DKLK-Studie: Personalausstattung ist in Kitas so schlecht, dass sogar die Sicherheit leidet

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DÜSSELDORF. Sie gelten immer noch als «Basteltanten» und werden dementsprechend bezahlt: Kitaleiterinnen und -leiter genießen keine hohe Wertschätzung, obwohl sie enorme Verantwortung tragen. Eine Befragung deutscher Kitaleitungen – präsentiert auf dem Deutschen Kitaleitungskongress (DKLK) – offenbart eine krasse Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit.

Auftakt zum Deutschen Kitaleitungskongress in Düsseldorf. Foto: DKLK / Metzemacher

Nur fünf Prozent aller Kitas in Deutschland können laut einer Studie des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) mit der wissenschaftlich empfohlenen Personalausstattung arbeiten. Für die meisten ist Personalmangel dagegen Alltag. Das geht aus einer repräsentativen Befragung von über 2600 Kitaleitern in Deutschland hervor, die am Mittwoch beim Deutschen Kitaleitungskongress in Düsseldorf vorgestellt worden ist.

Die einst weltweit vorbildlichen deutschen Kindergärten würden «zunehmend bessere Verwahranstalten, die ihrem Bildungsauftrag trotz aller Anstrengungen nicht gerecht werden können», kritisierte VBE-Chef Udo Beckmann. Der wissenschaftliche Standard empfehle, dass mindestens eine Fachkraft für drei unter dreijährige Kinder da sein sollte, erläuterte der Bildungsgewerkschafter. Bei über Dreijährigen liege der statistische Betreuungsschlüssel bei 1:7,5. Dies sei in der Praxis aber die absolute Ausnahme.

90 Prozent der befragten Kitaleiter gaben an, dass sie im vergangenen Jahr zeitweise mit erheblicher Personalunterdeckung gearbeitet hätten. Fast alle betroffenen Einrichtungen mussten infolgedessen Angebote für die Kinder vorübergehend reduzieren.

„Ordnungsgemäße Aufsichtsführung nicht mehr möglich“

Die Ergebnisse der zum fünften Mal infolge erhobenen Umfrage zeigten bislang «keine spürbaren Verbesserungen in der täglichen Arbeitssituation», heißt es im Fazit der Studie. «Wie dramatisch die Situation ist, wird auch daran deutlich, dass viele Kitas regelmäßig mit so wenig Personal auskommen müssen, dass eine ordnungsgemäße Aufsichtsführung überhaupt nicht mehr möglich ist.» Nötig seien Sofortmaßnahmen, um die Sicherheit der Kinder zu gewährleisten und das Haftungsrisiko für Kitaleitungen und Träger zu minimieren, forderte Beckmann.

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Etwa 70 Prozent der Kitaleitungen brauchen angesichts der Personalknappheit mindestens drei Monate zur Nachbesetzung offener Stellen. In Großstädten benötigen 40 Prozent der Befragten im Schnitt sogar länger als fünf Monate.

Je nach Studie werde der Mangel an Erziehern in Deutschland – über 90 Prozent sind Frauen – auf bis zu 300.000 Fachkräfte bis 2025 beziffert, berichtete Studienleiter Prof. Ralf Haderlein von der Hochschule Koblenz. Der Sozialwissenschaftler empfiehlt, die Gehälter der Erzieher an die der Grundschullehrer anzugleichen. Bislang liege die Differenz bei bis zu 1000 Euro brutto im Monat. Nach Angaben des VBE liegt das Einstiegsgehalt einer Erzieherin bei rund 2800 Euro brutto, das einer Leiterin, je nach Größe der Einrichtung, zwischen 2900 und 3450 Euro.

Die meisten Kitaleiter leiden unter mangelnder Wertschätzung und schlechter Bezahlung ihrer Arbeit sowie zunehmender Bürokratie. Fast 77 Prozent der Befragten sehen sich noch mit dem Vorurteil konfrontiert: «Wir spielen, basteln und betreuen die Kinder nur.» Das sind sogar etwas mehr als ein Jahr zuvor. Genervt äußern sich darüber vor allem Jüngere. Zwei Drittel aller Befragten bemängeln darüber hinaus Unterbezahlung pädagogischer Fachkräfte. In privaten Einrichtungen und in kleineren Gemeinden fällt die Bewertung besser aus.

Sprach den Kitaleitungen Mut zu: Franziska van Almsick. Foto: DKLK / Metzemacher

Bislang blieben die meisten politischen Maßnahmen gegen die strukturelle Unterfinanzierung des gesamten Kita-Bereichs mit seinen mehr als 600.000 Beschäftigten nur «Tropfen auf dem heißen Stein», bilanzieren die Autoren der Studie. Erstellt wurde sie vom VBE und einem Informationsdienstleister unter wissenschaftlicher Begleitung der Hochschule Koblenz.

Die ehemalige Schwimmsportlerin Franziska van Almsick versuchte, den Kitaleitern mit ihrem Eröffnungsvortrag «Immer eine Armlänge voraus» allen Widrigkeiten zum Trotz Mut zu machen. Die 40-Jährige verriet ihr Motivationsmantra: «Man schafft viel mehr als man glaubt. Versuchen Sie, „Ich muss“-Gedanken durch „Ich will“-Gedanken zu ersetzen.» Von Bettina Grönewald, dpa

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Krokodilstreichler
5 Jahre zuvor

Bei einer Arbeitslosigkeit von vielen Millionen Menschen sollte es nun wirklich kein Problem sein, genügend Kräfte zu finden.

xxx
5 Jahre zuvor

Sie würden aber von vielen dieser Menschen Ihre eigenen Kinder nicht betreut haben wollen. ErzieherIn muss man von tiefem Herzen wollen, Zwang wegen andernfalls Sanktionen vom JobCenter sind extrem kontraproduktiv.

Krokodilstreichler
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Trotzdem dürfte man aus dieser Masse 300.000 Leute ziehen können, die für den Beruf geeignet sind.

xxx
5 Jahre zuvor

ich glaube nicht, weil andernfalls ja auch 5-10% der allgemeinen Bevölkerung freiwillig ErzieherIn werden wollen würde. Theoretisch geeignet sind viele, wirklich willens nur wenige.