Türkisch statt Englisch an Grundschulen? Gebauer: Nein, danke

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NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hält nichts von einer Forderung des NRW-Integrationsrats, den Englisch-Unterricht an den Grundschulen durch Türkisch zu ersetzen. «Es bleibt dabei, dass an Grundschulen und allen weiterführenden Schulen verpflichtend Englisch unterrichtet wird», unterstrich sie am Freitag in Düsseldorf.

Der Weihnachtsstreit am Istanbul Lisesi schlägt in Deutschland hohe Wellen. Foto: Jeremy Vandel / Flickr (CC BY 2.0)
Keine Frage: Viele Grundschüler in NRW sprechen Türkisch. Foto: Jeremy Vandel / Flickr (CC BY 2.0)

Der Landesvorsitzende des Integrationsrats hielt dagegen: «Welchen Sinn ergibt es, siebenjährigen Kindern Englisch beibringen zu wollen, wenn sie diese Sprache nur aus dem Fernsehen kennen?» Dies sei absurd, weil über 43 Prozent der unter 15-Jährigen in NRW einen Migrationshintergrund hätten, argumentierte er in einer Mitteilung. Dem «Kölner Stadt-Anzeiger» hatte Keltek zuvor gesagt: «Sie sprechen zum Beispiel Türkisch, Russisch, Polnisch. Für die deutschen Kinder wäre es einfacher, sie würden diese Sprachen erlernen.»

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Ein Schuss «über das Ziel hinaus», meinte Gebauer. Es gebe bereits ein breites Unterrichtsangebot in verschiedenen Herkunftssprachen wie Türkisch oder Polnisch. Der klassische Fremdsprachenunterricht werde aber nicht verändert. «Englisch ist und bleibt die zentrale Fremdsprache, die eine weltweite Kommunikation ermöglicht.» Gebauer lässt die Grundschullehrpläne derzeit überarbeiten. Laut Koalitionsvertrag sollen Lesen, Schreiben und Rechnen gestärkt werden. Eine Entscheidung über die konkrete Ausgestaltung ist nach Angaben des Ministeriums noch nicht gefallen. dpa

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Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor

Ich halte diese Forderung des NRW-Integrationsrates für kontraproduktiv. Für den landesweiten „Verkehr“ braucht man Deutsch. Für den internationalen „Verkehr“ braucht man Englisch. (Warum das Fahrrad ein zweites Mal erfinden?)

Daneben bzw. danach soll jeder die (Fremd-)Sprache lernen, die er lernen möchte und für die es ein Angebot gibt. Am besten aber erst nach der Grundschulzeit.

Pälzer
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Der Englischunterricht in der Grundschule hat praktisch keinen positiven Effekt; fehlt er, so ist das in Klasse 5 in 4 Wochen aufgeholt. Wenn Eva und Jannik dagegen mit Aische und Mesut türkisch oder mit Valentina und Boris russisch reden könnten, wenigstens ein paar Worte, dann wäre viel mehr Übung möglich, es wäre lebenspraktisch und würde uns alle auf die unvermeidliche vielsprachige Zukunft Deutschlands vorbereiten.

FElixa
5 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

Das ist, neben der Aussage vom NRW-Integrationsrat, das Dümmste, was ich seit langem gehört habe. Ich hätte auch nicht gedacht, dass es überhaupt Personen gibt, die diese Aussage auch noch sinnvoll finden.

Wo setzt man da denn Grenzen? In einem multikulturellen Freundes- oder Klassenkreis hat man neben Türkisch, Polnisch und Russisch, genauso noch zig andere SuS mit einer anderen Erstsprache. Gerade diese SuS überfordert man dann noch mehr. Dann muss man z.B. neben Italienisch und Deutsch, auch noch Türkisch und Polnisch lernen. Am besten lernen wir dann direkt auch noch Arabisch und Mandarin, wenn wir schon dabei sind…

Wir sollten uns viel mehr die skandinavischen Länder oder die Niederlande als Vorbild nehmen. Da sprechen 10-Jährige besseres Englisch als ein Großteil der deutschen Erwachsenen. Englisch ist nun mal die Sprache Nummer 1 in der globalisierten Welt. Wer lieber Türkisch statt Englisch lernen möchte, wird beruflich Schwierigkeiten bekommen.

