Tarifstreit: Manche Länder kürzen bei der Übertragung der Ergebnisse für Angestellte auf Beamte. Einzelne legen sogar noch Schippen drauf

7

BERLIN. Immerhin: Drei Viertel der Lehrer in Deutschland sind Beamte. Nach der Tarifeinigung für die Angestellten im öffentlichen Dienst der Länder Anfang März warteten deshalb viele Kollegien auf Post aus ihrem jeweiligen Finanzministerium: Würde das Resultat – wie von den Gewerkschaften gefordert – 1:1 auf die Beamten übertragen? In der Vergangenheit war das nicht immer der Fall. Geknapst wurde nicht allein bei der prozentualen Höhe der Anpassung. Auch die Frage, wann die Anpassung erfolgt, lohnt einen prüfenden Blick. Ein Zeitverzug gehört zu den beliebten Tricks der Haushälter, um ein paar Millionen für den Haushalt zu retten.

Also – wie sieht’s aus? Eine aktuelle Übersicht des dbb Beamtenbund und Tarifunion (Stand: 1. April) zeigt: Die allermeisten Bundesländer übertragen den Tarifabschluss zeit- und volumengleich. In einigen laufen die Verhandlungen noch. Manche allerdings kürzen. Einzelne legen aber sogar noch Schippen drauf.  Eine Übersicht.

Auch die Landesbeamten bekommen mehr Geld – aber wie viel mehr? Illustration: Shutterstock

Bayern war mal wieder vorne: Schon einen Tag nach der Tarifeinigung hieß es in München, dass das Ergebnis 1:1 auf die Beamten übertragen werden. Auch Baden-Württemberg hat mittlerweile nachgezogen – und eine „zeit- und volumengleiche“ Übertragung angekündigt.

Berlin macht es hingegen kompliziert. Das Anpassungsdatum der Tarifeinigung wird 2019 und 2020 nach hinten versetzt – allerdings werden gleichzeitig, um nicht länger gegenüber dem Durchschnitt der Beamtenbezüge in den Ländern hinterherzuhinken, drei Schippen draufgelegt: Jeweils 1,1 Prozentpunkte gibt es  bis einschließlich 2021 jedes Jahr zusätzlich. Dass dann zwar immer noch ein Prozent fehlt, ficht den Finanzsenator offenbar nicht an. Den dbb Beamtenbund und Tarifunion aber schon. „Schluss mit den verhängnisvollen Besoldungstricksereien des Berliner Senats – er schert sich seit Jahren nicht um sein Versprechen, den solidarischen Gehaltsverzicht der Landesbeamten bei der Wiedervereinigung in wirtschaftlich besseren Zeiten zurückzuzahlen“, heißt es dort. „Stattdessen betreibt er Augenwischerei mit verzögerten Anpassungen und will auf Sonderzahlungen ausweichen, anstatt endlich die Besoldungstabelle prozentual anzupassen.“

Die Forderung des Beamtenbundes lautet: „In Berlin ist die sofortige Angleichung der Bezüge an das Bundesniveau oberstes Gebot. Schon über 300 Euro macht der monatliche Gehaltsunterschied zwischen Beamten des mittleren Dienstes bei Bundesund Landesbehörden aus. Kein Wunder, dass eine massive Abwanderungsbewegung eingesetzt hat und der Landesdienst ausblutet.“

Während Brandenburg den Tarifabschluss 1:1 übernimmt – und pro Jahr noch jeweils 0,5 Prozent obendrauf legt –, ist die Situation in Bremen offen. Gespräche laufen. Der dbb „fordert die Anerkenntnis des Senats, dass die Besoldung in Bremen in vielen Bereichen verfassungswidrig ist und die anhängigen Verfahren zur amtsangemessenen Alimentation durch eine entsprechende Erhöhung der Besoldung und Versorgung in 2019 korrigiert wird. Dazu sollte als erster Schritt das ausgehandelte Tarifergebnis in vollem Volumen zeitgleich für die Beamten und Versorgungsempfänger gelten. Zusätzlich hat der Senat die Pflicht, den Besoldungsabstand zwischen dem Bund und den Ländern zu verkürzen und on top 2 % zusätzlich die Vergütung zu erhöhen.“

Hamburg übernimmt das Tarifergebnis 1:1. Hessen auch – lässt die Lücke aus den Jahren 2015 und 2016, als sich Wiesbaden aus der Tarifgemeinschaft der Länder ausgeklinkt und Bezüge-Erhöhungen verweigert hatte, allerdings bestehen. Für den dbb ein Unding. Er fordert, „den Rückstand bei der Besoldung und der Versorgung aus den Jahren 2015 und 2016 von rund 3,5 Prozent“ aufzuholen.

