn es sich auch um einen Kommentar  und nicht um eine wissenschaftliche Abhandlung handelt, so ist es doch erschreckend, in welchem Duktus hier von einem prominenten Befürworter des selektiven Schulsystems ernsthafte Bemühungen um mehr Bildungsgerechtigkeit verunglimpft und lächerlich gemacht werden. Und dies ohne Belege, bis auf das Argument: Es war schon immer so und wird auch so bleiben.

In beiden Beispielen wird deutlich, dass die Autoren auf Basis singulärer Befunde oder ideologischer Positionen die Existenz von Bildungsungerechtigkeit im Schulsystem negieren. Obwohl sie über Bildungsungerechtigkeit schreiben, bleibt bei ihnen völlig offen, welches Verständnis über Bildungsgerechtigkeit ihren Argumentationen zu Grunde liegt. Seriöse Beweisführung sieht anders aus. Höchste Zeit für eine Klarstellung.

Was versteht man unter Bildungsgerechtigkeit?

Die undifferenzierten Argumentationen in den Beispielen werfen die dringende Frage auf: Worüber reden wir eigentlich, wenn wir über Bildungsgerechtigkeit sprechen? Trotz seiner Popularität wird der Begriff kaum differenziert bzw. definiert.

Zum Begriff der Bildung

Folgt man Wilhelm von Humboldt, dann definiert sich „Bildung“ als „die Anregung aller Kräfte des Menschen, damit diese sich über die Aneignung der Welt entfalten und zu einer sich selbst bestimmenden Individualität und Persönlichkeit führen“. Nach dem Humboldtschen Bildungsideal ist Bildung also mehr als die reine Aneignung von Wissen und Kompetenzen und das, was man z.B. mit PISA messen kann. Individualität und Persönlichkeit sowie die Entwicklung von Talenten spielen eine ebenso große Rolle. Bildung ist also ein Prozess der Individualisierung, durch den der Mensch seine Persönlichkeit ausbilden kann. Als Bildungsziel wird ein reflektiertes Verhältnis zu sich und zur Welt angestrebt und es werden auch (praktische) Fähigkeiten ebenso wie personale und soziale Kompetenzen einbezogen.

Zum Begriff der Gerechtigkeit

Findet man beim Begriff der Bildung noch weitgehend Übereinstimmung, so wird der Begriff der Gerechtigkeit im Zusammenhang mit Bildung unterschiedlich konnotiert und infolge werden Sachverhalte unterschiedlich ausgelegt. Die zahlreichen Gerechtigkeitskonzepte der Philosophie lassen sich bezogen auf den Bildungsbereich einigermaßen systematisch ordnen, wenn man sie in 3 Kategorien einteilt, die auf Prinzipien der Gleichheit (Verteilungsgerechtigkeit), der Menschenwürde (Teilhabegerechtigkeit) und der wechselseitigen Anerkennung (Anerkennungsgerechtigkeit) basieren.

Verteilungsgerechtigkeit

Nach John Rawls können soziale und ökonomische Ungleichheiten nur gerechtfertigt werden,  wenn sie zwei Bedingungen erfüllen: „Sie müssen mit Ämtern und Positionen verbunden sein, die unter Bedingungen fairer Chancengleichheit allen offenstehen; und sie müssen den am wenigsten begünstigten Angehörigen der Gesellschaft den größten Vorteil bringen (Differenzprinzip).“

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Übertragen auf den Bildungsbereich bedeutet dies, dass institutionelle Regelungen in Bildungseinrichtungen dann fair sind, wenn sie keine Nachteile für bestimmte Gruppen mit sich bringen. Sie müssen als unfair oder ungerecht aus dieser Perspektive gelten, wenn sie Kriterien, die über die individuelle Leistung hinausgehen, wie z.B. das Geschlecht, die Herkunft, das Alter oder die Region berücksichtigen. Bildungsinstitutionen verstoßen hiernach gegen die Forderungen der Verteilungsgerechtigkeit, wenn Menschen trotz gleicher kognitiver Ausgangsvoraussetzungen nicht die gleichen Chancen besitzen, ein entsprechend hohes Kompetenzniveau zu erreichen. Ebenso werden diese Gerechtigkeitsprinzipien verletzt, wenn ein Bildungssystem Unterschiede in den Ausgangsvoraussetzungen nicht so weit wie möglich ausgleicht.

Teilhabegerechtigkeit

Dieser Ansatz nach Amartya Sen und Martha Nussbaum konzentriert sich nicht auf institutionelle Regeln, sondern auf die erfolgreiche Vermittlung von Fähigkeiten, die Menschen benötigen, um an der Gesellschaft und dem gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Eine gerechte Schule ist demnach eine, welche allen Schülerinnen und Schülern die Herausbildung von Grundfähigkeiten ermöglicht, die zu einer menschenwürdigen Lebensführung und zur (politischen) Partizipation am gesellschaftlichen Leben befähigen. Ein Bildungssystem muss hiernach als ungerecht gelten, wenn z.B. sozial benachteiligte Kinder als elementar erachtete Bildungsziele nicht erreichen. Sie können beispielsweise nicht richtig lesen und bleiben bezogen auf diese und andere Kompetenzen unterhalb einer Schwelle, die ein gutes Leben in unserer Gesellschaft ermöglicht. Prekäre Lebenssituationen werden hierdurch vererbt.

Anerkennungsgerechtigkeit

Dieser Gerechtigkeitsansatz nach Axel Honneth fokussiert auf die Interaktionen in den Bildungsinstitutionen und die damit verbundenen Anerkennungsprozesse. Bildungsinstitutionen und ihre Akteure sollten hiernach zentralen Aspekten von Anerkennung Rechnung tragen. Gerechtigkeit bedeutet, dass die Schule allen Schülerinnen und Schülern mit Empathie, Respekt und sozialer Wertschätzung zu begegnen hat, unabhängig von ihren persönlichen Voraussetzungen und Zielen. Aus Perspektive der Anerkennungsgerechtigkeit müssen frühzeitige Einsortierungen in verschiedene Schultypen der Sekundarstufe I am Ende der Grundschule, schulische Selektionserfahrungen wie Klassenwiederholungen oder Abschulungen und Ausschluss von Schülern mit besonderem Förderbedarf im allgemein bildenden Schulsystem als Missachtung gegenüber den Betroffenen gedeutet und kritisiert werden.

Die dargestellten Gerechtigkeitskategorien zeigen, dass der Begriff der Bildungsgerechtigkeit drei unterscheidbare, sich zum Teil ergänzende, zum Teil konkurrierende Gerechtigkeitsvorstellungen umfasst. Am Beispiel der immer wieder belegten Befunde der sozialen Kopplung von Bildungserfolg und sozialer Herkunft lässt sich dies gut verdeutlichen:

Aus Sicht der Verteilungsgerechtigkeit kann dieser Zusammenhang insbesondere als Ungleichheit von Startvoraussetzungen bei dem Wettbewerb um ökonomische Güter und sozialen Status gedeutet werden. Aus Sicht der Teilhabegerechtigkeit steht der Mechanismus sozialer Exklusion bestimmter Personen im Vordergrund und aus Sicht des anerkennungstheoretischen Ansatzes verstößt dies gegen das Prinzip des Respekts im Umgang mit bestimmten Schülergruppen.

Wenn wir also in unserem Schulsystem die Vermittlung, Aneignung und Erreichung von Bildung unter dem Aspekt der Bildungsgerechtigkeit bzw. -ungerechtigkeit umfassend beurteilen wollen, müssen alle drei Gerechtigkeitsperspektiven einbezogen werden.

Forschungsbefunde im Kontext von Bildungsgerechtigkeit

Empirische Befunde belegen zwar, dass nach dem „PISA-Schock“ in den letzten Jahren positive Entwicklungen stattgefunden haben. Genannt sei etwa der deutliche Anstieg der Betreuungsquoten im Kita- und Krippenbereich, der Ausbau des Ganztags oder die steigende Zahl junger Menschen, die ein Studium aufnehmen. Doch trotz Bildungsreformen und Bildungsexpansion ist eines der dringlichsten Probleme nach wie vor ungelöst: Das Gerechtigkeitsproblem.

Aus Sicht der Verteilungsgerechtigkeit:

  • Der Bildungserfolg ist in Deutschland stärker als in vielen anderen Ländern nach wie vor vom Bildungsstand und vom Geldbeutel der Eltern abhängig.
  • Beispielsweise erhalten Kinder aus unteren Sozialschichten bei gleicher Leistung mitunter schlechtere Noten als andere oder seltener eine Übergangsempfehlung für einen Bildungsgang zum Abitur. Sie haben erheblich geringere Chancen, ein Gymnasium zu besuchen oder ein Studium aufzunehmen.
  • Soziale Disparitäten werden von der Kita über die Grundschule bis zum Studium bzw. zur Berufsausbildung nicht nur weitertransportiert, sie verstärken sich sogar von Bildungsstufe zu Bildungsstufe durch differenzielle Entwicklungsmilieus in den verschiedenen Schulformen.
  • Nach wie vor erreichen Schülerinnen und Schüler aus schwierigen sozialen Lagen und mit Migrationshintergrund niedrigere Bildungsabschlüsse.
  • Das selektive Schulsystem ist weder leistungs- noch begabungsgerecht, wie hohe Leistungsüberlappungen zwischen den Schulformen zeigen.
  • Unser Schulsystem kommt weiterhin nicht ohne privaten Nachhilfeunterricht aus. Kinder aus armen Familien werden somit benachteiligt, da gebundene Ganztagsschulen nach wie vor nur unzureichend vorhanden sind.

Aus Sicht der Teilhabegerechtigkeit:

  • Trotz leichter Verbesserungen erreicht immer noch ein hoher Anteil von Kindern nicht die Mindeststandards („Risikoschüler“), die für eine erfolgreiche Teilhabe am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben notwendig sind.
  • Es gibt nur marginale zusätzliche Ressourcen für Schulen und Kinder aus benachteiligten Familien. Eine sozialindizierte Ressourcensteuerung anhand eines schulscharfen Sozialindexes ist immer noch nicht in Angriff genommen worden. Stattdessen werden in NRW fragwürdige Talentschulen etabliert.
  • Es gibt kaum erkennbare Anstrengungen und zusätzliche Unterstützungsressourcen im System, dass alle Kinder die Mindeststandards erreichen.

Aus Sicht der Anerkennungsgerechtigkeit:

  • Frühe Selektion nach der Grundschule: Schulstrukturen aus dem vorletzten Jahrhundert werden weiterhin nicht in Frage gestellt. Die Frage der Schulstruktur wird als Handlungsfeld schulischer Qualitätssicherung und -weiterentwicklung ausgeklammert, sie ist nicht einmal als Fragestellung von Relevanz und wird auch zuletzt in den „Gemeinsamen Empfehlungen der Kultusministerkonferenz und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung“ vom März des Jahres 2008 ausgespart.
  • Sozial gekoppelte Sortierung an den Gelenkstellen des Systems findet weiterhin statt.
  • Klassenwiederholungen und Abschulungen auf niedrigere Schulformen werden weiterhin trotz Verbesserungen der Quoten praktiziert. Die damit verbundenen Verletzungen der Schülerinnen und Schüler werden in Kauf genommen, obwohl die Wirkung dieser Maßnahmen zweifelhaft ist.
  • Die Inklusion von Schülern mit besonderem Förderbedarf stagniert. Durch den Erhalt auch kleiner Förderschulen wird sie in NRW sogar zurückgedrängt.

Fazit

Die Brisanz dieser Befunde liegt auf der Hand: Schließlich hat Bildung großen Einfluss auf Lebenschancen, sei es auf den Zugang zum Arbeitsmarkt oder auf die Verteilung materieller Ressourcen, sei es auf Möglichkeiten gesellschaftlicher Teilhabe oder auf die Art und Weise der Lebensführung. Die Entkopplung von Bildungserfolg und sozialer Herkunft, die Verringerung der sozialen Selektivität und die Erhöhung der Durchlässigkeit unseres Bildungssystems bleiben zentrale Herausforderungen für Politik, Administration und Praxis.

Die „Mär von der Bildungsungerechtigkeit“ ist eine ideologische Mär.

Auch auf der Facebook-Seite von News4teachers wird der Beitrag diskutiert.

Drängender denn je: Warum wir mehr Chancengerechtigkeit im Schulsystem brauchen – eine Gegenrede

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dickebank
5 Jahre zuvor

Bei der üblichen armutsdefinition (weniger als 60% des Durchschnitteinkommens) frage ich mich, wer dann in D’dorf-Angermund oder Köln-Hahndorf arm und somit benachteiligt ist.

F. H.
5 Jahre zuvor

Und ich frage mich, ob das Schulsystem wirklich Kinder aus geldarmen Familien benachteiligt und ob nicht Geldarmut ebenso wie mäßiger Schulerfolg in den meisten Fällen mit etwas anderem zu tun haben.

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  F. H.

Eben, die Frage ist, ob es nicht auch in einer durch und durch chancengleichen Gesellschaft letztendlich doch immer welche geben wird, die „arm“ (im Vergleich zu anderen) und „bildungsfern“ sind?!? Und woran das denn dann liegt.

Damit sage ich nicht, dass wir bereits in einer durch und durch chancengleichen Gesellschaft leben.

Pälzer
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

die „durch und durch chancengleiche Gesellschaft“ finden Sie bei Harrison Bergeron
https://archive.org/stream/HarrisonBergeron/Harrison%20Bergeron_djvu.txt

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  F. H.

Hier schreibt Herr Möller ausführlicher zum Thema und auf einer GEW-Seite:
https://www.gew-nrw.de/fileadmin/user_upload/Kampagne_Bildung-weiter-denken/GEW-NRW-Moeller-Bellenberg-Studie-Sozialindex-gesamt-Ungleiches-ungleich-behandeln.pdf
Seine Ko-Autorin Prof. Bellenberg hat sich hier
https://www.bildung.koeln.de/imperia/md/content/laengeresgemeinsameslernen/vortrag_prof_bellenberg_5.2.2010.pdf
auf IGLU bezogen und und meinte, damit das längere gemeinsame Lernen untermauern zu können. Leider ging es beim letzten IGLU-Test bergab. Das ist eine ziemliche Argument-Klauberei. Zur Erinnerung: Anfangs haben uns viele erzählt, wir müssten wegen PISA 2000 dem schwedischen Schulsystem nacheifern. Inzwischen ist Schweden bei PISA aber erheblich abgesackt und liegt weit hinter Deutschland. Das ficht diese Leute aber nicht an.

rainer Dollase
5 Jahre zuvor

Natürlich freue ich mich, dass mein Beitrag von vor einem Jahr immer noch Interesse findet – aber warum nur so eine selektive Zitierung? Dass sich nichts an der „Bildungsungerechtigkeit“ ändert (dazu gibt es ja massenhaft Befunde, davon geht ja auch Gerd Möller aus) war doch der Anlass, mal neu über das Problem nachzudenken. Gesamtschulen, gemeinsames Lernen, kompensatorische Erziehung und viele Förderprogramme haben bislang nichts bewirkt – das ist Fakt. Also – lasst uns über was Neues nachdenken. Mein damaliger 1. Gedanke: Bildung, so wie wir ihn definieren, ist ein mittelschichtiger Spießerbegriff für Leute, die keine Lust oder keine Talent auf Handwerk und Maloche haben, sondern lieber über alles mal rein theoretisch quatschen – Bildung als Talkshow. Manche Zeitgenoss*innen können sich für diese akademische Art Bildung nicht begeistern.Definiert Bildung anders – dann gibt es weniger Ungerechtigkeit. Mein 2. Gedanke damals : Nicht nur wegen des Fachkräftemangels – eine Gesellschaft wird nur funktionieren, wenn wir gut ausgebildete Praktiker haben. Ist das gar „zynisch“? Schlicht ruhrpöttisch: Nö!
Liebe Grüße
Rainer Dollase

Markus
5 Jahre zuvor
Antwortet  rainer Dollase

Danke, Herr Dollase! Ihre Ansichten sind erfrischend realitätsbewusst und lebensnah.

dickebank
5 Jahre zuvor
Antwortet  rainer Dollase

Der Punkt lässt sich ebenfalls an den unterschiedlichen Abkürzungen für promovierte Ingenieurwissenschaftler und die Dotores anderer Fakultäten erkennen.
Der Schwachsinn wird ebenfalls durch Instrumente wie den europäischen Referenzrahmen befeuert, der akademische Abschlüsse grundsätzlich als tertiäre Abschlüsse einstuft, während Berufsabschlüsse, die vorallem im Rahmen der Dualen Ausbildung erlangt worden sind, benachteiligt. Folglich ist das gesamte „Bildungssystem“ auf eine Wissenschaftskarriere ausgerichtet, die letzlich die wenigsten anstreben.
Im regelfall ist der Hochschulabschluss ein zertifikat, das eine höhere Einstufung in den Entgelttabellen ermöglicht. Dieser Punkt lässt sich aus meiner Sicht auch an der Diskussion „A13 für alle“ nachvollziehen. Dsselbe trifft auf die Reaktionen auf die vom Bundesbildungsministerium vorgeschlagenen Bezeichnungen für berufsbezogene Abschlüsse zu. Es ist deutlich zu erkennen, dass eine bestimmte Gruppe die deutungshoheit erlangen möchte, um festlegen zu können, was „Bildung“ ausmacht und wie unterschiedliche Bildungsgrade zu defienieren sind. Diese Grade sind dann Grundlage für Instrumente wie den europäischen referenzrahmen, um Entgeltsysteme zu legitimieren.