„würde uns alle auf die unvermeidliche vielsprachige Zukunft Deutschlands vorbereiten“

Dann hätte der Staat versagt. Wer in Deutschland kein Deutsch spricht ist nicht integriert. Ganz einfach. Wenn ich in die Türkei auswandere und kein türkisch spreche, bin ich nicht integriert. Da nimmt, berechtigterweise, niemand Rücksicht. Wenn in einem Staat niemand mehr die Amtssprache spricht, sondern jeder seine eigene Sprache, kann der Staat nicht mehr funktionieren.

Pälzer
5 Jahre zuvor
Antwortet  FElixa

Ich werden Ihren ersten Satz mal nicht als Beleidigung werten, sondern als Ausdruck der Geschlossenheit Ihres Umfeldes.
Die türkischen und russischen Kinder sprechen ja Deutsch, zumindest in gewissem Maß. Ich finde nicht, dass der Staat zu tadeln ist, wenn sich dennoch Parallelgesellschaften bilden.
Wahr ist, dass man nicht für jede Migrantengruppe deren Sprache unterrichten kann, das wird nur für die größten Gruppen gehen. In unserer Gegend sind das Russisch und Türkisch; in Berlin mag auch Arabisch wichtig sein. Haben Sie bemerkt, dass wir über Grundschule reden? Auch für Englisch wird ja nicht angestrebt, dass die Kinder Vokabeln und Grammatik pauken, schreiben lernen usw., sondern sie sollen die fremde Sprache ein wenig kennenlernen. Warum soll das nicht mit der Sprache ihrer Schulfreunde gehen? In Mathe gibt es bei mir immer eine Phase, wo wir in verschiedenen Sprachen zählen: albanisch, arabisch, Thai, spanisch hatten wir schon. Das macht Spaß.

FElixa
5 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

„Ausdruck der Geschlossenheit Ihres Umfeldes“ Was wollen Sie mir damit sagen? Welches Umfeld? Kennen wir uns?

„Ich finde nicht, dass der Staat zu tadeln ist, wenn sich dennoch Parallelgesellschaften bilden“

Natürlich. Parallelgesellschaften waren noch nie etwas positives.

„Haben Sie bemerkt, dass wir über Grundschule reden? Auch für Englisch wird ja nicht angestrebt, dass die Kinder Vokabeln und Grammatik pauken, schreiben lernen usw., sondern sie sollen die fremde Sprache ein wenig kennenlernen. Warum soll das nicht mit der Sprache ihrer Schulfreunde gehen?“

Ja habe ich. Lesekompetenz ist eine meiner Stärken 😉 Natürlich, aber es geht eben um den Mehrwert. Sollen wir dann ab der weiterführenden Schule dann diese Sprachen nicht mehr weiterlernen und durch Englisch ersetzen oder auf Englisch verzichten? Also gibt es eine Gruppe von Menschen, die darüber entscheidet wer wo welche Zweitsprache lernt? Entstehen dadurch nicht Parallelgesellschaften an Schulen? Eltern entscheiden doch dann genau auf welche Schule man sein Kind schickt. Dann haben wir nur noch Schulen wo türkische Kinder sind, welche wo nur noch russische Kinder sind und Schulen wo deutsche Kinder sind.

„In Mathe gibt es bei mir immer eine Phase, wo wir in verschiedenen Sprachen zählen: albanisch, arabisch, Thai, spanisch hatten wir schon. “

Dagegen spricht auch nichts. Nur Spaß != verpflichtender Fremdsprachenunterricht in einer global-irrelevanten Sprache

Pälzer
5 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

Global ist Chinesisch sehr viel relevanter als Französisch. Dennoch finde ich es wichtiger, mit den Nachbarn (100 km von hier) sprechen zu können. Die türkischen Kinder wohnen im Nachbarhaus.
Niemand soll auf Englisch verzichten, sondern es ab 5. Klasse lernen! Aber aus der Erkenntnis, dass der Englisch-Unterricht in der Grundschule keinen nachhaltigen Vorteil bietet – da glaube ich meinen Englisch-Kollegen – schließe ich, dass es in der Grundschule im Wesentlichen um das exemplarische Kennenlernen irgend einer fremden Sprache geht. Da ist am besten eine, wo Muttersprachler um die Ecke wohnen.

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

@ Felixa, ich schätzte in letzter Zeit viele Ihrer Beiträge. Den ersten Satz, den Pälzer so genial-galant zurückweist, hätten Sie sich wirklich sparen sollen.

