Streit ums Mathe-Abitur: Auch Hamburg vergibt jetzt bessere Noten

4

HAMBURG. Aktuelle Zwischenergebnisse einer Überprüfung des von Schülerprotesten begleiteten Mathe-Abiturs haben laut Hamburger Schulbehörde ergeben, „dass zwei der vier in Hamburg eingesetzten Mathematik-Abiturklausuren zu schwer waren“. Die Konsequenz: Die Noten werden angehoben. Schon die zuvor erfolgte Ankündigung, Nachprüfungen anzubieten, hatte für Unmut beim Deutschen Lehrerverband gesorgt – er stellte die Gerechtigkeitsfrage.

Es geht aufwärts mit den Noten – in zwei Bundesländern jedenfalls. Illistration: Shutterstock

Hamburg setze seit drei Jahren in Mathematik ausschließlich Aufgaben ein, die von einer Kommission auf Bundesebene entwickelt wurden, so heißt es in einer Mitteilung der Schulbehörde.. Bislang habe es dabei keine Auffälligkeiten gegeben: Hamburgs Schülerinnen und Schüler erzielen bei den neuen Bundes-Abiturprüfungen Durchschnittsnoten zwischen 3,1 und 3,4 – nicht schlechter und nicht besser als die anderen Länder.

„In diesem Jahr aber führen die Bundesaufgaben in bestimmten Zusammensetzungen bei den Klausuren auf grundlegendem Niveau (Grundkurs) zu einer Überforderung der Schülerinnen und Schüler. Das hat das für die Bundesaufgaben zuständige Institut für Qualität im Bildungswesen (IQB) gegenüber der Hamburger Schulbehörde jetzt bestätigt. Deshalb soll der Bewertungsmaßstab für diesen besonderen Fall angepasst werden. Für die Schülerinnen und Schüler bedeutet das, dass ihre Klausuren besser bewertet werden als ursprünglich geplant“, so heißt es.

Lehrer wiesen auf „Unwucht“ hin

Hamburger Schulleitungen und Mathematik-Lehrkräfte hätten in der letzten Woche bereits auf „die Unwucht in den Klausuren“ hingewiesen. Während die Klausuren auf erhöhtem Niveau (Leistungskursniveau) im Großen und Ganzen angemessen waren, seien die Klausuren auf grundlegendem Niveau in der zur Verfügung stehenden Zeit kaum zu schaffen gewesen.

Anzeige

Vor diesem Hintergrund habe die Schulbehörde hierzu den Austausch mit den Schulleitungen der weiterführenden Schulen gesucht und das KMK-Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB Berlin) um eine Überprüfung und gegebenenfalls um die Zulassung einer Anpassung des Bewertungsmaßstabes für die Mathematik-Klausur auf grundlegendem Niveau gebeten. Ergebnis: „Das IQB Berlin ist den Hinweisen Hamburgs gefolgt, hat eine Überprüfung vorgenommen und empfiehlt den Ländern in diesem besonderen Fall eine Anpassung des Bewertungsschlüssels für das Mathematikabitur auf grundlegendem Niveau (Prüfungsdatum 3. Mai 2019).“

Die Schulbehörde wird nun umgehend eine entsprechende Anpassung des Bewertungsschlüssels vornehmen. Alle Stadtteilschulen und Gymnasien seien entsprechend informiert worden und würden ihrerseits jetzt die betroffenen Schülerinnen und Schüler ansprechen und beraten. Auch weiterhin bestehe die Möglichkeit, dass Schülerinnen und Schüler, die die Mathematik-Abiturprüfung auf grundlegendem Niveau abgelegt hatten, ihre Note im Rahmen einer mündlichen Prüfung verbessern können.

Diese Regelung – sowie die Ankündigung des Saarlands, ebenfalls den Bewertungsmaßstab anzupassen – war von Heinz-Peter Meidinger, dem Präsidenten des Deutschen Lehrerverbands, scharf kritisiert worden. Er betonte, dass er den Abiturienten, die jetzt begünstigt würden, zwar die besseren Noten gönne. Allerdings seien jetzt diejenigen Prüflinge benachteiligt, deren Landesregierungen dem Druck der Schülerproteste nicht nachgegeben hätten (News4teachers berichtete). Er fügte an: „Es ist zu befürchten, dass wir es zukünftig jedes Jahr wieder mit einer Flut von Online-Petitionen zum Schwierigkeitsgrad verschiedener Abiturprüfungen samt anschließend differierender Reaktionen betroffener Bundesländer zu tun bekommen werden. Von vergleichbar konzipierten und bewerteten Abiturprüfungen sind wir weiter entfernt denn je.“

Hintergrund: KMK-Abitur-Aufgabenpool

Seit 2017 entnehmen die Bundesländer Aufgaben für die schriftliche Mathematik-Abiturprüfung aus dem bundeseinheitlichen Pool.

Diese Pool-Aufgaben werden von Experten aller Bundesländer zusammen mit Wissenschaftlern des Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) auf der Basis von Vorschlägen der Bundesländer entwickelt. Sie entsprechen den zwischen allen Bundesländern vereinbarten Bildungsstandards und dienen dazu, die Abiturprüfungen vergleichbarer zu machen. Jedes Land entscheidet selbst, wie viele Pool-Aufgaben und wie viele landesspezifische Aufgaben beziehungsweise Aufgabenteile in den landesspezifischen Abiturprüfungen eingesetzt werden. Hamburg entnimmt seit 2017 für die schriftlichen Mathematik-Abiturprüfungen alle Aufgaben aus dem bundeseinheitlichen Pool und setzt keine eigenen Landesaufgaben mehr ein. 

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Streit ums Mathe-Abi: Meidinger fordert gleiche Bedingungen für alle Prüflinge

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

4 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
Wolfgang Bergmann
4 Jahre zuvor

Wie man hört, geht es um eine Besserbewertung der Matheklausuren um durchschnittlich drei Punkte, also eine ganze Note.
Das ist schon ein wuchtiger Eingriff! Wenn so etwas trotz Verwendung des IQB-Aufgabenpools passieren kann, ist aber etwas gewaltig schief gelaufen!

Wolfgang Kuert
4 Jahre zuvor

Auszug Braunschweiger Zeitung, 05.06.2019, 09:07 Uhr

Niedersachsen will bei Noten im Mathe-Abi nicht nachbessern

HANNOVER. Niedersachsen sieht keinen Anlass, bei den Noten des Mathematik-Abiturs nachzubessern. Dennoch seien die Ergebnisse nicht zufriedenstellend.

GriasDi
4 Jahre zuvor

Konsequenz:
Länderübergreifenden Abi abschaffen oder gemeinsame Lehrpläne und Stundentafeln.

Conny
4 Jahre zuvor

Hat nicht der Hamburger Bildungssenator immer große Töne gespuckt, dass sich HH bei Bildungsqualität und Abitur hinkünftig an Bayern messen werde und messen könne?