Aus meiner eigenen Erfahrung heraus folgendes Bonmot, um die Situation zu verdeutlichen:

„Was ist der unterschied zwischen einem Ingenieur (FH) und einem Ingenieur (TH/TU)?
Der Erstere kann eine Brücke bauen und weiß nicht, warum diese hält und nicht einstürzt.
Der letztere kann bis auf sechs Stellen hinter dem Komma berechnen, warum die von ihm konstruierte Brücke einstürzen musste.“

Der Tenor dieser geschichte lässt sich auf viele Berufsbereiche übertragen. Bezogen auf den Bereich Bildung und Erziehung sei hier nur an die frühkindliche Bildung erinnert, der eine andere Anerkennung in Relation zur schulischen und beruflichen Bildung haben müsste.

Die Ausrichtung der Bildungsbemühungen auf die Rolle als Konsument ist eben nicht der Weisheit letzter Schluss. Bildung muss vielmehr zur Teilhabe an der Gesellschaft befähigen. Ob z.B. ein Handwerker ein besserer Bürgermeister in seiner Kommune sein kann als ein promovierter Volljurist hängt von vielen Faktoren ab, nicht aber allein vom „Bildungsgrad“ im Sinne des europäischen Referenzrahmens.

Morten
5 Jahre zuvor
Antwortet  rainer Dollase

Herr Dollase, ich möchte Ihnen danken. Den unterstellten „Zynismus“ empfinde ich als Klarheit, wie sie sich wohl nur mit Zuwendung zur pädagogischen Praxis offenbart. (Meine Sympathie für den Ruhrpott-Humor mag dabei eine Rolle spielen.) Im Gegensatz zu den ideologisch motivierten Stichwort-Gebern der Bildungs-Romantik empfinde ich Ihre Gedanken als im tiefsten Sinne ethisch und bereichernd für die Vision einer die Leistungen des anderen wertschätzenden Gesellschaft. Ich hoffe, weiter von Ihnen zu hören und zu lesen, wir brauchen dringend andere Stimmen im mittlerweile leider allzu eintönigen Chor.

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor
Antwortet  Morten

Morten schrieb: „Im Gegensatz zu den ideologisch motivierten Stichwort-Gebern der Bildungs-Romantik empfinde ich Ihre Gedanken als im tiefsten Sinne ethisch und bereichernd für die Vision einer die Leistungen des anderen wertschätzenden Gesellschaft. Ich hoffe, weiter von Ihnen zu hören und zu lesen, wir brauchen dringend andere Stimmen im mittlerweile leider allzu eintönigen Chor.“

Eine schön formulierte Dankesrede, der ich mich auch inhaltlich voll anschließen möchte.

Cavalieri
5 Jahre zuvor

Was die vielzitierte Bildungs(un)gerechtigkeit betrifft, so sollen uns die Verfechter des längeren gemeinsamen Lernens doch mal erzählen, welche Erfolge dieses längere gemeinsame Lernen in Frankreich erbracht hat:
http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/pisa-studie-was-schulvergleiche-verraten-und-was-nicht-a-936920.html
Dort steht schon 2013 der Satz: „Auch geht es [in Deutschland] in den Schulen gerechter zu als vor gut zehn Jahren. Damals wurde mit der Veröffentlichung der ersten Pisa-Ergebnisse offenbar, wie sehr der Schulerfolg hierzulande von der sozialen Herkunft abhängt. Mittlerweile liegt Deutschland bei der Bildungsgerechtigkeit im OECD-Schnitt, vor zum Beispiel Frankreich.“
Wieso bitte kann die mit PISA gemessene Gerechtigkeit in Deutschland immer noch besser sein alsd die in Frankreich mit seiner Gemeinschaftsschule und seiner fast vollständig besuchten Vorschule ab 3 Jahren, die keine Entsprechung in Deutschland hat? Was die Migranten betrifft: In Frankreich kamen sie großenteils aus den ehem. Kolonien und sprachen schon vor Ankunft Französisch. Das müsste eigentlich ein gigantischer Vorteil gegenüber der Situation in D sein. Ist es aber offenbar nicht. Und obwohl in Frankreich 70 % eines Jahrgangs das Abitur bekommen, heißt es in einer Analyse:
„Trotz aller Maßnahmen sind Jugendliche mit Migrationshintergrund in Frankreich benachteiligt. Sie bleiben Bürger zweiter Klasse. Die Zahl der Schulabbrecher und Arbeitslosen ist unter ihnen besonders hoch.“
Quelle: http://www.strassenkinderreport.de/index.php?user_name=&goto=467
In finde, das Herumreiten auf bestimmten zweifellos existierenden Problemen in Deutschland ist nicht ganz fair ohne einen konkreten internatinalen Vergleich mit unseren Nachbarländern (nicht immer nur mit Finnland, Kanada oder Fernost).

Cavalieri
5 Jahre zuvor

Zu dem Autor: „ehemaliger Mitarbeiter des NRW-Schulministeriums“ ist eine dezenter Untertreibung. Hier steht, dass Herr Möller Leitender Ministerialrat (LMR, im Jargon: LeiMi) war, also einer von ca. 10 Gruppenleitern und damit jemand mit erheblichem Einfluss:
http://www.vbe-bv-dt.de/downloads/PDF%20Dokumente/DA11_Bildungsgerechtigkeit.pdf
Darüber gibt es nur noch Ableitungsleiter und dann Staatssekretäre und Minister. Diese Leute haben die Verantwortung für das, was am Schulsystem in NRW gut und schlecht ist. Dass jemand von denen mit dem obigen Artikel „um Klarstellung bemüht“ sein könnte, ist wohl eher ein Witz. Gegenüber dem oben verlinkten FAZ-Artikel wird gar nichts klargestellt, denn dort wird gesagt, dass der „PISA-Sozialindex“ in Deutschland nur minimal signifikant schlechter als im OECD-Durchschnitt ist und jedenfalls besser als der in Frankreich mit seiner obligatorischen Gesamtschule. Was jetzt also eine „ideologische Mär“ sein könnte, bleibt weiter ungeklärt.

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

…und N4t-Herausgeber Andrej Priboschek war (Zitat von der Homepage der Agentur für Bildungsjournalismus) „Sprecher und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit [im] Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen […]. Sieben Jahre lang war er dort als Referatsleiter tätig.“
https://www.agentur-für-bildungsjournalismus.de/

Pälzer
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Heißt das, hier rechnet ein Rot-grüner mit der jetzigen Regierung ab, die bösartigerweise andere politische Schwerpunkte hat als die damals?

Heinz
5 Jahre zuvor

Tjoaaa, in einem Schulsystem, in dem Bildung die Komunen am Besten nichts kosten darf und in dem Lehrer nicht die rechtlichen Möglichkeiten haben, die Erziehungsfehler der Eltern zu kompensieren ist natürlich ein Kind aus einer bildungsfernen Familie benachteiligt! Ich frage mich manchmal, ob man eigentlich erwartet, dass Lehrer aus dem Nichts Wunder vollbringen sollen.
Gebt uns die rechtlichen Möglichkeiten, auf Kinder erzieherisch einzuwirken (und ich meine nicht psychisch oder körperlich), dann kann man vll. auch die Kinder einer bildungsfernen Familie bekommen. Verpasse ich irgendwo einen wichtigen Termin, kostet es mich meist Geld (Arzt, Amt, sonstiges). Ein Kind aus einer bildungsfernen Familie kann in Deutschland aber jahrelang von den Eltern gedeckt nur unzureichend zur Schule kommen, und es interessiert niemanden!

Ignaz Wrobel
5 Jahre zuvor
Antwortet  Heinz

Vollkommen losgelöst vom Erlebnis der täglichen Realität bildungsferner Elternhäuser, die teilweise nicht einmal ein einziges Buch zu Hause vorweisen können, schreibt einer, der der praktischen Erfahrung der alltäglichen Ignoranz dieser bildungsfernen Mitmenschen sich durch eine Aufstieg im Kultusministerium in Düsseldorf zu entziehen wusste, ignorant der gelebten Wirklichkeit gegenüber, seine zahlreichen Zeilen der Enttäuschung über unser, von ihm so mit umgestalteten Bildungssystem.
Ja , auch manch einer von uns ist von den vielen fehlgeschlagenen Versuchen dieser Apparatschiks enttäuscht, die in Folge ihrer ideologischen Denkweise aus den 68 Jahren, uns mit ihren zahlreichen Reformen überschütteten, gängelten und das Niveau der Abschlüsse bei inflationärer Zunahme der 1er-Abschlüsse verschlechterten, um bloß die Zahl der Abiturienten nach oben zu steigern.

Wenn Sie jetzt ausgeschieden sind , wird gar nichts mehr laufen. Keine weitere Reform der Reformen kann mehr abenteuererregende Folgen nach sich ziehen , geschweige denn, dass diese auf den Weg gebracht werden könnte, denn, eine mahnende Stimme fehlt nun mehr, eine Stimme des Gewissens, die der bildungspolitisch Unterrepräsentierten, der Kämpfer aus den Bildungstürmen Düsseldorfs.

ysnp
5 Jahre zuvor

In der Aufzählung werden Punkte aufgeführt, die ich so nicht erlebe und mir in der Interpretation schon aufstoßen.

„Beispielsweise erhalten Kinder aus unteren Sozialschichten bei gleicher Leistung mitunter schlechtere Noten als andere oder seltener eine Übergangsempfehlung für einen Bildungsgang zum Abitur. Sie haben erheblich geringere Chancen, ein Gymnasium zu besuchen oder ein Studium aufzunehmen“
Das ist eine Unterstellung! Wir machen in der Grundschule keine gefühlten Noten, sondern welche, die auf eindeutigen Kriterien beruhen – genaue Punktesysteme.
Aber: Die Grundschule ist sehr sprachlastig geworden. Überall muss argumentiert, begründet werden. Selbst in der Mathematik und im Sachunterricht, man versucht das sogar in den musischen Fächern durchzuziehen. Das ist von den Ministerien so gewollt. Da haben tatsächlich Kinder von sprachärmeren Elternhäusern Nachteile.

„Soziale Disparitäten werden von der Kita über die Grundschule bis zum Studium bzw. zur Berufsausbildung nicht nur weitertransportiert, sie verstärken sich sogar von Bildungsstufe zu Bildungsstufe durch differenzielle Entwicklungsmilieus in den verschiedenen Schulformen.
Nach wie vor erreichen Schülerinnen und Schüler aus schwierigen sozialen Lagen und mit Migrationshintergrund niedrigere Bildungsabschlüsse.“
Warum wohl? Die Antwort liegt auf der Hand. Die Schulen versuchen ihr Bestes, aber es muss nicht nur ein Bildungsinteresse bestehen, sondern auch ein Bildungszugang der Elternhäuser. Ich habe immer wieder Kinder aus diesen „Schichten“. Es gibt durchaus Eltern, die wollen, aber ihnen fehlt der Überblick und der Zugang. Es gibt Mütter, die schon überfordert sind, mit ihren Kindern zu einem Facharzt zu gehen oder einmal eine Bücherei zu besuchen. Da findet man auch alltägliche Hilflosigkeit und Fehleinschätzungen, was in den „Bildungsschichten“ seltener der Fall ist.

Die Ausführungen beziehen sich zwar alle auf NRW, dennoch bin ich nicht der Meinung, dass man das Schulsystem bzw. die Schule daran schuld ist, dass die sogenannten sozialen unteren Schichten weniger gute Bildungsabschlüsse erreichen.
Der Grund ist in meinen Augen, dass diese Kinder eben von einem Umfeld stammen, das für diese Kinder schwerer macht, Bildung zu erreichen und den Sinn zu sehen, da Eltern oft das Knowhow oder Interesse fehlt, wie sie Bildungsinteresse fördern könnten bzw. die falsche Richtung verhindern könnten. Da spielt z.B. auch eine Rolle, dass der Fernseher häufig läuft – z.B. schon am Morgen vor der Schule.

Ich sage einmal so: Der Staat sollte Maßnahmen durchführen, wie man solche Eltern dazu bringen kann, mehr Bildungsinteresse zu vermitteln.
Bei den Migranten hat sich im Laufe der Jahre etwas geändert. Da besteht schon Bildungsinteresse. Es kommt auch immer auf das Land an, woher die Schüler stammen. Da gibt es schon gewaltige Unterschiede, je nachdem wie schulische Bildung in dem Herkunftsland gehandhabt wird und wie die Eltern das selbst erfahren haben.

Den Schulen aber den schwarzen Peter zuzuschieben, das wird nichts bringen. Wenn man „Bildungsgerechtigkeit“ will, müsste man alle Schüler in ein Internat stecken, wo alle möglichst ihrem sozialen Umfeld entzogen sind und alle das gleiche Umfeld haben. Aber das ist Quatsch und unmenschlich.

Außerdem sollte man einfach einmal einsehen, dass nicht jeder gleich begabt ist. Ja – und leider stammen viele kognitiv schwächere Kinder nach meiner Erfahrung eben auch wieder aus solchen Familien, wo Eltern ähnliche Probleme hatten.
Allerdings wehre ich mich dagegen, dass man meint, Schule macht hauptsächlich das Kognitive aus. Es gibt musikalisch, künstlerisch, sportlich und handwerklich begabte Kinder, ebenso Kinder mit sozialem Einfühlungsvermögen – das ist eher unabhängig von irgendwelchen Schichtenmodellen. Das könnte man in den Schulen mehr fördern und die Fächer aufwerten um hier ein Selbstbewusstsein zu schaffen und im Sinne der Entwicklung der Persönlichkeit als Gegenpol andere Werte mit ins Spiel zu bringen. Begabungen fördern ja – aber auch einmal andere, nicht kognitive Aspekte mit hineinbringen und in den Abschlussprüfungen aufwerten, das was bei Pisa und Co nicht getestet wird.

Markus
5 Jahre zuvor
Antwortet  ysnp

Ihrem Kommentar stimme ich voll zu. Die hartnäckige Behauptung, unser Schulsystem sei ungerecht und benachteilige Kinder aus armen Familien, ist einfach nur falsch. Offensichtlich kann man mit solch rührseligen Behauptungen aber immer wieder die Gemüter erregen und sich selbst als edelmütigen Menschen darstellen, der gegen die Ungerechtigkeiten der Schulwelt zu Felde zieht, so dass ein Ende dieser Schmarotzerei von modischer Märchenerzählung nicht in Sicht ist.
Prof. Dollase hat dazu sehr treffend gesagt: „Bildung, so wie wir sie definieren, ist ein mittelschichtiger Spießerbegriff für Leute, die keine Lust oder keine Talent auf Handwerk und Maloche haben, sondern lieber über alles mal rein theoretisch quatschen – Bildung als Talkshow.“

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  Markus

Auf sehr viele Bildungsforscher trifft letzteres leider zu. Studien bestätigen durch ihre Anlage ein vorher festgelegtes oftmals ideologisch eingefärbtes Ergebnis, Korrelation und Kausalität sind unbekannte Begriffe, Gleichberechtigung und Gleichstellung sind bei vielen dieser Autoren dasselbe usw.

ysnp
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Klar wird die Forschung darauf kommen, dass die Kinder von bildungsfernen Elternhäusern insgesamt auf schlechtere Ergebnisse kommen. Aber die Ursachen sind andere. Ich bin sicher, dass die wenigsten Forschungen dies in Korrelation mit dem Umfeld und Lebensstil gesetzt haben.

Ich habe selbst schon Internetumfragen, die immer wieder Lehrern von Studenten angeboten werden, mitgemacht bzw. sie mir angeschaut. Da ist es ganz klar, wie die Befragungen angelegt sind. Da werden solche Dinge erfragt, dass ein Schüler im Aussehen oder Verhalten oder der sozialen Umgebung beschrieben wird und man dann eine Note auf irgendetwas vergeben muss oder irgendwelche komische Vorhersagen treffen soll. Da stimmt doch schon die Anlage solcher Befragungen nicht. Die Universitäten bzw. die Fakultäten, die solche Befragungen in Umlauf setzen, sind voll von Vorurteilen!

Da wäre es vielleicht einmal sinnvoller, die Umgebung, in dem ein Kind aufwächst, zu erforschen. Nur das bekommt man schwer heraus, denn nur wenige Personen öffnen sich da authentisch Fremden. Wenn man als Lehrer oder als Sozialarbeiter Glück hat und die Personen Vertrauen fassen, dann bekommt man etwas davon mit.

