„Dauerhafte Sommerzeit wäre schädlich für Schüler“: Meidinger sagt massive Lernprobleme und zusätzliche Unfallgefahren voraus

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BERLIN. „Unverantwortlich“ – sagt Heinz-Peter Meidinger. Mit Blick auf die gestern erfolgte Abstimmung des Verkehrsausschusses im EU-Parlament und die dort geforderten Abschaffung der Zeitumstellung ab 2021 hat der Präsident des Deutschen Lehrerverbands die Bundesregierung erneut dringend dazu aufgefordert, eine dauerhafte Umstellung auf Sommerzeit in Deutschland zu verhindern. Die Schlafforschung gibt ihm recht.

Früher ins Bett? Klappt bei Jugendlichen nicht – sagen Schlafforscher. Foto: Shutterstock

Meidinger betonte: „Eine dauerhafte Umstellung auf Sommerzeit hätte gravierende negative gesundheitliche Auswirkungen insbesondere auf Kinder und Jugendliche. Die Wahrscheinlichkeit für Schlaf- und Lernprobleme, Depressionen und Diabetes wird nachweislich massiv erhöht. Gleichzeitig würde eine solche Umstellung dazu führen, dass über 10 Millionen Schülerinnen und Schüler in Deutschland zwei Monate länger bei absoluter Dunkelheit ihren morgendlichen Schulweg antreten müssten, was nicht zuletzt auch die Unfallhäufigkeit in die Höhe treiben würde. Das wäre unverantwortlich!“

Meidinger äußerte erneut sein Unverständnis darüber, dass ausgerechnet der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sich für die dauerhafte Sommerzeit ausgesprochen habe, die im Hinblick auf Sicherheit und Gesundheit von Jugendlichen so schädliche Auswirkungen habe.

Wenn schon – dann auf Winterzeit

Er forderte erneut die Politik auf, im Falle einer dauerhaften Zeitumstellung unbedingt auf die Winterzeit, also die Normalzeit umzustellen. Zu der demoskopisch eruierten leichten Mehrheit in der Bevölkerung für eine dauerhafte Sommerzeit merkte der Verbandschef abschließend an: „Ich glaube, dass da die positive psychologische Besetzung des Begriffs Sommer eine nicht geringe Rolle spielt, als könnte man sich durch diese Umstellung einen immerwährenden Sommer sichern. Wenn man die Deutschen fragen würde: „Wollt Ihr künftig ein halbes Jahr eine Stunde eher zur Arbeit gehen?“, sähe das Ergebnis mit Sicherheit anders aus.“

Tatsächlich fordern Schlafforscher seit langem einen späteren Unterrichtsbeginn – keinen früheren. Neun Uhr wäre eine gute Zeit, sagt etwa der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM), Alfred Wiate. Ein Unterrichtsbeginn noch vor acht Uhr sei «sicherlich problematisch». Und wenn schon, dann solle der Schultag mit Fächern wie Sport, Kunst oder Musik anfangen – und nicht gerade mit Mathe oder Physik.

Den schlichten Ratschlag an Jugendliche, einfach früher schlafen zu gehen, weist Wiate zurück: „Die innere Uhr macht hier etwas ganz Gemeines, was besonders Jugendliche betrifft, die man früh ins Bett schickt. Sie gibt dem Menschen ein Schlaffenster vor und sorgt dafür, dass man zwei bis drei Stunden, bevor dieses Fenster aufgeht, nicht gut einschlafen kann – auch wenn man sehr müde ist.“ News4teachers

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

“Besser erst um neun”: Schlafforscher fordern späteren Unterrichtsbeginn in Deutschland – vor allem Pubertierende leiden

 

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11 Kommentare
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Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor

Ich wäre auch für die Rückführung auf die „normale Zeit“ ( = Winterzeit), allerdings meine, ich so oder so ist jede Zeit eine Festlegung der Menschen.

Wichtiger erschiene mir ein späterer Unterrichtsbeginn, wenn man mit dem Schlafrhythmus argumentiert, z.B. 09.00 Uhr. Leider beginnt meine Schule schon 07.30 Uhr. 🙁

xxx
5 Jahre zuvor

Ich bleibe dabei, dass der Schlafrhythmus der Schüler falsch eingestellt ist, nämlich eine bis zwei Zeitstunden zu weit nach hinten. Sprich, wenn sie dauerhaft um 20-21 Uhr ins Bett gehen und schlafen, sind sie auch morgens um 8 Uhr fit. Wer aber täglich bis mindestens 23 Uhr daddelt, ist morgens müde.

Abgesehen davon gehe ich nahezu jede Wette ein, dass ein Unterrichtsbeginn um 9 Uhr dieselben Probleme bringen wird, weil die Schüler dann bis Mitternacht daddeln.

Küstenfuchs
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Na ein Glück, dass man endlich mal wieder besser populistisch irgendwelche kruden Ansichten zum besten geben kann und auf wissenschaftliche Erkenntnisse pfeifft. Sind wir mal wieder im AfD-Modus?

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

Ist Ihr Zeilenhonorar wieder aufgebraucht?

Jetzt mal ernsthaft: Zu viel Daddeln, zu wenig Bewegung und zu spätes Schlafen gehen sorgt für Müdigkeit am Morgen. Ja, das ist eine Korrelation, eine innere Uhr gibt es auch im Menschen. Allerdings gibt es auch viele Menschen, die eher morgens als nachmittags gut arbeiten können.

