Erste Schulbehörde verdonnert Lehrer und Schüler zu vollem Unterricht noch kurz vor den Ferien: Zeugniskonferenzen neu geregelt

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HAMBURG. An vielen Schulen in Deutschland findet vor den Sommerferien faktisch kaum noch regulärer Unterricht statt, weil die Noten bereits feststehen. Eltern kritisieren den „Leerlauf“ – jetzt hat eine erste Schulbehörde reagiert: In Hamburg dürfen Notenkonferenzen künftig frühestens zwei Wochen vor Beginn der unterrichtsfreien Zeit stattfinden.

Eisessen im Unterricht? Darf vor den Sommerferien durchaus mal sein – aber wie oft? Foto: Shutterstock

„Wenn alle Klassenarbeiten und Tests geschrieben sind und alle Zensuren feststehen, könnte an unserer Schule eigentlich die schönste Zeit des Jahres anbrechen. Für viele meiner Kolleginnen und Kollegen ist es aber der blanke Horror. Denn sie wissen nicht, wie sie die Schüler noch beschäftigen sollen“, so verbreitet eine bloggende Lehrerin mit dem Pseudonym „Frau Bachmayer“ vor einem Millionenpublikum auf „Bild“-Online.

Sie selbst nimmt sich da nicht aus: „Vor den Sommerferien ist Leerlauf!“, so meint sie – und bekennt sogar, in dieser Zeit ihre Dienstpflicht zu missachten. „In den Abschlussklassen stehen die Noten eh schon fest. Deshalb habe ich mit ihnen einen Deal: ‚Wenn ihr das nicht an die große Glocke hängt, könnt ihr morgens ausschlafen, und wir treffen uns zur dritten Stunde‘  Meine Schüler sind natürlich begeistert und halten dicht.“ Oder sie deklariere einen gemeinsamen Freibadbesuch als „Wandertag“ oder ernenne eine Eisdiele offiziell zum „außerschulischen Lernort“.

Abgabe der Schulbücher: Volle vier Wochen vor den Ferien

Eltern zeigen sich davon meist weniger angetan als ihre Kinder. So sorgte die Aufforderung eines Gymnasiums in Ulm, die geliehenen Schulbücher doch bitte abzugeben, für Empörung. Denn die „zentrale Buchrückgabe“ war auf einen Termin gelegt worden, der volle vier Wochen vor den Sommerferien lag. „Ständig heißt es, mit G8 habe man kaum Zeit für Wiederholungen. Jetzt, wenn alle Klassenarbeiten geschrieben sind, könnte man Stoff vertiefen. Stattdessen fordert man Bücher zurück und es fällt Unterricht aus“, so zitierte die „Südwest-Presse“ eine wütende Mutter.

Ein gleichfalls zitierter Schulleiter weist den Vorwurf zwar zurück, dass nach den Notenkonferenzen kein sinnvoller Unterricht mehr stattfinde. Dann sei schulorganisatorisch die richtige Zeit für Klassenfahrten und/oder Projektwochen, die für das Sozialverhalten der Schüler nicht zu unterschätzen seien.

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Trotzdem hat eine erste Schulbehörde in Deutschland nun auf Klagen von Elternseite reagiert. Um den Unterrichtsbetrieb noch möglichst lange vor den Sommerferien aufrechtzuerhalten, sollen die Zeugniskonferenzen an Hamburgs Schulen künftig später stattfinden.

„Bis zwei Wochen vor Ferienstart noch voll Unterricht“

„Die neue Regelung sieht vor, dass alle Zeugniskonferenzen frühestens zwei Wochen vor Schuljahresende stattfinden dürfen“, erklärte Schulsenator Ties Rabe (SPD) dem „Hamburger Abendblatt“. Ausnahmen sollen für die Klassen 6 und 10 gelten. „Wegen der eventuellen Schulwechsel, die nach diesen Zeugniskonferenzen anstehen, also der möglichen Abschulung vom Gymnasium und dem Übertritt in die Oberstufe Die Zeugniskonferenzen markierten an vielen Schulen den Endpunkt eines Schuljahres, sagte Rabe. „Die Neuregelung bietet die Gewähr, dass bis zwei Wochen vor Ferienstart noch voll Unterricht läuft.“ News4teachers / mit Material der dpa

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xxx
4 Jahre zuvor

Ich persönlich bin bei der letzten Stunde in einem Kurs vor den Sommerferien großzügig, davor wird normal unterrichtet. Je nachdem, wann die Buchrückgabe ist, kann ich notfalls auch ohne arbeiten. Wofür gibt es Kopierer?

Heinz
4 Jahre zuvor

Genau wie mein Vorredner ziehe ich knallhart Unterricht durch bis zur vorletzten Stunde/Doppelstunde. Wenn ich keine Bücher mehr habe kopiere ich auch… allerdings muss ich dann vorher Kenntnis davon haben, dass die Klasse keine Bücher mehr hat, in der Regel stehe ich dann aber einfach da und die Schüler sagen „Tja, die haben wir gestern alle abgeben müssen.“, da es bei uns keinen einheitlichen Rückgabetermin gibt.