OlleSchachtel
5 Jahre zuvor

Ich habe den Eindruck, dass die Politik hier Augenwischerei betreibt. Allen ist klar, dass ein Kind, das bildungsfern aufwächst, also weniger sprachlichen Input im Elternhaus hat, weniger mit ihm gespielt wird, weniger auf den Spielplatz geht etc….einen schlechteren Start hat. Wenn dann der Rahmenplan (wie in Ba-Wü) im Kiga nicht verbindlich für alle Kindergärten gilt, sondern jeder sich was aussuchen kann, werden durch völlig offene Kindergartenkonzepte die Lücken gerade dieser Kinder (die Anleitung und strukturen benötigen) vergrößert. Nun kommen die Kinder in die Schule und staunen, wenn da ein Kind bereits liest, während sie zum Teil nicht mal wissen wie man ein Buch aufschlägt (Extrembeispiel). Ernährung und Gesundheit sowie Bewegung haben bekanntermaßen auch etwas mit Bildungserfolg zu tun.
Das alles ist der Politik klar. Maßnahmen dagegen wären verbindliche Rahmenpläne im Kiga und eine Schulung aller Bereiche auch im Vorschulbereich (Entwicklungsfenster nutzen). Dazu bräuchte es kleinere Kiga – Gruppen mit Erziehern, die nicht als Kinderaufbewahrung bezahlt werden, sondern als kompetente Pädagogen, die die Grundsteinlegung bei den Kindern verantworten. Genauso müssten die Grundschulklassen kleiner werden, um den Kindern mit ihren Bedürfnissen gerecht zu werden. Ich bräuchte mehr Zeit mit den Kindern, d.h. eine Lerngruppe die von 8:00-14:00 Uhr gemeinsam lernt, isst, entspannt und spielt. Damit hätten die Kindern aus bildungsfernen Elternhäusern mehr Chancen (vielleicht nicht mehr Gerechtigkeit – denn die Elternhäuser können wir trotzdem nicht ändern)
Es wäre toll wenn nicht immer politische Hohlphrasen in der Presse ständen, sondern Taten folgten.

ysnp
5 Jahre zuvor
Antwortet  OlleSchachtel

Auch richtig!
Wobei ich die Politik auffordere, etwas mehr für das Bildungsbewusstsein in bildungsfernen Elternhäusern zu tun – angefangen mit einer Aufklärungskampagne (z.B. Werbeeinblendungen im Fernsehen, das macht man ja auch mit anderen Dingen so) oder nachhaltige Pflichtveranstaltungen für Eltern nach der Geburt, wo es nicht nur um die Gesundheit geht, sondern um Förderung wie Sie oben beschrieben haben.

OlleSchachtel
5 Jahre zuvor
Antwortet  ysnp

Ja, sicher auch eine gute Idee…..

Palim
5 Jahre zuvor
Antwortet  OlleSchachtel

Danke.
Das sehe ich auch so und finde, dass Sie es gut an Beispielen belegt haben.

Notwendig fände ich auch eine qualitative Hausaufgabenhilfe für die Kinder, die zu Hause keine Hilfe erhalten können. Auch hier braucht es Unterstützung, damit die Chancen verbessert werden. Und es sind Schulen einzubeziehen, die keinen Ganztagsschulbereich anbieten können.
Zudem ist das, was Sie zur vorschulischen Kinderaufbewahrung geschrieben haben, auf den Ganztagesschulbereich zu erweitern.

Unverständlich ist zudem, warum Förderung oder Therapie nicht, wie bei Kindergärten, in Anbindung an die Schulen stattfinden kann. Was in der Frühförderung möglich ist, müsste in der Schule eine Fortführung erfahren, statt mit dem Zeitpunkt der Einschulung ohne Berücksichtgung der Notwendigkeit gestoppt zu werden: eine Sozialpädagogin als Frühförderkraft, die das Kind kennt und mit ihm arbeitet, hält die Entwicklung im Blick und koordiniert die Absprachen zwischen Eltern, Einrichtung und Therapeuten. Das würde auch helfen, den Übergang in die Schule besser gestalten zu können und den Kindern, die weiterhin Therapien benötigen, gerade im Erstunterricht zielgerichtete Unterstütztung zu bieten.

Dabei finde ich den Ansatz sozialindizierter Ressourcensteuerung richtig, die sich an prozentualer Gewichtung statt an Schulgröße orientiert.

Dazu bräuchte es womöglich zudem größere Anstrengungen, die Jugendämter und darüber erreichbare Hilfestellungen besser auszustatten und somit den Familien mehr Hilfe zu gewähren oder auch Auflagen umsetzen und kontrollieren zu können.

OlleSchachtel
5 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Dazu gehört aber auch eine lückenlose Förderakte und da fängt das Problem mit dem Datenschutz an. Wir Lehrer könnten uns eine Menge Arbeit sparen, wenn wir nicht darauf warten müssten, dass uns Eltern Informationen weitergeben, die bereits seit dem Kiga bekannt und besprochen sind.(Ergotherapieempfehlung etc.) Häufig nehmen Eltern die Empfehlungen der durchaus sehr kompetenten Erzieher nicht ernst und verschleppen Therapieanfänge. Dadurch werden wichtige Entwicklungsfenster verpasst und später werden die Kosten der Therapien durch Langzeittherapien immer höher. Komisch ist, dass häufig erst die Hilfestellungen ernst genommen werden, wenn am Ende der Grundschulzeit die Empfehlung droht und den Eltern klar wird, dass sie jetzt doch mal in die Gänge kommen müssen. Sowas nenne ich verpasste Bildungschancen….

Palim
5 Jahre zuvor
Antwortet  OlleSchachtel

Dazu bin ich der Meinung, dass die Kinder ohnehin für den Schuleintritt vom Gesundheitsamt untersucht werden.
Wenn dort herauskommt, dass ein Kind dringend Therapien benötigt,
a) müssen die Eltern zusätzlich zu einem Arzt gehen, der ihnen das auch bescheinigt und ein entsprechendes Rezept ausstellt, was auf sein Budget angerechnet wird.
Dies sind viele Hürden, für manche Eltern zu viele, und manchmal ist es kaum möglich, ein bestimmtes Rezpet zu erhalten.
Bei der Frühförderung vor Ort läuft dies anders, das Budget der Ärzte ist davon nicht betroffen.

b) dürfte es nicht bei dem Hinweis der Abklärung bleiben, sondern dieses müsste eingefordert werden und innerhalb von 1-2 Monaten umgesetzt sein bzw. werden können.
Manche Eltern bräuchten dabei erheblich mehr Kontrolle.
Aber es darf auch nicht sein, dass allein die Wartezeit bei Fachärzten oder SPZ 1 Jahr beträgt, in dem keine Förderung oder Therapie erfolgt.

Auch eine Zusammenarbeit zwischen Kindergarten und Gesundheitsamt halte ich für sinnvoll. Gibt es einen Vorstellungstermin, sollten Eltern sich nicht durch das Abmelden des Kindes aus dem KiGa herausziehen können.

Hamburg Mama
5 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Ich war in Dez. 2018 wegen Fahrradunfall vorübergehend in Rollstuhl. 2 Stock, keine Fahrstuhl. Statt Hilfe für Kind vorübergehend zu schicken war Kind für Ewigkeit weggeklaut. 0 Hilfe war angeboten. JA klaut Kinder, hilft nicht. Ist tausende und tausend mal bestätigt. Meine Tochter hat ihren Platz in Hamburg Top bilingual weiterführende schule verloren, Kind hat Sportsvereinbesuch verloren, hat Besuch Schwimmbad nach der Schule verloren, kann nur selten ihre Freundinnen sehen.. und ihre Zukünftige Kinder dürfen auch damit ausländische Staatsbürgerschaft erben, und mehr und mehr war von ihre weggeklaut…nicht nur war kein Hilf e geschickt war sogar Stein nach Stein in Weg meiner Tochter gestellt, sie war grausam behandelt und diskriminiert, ich bin eine dümmer Ausländerin, meine Tochter, nicht. Sie war motiviert, hatte ihren herz gebrochen. Alle Beweis dass sie vor Gericht gebracht hatte, war ignoriert..kann nur bestätigen, dass JA Kinder nicht hilft, also macht das Lebens armer Familie nur sehr schwierig, hat Alls für meine Sicher kaputt gemacht…und meine Tochter brauchte keine Therapie, brauchte einfach eine Lehren die lehrt. Ist mehrmals bestätigt aber politische inkorrekt. Hier ist bei SPD/Grüne ganz toll durchgeführt, dass sollte nicht mehr lehren, nur Blätter teilen…leider kommt mein Kind damit nicht zurecht, sie ist keine Robotin sondern ein Kind. Kind hat wegen der diskriminierend SPD/Grüne schule alles verloren. Bei der CDU Schule, in Gegenteil kämm sie und eine Fluchtlingsmädchen die am Anfang deutsch nicht sprechen konnte prima zurecht. Manche Migrantin Kinder brauchen gelenktes Tagen Schulmorgens, also ein Mensch die Schritte für Schritt, mit echte Schulbücher hinaus, lehrt… und bezüglich Hilfe von JA kann ich nur gleich wie tausende andre Familien bestätigen können, dass Hilfe nicht mehr gegeben ist, ist nur Ziel Kinder ins Heimunternehmer zu verkaufen. Und so viele Erziehungsberaterinnen, die helfen gar nicht, also ist nicht Rocket Science, geregeltes Tagesablauf, viele Platz im grüne zum toben, eine Lehrerin die systematisch lehrt,, homogener Gruppierungen Schulmorgens.. weiter Geld verdienen… aber gar nicht helfen. Ist habe mehre Fälle in meinen Kreis gesehen, in denen Kinder aus alleinerziehende oder so was Familien so viel besser gehen, wenn einfach Reform einfach ehr gesengtes geht und mehr Sportsgelegenheit gegeben ist… es kostet ganz weniger als Kinderheim, Erziehungsberaterinnenzirkus und so weiter alles..meine Tochter in normale Klasse brauchte kein Hilfe mit HA, in Reform war alles ausser der Klasse beigebracht. Meine Tochter ist jetzt in eine Migrantenviertal abgeschoben, jetzt sitzt ein Kind jemand die mehr Geld hat in ihren Platz im Gut viertel wo sie seit Geburt aufgewachsen ist, ihr Kaiman, also Grund für Abschiebung war das sie in der Grundschule mir Reformpädagogik nicht zurecht kam…obwohl die seh gut Gymni hier nicht Reform sind (da es funktioniert nicht).

Rainer Bölling
5 Jahre zuvor

Als einer der attackierten Autoren kann ich den meisten vorliegenden Kommentaren nur zustimmen. Deshalb hier nur noch einige Hinweise zum internationalen Vergleich. Möller wiederholt gebetsmühlenartig, die PISA-Studie habe ergeben, „dass in kaum einem anderen Industrieland die Bildungschancen so stark von der familiären Herkunft abhängen wie in Deutschland“. Er vermeidet es aber tunlichst, auch nur eine der in meinem Artikel diskutierten PISA-Zahlen zu nennen. Nach PISA 2015 hat die Herkunft in Deutschland nur zu 16 Prozent Einfluss auf den Bildungserfolg bei einem OECD-Durchschnitt von 11-15 Prozent. Meint Möller ernsthaft, dass Singapur, China, Frankreich, Belgien, Luxemburg, Österreich und die Schweiz, die bei PISA denselben oder schlechtere Werte erreichen, keine Industriestaaten sind? Selbst PISA-Koordinator Schleicher kam am 23. Oktober 2018 im Deutschlandfunk zu einer differenzierteren Einschätzung: „Deutschland hat sich dort sehr viel verbessert, muss man sagen. Bei den sozialen Disparitäten liegt Deutschland nahe am Mittelfeld, immer noch leicht größer als das Mittelfeld, aber das ist schon ein großer Fortschritt seit der ersten PISA-Studie.“ (https://www.deutschlandfunk.de/oecd-studie-zur-bildung-in-deutschland-sozial-schwache.680.de.html?dram:article_id=431260).
Weiterhin irreführend ist aber der von Schleicher wieder vorgenommene Vergleich mit Ländern wie Kanada. Dort wird im Gegensatz zu Deutschland eine selektive Einwanderungspolitik betrieben, die vor allem Hochqualifizierte mit guten Kenntnissen der Landessprachen (Englisch bzw. Französisch) ins Land lässt. Wenn deren PISA-Ergebnisse besser ausfallen als die von Migranten in Deutschland, sagt das wenig über die Bildungssysteme aus. Dass Deutschland unter Berücksichtigung dieses Unterschiedes schon bei PISA 2003 viel besser abgeschnitten hätte, kann man hier nachlesen: https://www.gew-berlin.de/public/media/050326_Folgen_aus_PISA.pdf.

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor
Antwortet  Rainer Bölling

Rainer Bölling schrieb: „Meint Möller ernsthaft, dass Singapur, China, Frankreich, Belgien, Luxemburg, Österreich und die Schweiz, die bei PISA denselben oder schlechtere Werte erreichen, keine Industriestaaten sind? Selbst PISA-Koordinator Schleicher kam am 23. Oktober 2018 im Deutschlandfunk zu einer differenzierteren Einschätzung […]“

…und das will schon was heißen!

Gerd Möller
5 Jahre zuvor

Das meint Möller aber gar nicht, siehe meine Text:
„Chancengleichheit, Chancengerechtigkeit und Bildungsgerechtigkeit – diese Begriffe prägen die bildungspolitische Debatte wieder zentral, seitdem die PISA-Studie ergab, dass in kaum einem anderen Industrieland die Bildungschancen so stark von der familiären Herkunft abhängen wie in Deutschland.“ und an anderer Stelle:
„Empirische Befunde belegen zwar, dass nach dem „PISA-Schock“ in den letzten Jahren positive Entwicklungen stattgefunden haben. …Doch trotz Bildungsreformen und Bildungsexpansion ist eines der dringlichsten Probleme nach wie vor ungelöst: Das Gerechtigkeitsproblem. “

Bitte erst lesen, bevor falsch zitiert wird. Lesen kann helfen!
Beste Grüße Gerd Möller

Cavalieri
5 Jahre zuvor

Herr Möller: Und was ist mit Frankreich und seinem einheitlichen Schulsystem? Ist es da besser? Bei PISA jedenfalls schneidet Frankreich schlecht ab. Die dortigen Autoritäten scheint das aber nicht zu stören. Nur in Deutschland scheint man derart viel Aufhebens um PISA zu machen, was auch mit parteipolitischen Interessen zusammenhängen könnte. In USA scheint sich niemand um PISA zu scheren. Dabei sind die USA sozusagen das Mutterland der Testindustrie.
Im übrigen misst PISA nicht die Humboldtsche Bildung, die im obigen Artikel genannt wird, sondern eben nur die „PISA-Literacy“, die an ökonomischen Interessen der OECD orientiert ist.
Und ganz nebenbei: Herr Schleicher ist ein Professorensohn und ging auf eine Privatschule. Er tut aber immer so, als sei er ein armes Arbeiterkind, dem man die höhere Bildung verweigerte.

Bernd
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Was für eine Ansammlung von Quark – wo tut Schleicher so, als sei er „ein armes Arbeiterkind“? Und was hat PISA mit „parteipolitischen Interessen“ zu tun? Zur Frage, was PISA misst, hat Herr Möller in seinem Kommentar unten bereits Auskunft gegeben – PISA misst Bildungsvoraussetzungen: Wer nicht lesen kann, liest auch Goethe nicht.

Gerade Sie, der Sie hier ständig in AfD-Manier den Untergang Deutschlands herbeizuschreiben versuchen, meinen, dass man um PISA „nicht so viel Aufhebens“ machen sollte? Und erklären die USA (die einen Kretin wie Trump zum Präsidenten gewählt haben) zum Vorbild für eine breite Volksbildung? Au weia.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

PISA misst PISA-Literacy, mehr nicht. Und die USA haben schon vor langem ähnliche Schultests eingeführt. Aber PISA ging merkwürdig an ihnen vorbei, obwohl sie n letzter Zeit nicht gut abschneiden. Welches Land außer Deutschland hat denn PISA soooo wichtig genommen, dass man gravierende Änderungen überhaupt diskutierte?
Dass Trump ein Kretin sein soll, wäre eigentlich eine Beleidigung, die die Redaktion doch sonst immer konsequent rügt.

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

Schleicher vertritt auf jeden Fall die bildungspolitischen Ziele der SPD.
So schrieb die (auch nicht eben strukturkonservative) „Süddeutsche“ bereits 2010 in ihrem Artikel „Umstrittener ‚Mr.Pisa'“ das hier.