Machen Sie ohne Beleidigungen weiter! Es geht!

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

Ich teile Pälzers Meinung an dieser Stelle auch nicht. Wenn alle sehr gut Deutsch sprechen, können sich alle in Deutschland verständigen. Wenn alle sehr Englisch sprechen – bekanntlich der größte Dialekt des Niederdeutschen 🙂 -, können sich alle auf der Welt miteinander verständigen.

Weitere Sprachen sollten fakultativ sein – je nach dem Angebot, das eine Schule leisten kann. Das können dann auch Türkisch, Russisch, Polnisch sein oder oder oder ….. und ich fände es eine nette Geste, die Muttersprache vieler anderer Nachbarn freiwillig zu lernen.

FElixa
5 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

@Pälzer

Wenn es nach der reinen Zahl an Menschen geht, die eine Sprache sprechen, müsste auch Spanisch bedeutsamer sein als Englisch. Spanisch hat jedoch sogar eine geringere Relevanz in der Schule als Französisch, was sich erst in den letzten Jahren gebessert hat. Nur auch hier gilt: International wird in Englisch kommuniziert. Genauso gilt dies auch für Chinesisch. Wenn ein chinesisches Unternehmen mit einem deutschen Unternehmen zusammenarbeitet, wird in Englisch kommuniziert. Das muss man nicht gut finden, ist nun mal aber so.

Erklären Sie mir mal was es genau bringt 4 Jahre z.B. türkisch zu lernen und dann ab der 5. Klasse auf Englisch zu wechseln? Zudem ist das von mir bereits ein angesprochener Punkt, dass wir eben als Gesellschaft dafür sorgen müssen das Englischniveau massiv anzuheben. Da hängen uns andere Länder ab. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter als sie: der Englischunterricht insgesamt ist nicht effektiv. Auf dem Abiturzeugnis bekommen Sie B2 oder C1-Niveau zertifiziert, aber können dies im Alltag oder Beruf nicht bestätigen.

Ich habe gar kein Problem damit, dass man, sofern möglich, Türkisch, Polnisch, o.ä. anbietet, aber eben nicht verpflichtend.

Stefan
5 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

Ich finde Pälzers Aussage überhaupt nicht dumm, sondern einleuchtend.
Sie steht auch nicht gegen die Tatsache, dass unsere Amtssprache natürlich Deutsch ist und Voraussetzung für jede Integration.

FElixa
5 Jahre zuvor
Antwortet  Stefan

Dann erklären Sie mir doch bitte, wie Sie die von mir angesprochenen Grundprobleme lösen:

1. Welche Sprachen soll man lernen und welche nicht? Welche Kriterien gelten bei der Auswahl?
2. Wie soll man möglichst schnell ein Grundniveau erreichen, damit man sich in dieser Sprache verständigen kann?
3. Wie vermeidet man eine Überforderung bei SuS, die bereits mehrsprachig aufgewachsen sind, und nun, neben Deutsch, noch andere schwer zu lernende Sprachen sprechen müssen?
4. Wie erreicht man, parallel dazu, in der Geschäfts- und Wissenschaftssprache Nummer 1 „Englisch“ ein ausreichendes Niveau?

Man kann ja gerne einen Vorschlag unterstützen. Nur muss man diesen auch begründen können.

„Sie steht auch nicht gegen die Tatsache, dass unsere Amtssprache natürlich Deutsch ist und Voraussetzung für jede Integration“

Aussage war: „würde uns alle auf die unvermeidliche vielsprachige Zukunft Deutschlands vorbereiten“

Ich muss mich nicht auf eine Vielsprachigkeit vorbereiten, wenn mir die Amtssprache reicht. Die Intention war: in Zukunft müssen Menschen nicht nur Deutsch können, sondern auch Türkisch, Russisch, o.ä.

Es gab auch schon vor 50 Jahren genug Möglichkeiten, um die eigene Muttersprache, zu lernen bzw. zu verbessern. Das steht weiterhin jedem frei, jedoch sollte man andere Menschen nicht dazu zwingen.

Stefan
5 Jahre zuvor
Antwortet  FElixa

Es geht ALLEIN um die GRUNDSCHULE! Unter diesem Aspekt hat Pälzer seine Ansicht lebensnah und überzeugend begründet.

