In Hamburg soll bald jeder Schüler Programmieren lernen – mit 15.000 Mikrocomputern, die der Senat spendiert

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HAMBURG. Zwei Jahre lang haben Schülerinnen und Schüler an 20 Hamburger Schulen den Mikrocomputer „Calliope mini“ auf Herz und Nieren getestet. Mit Erfolg: Die Schülerinnen und Schüler lernten damit ganz einfach das Programmieren – sagt jedenfalls die Bildungsbehörde. Deshalb hat Ties Rabe (SPD), Schulsenator der Hansestadt, jetzt 250.000 Euro für die Anschaffung von bis zu 15.000 Mikrocomputern für die Grundschulen, Stadtteilschulen und Gymnasien freigegeben. Rabe betont: „Ich möchte, dass alle Hamburger Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit bekommen, an einem einfachen und robusten Mikrocomputer das Programmieren zu lernen.“

Sieht aus wie ein Weihnachtsstern – kann aber mehr: der Calliope mini. Foto: Calliope gGmbH

Hamburgs Grundschulen, Stadtteilschulen und Gymnasien bekämen damit erstmals die Möglichkeit, ganze Klassensätze von digitalen Mikrocomputern für die Klassenstufen 4 bis 6 anzuschaffen. „Für die Lehrkräfte werden wir spezielle Fortbildungsangebote sowie Unterrichtsideen auf der Internetplattform ‚digital learning lab Hamburg‘ anbieten“, so kündigte Rabe an.

In den letzten beiden Jahren haben zehn Grund- und zehn weiterführende Schulen mit dem „Calliope mini“ und anderen Mikrocontrollern gearbeitet. Dabei zeigte sich, teilt die Bildungsverwaltung mit, dass ein Einsatz ab Klasse 4 möglich ist. Besonders aber in der weiterführenden Schule im Fach Natur und Technik der Klassen 5 und 6 sowie im Wahlpflichtfach Informatik hätten die Schulen erfolgreich mit Mikrocomputern gearbeitet. „Der Unterricht hat den Schülerinnen und Schülern nicht nur neues Wissen und neue Kompetenzen vermittelt, sondern auch viel Spaß gemacht. Es hat sich gezeigt, dass eine Ausstattung mit halben oder ganzen Klassensätzen sinnvoll und gut einsetzbar ist“, heißt es.

Der Schulversuch war deshalb an den Schulen als erfolgreich eingestuft worden. Auch andere Mikrocomputer wie Arduino, Raspberry Pi oder BoB3 wurden erfolgreich getestet. Sie alle sollen künftig zum Einsatz kommen können und gefördert werden. Die Schulen bekommen deshalb die Möglichkeit, schon für das laufende Schuljahr 2018/19 Mittel für die Anschaffung zu beantragen. Die Hälfte des Preises ab rund 35 Euro pro Computer finanziert die Schulbehörde direkt, die andere Hälfte finanzieren die Schulen aus ihrem jährlichen Schulbudget für Unterrichtsmittel.

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Rabe: „Ich freue mich über den Erfolg der von der Körber-Stiftung und der Initiative App-Cams organisierten Erprobung. Je nach Modell können jetzt bis zu 15.000 Mikrocomputer beschafft werden – genug beispielsweise für alle Schülerinnen und Schülern der Klassenstufe 5. Da aber kaum alle Schülerinnen und Schüler gleichzeitig ein solches Gerät benutzen werden, wäre es sinnvoll, wenn jede Hamburger Grundschule wenigstens einen Klassensatz mit rund 25 Geräten und jede Stadtteilschule sowie jedes Gymnasium wenigstens zwei Klassensätze bestellen würde.“

Der nach der griechischen Muse der Dichtkunst benanntn „Calliope mini“ ist ein handflächengroßer Mikrocomputer mit einem Display aus 25 roten LEDs, einem bluetoothfähigen Prozessor, vier Kontakten (zwei davon druckempfindlich) für Anschlüsse von Sensoren wie Temperaturfühler und Feuchtigkeitsmesser, einem Lage- und Beschleunigungssensor, einem Mini-Lautsprecher sowie Anschlüssen für USB, Mikrofon und Lautsprecher. Über die Tasten werden Licht- oder akustische Signale ausgelöst, die zum Beispiel zeigen, ob ein Stromkreis geschlossen oder geöffnet ist. Für die Programmierung ist ein Computer (zukünftig auch Tablet oder Smartphone) erforderlich, über den Programme erstellt und auf den Calliope mini übertragen werden können.