Zitat: „Nicht nur die konservativen Minister schütteln nun über Schleicher den Kopf. Auch so mancher SPD-Politiker wundert sich, will aber Schleicher, der gute Kontakte zur Lehrergewerkschaft GEW pflegt und mit seinem Eintreten für ein integriertes Schulsystem genehme Positionen vertritt, nicht unbedingt in den Rücken fallen.“
https://www.sueddeutsche.de/karriere/andreas-schleicher-umstrittener-mrpisa-1.786458

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

In diesem Zusammenhang sollte man auch die folgende Aussage aus demselben Artikel unbedingt zur Kenntnis nehmen.

Zitat: „Neben dem gebürtigen Hamburger Schleicher, der von Paris aus die Studien weltweit koordiniert, gibt es nämlich noch einen anderen deutschen Pisa-Papst: den Kieler Forscher Manfred Prenzel, der mit seinem Team die Tests in Deutschland betreut und auswertet. Genau genommen gibt es sogar noch einen dritten Papst, nämlich Prenzels Vorgänger Jürgen Baumert vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.

Beide waren schon bei anderen Gelegenheiten unglücklich über Schleichers politische Interpretationen der Daten. Bei der Präsentation der neuen Pisa-Werte am Dienstag wird Schleicher sowohl Prenzel als auch den deutschen Ministern aus dem Weg gehen.“
https://www.sueddeutsche.de/karriere/andreas-schleicher-umstrittener-mrpisa-1.786458

Gerd Möller
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Sehr geehrter Her Cavalieri,
eigentlich wollte ich mich nicht mehr an der Diskussion beteiligen, aber Ihre unsachlichen (im Sinne von an der Sache vorbei) Behauptungen und Unterstellungen möchte ich kurz kommentieren. Im Sinne von Bernd häufen Sie für mich kaum zu ertragende Stammtischparolen aneinander.
Nehmen Sie doch mal zu den Theorien der Bildungs(un)gerechtigkeit Stellung, mein eigentliches Thema, oder halten Sie die von den renommiertesten Sozialphilosophen aufgestellten Theorien für bloße SPD- bzw. GEW-Parolen.
Im Übrigen halten auch die zitierten Bildungsforscher Baumert und Prenzel die sozialen Disparitäten als ein ernsthaftes Problem des deutschen Schulsystems. All dies kann man in den unzähligen Publikationen nicht nur zu PISA nachlesen (z.B. BIJU-Studie), wenn man will.
Gerd Möller

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Gerd Möller behauptete (@ Cavalieri): „Im Sinne von Bernd häufen Sie für mich kaum zu ertragende Stammtischparolen aneinander.“

Bernd selbst fragte zuvor (@ Cavalieri): „Und was hat PISA mit ‚parteipolitischen Interessen‘ zu tun?“

1. Die Antwort auf beides liefert die Süddeutsche Zeitung bereits 2010.
Zitat: „Nicht nur die konservativen Minister schütteln nun über Schleicher den Kopf. Auch so mancher SPD-Politiker wundert sich, will aber Schleicher, der gute Kontakte zur Lehrergewerkschaft GEW pflegt und mit seinem Eintreten für ein integriertes Schulsystem genehme Positionen vertritt, nicht unbedingt in den Rücken fallen. […]

Neben dem gebürtigen Hamburger Schleicher, der von Paris aus die Studien weltweit koordiniert, gibt es nämlich noch einen anderen deutschen Pisa-Papst: den Kieler Forscher Manfred Prenzel, der mit seinem Team die Tests in Deutschland betreut und auswertet. Genau genommen gibt es sogar noch einen dritten Papst, nämlich Prenzels Vorgänger Jürgen Baumert vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.

Beide waren schon bei anderen Gelegenheiten unglücklich über Schleichers politische [sic!] Interpretationen der Daten.“
https://www.sueddeutsche.de/karriere/andreas-schleicher-umstrittener-mrpisa-1.786458

2. Nicht nur Andreas Schleicher hat, wie die Süddeutsche schreibt, „gute Kontakte zur Lehrergewerkschaft GEW“, sondern auch Gerd Möller, wie man z.B. hier nachlesen kann.
https://www.gew-nrw.de/meldungen/detail-meldungen/news/gew-nrw-stellt-studie-zum-sozialindex-vor.html

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

3. Und wie SPD-nah die GEW (nicht nur) in Niedersachsen war und ist, zeigt sich exemplarisch in diesem Bericht.

Zitat: „Mit er 39-jährigen Pooth könnte ein neuer, frischer Ton bei der GEW einziehen.

Die Gewerkschaft wird seit 14 Jahren in der Öffentlichkeit durch den Vorsitzenden Eberhard Brandt vertreten. Er ist eine Instanz in der niedersächsischen Bildungspolitik, aber er ist auch nicht unumstritten.

Brandt wirkte oftmals weniger wie ein Gewerkschaftsvertreter als mehr wie ein sozialdemokratischer Schatten-Kultusminister. Zu viel Bildungspolitik, zu wenig Interessenvertretung. Zu viel Schulstrukturdebatte, zu wenig Gehaltsforderungen. So lauteten häufig gehörte Vorwürfe.

Die Quittung bekam Brandt bei seiner letzten Wahl. Gerade etwas mehr als 53 Prozent der Delegierten wählten ihn noch einmal zum Vorsitzenden.“
https://www.rundblick-niedersachsen.de/neue-toene-frischer-wind-wie-laura-pooth-die-gew-auffrischen-wird/

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

4. Alles Stammtischparolen?

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

5. Inzwischen wurde Herr Brandt durch Frau Pooth abgelöst, die gegenüber SPD-Kultusminister Tonne einen weniger kuscheligen Kurs fährt.
https://www.gew-nds.de/index.php/presse-downloads/pressemitteilungen/1572-gew-kritisiert-kultusminister-tonne

Warum wohl?

Bernd
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Schön, dass Sie Ihr Geschwurbel doppelt und dreifach posten – könnte ja demente Leser hier geben, die schon nach 30 Sekunden vergessen, was sie lesen.

Nichtssagend ist es trotzdem – meines Wissens ist die GEW keine terroristische Vereinigung, bei der es strafbar wäre, Kontakte zu unterhalten. PISA wird im Übrigen von der Kultusministerkonferenz in Auftrag gegeben, der ja bekanntlich Kultusminister (auch von der CDU) angehören und nicht der GEW-Vorstand. Oder wissen Sie auch hier mehr?

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

6. Tonne selbst fährt schulpolitisch in keiner Weise mehr auf der rein GEW-ideologischen Schiene seiner Vorgängerin Heiligenstadt.
https://www.noz.de/deutschland-welt/niedersachsen/artikel/1609939/tonne-stemmt-sich-gegen-weniger-unterricht-fuer-grundschullehrer

Warum wohl?

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Und die von Gerd Möller mit verantwortete rot-grüne „Bildungspolitik“ ist in NRW abgewählt worden.
In diesem Falle erübrigt sich sogar die rhetorische Frage „Warum wohl“?

https://www.sueddeutsche.de/bildung/landtagswahl-in-nrw-wie-schulpolitik-die-nrw-wahl-entschieden-hat-1.3505934

Bernd
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

PS. Was sollen denn jetzt noch die GEW-Personalia hier? Was hat Schleicher mit Brandt/Pooth zu tun? Und was PISA mit der GEW? Warum stellen Sie vielsagend die Frage „Warum wohl“ in den Raum? Ja, warum eigentlich? Und seit wann verantworten Landesbeamte die Landespolitik? Fragen über Fragen. Und gaaaanz viele dunkle Rätsel.

Ich würde sagen: Ein Fall für „Akte X – Die unheimlichen Fälle des FBI“

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

@ Bernd: Jetzt kapiert, was PISA mit parteipolitischen Interessen zu tun hat?

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

…offensichtlich nicht (siehe Bernd um 19:40 Uhr).

Bernd
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Ah doch, jetzt verstehe ich, glaub‘ ich jedenfalls: Weil Schleicher ein gebürtiger Hamburger ist, zieht er natürlich die Strippen bei der Niedersachsen-GEW (liegt ja irgendwie räumlich nahe), und um Tonne eins auszuwischen, weil der noch immer die Gesamtschule nicht eingeführt hat, hat er Pooth installiert, die das jetzt erledigt.

Nur eins verstehe ich nicht: Ich denke, Schleicher vertritt SPD-Parteiinteressen – und Tonne ist doch in der SPD!? Handelt es sich also um eine parteiinterne Intrige? Will Schleicher gar Tonne ablösen, weil er dessen Traumjob als niedersächsischer Kultusminister haben will? Doch wieder: Fragen über Fragen …

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

@ Bernd: Schon blöd, wenn man keine Argumente hat, die verlinkten Artikel nicht liest und hilflos versucht, auch noch der „Süddeutschen“ zu unterstellen, sie verbreite Verschwörungstheorien, gell?

Bernd
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Bringen Sie selbst mal Argumente, auf die sich eingehen ließe.

Stattdessen „bereichern“ Sie dieses Forum immer wieder mit Andeutungen über namentlich benannte Personen, die vielsagend daherkommen – aber letztlich nichts aussagen.

Oben raunen Sie vielsagend, dass der Herausgeber von News4teachers mal Sprecher des NRW-Schulministeriums war (woraus er selbst aber offenbar gar kein Geheimnis macht). Dann machen Sie aus Herrn Möller einen „Mitverantwortlichen für die rot-grüne Bildungspolitik“. Unten deuten Sie geheime Verbindungen zwischen der GEW und PISA-Chef Schleicher an – freilich ohne konkret einen diskussionswürdigen Punkt daraus abzuleiten. Und als „Beleg“ für den vermeintlichen Geheimbund liefern Sie einen läppischen Kommentar aus der „Süddeutschen“ von 2010.

Was soll das? Finden Sie es nicht schäbig, aus dem Schutz der Anonymität heraus Menschen, die Sie ja mit vollem Namen benennen, Verdächtigungen („Warum wohl?“) auszusetzen – ohne Substanz? Ich schon.

Wie fänden Sie es denn, wenn jemand Sie unter Ihrem echten Namen (statt unter ihrem eigenlobenden Pseudonym) öffentlich zum Gegenstand von Spekulationen und Verdächtigungen macht?

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Wie die GEW in Sachen PISA argumentativ vorging und -geht, wird hier deutlich:
https://www.gew-bayern.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/reisen-nach-pisa-10-breitengrade-weiter-noerdlich-ist-manches-anders-1/
Auf dieser älteren Seite heißt es noch, dass Schweden bei PISA ganz vorne lag und es sich folglich lohnte, das mal näher anzusehen. Aber nach wenigen Zeilen ist der damalige Artikel – entgegen dem Text – heute nicht mehr aufrufbar, vermutlich weil Schweden bei den letzten PISA-Studien ziemlich weit hinten lag. Die ach so progressiven Bildungspolitiker rechnen nie damit zu irren. Stattdessen: „Was kümmert mich mein saudummes Geschwätz von gestern.“

OlleSchachtel
5 Jahre zuvor

Mit der Einwanderungspolitik kann man bei mir nicht punkten. Ich habe Kinder die erst kurz in Deutschland leben und spitzen Ergebnisse erzielen, da sie von ihren Eltern unterstützt werden, da diese wissen wie wichtig Bildung ist. Da könnte sich mancher deutsche Haushalt eine Scheibe abschneiden. Kinder können bei normaler Begabung nach einem halben Jahr in Deutschland bereits gut kommunizieren und erzielen gute Ergebnisse in Mathe und Deutsch. Dann habe ich Kinder mit zweitsprache Deutsch, die in zweiter und dritter Generation in Deutschland leben und trotzdem die Sprache nicht beherrschen und keinerlei Förderung erhalten obwohl es dringend geboten wäre. Ich habe auch Deutsche Kinder, die einen Sprachschatz und einem Satzbau aufweisen, als wäre Deutsch nur ihre Zweitsprache.
Förderung muss früh ansetzten und Aufklärung im Elternhaus tut Not. Dazu zählen auch verpflichtende U Untersuchungen beim Kinderarzt, sowie Screenings und Sprachförderung in jedem Kindergarten.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  OlleSchachtel

„Ich habe Kinder die erst kurz in Deutschland leben und spitzen Ergebnisse erzielen, da sie von ihren Eltern unterstützt werden, …“
Das ist doch gar nicht der Punkt bei der EinwanderungsPOLITIK. Wir haben in Deutschland 50 Jahre lang millionenfach bildungsferne Unterschichten (die ihre Kinder bildungsmäßig eben nicht unterstützen) aus dem Ausland ins Land geholt, und Kanada hat das nicht gemacht. Dass es auch in D bildungsorientierte Einwanderer gibt, steht gar nicht in Frage. Nur. wie viele sind das? In den Brandbriefen ist immer von den anderen die Rede,
denen, die es in Kanada eben praktisch nicht gibt.

OlleSchachtel
5 Jahre zuvor

Das alles kostet Geld und das ist man nicht bereit auszugeben, dazu ist der Nutzen innerhalb einer Legeslaturperiode nicht nutzbar genug für die Wahlen… Ergebnisse sind hier nur langfristig zu erreichen und mit einer Vernetzung von Kindergarten, Sozialarbeitern, Therapeuten und der Grundschule. Denn hier muss der Grundstein gelegt werden. Eine Förderung in höheren Klassen (vor allem bei eine immer früher einsetzenden Pubertät) verfehlt ihr Ziel, da ist der Zug oft abgefahren….

Cavalieri
5 Jahre zuvor

In dem obigen Artikel wird erstmal wieder auf Georg Picht und die Bildungskatastrophe abgehoben. Die FAZ schreibt dazu: „Es stehe ein Bildungsnotstand bevor, den sich kaum jemand vorstellen könne, ein wirtschaftlicher Notstand, der die ganze Gesellschaft in ihrem Bestand bedrohen könne, so die Kassandrarufe Pichts.“
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/politik/die-gegenwart/bildungsreformer-eine-deutsche-bildungskatastrophe-12309062.html?printPagedArticle=true#pageIndex_0
Weiter heißt es in demselben Artikel: „Etwa ein Jahrzehnt später sah sich Picht als Hauptschuldiger für ein Übermaß von Abiturienten auf der Anklagebank.“ (!)
Wikipedia schreibt in dem Artikel zu Picht selbst:
„In den in Christ und Welt veröffentlichten Artikeln prangerte er die im internationalen Vergleich niedrigen Bildungsausgaben in Deutschland an […] und forderte grundlegende Reformen des dreigliedrigen Schulsystems und der Erwachsenenbildung, weil sonst wesentliche Nachteile im internationalen Wettbewerb der Wirtschaft zu befürchten seien.“
Soso, es ging im wesentlichen um den internationalen Wettbewerb der Wirtschaft, nicht um die Bildung.

Aber dann wird in dem obigen Artikel „zum Begriff der Bildung“ das Humboldtsche Bildungsideal hervorgekramt. Das ist doch fast schon ein Zynismus, wenn jemand, der maßgeblich in der (parteipolitisch geleiteten) Kultusbürokratie in NRW tätig war und die komplette Ausrichtung auf PISA unwidersprochen mitgemacht hat, nun plötzlich wieder Humboldts Bildung haben will. Die hatte man doch längst für tot erklärt.
M.a.W.: Gehört nicht auch Herr Möller zu denen, die Humboldt durch PISA ersetzt haben? Wie war das mit der PISA-Hysterie? Schließlich wurde PISA immer in Anspruch genommen, um ein einheitliches Schulsystem in Deutschland anzumahnen, natürlich auch mit Hinweis auf angebliche ökonomischen Vorteile (die OECD meint das ja auch, Herr Schleicher lässt grüßen). Was Humboldt darüber dächte, wissen wir gar nicht. Ich dachte bislang, das humanistische Gymnasium entspräche noch am ehesten dem, was Humboldt wollte.

Gerd Möller
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Ja, ich halte PISA für eine wichtige Evaluation des Entwicklungsstandes eines Schulsystems. Als ehemaliges Mitglied in der deutschen PISA-Expertengruppe Mathematik ist mir das Rahmenkonzept gut bekannt. Es wurde hierin nie behauptet, dass das PISA-Konzept (literacy) den Bildungsbegriff umfassend abbildet. Es werden allerdings wichtige Kompetenzen überprüft, die bei einer guten Schulbildung erreicht werden sollten. Das Humboldtsche Bildungsideal hat niemand in Frage gestellt.
Ja, ich war in der Ministerialbürokratie tätig, was aber nicht – in Ihrer Lesart – bedeutet, dass ich meine Gesinnung und meinen Verstand an der Eingangstür des Ministeriums abgegeben habe bzw. abgeben musste. Ihre Bemerkung ist leider sehr unsachlich und polemisch, vielleicht sollten Sie sich lieber auf Fakten beziehen, die durchaus kritisch sein dürfen. Das Thema ist viel zu wichtig und Ernst um auf diesem Niveau zu argumentieren.

