Experte: Interaktive Tafeln sind bereits Technik von gestern – ist adaptive Lernsoftware der Weg der Zukunft?

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KARLSRUHE. Nach Meinung des Digitaldidaktikers Ulf Kerber hat der Digitalpakt das Potenzial, den Unterricht grundlegend zu verändern. Durch adaptive Lernsoftware könne mehr Freiraum für vertiefendes Lernen geschaffen werden. Schüler müssten lernen, Algorithmen besser zu verstehen, sowie kreativ und kritisch damit umzugehen. Wichtigster Baustein sei aber die Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte.

Schulen in Deutschland sollen besser mit digitaler Technik ausgestattet werden. Fünf Milliarden Euro sind im Rahmen des Digitalpakts Schule insbesondere für die breitbandige Verkabelung der Schulen, die W-LAN-Ausleuchtung sowie stationäre Endgeräte wie zum Beispiel interaktive Tafeln vorgesehen. „Nur neue Technik in alten Unterricht zu werfen, wird jedoch nicht zu besseren Lernergebnissen führen“, sagt Ulf Kerber, Dozent für Digitale Bildung und Mediendidaktik an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe. Interaktive Tafeln seien bereits Technologie von gestern.

Nach Ansicht von Ulf Kerber ist es für Lehrer im Rahmen der Digitalisierung elementar, die Vorteile adaptiver Lernsoftware zu nutzen. Foto: Brad Flickinger / flickr (CC BY 2.0)
Nach Ansicht von Ulf Kerber ist es für Lehrer im Rahmen der Digitalisierung elementar, die Vorteile adaptiver Lernsoftware zu nutzen. Foto: Brad Flickinger / flickr (CC BY 2.0)

Viel wichtiger sei es, die Vorteile adaptiver Lernsoftware zu nutzen. Denn diese könne Lehrkräfte dabei unterstützen, das Lernen zu personalisieren – durch analytische Algorithmen, die Stärken und Schwächen der Schüler erkennen und Lehrkräften dabei helfen, optimale Lernwege für die individuelle Förderung zu konzeptionieren. So könne im Unterricht mehr Freiraum für vertiefendes Lernen (Deep Learning) geschaffen werden.

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Wichtigster Baustein des DigitalPakts müsse deshalb die Aus- und Weiterbildung sowie Begleitung der Lehrkräfte sein. Denn: „Die Kompetenzen, die angesichts der technologischen Innovationen des 21. Jahrhunderts erforderlich sind, können wir nicht mit einer Pädagogik des 20. Jahrhunderts erreichen“, sagt Kerber.

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Außerdem sollten Schüler Gelegenheit haben, neues Wissen in der Schule sinnvoll anzuwenden und das Gelernte möglichst oft in authentischen Situationen zu erproben und zu reflektieren. „Dafür brauchen die Schulen nicht nur schnelles Internet und schulinternes WLAN, sondern auch Makerspaces und Lehr-Lernlabore, in denen Schüler mit den neuen Technologien experimentieren können. Damit sie lernen, die Algorithmen und Funktionsmechanismen, die die Digitalisierung vorantreiben, besser zu verstehen und kreativ und kritisch mit ihnen umzugehen“, so Kerber.

In den Masterstudiengängen Lehramt an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe sei das Modul „Medienbildung und Digitale Bildung“ seit dem Wintersemester 2018/2019 verpflichtend. Hier werden Studierenden das Lernen und Lehren mit digitalen Werkzeugen vermittelt, aber ebenso Medienwissen sowie Kenntnisse über Chancen, Grenzen und Potentiale der Digitalisierung. Zum Sommersemester 2019 werde das Modul um „Robotik und informatisches Denken“ erweitert. (zab, pm)

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drd
5 Jahre zuvor

Ich denke, der Weg der Zukunft werden Lehrer sein, die was können, und die bei Stromausfall nicht blöd aus der Wäsche gucken.

FElixa
5 Jahre zuvor
Antwortet  drd

Das hat Null mit dem Artikel zu tun was sie da sagen und wie oft kommt es denn vor, dass bei ihnen der Strom ausfällt? Mit einer vernünftigen Infrastruktur wird man in Schulen in Zukunft, genauso wie in Unternehmen, eine Funktionsfähigkeit von 99,9% garantieren können.