Die Hamburger Bildungspläne sehen vor, dass Schülerinnen und Schüler in der Grundschule innerhalb des Sachunterrichts die Funktions- und Arbeitsweise von Computern erlernen sollen. Für die Jahrgangsstufen 5-6 der Stadtteilschulen und Gymnasien sieht der Rahmenplan im Fach Naturwissenschaft und Technik vor, dass neben Softwareanwendungen, Informatiksystemen, Vor- und Nachteilen bei Computer- und Internetnutzung auch Kenntnisse über Programmierung erworben werden sollen.

Hamburg unternehme bereits massive Anstrengungen, um digitale Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler zu entwickeln und zu fördern – betont die Bildungsverwaltung. Dafür hätten in Hamburg Lehrkräfte Unterrichtsideen für digitales Lernen entwickelt und im „digital learning lab für einen Fachunterricht mit digitalen Bildungsmedien“ veröffentlicht. Ebenso habe im Februar eine Fortbildungsreihe für alle Fachleitungen der weiterführenden Schulen begonnen, in denen die Fachleiter als Träger der Unterrichtsentwicklung in den Schulen sich mit digitalem Lernen im Fachunterricht und den zu fördernden Kompetenzen beschäftigten. Entsprechende Fortbildungsreihen für die Grundschulen seien in Vorbereitung.

Calliope mini
Calliope mini

Der Calliope mini ist ein handflächengroßer Mikrocontroller. Die wichtigsten Ausstattungsmerkmale des nach der griechischen Muse der Dichtkunst benannten Calliope mini sind:

  • Display aus 25 roten LEDs
  • bluetoothfähiger Prozessor
  • vier Input-Output-Kontakte (zwei davon druckempfindlich) für Anschlüsse weiterer Sensoren wie Temperaturfühler und Feuchtigkeitsmesser
  • Lage- und Beschleunigungssensor
  • Mini-Lautsprecher
  • Mikro-USB-Anschluss für Anschluss an einen Computer
  • zwei Anschlüsse für Mikrofon und Lautsprecher verfügt
  • Anschlüsse für Stromversorgung

Der Calliope mini benötigt für den Betrieb eine externe Stromversorgung. Mit dem Mikrocontroller allein können Schülerinnen und Schüler die druckempfindlichen Tasten betätigen und damit Licht- oder akustische Signale auslösen, die zum Beispiel zeigen, dass ein Stromkreis geschlossen oder geöffnet ist. Für die Programmierung des Mikrocontrollers ist ein Computer (zukünftig auch Tablet oder Smartphone) erforderlich, über den mit verschiedenen Programmiereditoren unterschiedlich komplexe Programme erstellt und auf den Calliope mini übertragen werden können.

 

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Quadratkuh
5 Jahre zuvor

Ich habe schon mit ähnlichen Systemen gearbeitet (für mich selbst, nicht im Unterricht), und sehe sowas eher als Nischenprojekt – man muss schon seeehr geduldig und technikaffin sein, um sich erfolgreich mit Microcontrollern auseinanderzusetzen. Es gibt Platinen, eine Menge fliegende Drähte, einen Computer (oder externen Monitor/Tastatur/Maus), Netzteil, zusätzliche Hardware wie Motoren etc. zum ansteuern… eine Menge gebimsel. Und mann muss sowohl die Hardware als auch die Software im Blick haben um zum Erfolg zu kommen. Da müssen die Schüler schon Vorkenntnisse und vor allem eine Engelsgeduld mitbringen.
Da wird wohl im Endeffekt der Informatik-/Physiklehrer zusammen mit einer Handvoll Jungs dran basteln (die Jungs, die sowieso schon 5 Programmiersprachen können), und der Rest sitzt gelangweilt daneben und versteht nicht was der Quatsch soll.
Abgesehen davon – wenn man zur Programmierung einen Computer braucht, ist das natürlich schwierig an Schulen, wo keine Computer vorhanden sind. Und wenn die Schule bereits Computer hat, können die Kinder doch mit denen das Programmieren lernen.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  Quadratkuh

Sie haben da etwas falsch verstanden. Wenn man direkt am Computer programmiert, würden dem Cornelsen-Verlag Einnahmen durch den Verkauf der Controller und öffentliche Fördermittel entgehen.