Beste Grüße Gerd Möller

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Herr Möller: Also zum einen reden neuere PISA-Berichte immer nur davon, dass man Mathematik (bzw. Naturwissenschaften) getestet habe und nicht „nur“ Literacy. Allein dadurch wird den Nicht-Experten, insbesondere der Öffentlichkeit und auch der Kultusbürokratie, Sand in die Augen gestreut. Sodann ist seit knapp 20 jahren viel, viel mehr von PISA die Rede als von Humboldt. Alle reden von der Verwertbarkeit der Bildung in der Wirtschaft. Viele „Kompetenzen“ kommen aus der Welt der Personal-Chefs. Die „Risikoschüler“ können wir uns doch angeblich deswegen nicht leisten, weil die für die Wirtschaft ausfallen, nicht wegen Humboldt. Die allgemeine PISA-Hysterie mit dem Ranking werden Sie doch wohl auch bemerkt haben, und die gibt’s in anderen Ländern so nicht. Welches Land der Erde hat denn wegen PISA sein Bildungssystem entscheidend verändert? Von Humboldt habe ich in PISA-Berichten noch nichts gelesen, wo steht denn das?
Schließlich gibt es auch Bildungsforscher, die einiges an PISA auszusetzen haben, z.B.:
„Als Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist der OECD daran gelegen, Fähigkeiten zu testen, die wichtig für den erfolgreichen Weg in den Arbeitsmarkt sind. Um eine thematisch umfassende Bildung geht es der Organisation nur bedingt.“ Also doch primär „Employability“?
Quelle: https://www.sueddeutsche.de/bildung/pisa-was-sie-ueber-die-pisa-studie-wissen-muessen-1.3276880
Last not least: Gerade in NRW ist das Niveau der Klausur im Mathematik-Abitur besonders weit heruntergefahren worden. Das wurde aktiv vom Schulministerium betrieben, aber ich weiß natürlich nicht, wer da genau aktiv war. Man starrt heute nur noch auf die Abiturquote und den Notendurchschnitt. Alles andere scheint nebensächlich geworden zu sein. Die (bekanntlich im Schnitt eben doch schwächeren) Abiturienten von den Gesamtschulen werden zum Maßstab gemacht.

Gerd Möller
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

@Cavalieri: Woher haben Sie denn diese Weisheit, dass in NRW „das Niveau der Klausur im Mathematik-Abitur besonders weit heruntergefahren worden“ ist.
Sie sind sehr leichtfertig mit Behauptungen, belastbare Belege dafür findet man bei Ihnen leider nicht.
Zu „Die “Risikoschüler” können wir uns doch angeblich deswegen nicht leisten, weil die für die Wirtschaft ausfallen, nicht wegen Humboldt.“
Das ist natürlich nicht falsch, es geht aber genau so um die Teilhabe der Menschen am gesellschaftlichen Leben (siehe mein Fazit im Artikel):
„Die Brisanz dieser Befunde liegt auf der Hand: Schließlich hat Bildung großen Einfluss auf Lebenschancen, sei es auf den Zugang zum Arbeitsmarkt oder auf die Verteilung materieller Ressourcen, sei es auf Möglichkeiten gesellschaftlicher Teilhabe oder auf die Art und Weise der Lebensführung. Die Entkopplung von Bildungserfolg und sozialer Herkunft, die Verringerung der sozialen Selektivität und die Erhöhung der Durchlässigkeit unseres Bildungssystems bleiben zentrale Herausforderungen für Politik, Administration und Praxis.“

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

„NRW-Abitur“:
Schon 2010 findet sich eine Abiaufgabe (Abkühlung eines Körpers, publiziert vom Stark-Verlag), da traut man sich nicht, die e-Funktion mit einem Exponenten -0.01x ableiten zu lassen. Man schreibt die Ableitung zusätzlich hin. Gebrochen-rationale Funktionen sind aus dem NRW-Abitur verbannt worden, Beweise auch. Immer mehr Zwischenergebnisse werden „zur Kontrolle“ mitgeteilt. Am Ende gibt’s nur noch Polynome und die e-Funktion, alles im Interesse einer steigenden Abiturquote mit immer besseren Notendurchschnitten. Schauen Sie doch selbst die schlappen Abiaufgaben in Mathematik an (Ausnahmen gab’s auch: Das Oktaeder des Grauens, das musste aber nicht gewählt werden).

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

2009 und 2010 waren allerdings sogar für NRW-Verhältnisse sehr einfach. Danach zog das Niveau wieder etwas an. Mit einer Studierbefähigung hat das Mathe-Abitur aber nahezu nichts gemeinsam. Mit dem kompetenzorientierten Lehrplan wurden die grafikfähigen Taschenrechner eingeführt und partielle Integration sowie Substitution aus dem Lehrplan verbannt. Mit dem Abitur 2021 wird auch Wahrscheinlichkeitsrechnung im Grundkurs verbindlich, womit auch die Matrizen entfallen. Da gleichzeitig die Bearbeitungszeit deutlich angehoben wird, sinken die Anforderungen erneut.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Ergänzung: Das Humboldtsche Bildungsideal wird zwar nicht offiziell in Frage gestellt, aber mir scheinen das mehr Lippenbekenntnisse zu sein. Sollen wir tatsächlich annehmen, der Paradigmenwechsel (eingeleitet nach TIMSS und PISA) mit der Outputorientierung und den kompetenzorientierten Bildungsstandards wäre so etwas wie die näherungsweise Umsetzung dessen, was Humboldt vorschwebte? Ich denke, das kann man nicht ernsthaft behaupten.
Hier steht eine interessante PISA-Kritik mit einigen Angaben zu ökonomischen Aspekten, auch, welche Unternehmen daran verdienen:
https://governingbynumbers.wordpress.com/2013/07/01/pisa-das-trojanische-pferd-und-die-internationalisierung-der-bildungspolitik-in-der-oecd/
Politisch scheint mir die Kritik eher von links als von rechts zu erfolgen, weil eben eine gewisse Unterwerfung unter ein ökonomisches Diktat kritisiert wird. Erklärt wird jedenfalls auch, warum man in den USA den PISA-Ergebnissen eher gleichmütig gegenüberstand, während wir in Deutschland den PISA-Schock mit der PISA-Hysterie hatten: In den USA war man schon jahrzehntelang an solche Tests gewöhnt, es war keine Sensation. Man wusste auch, was am Schulsystem nicht so gut ist (z.B. schneiden die Schwarzen immer schlechter als die Weißen ab). PISA bestätigte das dann nur. Dagegen: „In Deutschland gab es bis 2000 zu Pisa überhaupt keinen Testmarkt für schulische Testverfahren und zur Überprüfung von Schülerwissen.“ Was wohl Humboldt von diesem „Testmarkt“ gehalten hätte?

Hans Joss
5 Jahre zuvor

Wie gerecht ist das Schulsystem? Kinder aus armen Familien werden nach wie vor benachteiligt. Ein Debattenbeitrag. Empirische Fakten aus der Schweiz:

„Dabei zeigt sich, dass getrennte Schulsysteme tendenziell Ungleichheiten im Erwerb von Kenntnissen zwischen den Schülern verstärken. Dies erklärt sich aus der Rolle der schulischen Segregation. Schultypen, die Schülerinnen und Schüler nach dem Niveau ihrer schulischen Leistungen in getrennten Schulen und Klassen unterrichten, separieren sie indirekt auch nach ihren sozialen Merkmalen. Das hat einen Einfluss darauf, welche Bildung Schülerinnen und Schüler aus unterschiedlichen sozialen Milieus angeboten wird“.
Aus: https://www.socialchangeswitzerland.ch/?p=1096

hennes
5 Jahre zuvor
Antwortet  Hans Joss

Meine Meinung ist und bleibt eine andere als Ihre. Die Elternhäuser sind und bleiben entscheidend, aber nicht deren Geldbeutel, sondern deren Gene und Bildungsinteresse.
Wer glaubt, ein Schulsystem könne die Unterschiede ausgleichen, kann auch an den Weihnachtsmann glauben und versuchen, ihn anderen weiszumachen.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  hennes

Die Maxime des aktuellen Bildungssozialismus ist die Identifikation von Gleichstellung und Gleichberechtigung. Für deren Vertreter ist Ergebnisgleichheit der einzige Ausdruck von Gerechtigkeit.

g. h.
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Vielleicht schafft die Gentechnik ja in ferner Zukunft die Möglichkeit zu genetisch gleichem Nachwuchs, der in genormten Brutkästen heranwächst und nach 9 Monaten in möglichst identische staatliche Einrichtungen (erst Einheitskitas, dann Einheitsschulen) gesteckt wird.
Immerhin wäre dieses Horrorszenario, fernab von Eltern und deren biologischen und sozialen Eigenschaften, dann „gerecht“ und die nervigen Klagen über mangelnde Bildungsgerechtigkeit hörten endlich auf.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  g. h.

Nicht ganz, weil genetisch bedingte Begabung von den Bilungssozialisten kategorisch als rechtsextrem ausgeschlossen wird. Diese von Ihnen vorgeschlagenen Experimente machen also auch aus deren Perspektive keinen Sinn.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  g. h.

Der reale Sozialismus hat noch eine andere Variante erfunden, um unerwünschten Migranten-Nachwuchs zu verhindern. In der ZEIT vom 3.12.2018 berichtet auf S. 44 eine Vietnamesin:
„In Deutschland hätte meine Mutti mich abtreiben müssen. Vietnamesische Vertragsarbeiter durften in der DDR keine Kinder bekommen. Deshalb bin ich in Hanoi zur Welt gekommen. Und aufgewachsen in einem kleinen Kaff in Sachsen-Anhalt.“
Was sagt denn wohl die Linkspartei heute dazu? Es lebe die internationale Solidarität?

gudrun
5 Jahre zuvor
Antwortet  hennes

Zitat: „Geigenunterricht, Chinesisch in der Vorschule, nachmittags Handball, an den Wochenenden ins Theater – moderne Mütter und Väter kennen die Zutaten für die Mixtur, die aus ihren Zöglingen den nächsten Stephen Hawkings oder Steve Jobs macht. Zumindest nehmen sie das an. Doch all der pädagogisch wertvollen Förderung zum Trotz: Der schulische Erfolg wird überwiegend von genetischen Faktoren bestimmt. Das legt eine neue Studie des Forschungsteams um Robert J. Plomin vom Institute of Psychiatry in London nahe.“
https://www.welt.de/print/die_welt/wissen/article133682442/Es-sind-die-Gene-nicht-Erziehung.html

Bernd
5 Jahre zuvor
Antwortet  gudrun

Dann sind deutsche Schüler also bloß dümmer als die etwa in den Niederlanden oder in den skandinavischen Ländern? Was hier in einigen Kommentaren völlig ignoriert wird: Anderen Staaten, auch denen mit einer vergleichbaren Einwanderung, gelingt die Förderung offenbar besser als uns – mehr Chancengleichheit auf höherem Niveau. Und auch in Deutschland ist die Chancengerechtigkeit höchst unterschiedlich entwickelt. Bayern z. B. schneidet (dank längerer Unterrichtszeit in der Grundschule?) deutlich besser ab als etwa NRW. Auch dass Schleicher Verbesserungen in Deutschland belegen kann, wie Herr Bölling konstatiert, zeigt doch: Es geht.

Oder wurden plötzlich „die Gene“ verändert?

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

Wie bitte? Bayern ist gut bei der Chancengerechtigkeit und NRW ist nicht so gut? Was mag denn Herr Möller dazu sagen? Und warum schimpft die GEW immer so auf das bayerische Schulsystem mit dem ach so ungerechten „Grundschulabitur“, das offenbar nichts als Stress und schlaflose Nächte produziert?
Und die gerne von Politikern zitierten skandinavischen Länder (Ausnahme: Finnland) erkaufen sich ihre Gerechtigkeit durch ein eher schlappes Abschneiden bei den durchschnittlichen PISA-Werten und bei den Schülern mit sehr guten Ergebnissen (= optimalen Kompetenzen). Man kann nicht alles gleichzeitig haben (alte Volksweisheit).

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  gudrun

Gudrun: Danke für den Link. Die Gene sind entgegen der soziologischen Ansicht doch nicht unbeteiligt. Dazu kommen die kulturellen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wobei sich das in den Kindern vorhandene Potenzial umso besser entfalten kann, je bildungsnäher und religionsferner die Erziehung ist.

Bernd: Bildungserfolg wird meist mit Abitur gleichgesetzt. Wieso soll Bayern mit seiner signifikant kleineren Abiturquote erfolgreicher sein als NRW mit seinem als vergleichsweise einfachen geltenden Abitur?

Bernd
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Gucken Sie mal in die PISA-Studien. Der Zusammenhang zwischen Leistung und Herkunft ist in Bayern deutlich weniger ausgeprägt als in anderen Bundesländern. Richtig ist aber auch: Bayern „produziert“ zu wenige Akademiker. Etliche müssen „importiert“ werden, um den Bedarf der bayerischen Wirtschaft zu decken. Es gibt halt kein Bildungssystem in Deutschland, das nur toll wäre – echte Referenzen muss man schon im Ausland suchen.

Dieses „Es sind die Gene“-Argument ist natürlich sehr praktisch – dann sind die Schulen für gar nichts verantwortlich. Wenn Schüler scheitern, sind’s halt „die Gene“.

Fakt aber ist: Intelligenz ist keine statische Größe – sie kann verkümmern oder entwickelt werden.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Danke. Bitte schauen Sie sich aber auch die deutlich unterschiedliche Zusammensetzung der Herkünfte in Bayern und NRW an. Die derzeit an den Universitäten massenweise produzierten Bachelors in was mit Medien u. ä., formal alles Akademiker, sind für den Arbeitsmarkt auch in Bayern nicht oder kaum verwendbar

Ihrem Fazit am Ende stimme ich zu. Bis zur genetisch bedingten Grenze kann Intelligenz entwickelt werden, nicht nennenswert weiter. Das erfordert aber elterliche Mitarbeit, die in bildungsarmen Schichten deutlich geringer ausgeprägt ist als in bildungsreichen.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

„Gucken Sie mal in die PISA-Studien.“
Das habe ich durchaus getan. Genetische Faktoren werden da nie diskutiert, und auh das wort „Intelligenz“ komnmt offenbar in den Berichten nicht vor. Beides entspricht nicht den Intentionen der Mainstream-Bildungswissenschaft.
Aber einen Zusammenhang zwischen dem PISA-Erfolg und dem genetisch bedingten Teil der Intelligenz könnte es durchaus geben. Man will nur nichts davon wissen. Wie bei PISA in anderer Hinsicht gemogelt wurde, weil viele potentielle Testpersonen mit 15 gar nicht mehr zur Schule gehen, steht hier:
https://splitter1.wordpress.com/2018/01/25/bildungsproblem-tuerken-teil-11/
Dasselbe gilt auch für andere Länder. Es ist nicht überall üblich, dass die 15-Jährigen noch vollzählig zur Schule gehen. Entsprechend testet PISA dann nur eine gewisse Bildungselite in diesen Ländern, nämlich diejenigen, die noch in der Schule sind.

E. S.
5 Jahre zuvor
Antwortet  gudrun

Natürlich spielen auch Gene bei jedem Menschen eine entscheidende Rolle. Ich verstehe nicht, wie jemand das bestreiten kann.
Wenn Soziologen allein die Umwelteinflüsse für maßgeblich halten, kann ich nur einen Sinn darin sehen: Die Bedeutung des eigenen Fachgebiets, der eigenen Person und des Machteinflusses auf Politik und Gesellschaft aufzublähen.

Bernd
5 Jahre zuvor
Antwortet  E. S.

Wer bestreitet das denn, E. S.? Die Frage ist aber, wie groß dieser Einfluss ist. Die Intelligenzforschung hat bei Kindern Sprünge beim IQ von bis zu 30 Punkten festgestellt – das ist der Unterschied zwischen minderbemittelt und durchschnittlich begabt oder von durchschnittlich begabt bis zu hochbegabt.

Heißt: Aus einem Kind mit einem IQ von 70 wird man keinen Kernphysiker machen können. Unterhalb dieses Anspruchs geht aber eine Menge – und wie der internationale Vergleich zeigt, eine Menge mehr als in Deutschland.

Was Ihre Polemik gegen Soziologen soll (offenbar wissen Sie nicht so recht, womit sich diese Wissenschaft beschäftigt), erschließt sich mir nicht – es geht hier um Lern- und Bildungsforschung. Sind Sie Lehrer? Dann sollten Sie wissen, wie falsch es ist, dümmliche Klischees („faule Säcke“) über Berufsgruppen zu verbreiten.