Lehrer können heute schon mehr als genug. Es wird darum gehen, dass Lehrer erkennen in Zukunft nicht mehr der Wissensvermittler zu sein.

drd
5 Jahre zuvor

Was regen Sie sich so auf? Reine Wissensvermittler sind Lehrer schon seit Jahrzehnten nicht mehr, sie inittiieren und gestalten das Nachdenken über Wissen. Ihre Form der Selbstdarstellung zeigt allerdings mehr als deutlich, dass meine Aussage stimmt. Danke dafür.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  drd

Ja, leider wurden Lehrer vom Lehrmeister zum Lernbegleiter degradiert. Dabei ist mittlerweile bekannt, dass heterogene und / oder schwache Gruppen für denselben Lernerfolg wesentlich mehr Führung brauchen als homogene und / oder starke, sprich Lehrmeister. Allerdings wurden die Lernbegleiter gerade für heterogene Gruppen als Allheilmittel auserkoren und Referendare, die sich selbst als Lehrmeister sehen und so handeln, haben kaum eine Chance auf ein gutes Examen.

Küstenfuchs
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Und früher war alles besser! Alles! Viel besser!

FElixa
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

@drd

Ich habe mich nirgends aufgeregt. Ich habe nur festgestellt, dass ihre Aussage nichts mit dem Ursprungsartikel zu tun hat, aber scheinbar haben Sie ein großes Problem, wenn man so schnippisch reagieren muss:

„Ihre Form der Selbstdarstellung zeigt allerdings mehr als deutlich, dass meine Aussage stimmt. Danke dafür.“

Ich habe in meiner Aussage nicht über mich gesprochen. Da wüsste ich jetzt nicht was für Rückschlüsse Sie über mich ziehen könnten. Manchmal frage ich mich schon, ob man hier mit Kleinkindern spricht oder mit erwachsenen Akademikern.

Zum eigentlichen Inhalt:
Lehrer sind selbst heute noch Wissensvermittler. Sie geben vor was und wie man etwas zu lernen hat. Es ist gar nicht möglich individuell auf Lernschwierigkeiten oder Lerntypen einzugehen. Insofern sind selbstentdeckendes Lernen, Binnendifferenzierung, o.ä. nette Begrifflichkeiten, die jedoch wenig mit der Umsetzung zu tun haben. Als Lehrkraft gebe ich ein Lernsetting vor, indem die SuS sich ein Thema selbstständig erarbeiten können. Im „Idealfall“ gibt es dann 3 unterschiedliche Übungsblätter, um sich das Thema zu erarbeiten. Das nennen wir dann selbstentdeckend und differenzierend. Sie erkennen hoffentlich, dass es gar keine offene Lernumgebung ist. Als Lehrkraft kann ich gar nicht anders als den Rahmen zu begrenzen. Man gibt vor was und wie etwas zu lernen ist, ob das zu den einzelnen SuS passt, wird nicht überprüft. Also selbst als „moderne“ Lehrkraft ist man dann noch weit weg davon kein Wissensvermittler zu sein.

@xxx

„leider wurden Lehrer vom Lehrmeister zum Lernbegleiter degradiert“

Lehrmeister hat ja schon viel von Selbstüberschätzung. Wer sieht sich denn als Meister? Gerade in heterogenen Klassen, wovon sie sprachen, ist der Lehrmeister inwiefern nötig? Ich nehme an ein Lehrmeister ist bei ihnen der klassische Lehrer von vor 30-40 Jahren. Autoritär und zieht sein Programm an der Tafel durch. Inwiefern hilft das in heterogenen Klassen? Zudem: Wieso kann ein Lernbegleiter, denn keine Führungsqualität besitzen? Da sehe ich keinen Widerspruch.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  FElixa

Lehrmeister = Mensch, der etwas von der Materie versteht und das einer Klasse beibringt

Lernbegleiter = Mensch, der Schüler mit Material versorgt, mit dessen Hilfe die Schüler eigenständig lernen sollen. Fachwissen ist da deutlich optionaler…

Die wirtschaftliche Stärke erreichte Deutschland nicht in Zeiten der Lernbegleiter. In Punkto Innovationen ist Deutschland seit mindestens 20 Jahren abgehängt.