Ironie Ende, Sie haben vollkommen Recht. Auch die Programmierung über Smartphone oder Tablet ist nur unwesentlich anders als über den PC.

Ein raspberry pi ist im Einzelkauf übrigens billiger als die oben genannte Platine, kann aber zum Ausgleich erheblich mehr.

FElixa
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Ich verstehe nicht warum von einem Mikrocomputer gesprochen wird. Calliope ist ein Microcontroller, welcher ohne Computer nicht funktioniert. Anders der Raspberry Pi.

Ich finde die Investition auch total hirnrissig. Mit einem Raspberry könnte man diesen auch noch in der Oberstufe verwenden (selbst an der Uni nutzt man diesen!). Der Calliope ist nur für Grundschulkinder und maximal für die Unterstufe geeignet. An vielen Schulen kommen die SuS aber auch erst in der Mittelstufe mit der Programmierung in Kontakt. Da ist der Calliope einfach zu simpel und zu kindlich.

Gerade die Lehrmaterialien sind dabei entscheidend. Die sind für Calliope einfach beschränkt. Solange Cornelsen daran verdient ist aber natürlich alles in Ordnung. Dagegen sind beim Raspeberry Pi nahezu keine Grenzen gesetzt. Man kann darauf Betriebssysteme installieren, Server aufsetzen, Verschlüsselungsverfahren testen, daraus einen Roboter basteln und programmieren, usw. Dazu finden sich auch im Internet dann direkt hunderte von Anleitungen. Ich bezweifle, dass man da die engagierten Informatiklehrer zu befragt hat, was diese am besten hätten.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  FElixa

Informatik wird in der Bildungspolitik ja auch schon mit informationstechnologischer Grundbildung aka Office-Paket, Sicherheits- und Benimmregeln im Internet identifiziert.

Quadratkuh
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

@xxx: LOL, das erklärt einiges..

Ich bin Geschäftsführer in einem IT-Unternehmen. Trotzdem bin ich immer sehr skeptisch, wenn ich Forderungen wie „alle Schüler sollen programmieren lernen“ lese. Softwareentwickler-Profis brauchen Abstraktionsvermögen, Technikaffinität und Intelligenz, diese Voraussetzungen bringt einfach nicht jeder mit. Und im Gegensatz zu Fächern wie Musik oder Sport, wo die Kinder profitieren auch wenn sie nicht später Profi-Sportler oder Profi-Musiker werden, halte ich den Nutzen für die Mehrzahl der Kinder für begrenzt… ich finde es toll wenn Schulen Programmieren oder „Hardwarebasteln“ anbieten (wenn sie denn die Resourcen haben), aber ich denke das macht als Wahlfach oder optionale AG den meisten Sinn. Ansonsten haben Schulen (was ich hier so lese) ganz andere Probleme, die sie erstmal in den Griff kriegen müssen…

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  Quadratkuh

Die fassen es gut zusammen.

HamburgMama
5 Jahre zuvor

Bin Seit 199.. etwas in Bereich IT Tätig.
Ich lehne diese noch mehr PC Kram in Schulen ab. Freiwillig für einige interessierte Kinder OK. Wenn Ja, dann nicht mit Kram um irgendwelche Lieferant Geld zu machen sondern mit echten Sachen, (nur Beispiele) HTML, PHP, ist mir egal was, etwas reales. Kann ganz günstig was mit Open Source PHP machen, zum Beispiele.
Wir haben schon sehr viele Kinder die mehr Zeit vor Bildschirm verbringen als mit eigenen Eltern.
Kinder brauchen Kletterbäumen und Familien.
Viele unsere Kinder fehlen Bewegung.
Ich will nicht dass meine Tochter noch mehr Zeit von einen Bildschrim verbringt. Das braucht sie überhaupt nicht.