Zum eigentlichen Thema: Wenn die Zeitumstellung abgeschafft werden soll, dann bitte die Winterzeit einstellen, damit die Uhrzeit mit der Helligkeit korreliert. Ich persönlich habe keine Lust auf einen Sonnenaufgang um 10 Uhr.

AvL
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

@XXX
Der normale Tagesrhythmus eines Menschen beträgt ohne das äußere Stellwerk des Tag/Nachtrhythmus ca. 25 Stunden.
Das haben Versuche an Menschen ergeben, die sich in vom natürlichen Licht abgeschotteten Räumen, über längere Zeiträume aufhielten.
Die Wach- Schlafzyklen verschoben sich dabei täglich um ca. 1 Stunde nach hinten. Andererseits benötigt man aber auch eine individuelle Erholungszeit, die mit zunehmendem Alter abnimmt, damit sich die Neurone wieder erholen können, um wieder arbeiten zu können, diese neu umstrukturiert werden können und Wissen besser abspeichern zu können.
Heranwachsende benötigen auch mehr Erholungszeit als Erwachsene, die sich der Bedeutung der Erholung eher bewusst sind und die weniger von spontanen Eingebungen des Handeln beeinflusst sind, eben mehr berechenbar denken und handeln.
Heranwachsenden ist es eigen, im Interesse des persönlichen Erfahrungszuwachses, die potentielle Fähigkeit ihres Tagrhythmus voll auszunutzen, weil eben die Einsicht in die selbst gesteuert Ruhephase noch nicht bewusst ist.
Deren Verhalten entspricht somit einem natürlichen Spieltrieb, Grenzen auszuprobieren.
Da haben es britische Kinder einfacher, weil die eben grundsätzlich später zur Arbeit bzw. in die Schule gehen, diese ausgiebig Frühstücken und dem Tag ausgeruhter entgegengehen.

AvL
5 Jahre zuvor
Antwortet  AvL

Niemand erhält hier ein Zeilenhonorar.
Es wäre aber umso fruchtbarer für nachhaltige Diskussionen, wenn gebildete Menschen sich gegenseitig mehr Respekt und Aufmerksamkeit zollen würden.
Man lernt erst voneinander, wenn man sich ehrlich und aufrichtig mit den Positionen anderer auseinandersetzt, diese reflektiert und antizipiert.
Schließlich herrscht anderswo ein abgrundloser Verlust an gegenseitiger menschlicher Achtung, Verfall von Verhaltenskodizes und ein steter Normenverfall, ein Aufbersten von Verstößen gegen allgemeine Grundsätze des menschlichen Miteinanders, die christlichen Normen entsprechen sollten, dieses Handeln aber aus ihrem Inneren verband zu schein haben, um sich eigensüchtig eigenen Interessen hinzugeben, die Ziele des Eigenstnutzes folgend, umzusetzen.
Ich freue mich über jeden ehrlichen Kommentar, frei von äußerer Maskerade und erniedrigender Boshaftigkeit.
Derartiges anderswo erfahren zu müssen, bewirkt einen steten Groll gegen derartige menschliche Beziehungen und Verhaltensweisen. Das System Blank greift zunehmend um sich.
Ehret die Alten , bevor sie erkalten entspricht der Lebensphilosophie Erfahrungen Älterer aufnehmen zu wollen.
Das gilt aber auch für die Neugierde nach neuen, anderen Ansichten, die uns andere Sichtweisen liefern , sich zu neuem Wissen verdichten, um uns zu berichten, was andere erdichten, damit andere es verrichten.

christian
5 Jahre zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

So eindeutig ist die wissenschaftliche Einschätzung des frühen Unterrichtbeginns auf die Schüler nicht, als dass man die Kritiker eines Spätstartes zu Rechtspopulisten erklären müsste. Eine (Leider nur englisch verfasste) Studie

https://www.surrey.ac.uk/mediacentre/press/2018/mathematicians-predict-delaying-school-start-times-won%E2%80%99t-help-sleep-deprived

ist eher skeptisch, was die Vorteile späteren Unterrichts anbelangt, da die Gewöhnung sehr schnell die Effekte abschleifen würde.

Auch in der Wissenschaft sind „Erkenntnisse“ eben oft auch nur einfach „Meinungen“.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  christian

Passt zu meinem Eindruck: Wenn man eine Stunde später aufstehen muss, geht man eine Stunde später ins Bett.

Gelbe Tulpe
5 Jahre zuvor

Da hat er Recht. Eine Sommerzeit im Winter wäre noch schlechter für die Schule als eine im Sommer, da es im Winter dann noch länger dunkel ist, wenn die Schüler in die Schule gehen bzw. in der ersten Stunde sitzen. Sie sind dann noch müder und passen weniger auf den Verkehr auf den Straßen oder im Unterricht auf.

Pälzer
5 Jahre zuvor

Die Mitteleurop.-Sommerzeit entspricht der „Ortszeit“ von St. Petersburg (30°16′ Ost, zum Nachrechnen: 360° entsprechen 24 h, also ist 30° 2 Stunden hinter der Greenwich-Zeit).

Pälzer
5 Jahre zuvor

In „Fridays für future“ geht es doch auch um eine vernünftige Energiepolitik, oder? Nun liest man, die Energiegewinne der Sommerzeit durch mehr Tageslicht im Sommer seien leider durch das Mehr an nötiger Heizenergie im Frühjahr und Herbst wieder aufgebraucht worden. Und nun die kompetenzorientierte Denkaufgabe: Wenn die „Sommerzeit“ auch im Winter gälte, wie würde das die Energiebilanz a) beim Licht und b) beim Heizen beeinflussen?