FElixa
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Ich verstehe unter einem Lernbegleiter eine Person, die etwas von der Materie versteht, aber nicht mehr vorgibt wann, was und wie die SuS lernen. Das sollte eine „adaptive Lernsoftware“ übernehmen. Das ist aber mit dem heutigen Stand der Technik nicht möglich, insofern halte ich die Digitalisierung auch für verfrüht. Ein Beamer in der Klasse und ein paar Tablets oder Laptops bringen keine besseren Resultate. Sobald Software aber individuelle Lernhürden erkennen kann, braucht es keinen „Lehrmeister“ mehr. Dann braucht es immer noch fachlich-kompetente Lehrkräfte, die jedoch im Lernprozess unterstützen und nicht mehr anleiten.

Heute haben wir in den Schulen nach ihrer Definition nur Lehrmeister. Ich wüsste nicht wo wir Lernbegleiter nach ihrer Definition haben.

xxx
5 Jahre zuvor

Zitat: „Damit sie lernen, die Algorithmen und Funktionsmechanismen, die die Digitalisierung vorantreiben, besser zu verstehen und kreativ und kritisch mit ihnen umzugehen“

Algorithmen verstehen zu können, setzt eine Menge abstrakter Mathematik (Algebra, nicht nur Arithmetik) voraus. Digitale Funktionsmechanismen zu veretehen erfordert eine Menge Physik und Technik. Alles, was bislang auf dem Digitalisierungsmarkt für Schulen angeboten wird, sind Flash-Versionen (sic!) der Schulbücher und Trainingsapps, die kaum über den Anforderungsbereich I hinausgehen. Es wird zudem der Spaß betont. Ob dieser den Abnutzungseffekt übersteht, weiß ich nicht.

Wirklich sinnvoll sind Beamer in jeder Klasse und eine Möglichkeit, den Laptop oder das Tablet kabellos darüber an die Wand zu spiegeln. Hinreichend leistungsfähige und -willige Klassen können phasenweise auch die individuellen Projekte umsetzen. Besonders am Willen wird das in heterogenen Klassen scheitern.

Quadratkuh
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Zitat: “Damit sie lernen, die Algorithmen und Funktionsmechanismen, die die Digitalisierung vorantreiben, besser zu verstehen und kreativ und kritisch mit ihnen umzugehen“

Arrgh. Das endlose Gerede über Algorithmen geht mir gewaltig auf den Keks – und ich bin IT-ler.
Fakt ist, es gibt diverse grosse Player im Netz (Google, Facebook, Youtube, die bekannten Namen halt).
Diese Player nutzen eigene Regeln (kann man „Algorithmen“ nennen, wenn man unbedingt will) um ihre Inhalte zu sortieren, zu filtern, zu bewerten, zu bewerben. Diese Regeln sind i.d.R. geheim und werden von den Unternehmen nicht oder nur in groben Zügen erläutert. Die Regeln können auch ohne Vorwarnung jederzeit geändert werden.
Für manche Personen und manche Unternehmen können solche Änderungen durchaus existenzbedrohend sein. Wenn der eigene Online-Shop plötzlich aus den Google-Suchergebnissen rausfällt, bricht schnell mal Panik aus. Wenn jemand vom Youtube-Video-machen lebt, und Youtube dreht ihm die Werbeeinahmen ab, dann ist der Lebensunterhalt von heute auf morgen weg.
Da hilft nur kein Informatikunterricht und kein Wissen über „Algorithmen“… es gibt ein paar dominante Unternehmen, die machen mehr oder weniger was sie wollen… und der Rest muss damit leben.

GriasDi
5 Jahre zuvor

Wer programmiert denn die adaptive Lernsoftware?
Wo sind denn die ganzen adaptiven Lernapps, die dem Lehrer so viel Freiraum bringen?
Wer stellt den Lehrern die Ausstattung zur Erstellung von Lernvideos fürs Flipped Classroom?