In Mecklenburg-Vorpommern hatte man sich bereits im Rahmen der letzten Besoldungsanpassung auf eine zeit- und wirkungsgleiche Übernahme des Tarifergebnisses verständigt – abzüglich von 0,2 Prozent für den „Aufbau der Versorgungsrücklage“. Weiter heißt es in Schwerin: „Für die Jahre 2020 bis 2022 beabsichtigt die Landesregierung ebenfalls die Tarifergebnisse zeit- und wirkungsgleich zu übertragen, jedoch steht diese Absicht unter dem Vorbehalt gravierender Verschlechterungen der finanziellen Lage des Landes.“

Niedersachsen übernimmt den Tarifabschluss volumengleich – verschiebt das Inkrafttreten aber um zwei Monate. Nordrhein-Westfalen übernimmt volumen- und zweitgleich. Rheinland-Pfalz auch – und legt sogar noch zweimal drauf. Das Land habe „in den Anpassungsleitlinien vom Juni 2018“ beschlossen, eine „außerordentliche Besoldungsanpassung“ um jeweils 2 Prozent zum 01.07.2019 und zum 01.07.2020 vorzunehmen. „Dies ist eine große und bewusste Kraftanstrengung für den Landeshaushalt, um auch bei der Besoldung der Beamtinnen und Beamten konkurrenzfähige Bedingungen zu bieten und die Zukunftsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu sichern“, erklärte Finanzministerin Doris Ahnen (SPD).

„Sehr schwieriges Haushaltsjahr“

Im Saarland laufen die Gespräche noch. Zwar hat die Landesregierung angekündigt, dass sie sich künftig „weiterhin an den Tarifergebnissen orientieren wolle. Ob aber eine Übernahme des Ergebnisses für das „sehr schwierige Haushaltsjahr 2019“ möglich sein wird, bleibt offen. Der dbb findet deutliche Worte: „Das Saarland ist Schlusslicht im Besoldungsranking. Seit 2011 beträgt der lineare Abstand zum TV-L 2,6 %. Wir brauchen einen Fahrplan, wie wir wieder Anschluss an die anderen Länder und an den TV-L finden. Ansonsten suchen sich die Beamtinnen und Beamten im Rahmen des Wettbewerbs den Weg selbst.“ Raus aus dem Saarland eben.

Sachsen und Sachsen-Anhalt übernehmen das Ergebnis 1:1.  Schleswig-Holstein nicht. Die Einigung der Landesregierung und der Spitzenorganisationen sieht niedrigere Erhöhungen als bei den Angestellten vor: zum 01.01.2019 um 3,01 %, zum 01.01.2020 um 3,12 % und zum 01.01.2021 um 1,29. %. Der dbb Schleswig-Holstein klagt: „Wir sind noch immer der Absenkung des Besoldungsniveaus ausgesetzt, die vor zehn Jahren durch die Kürzung bzw. Streichung des Weihnachtsgeldes vorgenommen wurde. Trotz sprunghaft gestiegener Steuereinnahmen warten wir vergebens auf eine in Aussicht gestellte Korrektur. Maßnahmen werden durch vage Ankündigungen ersetzt. Wir wollen endlich echte Ergebnisse. Alles andere ist ein Angriff auf Werte wie Vertrauen und Fairness.“

Thüringen übernimmt den Tarifabschluss zeit- und volumengleich. Agentur für Bildungsjournalismus

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Hintergrund

Das Tarifergebnis vom 2. März 2019 mit den Ländern sieht eine Erhöhung der Tabellenwerte um insgesamt 8,0 % vor – bei einer Laufzeit von drei Jahren.

  • ab 01.01.2019: Einkommenserhöhung von 3,2 % Volumen (Azubis 50 €), mindestens jedoch 100 €;
  • ab 01.01.2020: Einkommenserhöhung von 3,2 % Volumen, mindestens 90 € (Azubis 50 €);
  • ab 01.01.2021: Einkommenserhöhung von 1,4 % (Volumen), mindestens 50 €

 

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

7 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
drd
5 Jahre zuvor

Baden-Württemberg fehlt

Hans Hebbel
5 Jahre zuvor

Von den mindestens jedoch 100€ ist bei der Über tragung des Taifergebnisses auf Beamte plötzlich keine Rede mehr.

dickebank
5 Jahre zuvor
Antwortet  Hans Hebbel

Wieso auch, dieser Betrag ist doch als tarifliche Zulage zur Angleichung der Entgelten der Angestellten gedacht, um die Schere zwischen Tarifbeschäftigten und Beamten auf der Basis von Netto zumindest etwas zu schließen.

Reisinger850
5 Jahre zuvor
Antwortet  Hans Hebbel

Und dieser Betrag hätte doch für keinen Lehrer ab A12 Relevanz oder

Heiko Bleckwehl
5 Jahre zuvor

Was ist mit der
Freien Hansestadt Bremen?