Pälzer
5 Jahre zuvor
Antwortet  FElixa

In Rumänien gab es über Jahrhunderte nebeneinander eine rumänische, deutsche, ungarische und Roma-Gesellschaft. In den besseren Zeiten, so hörte ich sagen, ging das halbwegs friedlich nebeneinander her. Aber es war nützlich und ein Zeichen guter Nachbarschaft, wenn man auch etwas von der Sprache der anderen wusste. In Teilen Deutschlands sind in den Grundschulen weniger als die Hälfte der Grundschulkinder deutsch(mutter-)sprachig, auch die Geburtenraten sind unterschiedlich. Wenn Sie es als Versagen des Staates ansehen mögen, dass diese Bevölkerungsgruppen ihre eigene Sprache nicht aufgeben, kann man das diskutieren, aber man muss doch die Wirklichkeit sehen!

FElixa
5 Jahre zuvor
Antwortet  FElixa

@Stefan inwiefern entkräftet dies die obigen Probleme? Welche Sprachen sollen denn gelernt werden? Wie schafft man es denn, dass die SuS möglichst schnell z.B. türkisch lernen, um in dieser Sprache auch wirklich kommunizieren zu können? Bitte mal erläutern anstatt in Großbuchstaben zu schreiben. Das sind keine Belege für eine Aussage. Das sollten Sie doch als Lehrkraft besser können.

@Pälzer

„Wenn Sie es als Versagen des Staates ansehen mögen, dass diese Bevölkerungsgruppen ihre eigene Sprache nicht aufgeben, kann man das diskutieren, aber man muss doch die Wirklichkeit sehen!“

Zunächst spreche ich nicht vom Aufgeben der eigenen Sprache. Lesen Sie richtig!

Ich sehe das gerade als Person mit Migrationshintergrund, welche selbst nicht mit Deutsch aufgewachsen ist. Insofern sollte man auch schauen, was die Forschung sagt: Eine Zweitsprache lernt man besser, umso besser die Erstsprache beherrscht wird. Insofern macht Sprachunterricht in der eigenen Muttersprache, z.B. türkisch, Sinn. Aber andersrum muss man überlegen, welchen Mehrwert das Erlernen einer Sprache, wie z.B. türkisch, für Deutsche oder Kinder mit einer anderen Muttersprache hat. Denn: Je früher man eine Sprache lernt, desto besser erlernt man diese. Also sollte man die Fremdsprache lernen, die im zukünftigen Leben die größte Relevanz hat. Das ist nun mal Englisch.

Darüber hinaus müssten Sie mir dennoch noch meine obigen Fragen beantworten. Vielleicht mal damit angefangen, welche Sprachen erlernt werden sollen und ab welchem Alter. Es bringt sicherlich nichts in der Grundschule türkisch zu lernen. Bis man dann in dieser Sprache kommunizieren kann, ist die Grundschule für die SuS längst vorbei.

Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor
Antwortet  FElixa

@ Pälzer, aber das Beispiel Rumänien hinkt. Die deutsche, ungarische u.a. Minderheit sprach (und spricht) neben der eigenen Sprache auch Rumänisch. Die Rumänen aber in der Regel nur Rumänisch. D.h. in Rumänien ist für eine problemlose Verständigung im eigenen Land Rumänisch nötig. Deutsch und Ungarisch nicht, aber es ist absolut ok, wenn die Angehörigen dieser Minderheiten diese ihre Sprachen auch noch lernen.

(Noch früher war es aber u.U. so, dass die Minderheiten die „Staatssprache“ nicht so gut beherrschten. Das behinderte das Miteinander. Es war daher oft eine Nebeneinander verschiedender Parallelgesellschaften. So konnten sie sich jahrehundertelang halten.)

xxx
5 Jahre zuvor

Wenn deutschsprachige Kinder türkisch lernen sollen, dann sollen die türkischsprachigen Kinder währenddessen deutsch lernen. Alles andere riecht wieder nach die Einheimischen geben, die Migranten kriegen und beides ohne Gegenleistung.

Pälzer
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Wer etwas lernt, kriegt etwas. Oder nicht?

Pälzer
5 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

Nun, derzeit ist es ja nicht Wille der Politik, sondern Vorschlag eines „Integrationsrates“. Ich glaube aber, dass es den Kindern vorteilhaft wäre.

Milch der frommen Denkungsart
5 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

Glaube ist zumeist ein Veto gegen die Realität.