Hamburg Mama
5 Jahre zuvor
Antwortet  gudrun

Meine Tochter kam mit einer Lehrerin die lehrt zurecht. War toll. Aber in radikale offene Unterricht (also Zwangszrückstellung in Rechnen, obwohl sie kein Problem mit Rechnen hat und ist – bis zum Zwangszurückstellung – ihr Lieblingsfach), keine Klassenstufe passende strukturierte Lehrinput und rechtzeitige Korrektur) hat sie gebombt. Sie war nicht dümmer in Reform, und hatte die gleiche Mama. Da die ganze Schule Problem mit Basis Rechnen und schreiben hat, und da ich gar nicht den Eindruck habe dass die Reform Kinder doofer als die gelenkte klasse sind, muss ich zu Fazit kommen dass es Hilfreich viele Kinder ist, wenn die Lehrerin lehrt, obwohl sehr verpönt und ganz politische inkorrekt. Lehrerinnen und Lehrer die lehren sind manche Kinder unabdingbar.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  gudrun

Ich finde den folgenden Abschnitt in dem von gudrun genannten Link am wichtigsten:
„Wenn alle Kinder die gleichen schulischen und familieren Bedingungen hätten, würde der Erfolg in der Schule nur noch von den Genen abhängen. Einheitliche Bildungssysteme und Schulformen werden immer wieder vorgeschlagen. Wie sinnvoll das ist, kann auf Grundlage der Studienergebnisse aus London durchaus angezweifelt werden. Diese Gleichförmigkeit würde die genetischen Unterschiede noch deutlicher hervorheben.“
Vergessen wird auch gern, dass eine optimale individuelle Förderung ALLER die bestehenden Unterschiede hinsichtlich der Talente und Begabungen nicht automatisch einebnet, sondern sogar verstärken kann.
Dass die deutschen Schüler dümmer sind als die in den Niederlanden ergibt sich aus PISA jedenfalls nicht. Im Bericht zu PISA 2015 sehen die Perzentilbänder für beide bei der Lesekompetenz (Abbildung 7.4) und bei der Mathematik (Abbildung 6.2) sehr ähnlich aus, es gibt nur geringfügige Verschiebungen, und zwar in unterschiedlicher Richtung.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Hans Joss

Hans Joss: Ihr Link aus der Schweiz hat ein paar Schönheitsfehler. Er beginnt schon mal mit einer sehr zweifelhaften Behauptung:
„In demokratischen Gesellschaften hat die Frage nach schulischen Ungleichheiten einen besonderen Stellenwert. Diese Gesellschaften legitimieren sich bekanntlich mit der Idee, dass die soziale Lage jedes Gesellschaftsmitglieds von seinen Kompetenzen, seinem Talent und seinen Verdiensten abhängig ist – und nicht etwa von seiner Geburt oder Herkunft.“
Demokratie ist eine Staatsform und bedeutet, dass alle Personen juristisch gleichwertig sind und dass Regierung und Parlament aus geheimen und gleichen Wahlen hervorgehen (im Gegensatz zu den klassischen „Ständen“ mit Vorrechten wie Adel, Klerus, Bürgertum). Mit materieller Gerechtigkeit hat das nichts zu tun. Man schaue nach England (eine klassische Demokratie) mit einer weiterhin bestehenden finanziellen Oberschicht ohne eigene Verdienste. Wollen Sie behaupten, die Demokratie in England sei nciht legitimiert? In der Schweiz dürfte das kaum anders sein.
Demokratie bedeutet nicht, dass die Häuser, in denen wir wohnen, nur von unseren Verdiensten abhängen, sondern sie können z.B. ererbt sein. Gleiches gilt für anderen Besitz. Im GG heißt es dann „Eigentum verpflichtet“, das heißt aber nicht, Eigentum wird weggenommen (eine sozialistische Parole).
Wer in seinem Haus auch noch eine Bibliothek (oder andere Dinge, die mit dem Bildungsbürgertum assoziiert werden) geerbt hat, dessen Kinder haben bei vernünftigem Gebrauch derselben eben auch ohne eigene Verdienste bessere Startchancen als Kinder aus Sozialbauwohnungen ohne ein einziges Buch darin, von Zuwanderern mit einer anderen Familiensprache ganz abgesehen.
So gesehen ist es eine unbewiesene Behauptung, dass die Demokratie irgendwelchen „segregierenden“ Schulformen widersprechen soll. Ich habe es immer so verstanden, dass das Gymnasium eine Schule für diejenigen ist, die auch was im Kopf haben, und nicht für die Kinder der Reichen, aber auch nicht für alle. Das habe ich in meiner Schulzeit auch so erlebt. Ich gehörte selbst zu denen, die überhaupt nicht reich waren, meine Klassenkameraden größtenteils auch. Allerdings bestimmte die Bildungssprache (im Sinne von KMK-Präsident Lorz) das Geschehen. Der hatten sich alle anzupassen, auch wenn sie zu Hause nicht gesprochen wurde. Ich erinnere daran, dass übereifrige Leute schon diese Bildungssprache aus der Schule verbannen wollten, weil sie ein Unterdrückungsinstrument zum Nachteil unterer sozialer Schichten und somit mit der Demokratie unverträglich sei. Herr Lorz sieht das jetzt anders.
Ich glaube, Sie sollten Ihre Argumentation nochmal anhand des Grundgesetzes überprüfen. Wo findet sich dort die im obigen Text zitierte „Idee“ von der sozialen Lage jedes Gesellschaftsmitglieds?

Gerd Möller
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Herr Cavalieri, was halten von Artikel 3 des GG (3):
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Gerd Möller

Gerd Möller
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Zusatz: Diese Benachteiligung findet aber statt, wie der link aus der Schweiz zeigt, dies gilt vielfach in der Praxis auch im deutschen Schulsystem, z.B. bei den Übergängen aus der Grundschule. Hierzu liegt erdrückende Evidenz der Bildungsforschung vor.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Wenn 70 Jahre lang die Existenz des Gymnasiums verfassungsgemäß war, dann halte ich den plötzlichen Verweis auf Art.3 GG GEGEN das Gymnasium für Effekthascherei. Es geht beim Gymnasium weder um das Geschlecht noch die Abstammung noch die Rasse etc., sondern um die schulische Leistung, die ja neuerdings ganz offiziell auch mit standardisierten Texts messbar ist. Eie BENACHTEILIGUNG muss am Verfahren und nicht am Erfolg des Verfahrens für den einzelnen gemessen werden. Sonst könnte man ja mal auf die Ungerechtigkeit bei der Vergabe von Vorstandspostne von Landesbanken und Sparkassen hinweisen, wo Parteipolitiker oft genug wegen des Parteibuchs bevorzugt wurden.
Irgendwo habe ich gelesen, dass von 100 Arbeiterkindern MIT einer Gymnasialempfehlung nur 50 von den Eltern tatsächlich dorthin geschickt werden. Diese „Benachteiligung“ muss man den Eltern anlasten, nicht der Schule.

Gerd Möller
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

@Cavalieri: Ich argumentiere gar nicht gegen das Gymnasium, sondern gegen die Benachteiligung von Schülern aus „bildungsfernen Schichten“ beim Übergang auf die weiterführenden Schulen.
In Ihren Sinne eine Benachteiligung im Verfahren.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Aber diese „Benachteiligung im Verfahren“ wird meist anhand des Ergebnisses gemessen, so die Statistiken. Aber die Gesamtschulbefürworter WOLLEN doch gar keine Gerechtigkeit in einem klar zu definierenden Sinne bei diesem Übergang, sondern sie wollen ihn abschaffen. Man könnte ja mehr Testverfahren verwenden, z.B. auch nicht-sprachliche Intelligenztests für diejenigen mit anderer Muttersprache. Aber man will ja nicht einmal VerA dafür verwenden, trotz der allgemeinen Testbegeisterung, die neuerdings ausgebrochen ist.
Ich denke nicht, dass man jede Benachteiligung immer gleich mit Art. 3 GG angehen kann. Oder ist es Ihr Eindruck, dass es bei Beförderungen im Öffentl. Dienst immer gerecht zugeht?
Last not least: In Schweden hat man ja die große Gerechtigkeit mit weitgehender Abschaffung von Noten, ist aber bei PISA doch ganz grausam abgesackt, im Durchschnitt zeitweilig 25 Punkte hinter Deutschland. Das kann es ja wohl auch nicht sein. Ich hatte oben 14:52 nur darauf hingewiesen, dass — entgegen anderslautenden Gerüchten — „Demokratie“ nicht „Gerechtigkeit bei allem und jedem“ bedeutet. Darauf dann Ihr Hinweis auf Art. 3 GG. Man soll Demokratie und Sozialismus nicht verwechseln.

ysnp
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

@ Gerd Möller
Es fällt mir schwer, Ihrer Argumentation zu folgen. Haben Sie schon mehrere Jahre in der Grundschule unterrichtet und sich mit den unterschiedlichsten Kindern auseinandergesetzt?

Schule erwartet von Kindern kognitive Leistungen, damit sie mit Erfolg an einer weiterführenden Schule bestehen bzw. dem Anforderungsniveau gerecht werden können. Das Gymnasium oder auch der A- Kurs einer Gesamtschule (wie immer er auch heißen mag) fordert diese Leistungen ein.
Es wäre unverantwortlich, ein Kind, bei dem es sich deutlich abzeichnet, dass es diese Leistungen nicht erbringen kann, in einen Schultyp zu empfehlen, wo es gnadenlos untergeht und sowohl kognitiv als auch psychisch überfordert ist. Das hat erst einmal gar nichts mit den Schichten zu tun.
Das hat mit dem kognitiven Leistungsvermögen zu tun unabhängig von der Herkunftsschicht. Dass die bildungsfernen Schichten davon mehr betroffen sind, liegt daran, dass diese Kinder es von den häuslichen Bedingungen her viel schwerer haben. Ich schreibe aus Erfahrung!

Bei dem, wie Sie schreiben, kommt immer durch, dass Sie unterschwellig Grundschullehrern unprofessionelles Handeln beim Einschätzen des Könnens der ihnen anvertrauten Kinder unterstellen. Das entspricht aber nicht den Tatsachen.
Wenn Sie noch in der Politik sind, sollten Sie sich eher Gedanken machen, wie man bildungsferne Schichten dazu bringen kann, die Notwendigkeit von guter Bildung einzusehen und diesen Leuten praktische Umsetzungsvorschläge unterbreiten.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Herr Möller: „… seitdem die PISA-Studie ergab, dass in kaum einem anderen Industrieland die Bildungschancen so stark von der familiären Herkunft abhängen wie in Deutschland.“ (so steht’s oben im Artikel)

Die Wahrheit: PISA misst nur den Bildungserfolg, d.h. die erreichten Kompetenzen, nicht die Bildungschancen, die die Schüler in Vorjahren (individuell) mal gehabt hatten oder auch nicht und die sie (individuell) nutzten oder auch nicht. Aber behauptet wird nicht „der Bildungserfolg hängt von der familiären Herkunft ab“, sondern man behauptet „die Bildungschancen hängen von der familiären Herkunft ab“.
Das allein ist schon eine tendenziöse Terminologie. In dieser Terminologie kann es einfach keine ungenutzten Chancen mehr geben, und Chancengleichheit wird letztlich zur Erfolgsgleichheit umdefiniert.
Bei einem Marathonlauf sagt man auch nicht, das letzte Drittel sei benachteiligt worden oder hätte weniger Chancen gehabt als die anderen. Es hat weniger Erfolg gehabt, warum auch immer.

AvL
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Herr Möller, es sind die familiären Verhältnisse, die Unfähigkeit der Eltern, die Bedeutung von Bildung für den Werdegang ihrer Kinder nicht zu erkennen, diese Fähigkeiten vermitteln zu können, auf Grund eigener schwerer Defizite im Bereich eigener schriftsprachlicher Fähigkeiten und einer fehlenden eigenen Lesefähigkeit, zum Teil fehlenden mathematischen und fremdsprachlichen Kenntnissen, sowie und einer fehlenden Allgemeinbildung dieser Eltern, um eben die benötigte schulische Unterstützung leisten zu können.
Sie werden diese Ungleichheit nicht aufheben, indem Sie die anderen durch eine Absenkung des Leistungsniveaus in deren Entwicklungspotential bremsen und diesen damit auch noch schaden.

Bernd
5 Jahre zuvor

Naja, den Befund, dass bestimmte Akademiker (auch) in Bayern nicht zu gebrauchen seien, haben Sie sich selbst gebastelt – die Arbeitslosigkeit unter Akademikern in Deutschland liegt bei nahe null. Vollbeschäftigung.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

noch. wie die Arbeitslosenquote bei Neuakademikern aussieht und ob sie im studierten Bereich arbeiten, weiß ich nichz. Ob das Einkommen wie auch immer angemessen ist, steht auf einem weiteren Blatt.

Pälzer
5 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

… in einer Zeit, wo für alle, die nur zu irgendeiner Arbeit zu gebrauchen und bereit sind, ebenfalls Vollbeschäftigung herrscht.
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/deutschland-naehert-sich-der-vollbeschaeftigung-15665744.html

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

Bei ehrlicher Rechnung aber nicht. Aufstocker sind für mich nach wie vor faktisch arbeitslos.

Michaela
5 Jahre zuvor

Meine Tochter (13) besucht ein Gymnasium (G9) in BW.

– Am 1. Elternabend wurden die Eltern informiert, dass die Kinder Probleme mit der Rechtschreibung haben und das muss Zuhause geübt werden, weil die Lehrerin dafür keine Zeit hat.

– Am 2. Elternabend wurden die Eltern darum gebeten, Mathe mit den Kinder zu üben.

– Am 3. Elternabend (Klasse 6) bekamen die Eltern eine Anleitung (3 Seiten in Englisch), wie die Kindern eine Buchpräsentation in Englisch machen sollen. Die Lehrerin erzählte, dass freies Sprechen in Englisch soll ja Zuhause geübt werden, weil im Unterricht nur Zeit für Benotung gebe.

– Am 4. Elternabend, kam die Deutschlehrerin und stellte fest, es gibt Lücken in der deutschen Grammatik. Sie hatte keine Zeit mehr diese zu üben, sollen die Eltern machen. Sie hatte aber Zeit im Unterricht ein Buch vorlesen, und dann noch ein Film zu gucken.

– Am 5. Elternabend (Klasse 7) war das Thema GFS. Alle wiesen worum es geht: „Ganze Familie Schuftet“. Eine Anleitung (4 Seiten) kriegten die Eltern per E-Mail. PowerPoint Kenntnisse müssen ja auch die Eltern beibringe, weil die Medienbildung war eine organisatorische und pädagogische Niederlage.

– Zum 6. Elternabend wird Musiklehrerin eingeladen. Wir wiesen schon, was sie sagt. Es war ein unangekündigter Test, Durchschnittsnote 4,3. Man soll also Tonleiter Zuhause üben….

Fünf Schüler haben bereits die Klasse verlassen. Sie hatten Zuhause wenig Unterstützung.
Das was zu den Chancenausgleich und Förderung in deutschen Schulen.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  Michaela

Warum haben die Kinder die Klasse verlassen? Hatten sie eine gymnasiale Empfehlung?

Spätestens ab Klasse 8 wird auch in BW das Niveau extrem anziehen. Schüler, die das arbeiten bis dahin noch nicht gelernt haben, werden dann ganz schnell auf den Boden der Tatsachen geholt. Die Frage ist nur, wie die Eltern und die Pubertät das beeinflussen.

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  Michaela

Ich kann das nachvollziehen. Was uns vor allem fehlt, ist Zeit. Warum?

– Es gibt jede Menge Stoff und immer noch etwas Neues, was Lehrer Schülern beibringen sollen.

– Es gibt jede Menge außerunterrichtlicher Veranstaltungen (freiwillige und geforderte), für die dann Unterricht ausfällt, z.B. Zahnprophylaxe, Verkehrserziehung, alle möglichen Ausflüge, Projekte, Feiern, Klassenfahrten, Wandertage …

– Wir verlieren viel Zeit durch Störungen und den Umgang damit.

Wir kommen gar nicht dazu, alles zur Genüge zu vermitteln und zu üben. Wir hetzen nur den Vorgaben hinterher und stehen ständig unter Stress, was wir noch alles (bis zum …) schaffen müssen.

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Ich verstehe gut, dass Lehrer Verschiedenes gerne nach Hause auslagern, aber ich finde es falsch! DAS zementiert soziale Benachteiligung nämlich jener Kinder, deren Eltern nicht helfen oder Hilfe finanzieren können!

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Aber das Einzige, was Berufsverbände und leider auch manche Kollegen interessiert, ist mehr Geld (Gehalt). 🙁

mississippi
5 Jahre zuvor

Also wenn man mit 13 noch keine Tonleiter kann….

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  mississippi

Ich konnte mit 13 auch keine Tonleiter.

mississippi
5 Jahre zuvor

@xxx: Aber du konntest bestimmt alles andere. Mathe und so. 🙂

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  mississippi

Angeblich sollen Tonleitern ja auch eine mathematische Struktur haben (einfache Brüche). Die konnte mir der Musiklehrer (m/w) aber nicht nahelegen. Abgesehen davon lief Musik bei mir mit geringer Priorität. Darunter haben die Musiklehrer auch heute noch zu leiden. (Physiklehrer übrigens auch, Mathematiklehrer nur nicht in dem Maße wegen der Klassenarbeiten.)

Palim
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Warum ist das in Ordnung, wenn doch das Vernachlässigen von anderen Inhalten nicht in Ordnung ist?

