Lehrer sollen verhaltensauffällige Schüler in „Time Out“-Gruppen schicken dürfen

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WIEN. Der österreichische Bildungsminister Heinz Faßmann (parteilos) hat ein Maßnahmenbündel angekündigt, um gegen Gewalt und Mobbing an Schulen vorzugehen. Dabei ist vorgesehen, Schüler, „die durch massive disziplinarische Verfehlungen den Unterricht in der Klasse bzw. an der Schule behindern“, zeitweilig aus ihren Klassen herauszunehmen und in  „Time Out“-Gruppen zu schicken – in schweren Fällen einige Wochen lang. Der aktuelle Fall eines Lehrers, der – in offenbar von Schülern aufgenommenen und ins Internet gestellten Videos dokumentiert – die Kontrolle über seine Klasse verloren hatte und schließlich einen Schüler anspuckte, hat laut Faßmann die Initiative beschleunigt.

Immer mehr Kinder zeigen Verhaltensauffälligkeiten. Foto: Shutterstock

Die Situation in Österreich unterscheidet sich nicht von der in Deutschland – auf der einen Seite häufen sich die Klagen von Lehrern über immer mehr Unterrichtsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten, auf der andere Seite fehlen einheitliche, praxisnahe Regelungen für die Schulen im Umgang mit den betreffenden Schülern. Das will Faßmann nun ändern.

Zur Prävention von Verhaltensauffälligkeiten sollen  Teambuilding-Maßnahmen im Klassenverband etabliert werden, inbesondere „an Schnittstellen und bei sich neu konstituierenden Klassengemeinschaften“, wie Faßmann ankündigte. Darüber hinaus solle das Aus- und Weiterbildungsangebot in Sachen Konfliktmanagement, Deeskalationstraining, Soziales Lernen verbessert werden – insbesondere Quereinsteiger in den Lehrerberuf. Der spuckende Lehrer, der nach dem Vorfall zeitweilig suspendiert wurde, war als Quereinsteiger in den Schuldienst gekommen.

Leitfaden für Schulleiter, Lehrer und die Schulaufsicht

Faßmann möchte darüber hinaus gezielte Schulungen und einen Leitfaden für Schulleitungen, Lehrkräfte und die Schulaufsicht zu den rechtlichen Rahmenbedingungen und den praktischen Umsetzungsmöglichkeiten von schuldisziplinarischen Maßnahmen herausbringen. Zudem wird eine Plattform eingerichtet, über die von Mobbing oder Gewalt betroffene Lehrer und Schüler unabhängige Ansprechpartner finden können. Auch sollen Lehrer zu Streitschlichtern qualifiziert werden.

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In einer „Cool Down“-Phase soll es möglich sein, Schüler zur Deeskalation aus einem Klassenverband herauszunehmen und „Time Out“-Gruppen zuzuweisen, die von Sozialpädagogen betreut werden. „Eine ‚Time Out‘-Gruppe an einem Schulstandort bewegt sich im Ausmaß von 5 bis maximal 8 Schülerinnen und Schüler. Im Fall einer geringeren Anzahl sollen auch regionale oder individuelle Lösungen angewandt werden können. Eigens geschultes Personal zur Leitung der Gruppen wird zum Einsatz kommen“, so kündigte Faßmann an.

Das Instrument soll flexibel gehandhabt werden. Die Zuweisung in eine „Time Out“-Gruppe könne bedeuten, dass eine Schülerin oder ein Schüler lediglich ein-, zweimal in der Woche an entsprechenden Maßnahmen der „Time Out“-Gruppen teilnimmt, ansonsten jedoch in der Regelklasse verbleibt. „Es wird jedoch auch Fälle geben, in denen es notwendig erscheint, dass zunächst die gesamte Unterrichtszeit in der ‚Time Out‘-Gruppe verbracht wird und erst nach einigen Wochen eine schrittweise – und gut begleitete – Rückkehr in die Klasse erfolgt.“ Zum kommenden Jahreswechsel sollen Pilotmodelle für „Time Out“-Gruppen an den Start gehen. Agentur für Bildungsjournalismus

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

In immer mehr Schulen droht Kontrollverlust: “Mobbing, Übergriffe und Verhaltensauffälligkeiten bringen viele Lehrer an ihre Grenze”

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4 Kommentare
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klexel
4 Jahre zuvor

Da hat jemand das Prinzip des Time-Out-Konzepts nicht verstanden.
Von einer Extraklasse und mehreren Wochen ist beim Time-Out-Konzept nicht die Rede. Es handelt sich um eine kurze Zeit, max. 15 Minuten, um sich Reizen zu entziehen und evtl. auch zu reflektieren.
Eine getrennte Gruppe / Klasse mit ausgetickten Schülern wäre da total kontraproduktiv und gar nicht zu handlen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Time-out-Technik

Heinz
4 Jahre zuvor
Antwortet  klexel

Wenn bisherige Konzepte so gut funktionieren würden, dann würde es diesen Vorschlag wohl nicht geben, einen Schüler 15min. vom UR ausschließen kann wohl auch jeder Lehrer jetzt schon, auch wenn für den Lehrer diesbezüglich immer ein gewisses Risiko besteht.

Das Problem ist eher, dass seit Jahren immer wieder so getan wird, als würde das Problem hinter dem Pult stehen, und ein Lehrer müsse nur seinen Unterricht ändern, dass es aber Kinder gibt, die einfach in einem sozialem Gefüge nicht klarkommen und schon überhaupt nicht mit bis zu 32 weiteren Klassenkameraden wird in der Regel verschwiegen.

Herr Mückenfuß
4 Jahre zuvor

Gibt’s ja gar nicht, das muss natürlich Time-Out-Gruppe heißen. Auf Deutsch hätte es ja auch keiner verstanden (Auszeitgruppe oder ähnlich).

Unglaublich, wie manche Leute sich ihrer eigenen Sprache schämen!

jurwint
4 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Ich verstehe Ihre Kritik gut, Herr Mückenfuß. Diese vielen unnötigen englischen Ausdrücke sind ein echtes Problem für die Schüler, denn sie widersprechen ja vielen Rechtschreibregeln, die wir versuchen beizubringen. Nehmen wir mal nur den oder das „Time Out“. Hier wird ein „ei“ plötzlich als „i“ geschrieben und ein „au“ plötzlich als „ou“. Durch den massenhaften Gebrauch solcher Wörter in der Alltagssprache werden deutsche Rechtschreibregeln quasi ad absurdum geführt. Ein Regelverständnis lässt sich so kaum noch aufbauen.

Vielleicht haben heutige schlechte Rechtschreibleistungen auch damit zu tun.