Länder blamieren sich bei der Entwicklung von Schulclouds – ein neues IT-Millionengrab hat sich aufgetan

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STUTTGART/DÜSSELDORF. Scheitern die Länder an der Entwicklung von Lösungen für die Vernetzung von Schulen? In Baden-Württemberg hat sich ein weiteres IT-Millionengrab aufgetan: Nach den Problemen mit der Bildungsplattform „ella“ erweist sich nun auch eine Software zur Schulverwaltung als Kostentreiber. Auch in Nordrhein-Westfalen läuft es mit dem Schulportal „Logineo“ nicht rund: Eigentlich sollte das Projekt bereits Anfang 2017 starten. Zuletzt hieß es: Im Frühjahr 2019 könne es endlich losgehen. Jetzt ist Mai – und einen konkreten Starttermin gibt es noch immer nicht.  

Kein Anschluss unter dieser Adresse. Illustration: Shuttesrstock

Ein IT-Programm für die Schulen in Baden-Württemberg ist deutlich teurer geworden als erwartet. Es geht um die Software Amtliche Schulverwaltung Baden-Württemberg (ASV-BW), die Schulen Verwaltungsarbeit abnehmen und der Politik die Erfassung von Schuldaten erleichtern soll. Bis 2018 sind nach einem Bericht des Landesrechnungshofes dafür Gesamtkosten von mindestens 47 Millionen Euro angefallen. Zu Projektbeginn seien nur knapp 4 Millionen Euro veranschlagt worden.

ASV-BW wurde von Baden-Württemberg in Kooperation mit Bayern entwickelt. Die Planungen des Kultusministeriums in Stuttgart von 2006 gingen laut Rechnungshof davon aus, ASV-BW im Schuljahr 2008/2009 einzuführen. Aber: «Die Software wird bis heute nicht flächendeckend eingesetzt.» Nach einer Schätzung nutzten sie nur 410 von insgesamt 4500 Schulen in Baden-Württemberg. «Die Zielvorgaben des Projektes ASV-BW zu Kosten, Zeiten und Leistungen wurden deutlich verfehlt», heißt es in dem Bericht des Rechnungshofes in Karlsruhe, der über die Verwendung von Steuergeldern wacht.

Als mögliche Gründe wurden «Anpassungsbedarfe» genannt, die sich etwa mit der Umstellung vom acht- auf das neunjährige Gymnasium, die Einführung der Gemeinschaftsschule und die Einbeziehung behinderter Kinder in den regulären Schulunterricht (Inklusion) ergaben. Allerdings stellten die Rechnungsprüfer auch «erhebliche Mängel im Projektmanagement» fest. So seien Risiken falsch eingeschätzt worden.

FDP-Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke forderte von der grün-schwarzen Landesregierung Aufklärung dazu, warum ASV-BW nicht läuft. Für ihn handelt es sich um einen weiteren Fall, bei dem die Landesregierung im Management eines IT-Projektes versagt hat. Auch die Bildungsplattform «ella» hatte sich als Problem erwiesen. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) stoppte das Projekt im vergangenen Jahr. Die Bildungsplattform wird nun komplett neu aufgesetzt.

Eisenmann kündigte an, im Landtag ausführlich Stellung zu ASV-BW nehmen zu wollen. Es werde daran gearbeitet, die Software zu verbessern – etwa die Nutzerfreundlichkeit. «Unser gemeinsames Ziel ist es, den Schulen eine leistungsfähige und effiziente Schulverwaltungssoftware zur Verfügung zu stellen, welche die Schulleitungen sowohl funktional wie auch zeitlich entlastet.» Eisenmann will die Software flächendeckend und verpflichtend für die Schulen einführen – zu welchem Zeitpunkt, ist noch offen.

Jedenfalls sei der Verlauf des Projektes seit 2007 nicht zufriedenstellend, räumte das Ministerium ein. Frühere Schwächen beim Management des Projektes seien aber erkannt und angegangen worden.