Warum wird bei schwachen Leistungen einerseits nach der Befähigung und der Empfehlung für das Gymnasium gefragt bzw. diese in Frage gestellt,
werden andererseits dann aber Inhalte, die klassisch sind, außen vor gelassen, obwohl doch immer gleichbleibenden Ansprüchen gefordert werden?

Warum ist bei der Tonleiter der Musiklehrer derjenige, der es nicht nahelegen konnte, bei anderen Inhalten aber das Kind, das offenbar nicht geeignet ist?

mississippi
5 Jahre zuvor

@xxx: Das liegt an der linkshemisphärischen Lastigkeit, während ich eher rechtshemisphärisch lastig bin, siehe Schaubild weiter unten. arbeitsblaetter.stangl-taller.at/GEHIRN/GehirnRechtsLinks.shtml

mississippi
5 Jahre zuvor

arbeitsblaetter.stangl-taller.at/GEHIRN/GehirnRechtsLinks.shtml

Cavalieri
5 Jahre zuvor

„… auf die erfolgreiche Vermittlung von Fähigkeiten, die Menschen benötigen, um an der Gesellschaft und dem gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Eine gerechte Schule ist demnach eine, welche allen Schülerinnen und Schülern die Herausbildung von Grundfähigkeiten ermöglicht, die zu einer menschenwürdigen Lebensführung und zur (politischen) Partizipation am gesellschaftlichen Leben befähigen.“ (so oben im Artikel)
Ich halte das mit der politischen Partizipation für heuchlerisch. Ich stelle zur Diskussion, ob nicht diese sog. „gesellschaftliche Teilhabe“ in Wahrheit doch primär das reibungslose Funktionieren als Arbeitnehmer bedeutet („Employability“). Ich glaube das so zwischen den Zeilen zu lesen, wenn es immer heißt, wir könnten uns die zu geringen Kompetenzen von Risikoschülern wirtschaftlich gar nicht erlauben. „Prekäre Lebenssituationen“ heißt dann wohl im Klartext „Hartz IV“. Das ist wohl der neue Verschlüsselungs-Code

Gerd Möller
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

@Cavalieri: es ist mir unverständlich, dass Sie die Forderungen zur Partizipation in Frage stellen.
In welcher Gesellschaft wollen denn Sie leben?

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Herr Möller: Ich stelle das nicht in Frage, sondern frage nur mal im Anschluss an den Abschnitt zur Teilhabegerechtigkeit in dem Artikel, was das im Klartext bedeutet (habe ich das so unklar formuliert?) Das Gegenteil von „prekäre Lebensverhältnisse“ ist doch nicht die politische Betätigung, sondern die Beschäftigung als Arbeitnehmer (oder auch Selbständiger). Bekanntlich schützt auch Bildung nicht vor Arbeitslosigkeit, wenn sie nicht in den von Personalchefs bestimmten Kompetenzrahmen einzuordnen ist (als Beispiel mag auch der in Philosophie promovierte Taxifahrer dienen).
Kurz und gut: Ich lese Texte gerne „gegen den Strich“ und versuche, hohle Phrasen bei der veröffentlichen Meinung zu entlarven.
Oder nehmen Sie den Artikel hier bei n4t zu Hurrelmann (und Lorz am Ende): Natürlich sollen die Risikoschüler auch lesen und schreiben lernen, aber versucht man nicht seit Jahrzehnten, sie mit der Bildungssprache (Lorz) zu beglücken? Und mit welchem Erfolg? Es werden überall Postulate erhoben zu Dingen, die längst als „verbindlich“ in den Bildungszielen stehen, aber eben nicht erreicht werden. Zugeben will das aber niemand, zu allerletzt die höheren Chargen in den Kultusministerien. Ich wundere mich schon, dass Herr Hurrelmann das so thematisiert.

Gerd Möller
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

@ Cavalieri: Leider konstruieren Sie immer wieder Zusammenhänge, die gar nicht formuliert geschweige den gemeint sind. Das erleichtert natürlich die eigene Argumentation, wenn man auf selbst gebastelte Pappkameraden schießen kann: Natürlich ist „das Gegenteil von “prekäre Lebensverhältnisse” (ist) doch nicht die politische Betätigung“. Aber das sagt doch niemand.
Bitte schreiben Sie doch mal klar (und damit sicherlich auch angreifbar), warum es im deutschen Schulsystem gerecht zugeht!! Bitte nicht immer an Fakten (empirische Evidenzen) vorbei lavieren! So entstehen in der Regel Verschwörungstheorien.

Gerd Möller
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Zusatz:
In einer repräsentativen Meinungsumfrage des IFO-Instituts zu wichtigen bildungspolitischen Themen vom September 2016 wurde die erwachsene Bevölkerung in Deutschland u.a. befragt, ob die Ungleichheit von Chancen für Kinder aus unterschiedlichen sozialen Verhältnissen im deutschen Bildungssystem ihrer Meinung nach ein ernsthaftes Problem ist. Dabei bestätigt sich die Relevanz des Themas: 57% sehen die Ungleichheit der Chancen als ein ernsthaftes oder sehr ernsthaftes Problem an, lediglich 3% sehen hierin gar kein Problem. Bei den Lehrkräften halten sogar 70% die Ungleichheit für ein ernsthaftes oder sehr ernsthaftes Problem. Eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung (77%) unterstützt den Vorschlag, dass der Staat deutlich mehr finanzielle Mittel für Schulen mit vielen Schülern aus benachteiligten Verhältnissen zur Verfügung stellen soll. Das sehe ich auch so und fordere deshalb eine sozialindizierte Ressourcensteuerung

timo
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Im deutschen Schulsystem geht es meiner Meinung nach möglichst gerecht zu! Wer allerdings Ungerechtigkeit sucht, wird sie hier ebenso finden wie in den meisten Breichen unseres gesellschaftlichen Lebens.
Es ist keine Kunst, Unterschiede zwischen den Menschen immer wieder als ungerecht darzustellen und sich selbst als edler und guter Mensch, der sich um Benachteiligung kümmert und sie anprangert.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Herr Möller: Ich behaupte nicht, dass es im deutschen Bildungssystem gerecht zugeht. Aber auch in der Wirtschaft geht es nicht gerecht zu, an der Börse geht es nicht gerecht zu, beim Profisport geht es nciht gerecht zu (Korruption, Doping), beim Gesundheitssystem geht es nicht gerecht zu, im Öffentlichen Dienst geht es nicht gerecht zu, bei der Deutschen Bahn geht es nicht gerecht zu, beim Justizvollzug geht es nicht gerecht zu, bei der Bundeswehr vermutlich auch nicht usw. Ich kann auch nicht erkennen, warum Gerechtigkeit das PRIMÄRE Ziel sein soll. Das wird in die Debatte nur so hineingemogelt. Primär ist das Ziel, dass möglichst viele Schüler möglichst viel lernen und hinreichend viele auch (aber nicht nur) auf das Hochschulsystem vorbereitet werden (Stichwort: Studierfähigkeit). Bei den PISA-Durchschnittswerten (ebenso bei den Spitzenwerten) liegen nur wenige kleinere Länder in Europa vor Deutschland, die wichtigen (GB, F, E, I, S) schon mal nicht. Die Hochschulsysteme der anderen sind nicht erkennbar besser als unseres. Da lasse ich mir nicht einreden, PISA würde erweisen, dass unser Bildungssystem schlecht ist, zumal PISA nur KORRELATIONEN und keine Ursachen aufzeigt. Das System hat Vor-und Nachteile, das der anderen Länder hat dann andere Vor- und Nachteile. NUR VORTEILE, das gibt es in dieser Welt nicht, allenfalls im Wolkenkuckucksheim und in Sonntagsreden.

Oben steht unter „Teilhabegerechtigkeit“, dass ein gerechtes System zur „(politischen) Partizipation am gesellschaftlichen Leben“ führt. Im Text danach wird ein ungerechtes System in direkte Nähe zum Begriff „prekäre Lebenssituationen“ gestellt. Das suggeriert das von mir genannte Gegensatzpaar. Zumindest ist das dann im Artikel ungeschickt ausgedrückt.
Was eigentlich bedeutet diese „(politische) Partizipation“ im Klartext? Dazu sagen Sie nichts. Da könnte jeder was andere darunter verstehen.

Zur Meinungsumfrage: Wenn fast 20 Jahre lang in allen Gazetten und auch von Politikern aus allen Rohren der Bevölkerung eingeimpft wird, wie ungerecht unser Schulsystem ist, dann ist es nicht verwunderlich, wenn am Ende 57 % dieser Meinung sind. Aber gibt es eine Umfrage dazu, ob Gerechtigkeit allen anderen Zielen vorzuziehen sein soll? Ich glaube nicht. Es gibt immer Ziele, die sich gegenseitig (partiell) ausschließen.

Gerd Möller
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Sie weichen ja schon wieder aus: Ungerechtigkeiten gibt es überall. Die Frage ist doch, ob man etwas tut gegen offensichtliche Ungerechtigkeiten, wo immer sie auftreten, also auch im Bildungsbereich.
Sie haben auch nicht beachtet, dass ich „politische“ in Klammern gesetzt habe bei „(politischen) Partizipation am gesellschaftlichen Leben“. Das bedeutet üblicherweise Partizipation und politische Partizipation.
Ich verstehe auch nicht, woraus Sie schließen , dass das Ziel Gerechtigkeit andere Ziele ausschließt. Hier machen Sie wieder aus heiterem Himmel künstliche Gegensätze auf. Warum?
Im Übrigen: Mir geht es vor allem um die Schüler, die von Hause aus wenig Unterstützung in ihrem Bildungsverlauf haben. Und die darf nicht benachteiligen, sondern sie muss man stärker unterstützen um die familiären Nachteile auszugleichen. Die Kinder können doch nichts für ihre „unfähigen“ Eltern. Hier ist das Bildungssystem gefragt, ganz im Sinne von Rawls.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Niemand hat etwas dagegen, mehr Mittel im Sinne Ihres Beitrags von 13:06 zur Verfügung zu stellen. Das Schulministerium NRW hätte das ja längst machen können, aber die meist regierende SPD belässt es bei Lippenbekenntnissen und Werbeplakaten, wie wichtig Bildung sei. Der Finanzminister sieht das dann doch anders.
Ich glaube, Sie weichen der Frage aus, was „Partizipation“ denn nun im Klartext bedeutet. Ich denke, das schließt zumindest das Funktionieren als Arbeitnehmer (und Konsument) mit ein, sicher auch mehr, aber gesagt wird das nie.
„Gerecht“ bedeutet also „Partizipation“, „ungerecht“ bedeutet „prekäre Lebensverhältnisse“. So muss man den obigen Artikel verstehen. Ich hatte übrigens „politische“ ebenfalls mehrfach in Klammern gesetzt, also habe ich das auch beachtet.

Die optimale Gerechtigkeit schließt kein anderes Ziel aus? Vielleicht erzählen Sie uns mal, in welchem realen Land der Erde Sie die Bildungs-Gerechtigkeit realisiert sehen, ohne die Kinder leistungsmäßig hart zu fordern (wie in Ostasien offenbar üblich). Gerechtigkeit mit schulischer Bequemlichkeit für die Kinder zu kombinieren, das wird m.E. nicht funktionieren. Die Kinder können natürlich nichts für ihre „unfähigen“ Eltern (das war übrigens schon 1949 so), aber dann muss man eben mal diesen Eltern auf die Füße (oder in den Hintern) treten (oder Art. 6 GG entsprechend ändern, denn der definiert keine konkreten Pflichten der Eltern, sondern nur Rechte). Ich höre immer nur was von fördern, aber selten von fordern.
„Aus heiterem Himmel“
Ich denke, es ist eine Lebenserfahrung, dass man nicht alles gleichzeitig haben kann. Gewisse Dinge schließen sich immer gegenseitig aus (z,B. ein nur fortgeschriebener Schuletat und die groß angekündigte Inklusion; das wurde hier oft diskutiert). Oder lesen Sie, was hier bei n4t über die Berufskollegs-Lehrerin berichtet wird, die nur gute Noten gibt, damit alle studieren können. Ist das die „Gerechtigkeit“?

Im übrigen weichen Sie der Frage aus, inwiefern das einheitliche Schulsystem in Frankreich (mit Vorschule) nun mehr Gerechtigkeit zur Folge hat als in Deutschland (oben 6.1. um 20:34). Die Diskussion geht doch meist um die Einführung eines obligatorischen „gerechten“ Gesamtschulsystems. Ich argwöhne: Man erzählt uns, wir müssten es so wie andere Länder machen, und wenn wir das dann wirklich gemacht haben, stellt man fest, dass sich gar nichts entscheidend bessert. Welcher Bildungspolitiker hat denn schon die Verantwortung für Reformen übernommen, die nicht erfolgreich waren?

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

„Die Frage ist doch, ob man etwas tut gegen offensichtliche Ungerechtigkeiten, wo immer sie auftreten, also auch im Bildungsbereich.“
Das wäre aber nicht eine Aufgabe für eine Diskussionsrunde wie hier bei n4t, sondern für die Kultusministerien. Welche Erfolgsgeschichten gibt es denn da aus NRW zu berichten? Man kann auch jahrzehntelang darüber reden und in Wahrheit nichts oder wenig tun.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Herr Möller: Dass Art. 6 GG ein Hindernis für wirksame Maßnahmen zum Ausgleich elterlichen Unvermögens bei der Bildung sein könnte, das kommt wohl den progressiven Bildungspolitikern nicht in den Sinn. Sie haben Art. 3 GG zitiert. Aber gilt der auch für Kinder bei Ansprüchen GEGEN die Eltern? Ich glaube kaum. Dann greift erstmal Art. 6: Der Staat darf nur bei grobem Versagen der Eltern gegen deren Willen eingreifen, der sog. „Vernachlässigung“, was sich aber offenbar nie auf Bildung bezieht, sondern auf Ernährung, Hygiene usw. Lieber schützt man das Recht der Eltern, ihre Kinder statt in Deutschkurse in Koranschulen zu schicken, nciht wahr? Da gilt dann plötzlich Art. 4 GG, und Religion geht über (unsere) Bildung. Aus demselben Grund kann man auch das Prügelverbot (gemäß UN-Konvention) in den Familien nicht durchsetzen, sondern nur in den Schulen und Kitas. Und dann vergießt man Krokodilstränen über Ungerechtigkeit und Benachteiligung, die doch in Wahrheit vom Elternhaus ausgeht und nicht von der Schule. Ich kann diese Heuchelei nicht mehr hören.

ysnp
5 Jahre zuvor

Zitat G. Möller:
„Im Übrigen: Mir geht es vor allem um die Schüler, die von Hause aus wenig Unterstützung in ihrem Bildungsverlauf haben. Und die darf nicht benachteiligen, sondern sie muss man stärker unterstützen um die familiären Nachteile auszugleichen. Die Kinder können doch nichts für ihre “unfähigen” Eltern. Hier ist das Bildungssystem gefragt, ganz im Sinne von Rawls.“
Nehmen wir einmal ein außereuropäisches Land, wo die politische Lage und die Infrastruktur nicht so entwickelt sind wie bei uns. Z.B. Ägypten, wo Armut herrscht und das viele Analphabeten hat. Diese Kinder der dortigen sogenannten bildungsfernen Schichten wären froh, wenn sie eine Schule besuchen könnten. Weil sie einen Schulbesuch als die Chance sehen, dass sie ein besseres Leben leben können.
Bei uns ist es aber anders: Viele Sekundarschüler sehen Schule nicht als Lebenschance. Eine Folge unserer Wohlstandsgesellschaft und ihres Sozialsystems, das Leute zwar auffängt, aber nicht wenigen die Einstellung vermittelt, dass man mit Harz4 besser leben kann als mit manchem Job, wo man malocht und nicht viel mehr verdient. Wenn man den Medien Glauben schenken will, dann bekommt man den Eindruck, dass manche schon Berufsharz4empfänger sind und das schon in jungen Jahren. Bequemlichkeit ist allgemein zu einem großen gesellschaftlichen Problem geworden.

Die ersten Sätze des Zitats kann ich unterschreiben. Nur bleibt die Frage, wie man die Kinder dazu bringen kann, dass sie sehen, dass mehr Bildung eine Chance bietet. Früher, in den 60igern, 70igern hat man das eher gesehen. Da hat man eben auch in bildungsfernen Familien die Notwendigkeit einer guten Schulbildung gesehen und diese unterstützt. Das sehe ich auch an meiner eigenen Familiengeschichte. Warum heute nicht?
Das Schulsystem kann eine mangelnde Motivation überhaupt nicht auffangen.
Wie kann man der fehlenden Einsicht und Motivation überhaupt begegnen?

Was man aber wirklich tun kann, ist das, was Palim ständig anmahnt: Ganz ganz viele Unterstützungsmaßnahmen ins Leben rufen. Je früher, desto besser! Nämlich da, wo die Gehirnentwicklung noch am flexibelsten ist und das ist ab dem Kleinkindalter.