Ansonsten kann ich nur bestätigen, dass Unterricht bis zum Vorletzten Termin eine echt Herausforderung ist, die Stunden sind teilweise so anstrengend, dass man vollkommen fertig ist, wenn die Ferien kommen, das liegt dann allerdings an den netten Kollegen, die schon seit Wochen nur noch Filme schauen und an den Schülern selbst, die einfach nicht lernen wollen, wenn sie dafür keine Note mehr bekommen, oder schlimmer noch an den Schülern, die bereits wissen, dass sie die Schule verlassen müssen, und jetzt machen was sie wollen.
Das mögen Reformpädagogen zwar nicht gerne hören, aber 2/3 der Kinder in der Pubertät wollen eben nicht das lernen, was in der Schule gelehrt wird, übrigens auch vollkommen unabhängig von der Sozialform oder der Methode.

Auf der anderen Seite bin ich jemand der Struktur und Planbarkeit liebt, für mich wäre es der totale Horror, schon wochenlang vorher nur noch andere Dinge zu machen, die Kinder langweilen sich doch sogar nach 15min. wenn sie mit einem Ball spielen, deshalb ist jeder NORMALE Unterrichtstag für mich ein guter Tag 🙂

Herr Mückenfuß
4 Jahre zuvor

Ich habe auch kein Problem damit. Wenn die Noten frühestens 2 Wochen vor Ferienbeginn stattfinden, dann ist aber doch spätestens 3 Wochen vorher Notenschluss, denn man muss ja die Noten für die Notenkonferenzen auch noch ausrechnen. Dann wird aber rund 4 Wochen vorher mehr oder weniger kein Test mehr geschrieben, denn man muss die ja auch noch kontrollieren, bevor man die Noten ausrechnet, bevor man sie dann in der Notenkonferenz bespricht.

Palim
4 Jahre zuvor

Termine für die Buchabgabe gibt es nicht, das macht jedeR selbst und niemand bei uns ist für den Unterricht an ein Buch gebunden, das ist Beiwerk. Warum man einen Rahmen aufgeben sollte, weil Noten festgelegt sind, verstehe ich nicht. Diesen Rahmen für den Unterricht setzt die Lehrkraft.

Vor einigen Jahren gab es in Nds. die Zeugnisse für Klasse 4 bereits 6 Wochen vor den Ferien, weil sie als Übergangszeugnisse für die SekI dienten. Das bedeutete, dass man nach Klassenarbeitsstress am Ende noch 6 Wochen Zeit hatte für anderes.
Da _kann_ man natürlich den Eindruck erwecken, es liefe nichts mehr, aber man _kann_ auch ganz deutlich Schwerpunkte setzen und den Kindern erläutern, dass man abseits von Arbeiten die Zeit sehr sinnvoll nutzen kann. Unabhängig von den üblichen Querelen der Distanzierung von Regeln bei SuS, die (alle) die Schule wechseln, waren dies immer sehr schöne Schulwochen.
Vorteil war auch, dass man in diesen Wochen auch die Organisation für das 1. Schuljahr nebenher besser schaffen konnte, da die Zeugnisse, Laufbahnberatungen etc. vom Tisch waren.
Inzwischen zählen die Halbjahreszeugnisse für den Übergang und auch die 4. Klässler bekommen ihre Zeugnisse wieder am letzten Tag vor den Ferien.

Die Frage ist vielmehr, warum ZK so früh angesetzt werden.
Wenn LuL und SL am Ende des Schuljahres _nur_ Zeugnisse machen müssten, wäre womöglich viel gewonnen. Da aber noch Stellenbesetzungen, das Abordnungskarussell, ein neuer Stundenplan, Organisation von Räumen/ Ausziehen/ Umziehen, Abschlüsse/ Verabschiedungen, Kennlerntage und eine Menge anderes anstehen, werden wohl etliche SL froh sein, wenn sie die Zeugnisse rechtzeitig auf den Tisch bekommen, alle gelesen und unterschrieben haben, und die LuL, wenn sie neben der übrigen Arbeit die Wortgutachten fertig getippt+gedruckt und die fertigen Zeugnisse kopiert und abgeheftet haben. Da gäbe es sicher Möglichkeiten, die alles anders zu gestalten!

Oder gibt es speziell in HH einen anderen, hier nicht bedachten Grund?

Küstenfuchs
4 Jahre zuvor

Ich habe keine Ahung, wie das in anderen Bundesländern ist, an meiner Schule ist das so:
Zeugniskonferenzen: Mittwoch/Donnerstag in der vorletzten Woche,
Bücherabgabe: Freitag vorletzte Woche/Montag letzte Woche

Da gibt es doch keinen Grund, nicht wenigstens in der vorletzten Woche noch richtigen Unterricht zu haben. In der letzten Woche sind wir angehalten, Ausflüge usw. zu machen anstatt im Mai/Juni.