Logineo: „Das Programm funktiniert problemlos“

Wie sieht es in Nordrhein-Westfalen mit „Logineo“ aus? Laut Philologenverband sollte die schrittweise Umsetzung des Regelbetriebs der Schulcloud für Lehrer am 4. Februar beginnen. Das Schulministerium mag zwar aktuell keinen konkreten Starttermin benennen, sieht die Vorbereitung aber in den letzten Zügen. „Die Pilotphase von Logineo NRW, an der landesweit 20 Pilotschulen aller Schulformen teilgenommen haben, ist abgeschlossen. Der Testlauf war erfolgreich: Das Programm funktioniert problemlos“, so heißt es dort auf Anfrage. Aber: „Für einen landesweiten Regelbetrieb müssen zunächst die umfassenden technischen Unterstützungsmaßnahmen für die Schulen zur Einführung der Plattform in ihr Netzwerk abgeschlossen sein. Mit Beginn der ersten Phase des Rollouts von Logineo NRW an den Schulen in Nordrhein-Westfalen werden derzeit die letzten technischen Vorbereitungen umgesetzt. Dieser Prozess wird durch das Schulministerium koordiniert und ausgeführt von den technischen Projektpartnern.“

Beim VBE nimmt man die Verzögerungen mittlerweile mit Galgenhumor. „Wir wissen, dass das Schulministerium mit Hochdruck an der Inbetriebnahme arbeitet“, erklärt Landesvorsitzender Stefan Behlau gegenüber News4teachers. „Es wäre gut, wenn dies nicht die Zeit in Anspruch nehmen würde, die die Umsetzung des Digitalpakts gebraucht hat. Die Schulen benötigen eine lauffähige Lösung schnellstmöglich.“ Zur Erinnerung. Der Digitalpakt benötigte zweieinhalb Jahre. News4teachers / mit Material der dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Sind private Rechner überhaupt von Lehrern für Dienstangelegenheiten nutzbar? Datenschutzbeauftragte sagt: Nein!

 

 

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4 Kommentare
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D. Orie
4 Jahre zuvor

WAS: „Bis 2018 sind nach einem Bericht des Landesrechnungshofes dafür Gesamtkosten von mindestens 47 Millionen Euro angefallen.“ Ich bin entsetzt! Irgendwo muss ja auch das viele Geld bleiben. Was kann man für diese riesige Summe alles bewirken!

Hugo
4 Jahre zuvor

Ich hoffe die ASV-BW Software wird wie die LUSD in Hessen wird auch von CSC bzw. CSC Ploenzke entwickelt.
Dann dauert es noch weil die Tür für unsere Freunde aus den USA nicht eingebaut ist.

André Stöhr
4 Jahre zuvor

Warum hat man nicht auf die Schulcloude von DigiOnline gesetzt, denn die funktioniert und ist sicher.

Christoph Klein
3 Jahre zuvor

Mangels Fachkompetenz von Entscheidungsträgern, nicht nur im Bereich IT, sondern auch in Sachen Medienpädagogik (da geht es heute nicht mehr nur um bewußt Fernsehen und vorsichtige Facebooknutzung), geht man hier auf allen Ebenen windigen IT-Consultants auf den Leim, die die für sie schnellen und einfachen, und damit profitabelsten, Lösungen amerikanischer Großkonzerne bewerben. So versenkt man wahrscheinlich Milliarden, die mittels Open Source hätten eingespart werden können.

Ganz zu schweigen von den angestrebten, angeblich so rentablen externen Supportlösungen, die verhindern sollen, das hochbezahlte Lehrer für „niedere“ IT freigestellt werden. Stattdessen leisten sie dann das gleiche wie vorher, nur unbezahlt als „First-Level-Support“, und windige Firmen verdienen sich auf Kosten der Lehrer(gesundheit) eine goldene Nase!