Aber: Man darf nicht vergessen, dass es für die seelische Gesundheit für ein Kind sehr wichtig ist, die Geborgenheit der Familie zu erfahren. Deshalb muss man auch in diesem Bereich Aufklärung betreiben. Mütter oder Vätern , die einige Jahre bei ihren Kindern zuhause bleiben wollen, dürfen keine beruflichen und finanziellen Nachteile erfahren. Die Geborgenheit der Familie kann eine Kita, wo sich 2 Personen um 20 Kinder kümmern, nie ersetzen! Wir wollen doch auch psychisch gesunde Menschen in unserer Gesellschaft.

Inzwischen mangelt es immer mehr jungen Eltern an Erziehungskompetenz. Da gibt es ebenso großen Handlungsbedarf, wo die Gesellschaft bzw. die Politik in der Verantwortung steht.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  ysnp

Letztlich scheut man sich zuzugeben, dass nicht die Schule als solche die große Ungerechtigkeit beim Bildungserfolg auslöst, sondern primär die Familien. Die 6 Jahre bis zur Einschulung sind besonders prägend, und ausgleichend wirken kann der Staat nur dadurch, dass er den Einfluiss der Famiien (bzw. der Erziehungsberechtigten) zumindest dann einschränkt, wenn er konkreten Anlass dafür sieht. Die Crux dürfte sein, dass eine solche Entscheidung schon sehr früh (vor dem 3. Lebensjahr) erfolgen müsste. Dafür fehlt es aber am politischen Willen auch bei denen, die immer so viel zur Bildungsungerechtigkeit in die Welt posaunen. Daher auch das Paradoxon, dass dieselben politischen Kräfte, die das dreigliedrige Schulsystem abschaffen wollen, den Übergang mit dem reinen Elternwillen durchgesetzt haben, der dann erst recht ungerecht ist. Die Kinder gehören den Eltern, daran soll nicht gerüttelt werden. Und dennoch soll der Staat alles ausgleichen, was die Eltern verbocken. Das muss einfach scheitern.

Popcorn
5 Jahre zuvor

„Inzwischen mangelt es immer mehr jungen Eltern an Erziehungskompetenz. Da gibt es ebenso großen Handlungsbedarf, wo die Gesellschaft bzw. die Politik in der Verantwortung steht.“
Politik und Gesellschaft sollen zur Erziehungskompetenz verhelfen? Bei dieser Forderung bekomme ich Sorgenfalten, weil ich an die verschiedenen Erziehungsideologien denke. Einige sind so aberwitzig, dass es wehtut mir vorzustellen, Kinder würden durch fragwürdige Politik und lobbyistische Interessen nach ihnen erzogen.
Mir bereiten die pädagogischen Experimente mit Kindern in der Schulpolitik schon genug zu schaffen. Bitte nicht auch noch Eltern mit (partei)politischen und modischen Vorstellungen bearbeiten.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Popcorn

„Mangel an Erziehungskompetenz“
Ich erinnere nochmal an Art. 6 GG, der offenbar bei allen Eltern Erziehungskompetenz annimmt, ausgenommen jene, die ihre Kinder krass vernachlässigen. Dann, aber erst dann, darf der Staat eingreifen. Es ist von drohender Verwahrlosung die Rede. Und ein Eingriff in die Erziehungsrechte darf lt. Art. 6 GG nur aufgrund eines Gesetzes erfolgen. Dass lt. Absatz (2) „die Gemeinschaft darüber wacht“, ist eine sehr schwache Formulierung. Was kann das konkret bedeuten?

geli
5 Jahre zuvor
Antwortet  Popcorn

Richtig! Nicht auch noch die Eltern auf eine staatlich verordnete Lern- und Erziehungsschiene der „Kompetenz“ setzen! Es ist schlimm genug, dass Eltern seit Jahren und Jahrzehnten durch oft falsche Erziehungsratgebung verunsichert und durch den Ausbau ihrer Rechte in den Schulen misstrauisch und aggressiv gemacht werden.
Ich behaupte, dass gerade die Politik eine dicke Mitschuld daran trägt, dass Eltern immer mehr verlernt haben, ihre Kinder zu erziehen. Und jetzt soll die Politik vom Bock zum Gärtner gemacht werden und Eltern zur Erziehungskompetenz verhelfen?

ysnp
5 Jahre zuvor
Antwortet  geli

Immer mehr Eltern stehen Problemen hilflos gegenüber bzw. sehen die Schwerpunkte nicht. Von alleine wird das nicht besser.

Machen Sie einen Vorschlag:
Wer soll den jungen Eltern Erziehungskompetenz vermitteln?

Unter Staat und Gesellschaft kann man auch Einrichtungen von der Gemeinde und privaten Hilfsorganisationen z.B. sehen. „Gesellschaft“ sind wir alle. Die Politik muss schon tätig werden, nämlich die finanziellen Mittel dazu bereitstellen.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Popcorn

„Politik und Gesellschaft sollen zur Erziehungskompetenz verhelfen? Bei dieser Forderung bekomme ich Sorgenfalten, weil ich an die verschiedenen Erziehungsideologien denke.“
In der Tat setzt die Forderung nach Aktivitäten von „Staat und Gesellschaft“ in Sachen Erziehung voraus, dass es einen gewissen Konsens über die Erziehungsziele, -wege und -grenzen gibt, denn andernfalls gibt es keine Legitimität bei der Umsetzung. Diesen Konsens gibt’s aber gerade nicht. Verschiedene gesellschaftlich relevante Gruppen werden sogar ausgesprochen konträre Vorstellungen dazu haben: Von der Linkspartei über die Grünen, den DGB, die Arbeitgeberverbände, die CSU und die Bischofskonferenz bis hin zu Ditib und anderen erzkonservativen Gruppierungen. Wer ist am meisten legitimiert? Soll abgestimmt werden wie bei Wahlen? Da freue ich mich schon auf den „pädagogischen Wahlkampf“. Und auch die einschlägigen Wissenschaftler sind sich nicht einig. Alle Gewissheit scheint in Auflösung begriffen zu sein, zu jeder These gibt’s die Antithese. Nur totalitäre Gesellschaften behaupten den richtigen Weg für die Jugend zu kennen und umzusetzen.

ysnp
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Ich versuche die Ängste zu verstehen….

Aber:
Wer übernimmt dann die Aufklärung der Eltern? Niemand? Lassen wir es so weiterlaufen, bis allensnoch schlimmer wird? Die mangelnde Erziehungskompetenz können wir in den Schulen nicht mehr auffangen.
Wie sieht eine praktikable Lösung aus?

Nebenbei: Hebammen betreuen in den ersten Wochen die Mütter und klären sie über alles Mögliche auf. Da ist auch nichts ideologisch. Erziehungsberatungsstellen von unterschiedlichen Organisationen (Beratungsannahme auf freiwilliger Basis) gibt es schon längst, Jugendämter auch. Warum kann man nicht in der Richtung etwas anleiern? Die Hände in den Schoß legen bringt auch nichts.

Palim
5 Jahre zuvor
Antwortet  ysnp

Familienhilfen gibt es auch schon.
Sie gehen in besagte Familien und nehmen sie quasi an die Hand, sorgen zunächst für das Notwendigste, kontrollieren den Schulbesuch der Kinder und befähigen die Erziehungsberechtigten mit kleinen Aufträgen dazu, sich selbst um etwas zu kümmern: Anträge stellen, Hilfe suchen, Erstvorstellungen bei Ärzten wahrnehmen.
Sie helfen auch, Wohnsituationen zu verbessern, was nicht immer leicht ist, begleiten zu Gesprächen oder zeigen Wege auf, die noch gegangen werden sollten.

Unbegreiflich ist mir allerdings, warum diese Familienhilfen aus Familien abgezogen werden, sodass man nach einigen Jahren mit den nächsten Kindern dasselbe Trauerspiel beobachten darf. Oder hat die Mutter die Hilfe irgendwann ausgeschlagen?

Auch gibt es Elternkurse, diese werden aber eher von den überfürsorglichen Eltern besucht.
In SH sollen die Kurse eine Zeit lang weit verbreitet gewesen sein, bei uns sind 2 Versuche ins Leere gelaufen, wie auch informierende Elternabende u.a.
…wäre mal wieder an der Zeit.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  ysnp

„Wer übernimmt dann die Aufklärung der Eltern?“
Aufklärung in welcher Richtung? Das ist das gerade das Problem, dass die einen immer gerne die anderen „aufklären“ würden und umgekehrt. Konservativ-religiöse und freiizügig denkende Leute werden sich nie einigen, Konservative und illusionäre Sozialisten auch nicht, Jeder glaubt, die Wahrheit gepachtet zu haben. Aber es scheint gar keine Wahrheit mehr zu geben, nur noch subjektive Überzeugungen. Das betrifft die Erziehung und Elternkurse natürlich auch, außer bei mehr vordergründigen Dingen wie Hygiene, Gesundheit, Ernährung, Anträge bei Ämtern etc., bei denen man ohne größere Konflikte pragmatisch vorgehen kann (Hebammen leisten gute Arbeit, aber bis wie lange nach der Geburt?). Aber schon bei der Frage „was dürfen Kinder, und was dürfen sie nicht?“ ist es aus mit der Einigkeit. Die gesamte Gesellschaft hat kein festes Bezugssystem mehr, die Kinder folglich auch nicht. Und durch mehr Zuwanderung driftet das immer mehr auseinander. Die Zahl der divergierenden kulturellen Überzeugungen, was richtig und was falsch ist, nimmt ungebremst zu. Was für die einen richtig und geradezu selbstverständlich ist, ist für andere falsch, verboten oder des Teufels. Nehmen sie nur den Jungfräulichkeitswahn.

Bernd
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Ihre ständigen Versuche, einen Keil zwischen eingewanderte und einheimische Menschen in Deutschland zu treiben, sind Teil des Problems – nicht die Lösung. Leute wie Sie, die ihre pathologische Fremdenfeindlichkeit zu politisieren versuchen, spalten diese Gesellschaft und beschädigen die Grundlagen unserer freien Gesellschaft, die Deutschland so frei und wirtschaftlich erfolgreich gemacht hat wie nie zuvor in der Geschichte. Es ist ein Witz, wenn ausgerechnet Sie, der nie mit konstruktiven, an Lösungen orientierten Vorschlägen kommt, diese Spaltung dann beklagen. Seien wir doch mal ehrlich: Radikale wie Sie und die aus den anderen Lagern spielen sich gegenseitig die Bälle zu, weil sie von der Destruktion profitieren. Da nehmen Sie mit Ihrem Fremdenhass und die mit dem „Jungfräulichkeitswahn“ sich nicht viel.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Nein Bernd, eher die Umkehrung ist richtig. Cavalieti möchte den vorhandenen Keil lösen, indem sich die Migranten so weit an die Einheimischen anpassen, dass ein den hiesigen Gepflogenheiten und Wertvorstellungen übliches Zusammenleben möglich ist. Sie, Bernd, hingegen hauen den Keil immer tiefer rein, so dass er sich ohne Gewalt nicht mehr herausziehen lässt.

Westlich geprägte europäische Frauen müssen in Saudi Arabien ein Kopftuch tragen, muslimische Frauen in Westeuropa dürfen es. Wo ist die Freiheit größer? Eben.

Bernd
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Was sind denn die „hiesigen“ Gepflogenheiten und Wertvorstellungen, denen sich Migranten Ihrer Meinung nach anzupassen haben? Schon Ihre und meine gehen meilenweit auseinander. Migranten haben sich wie jeder Bürger den Gesetzen in Deutschland anzupassen – fertig.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Ich hatte nur den Begriff „Aufklärung der Eltern“ übernommen, den ysnp oben in die Debatte gebracht hat. Wer soll nun bitte wen über was aufklären, und wer wird Aufklärung durch die anderen akzeptieren? Was soll wohl der „richtige“ Erziehungsstil sein? Dass es da bei den diversen Ethnien und Gruppierungen keine Einigkeit gibt, ist doch offensichtlich. Entsprechendes gilt für die Erziehungskompetenz, die man so oder so auslegen kann (von Wertvorstellungen hatte ich gar nicht gesprochen). Das ist der Preis, den wir in der offenen und pluralistischen Migrationsgesellschaft halt zahlen müssen. Der Keil in der Debatte zu diesem Thema liegt ist doch eher zwischen den bildungsorientierten und den bildungsfernen Leuten bzw. deren Kindern. In Bezug auf die wird doch hier von einer Bildungsungerechtigkeit gesprochen. Migranten gehören sowohl zu den einen wie den anderen. Dass sich alle Leute den Gesetzen anpassen sollen, verhindert ja eben nicht die Existenz jener 20 % Risikoschüler, von denen oft die Rede ist.

Luk
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

@Bernd
Was sagen denn die deutschen Gesetze und stehen die Scharia-Gesetze damit im Einklang, deren verbreitete Existenz Sie nicht abstreiten können, allerdings regelmäßig mit keinem Wort erwähnen?
Cavalieri dauernd als Radikalen zu verunglimpfen, nur weil er Ihrer Meinungsmache nicht folgt, sondern mutig die Stirn bietet, ist billige und infame Verbalprügelei.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Nach den deutschen Gesetzen dürfen Mädchen auch ohne Kopftuch zur Schule gehen. Wenn sie es aber tun, werden sie „als Schlampen beschimpft und ausgegrenzt“, jedenfalls in einem bestimmten Bezirk:
https://www.tagesspiegel.de/berlin/schulen-in-berlin-kaum-deutsche-muttersprachler-an-berlins-brennpunktschulen/23670908.html
Und das soll die Erziehungskompetenz der zugehörigen Eltern nicht tangieren? Glaube ich nicht. Und wie mag da die von ysnp geforderte Aufklärung aussehen?

geli
5 Jahre zuvor

@ysnp
Ich verstehe Ihre Frage nur zu gut. Meiner Meinung nach „vererbt“ sich Erziehungskompetenz. Das soll heißen: Gut erzogene Kinder wissen aus Erfahrung, wie’s geht, und geben sowohl ihr Wissen als auch das, was „emotionale Intelligenz“ genannt wird, an ihre Kinder weiter. Kostenlos!
Der Staat ist nicht annähernd imstande, durch eine verkopfte Belehrung, die auch noch ideologieanfällig ist, das zu ersetzen, was durch seine Politik an Familienleben zerstört wurde.
Mütter sollten nicht mehr selbst die Kinder (auch nicht in den ersten Lebensjahren) selbst erziehen, sondern weg vom Herd (Schmähwort „Herdprämie“ oder „Bildungsfernhalteprämie“) für Eltern, die wenigstens in den ersten 2-3 Jahren selbst erziehen wollten.
Die Politik war es, die eine möglichst ununterbrochene berufliche Karriere beider Elternteile unter der Behauptung „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ propagierte, was zu Lasten der elterlichen Erziehungsarbeit und -erfahrung ging. Es wurde sogar so getan, als hielte die elterliche Erziehung die Kinder von besserer Erziehung und Bildung ab, weil staatlich ausgebildete Fachkräfte die elterliche „Laienarbeit“ angeblich mehr als besser vom 1. Lebensjahr an ersetzten.
Allmählich kommen Irrtum und Wahrheit ans Licht. Doch wieder sind es die Eltern, denen mangelnde Erziehungsarbeit vorgeworfen wird. War es nicht der Staat, der mit Krippen und Ganztagseinichtungen jeglicher Art die bessere, weil professionellere Erziehungsarbeit versprach?
Jetzt werden Eltern gerügt, weil sie mehr und mehr aus Mangel an Praxis und Einreden anderen Familienlebens nicht mehr erziehen können. Elterliche Erziehung wurde ihnen jahrelang als etwas „von gestern“ dargestellt, von dem sie sich trennen müssten.
Sie, ysnp, meinen: „Die Politik muss schon tätig werden, nämlich die finanziellen Mittel dazu (für Erziehungskomptenz) bereitstellen.“ Richtig!
Ich meine im Gegensatz zu Ihnen aber: Sie muss mehr Familienleben und nicht Berufsleben finanziell unterstützen. Eltern verlernen Erziehungsarbeit, wenn sich alles um das berufliche Fortkommen dreht und sie Kinder nach deren Ganztag in staatlichen Einrichtungen nur noch abends nach einem eigenen anstrengenden Arbeitstag erleben.
Ich bin ziemlich sicher, dass es der falsche Weg ist, Eltern von selbst- oder staatlich ernannten „Experten“ Erziehungskompetenz (in der Hoffnung auf die richtige) durch Belehrung beibringen zu wollen. Der Staat hat sich bisher trotz gegenteiliger Behauptung als weitgehend unfähig und überfordert erwiesen in seiner Behauptung, alles beser zu können als die Eltern. Darum traue ich ihm auch keine Vermittlung von „Erziehungskomptenz“ der Eltern zu.
Und warum dafür noch „finanzielle Mittel bereitstellen“ statt das Familienleben, den wahren Kompetenzvermittler zu unterstützen?