Das ist einfach und funktioniert gut.

Biene
4 Jahre zuvor

Meine SuS waren ganz entgeistert als ich ihnen mitgeteilt habe, dass sie sich gar nicht erst daran gewöhnen sollten, in den letzten Stunden vor den Ferien (Sommer) noch Spiele oder Filme in meinem Unterricht zu machen/schauen. Weil es dieses bei mir nicht gibt.
Ich persönlich bin durchaus dafür, dass auch am letzten Schultag vor den Ferien noch Leistungsnachweise geschrieben werden sollten, damit die SuS nicht auf dumme Gedanken kommen. Diese Noten kommen dann als „Vornoten“ für das neue Schuljahr mit. Für die Hauptfächer wäre das bestimmt sinnvoll.
Und SuS, die bereits wissen, dass sie die Schule verlassen: Das Sozialverhalten sollte erst am letzten Tag eingetragen werden.
Außerdem wäre es auch sehr von Vorteil, wenn die „wütenden“ Eltern sich nicht nur vor den Ferien um den Wissens- und Leistungsstand ihrer Kinder kümmern.
Ich bin Lehrer geworden, weil ich den SuS etwas beibringen wollte nicht um unfähigen Eltern hinterherzuerziehen!

ysnp
4 Jahre zuvor

Da habe ich es als Klassenlehrkraft mit vielen Fächern gut. Mir geht es dann meistens so, dass ich in dem einen oder anderen Fach noch dringend etwas fertig machen muss: ein Kunstbild, ein Englischkapitel, einige Seiten im Arbeitsheft, Karteikarten, ausgefallene Musik- und Englischstunden nachholen, ein HSU- Thema fertigmachen, Geburtstagsfeiern, etwas vorlesen etc. In der Grundschule hat man das Gefühl, dass man am Ende des Schuljahrs nie mit allem durch ist. Da wird es nie langweilig und man muss nicht nach Beschäftigungen suchen. Zum Filme anschauen ohne im Unterricht eingebunden sein hätte ich gar keine Zeit.
Eher hat man nicht die Ruhe, weil man da oft auch irgendwohin zu irgendwelchen Aktionen muss.
Was mich zusätzlich nervt in den letzten beiden Wochen, ist, dass mir immer Kinder abgezogen werden: Da gibt’s für die Schulsanitäter eine Belohnungsfahrt ins Kino oder die Kinder, die an irgendwelchen Theaterstücken oder Musikaufführungen teilnehmen, müssen proben. In Ruhe ist kaum mehr Unterricht möglich, wo man alle Schüler zusammen hat. Zudem muss man in den letzten beiden Wochen richtig noch Termine suchen, wo man mit der ganzen Klasse einmal einen Tag von der Schule weg sein kann (Ausflug oder Schwimmbad).
Ich bin ebenso dagegen, dass Schüler und Eltern meinen, wenn nichts mehr geschrieben wird, ist alles gelaufen. Es geht doch auch und vor allem um den Unterrichtsstoff! Und den hat man mit der letzten Leistungsüberprüfung nicht abgeschlossen. Da bleibt noch genug übrig. Man kann ihn danach ja etwas anders aufbereiten.
Als Fachllehrer würde ich allerdings die letzte Stunde vor den Ferien auch anders gestalten. Das war schon immer so Tradition. Meistens lief auf ein Quiz oder einen Film hinaus.
Auch nervig: Im Radio werden die Schultage bis zu den Ferien heruntergezählt. Alles das suggeriert, dass jetzt nichts mehr Sinnvolles in der Schule getan wird.

Palim
4 Jahre zuvor
Antwortet  ysnp

Das hast du gut geschrieben! Ich stimme in allem zu. Mir geht es genauso.

UND ich denke, dass manche SuS und gerne auch Eltern meinen (auch sonst), wenn nicht ins Heft geschrieben würde/wurde, hätte kein Unterricht stattgefunden. Auch im Fachunterricht darf dann gerne mehr als sonst „Ausgefallenes“ dabei sein.

A. H.
4 Jahre zuvor

Bei uns (eine FOS/BOS in Unterfranken) ist der Notenschluß eine Woche vorm letzten Schultag (die Konferenz entsprechend am Dienstag drauf) und Bücherrückgabe ist in der Schulstunde vorm Zeugnis (also am letzten Schultag).

Von daher findet bei uns nich in der letzten Schulwoche Unterricht statt….

Rainer A.J.Burger
4 Jahre zuvor

Wir führen unsere Klassen an einer Realschule in Baden-Württemberg zweijährig. So bin ich alle zwei Jahre Klassenlehrer einer neunten Klasse. Ende des Schuljahres gibt es immer jede Menge Vorbereitungen für das 10 Schuljahr da in diesem Schuljahr mannigfaltige Prüfungen anstehen die nicht früh genug vorbereitet werden können…. Leerlauf stillstand gibt es nicht!