Quadratkuh
5 Jahre zuvor
Antwortet  GriasDi

Es gibt eine Riesenmenge an Lernangeboten im Internet. Khan Academy, um mal das weltweit bekannteste Beispiel zu nennen, ist sogar komplett kostenlos. Da kann sich der Schüler Erklärvideos zu diversen Themen angucken, es gibt „Prüfungen“ und das System hat halbwegs den Lernerfolg im Blick und macht entsprechende Vorschläge (nach dem Motto „Du hast Dir gestern Geometrie 1 angeguckt, probier doch heute mal Geometrie 2“ – also keine Raketenwissenschaft, muss es auch nicht sein.). Ich hab mir das System vor ein paar Jahren angeguckt (damals war noch alles auf englisch, inzwischen gibts einen deutsche Version, keine Ahnung wie gut die ist) und es wirklich ziemlich gut.

Das Problem ist hier eher, das es für einen Normalsterblichen Lehrer unmöglich ist, bei der Vielfalt an Angeboten noch einen Überblick zu behalten und die guten und geeigneten Angebote auszuwählen. Hier sollte es offizielle Empfehlungslisten geben… jenseits von kostenpflichtigem Cornelsen-Krams.

Die Lernvideos sollte der Lehrer auf keinen Fall selber machen müssen (es sei denn er hat den Ehrgeiz, die Zeit und die Lust dazu). Das wäre auch total doppelt gemoppelt – wenn es ein gutes Video gibt, das z.B. den Satz des Pythagoras erklärt, können das doch alle Schüler im ganzen Land nutzen.

FElixa
5 Jahre zuvor
Antwortet  Quadratkuh

Stand jetzt gibt es keine adaptive Lernsoftware. Khan Academy ist auch keine.

„Das Problem ist hier eher, das es für einen Normalsterblichen Lehrer unmöglich ist, bei der Vielfalt an Angeboten noch einen Überblick zu behalten und die guten und geeigneten Angebote auszuwählen.“

Das ist der Gedankenfehler. Mit adaptiver Lernsoftware muss die Lehrkraft kein Angebot nach gut oder schlecht überprüfen. Ein adaptives Lernsoftware passt sich an den Lernenden an und ist somit für jeden anders. Ein Beispiel damit man das versteht: Netflix. Wenn Sie ein Netflix-Konto haben und gerne Action-Filme schauen, wird ihnen Netflix entsprechend solche Filme anzeigen. Eine andere Person schaut gerne romantische Serien. Also wird Netflix solche anzeigen. Somit ist die Netflix-Seite und das Nutzerverhalten grundlegend verschieden und anders aufgebaut. Also adaptiv.

Quadratkuh
5 Jahre zuvor
Antwortet  FElixa

ok… wenn sie mit der Sicht der Dinge glücklich sind…

FElixa
5 Jahre zuvor
Antwortet  Quadratkuh

Ich verstehe ehrlich gesagt nicht was Sie mit „Sicht der Dinge glücklich“ meinen?

GriasDi
5 Jahre zuvor
Antwortet  Quadratkuh

Wie FElixa schon sagte:
bisher gibt es keine adaptive Lernsoftware. Für die Kahn-Academy (die keine adaptive Lernsoftware ist) muss der Schüler selbst merken, wie weit er schon ist und ob er es verstanden hat – welcher Schüler hat schon den Ehrgeiz? Hätten Schüler diesen Ehrgeiz, hätten wir in Deutschland und weltweit die besten Schüler aller Zeiten 🙂

Adaptive Lernsoftware herzustellen ist sehr kostenintensiv. Im Silcon-Valley wurden mal mit riesigem (finanziellen) Aufwand 60 Lehrer durch 60 Programmierer untestützt, um geeignete Apps herzustellen. Die Programmierer gingen dann aber wieder, weil sie woanders mehr verdienten, das Projekt verlief im Sand.

GriasDi
5 Jahre zuvor
Antwortet  Quadratkuh

Lernangebote im Internet ist nicht gleich adaptive Lernsoftware!!!