„Strohfeuer“ Digitalpakt? GEW-Studie: Bedarf der Schulen liegt viermal so hoch

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BERLIN. Zwischen den in Aussicht gestellten 5,5 Milliarden Euro aus dem Digitalpakt von Bund, Ländern und Kommunen und der erforderlichen Summe für die Mindestausstattung aller allgemein- und berufsbildenden Schulen bis 2024 klafft laut einer Studie der GEW eine dramatische Lücke. Für die allgemeinbildenden Schulen werden demnach in den kommenden fünf Jahren 15,76 Milliarden Euro benötigt, für die berufsbildenden Schulen 5,265 Milliarden Euro. Daraus ergibt sich ein Gesamtbedarf von 21,025 Milliarden Euro – und mit Blick auf die bisher eingeplanten Mittel eine Differenz von rund 15 Milliarden Euro. Die GEW fordert daher eine Verstetigung des Digitalpaktes. Sonst sei er nur ein Strohfeuer.

Viel Rauch um wenig? Der Digitalpakt gerät in die Kritik. Foto: Shutterstock

Der Leiter des Organisationsbereiches Berufliche Bildung und Weiterbildung beim GEW-Hauptvorstand, Ansgar Klinger, und der Referent für Bildungspolitik der GEW Hessen, Roman George, kalkulierten für die durch die Initiative Bildung. Weiter denken! unterstützte und am Montag in Berlin vorgestellte Studie erstmals den jährlichen Finanzbedarf für eine angemessene digitale Ausstattung der Berufsschulen. Zudem legten sie eine ländergenaue Aufteilung der Kosten auf alle Schulträger und die Länder selbst vor.

IT-Infrastruktur der Schulen muss regelmäßig gewartet werden

„Die Digital-Pakt-Mittel reichen rechnerisch gerade aus, um in den nächsten fünf Jahren die digitale Mindestausstattung der berufsbildenden Schulen zu finanzieren. Für die allgemeinbildenden Schulen bliebe dann kein Cent mehr übrig“, sagte Klinger. Allein an den Berufsschulen gebe es einen jährlichen Mehrbedarf von 1,05 Milliarden Euro. „Auch die Unternehmen sehen wir in der Verantwortung. Sie sollen sich für die Ausstattung der Auszubildenden mit digitalen Endgeräten jährlich mit 169 Millionen Euro beteiligen“, forderte George.

Ein großer Anteil des Gesamtbedarfs fällt laut Studie indes nicht für Hard- und Software an, sondern für Personalkosten wie den IT-Support. Dabei handelt es sich um laufende Aufwendungen: Die IT-Infrastruktur muss regelmäßig gewartet und aktualisiert werden. „Der nicht hinlänglich sichergestellte IT-Support könnte sich als Achillesferse des Digitalpakts erweisen“, bilanzieren die Experten. Der Verwaltungsvereinbarung zum Digitalpakt zufolge sind unmittelbare Personal- und Sachkosten für Betrieb, Wartung und IT-Support nicht förderfähig.

IT-Fachkräfte für Schulen? Gibt der Arbeitsmarkt derzeit nicht her

Die GEW kalkuliert den IT-Support mit 180 Euro pro Schülerin oder Schüler im Jahr als den mit Abstand größten Kostenblock. Angesichts des angesetzten Bedarfs von einer Stelle pro 300 bis 400 Endgeräte muss für die berufsbildenden Schulen mit ihren knapp 2,5 Millionen Schülerinnen und Schülern zudem mit einem Personalbedarf von 6.200 bis 8.300 Vollzeitstellen für IT-Fachkräfte gerechnet werden. Diese Expertinnen und Experten fehlen dem Arbeitsmarkt allerdings derzeit.

Weitere Ergebnisse der Studie „Mehrbedarfe für eine adäquate digitale Ausstattung der berufsbildenden Schulen im Lichte des Digitalpakts“:

  • Eine adäquate digitale Ausstattung beruflicher Schulen kostet pro Schülerin oder Schüler bei teilzeitschulischer Ausbildung 387 Euro im Jahr, bei vollzeitschulischer 470 Euro.
  • Die jährlichen Kosten einer solchen Ausstattung variieren von Bundesland zu Bundesland. Für Nordrhein-Westfalen wird mit 238 Millionen Euro die höchste Summe angesetzt, für Bremen mit zehn Millionen Euro die niedrigste. Insgesamt ergibt sich ein Wert von etwas mehr als einer Milliarde Euro.
  • Differenziert nach Kostenträgern müssten kommunale Schulträger 696 Millionen Euro pro Jahr aufwenden, Unternehmen 169 Millionen Euro, Privatschulen 105 Millionen Euro und die Länder 83 Millionen Euro. News4teachers

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4 Kommentare
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Pälzer
4 Jahre zuvor

Die GEW macht es wie immer: mehr fordern als angeboten wird. Die Macht der Gewohnheit …

xxx
4 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

Das machen Gewerkschaften bei Lohnverhandlungen auch immer.

Pälzer
4 Jahre zuvor

Man muss konkretisieren, was man haben will. Überall schreiben sie „Digitalisierung“, aber was ist gemeint? Zwischen „funktionierendes WLAN für die Lehrer“ und „ein IPad für alle Schüler“ ist viel Luft, und vielleicht will auch endlich mal jemand die vielen tausend nötigen software-Lernprojekte anfangen??
Die Hauptsache jedenfalls ist das, was derzeit nicht bezahlt wird: Mitarbeiter, welche die Technik am Laufen halten. Sollte es sie, wie hier angedeutet, auf dem Arbeitsmarkt gar nicht geben, dann haben am Ende nur die chinesischen Hardwarelieferanten etwas von den Milliarden gehabt.

FElixa
4 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

„Sollte es sie, wie hier angedeutet, auf dem Arbeitsmarkt gar nicht geben, dann haben am Ende nur die chinesischen Hardwarelieferanten etwas von den Milliarden gehabt.“

Natürlich gibt es die. Ist auch nicht sonderlich anspruchsvoll. Es wird sie nur keiner bezahlen und es gibt auch kein Konzept, in welcher Form die Wartung stattfinden soll.

Die GEW schreibt: „Angesichts des angesetzten Bedarfs von einer Stelle pro 300 bis 400 Endgeräte“

Woher kommt diese Zahl? Also bei uns oder anderen Schulen machen das Lehrkräfte. Natürlich mit Zeitaufwand verbunden, aber beileibe keine Vollzeitstelle nur für die Wartung von Endgeräten.

GEW: „Eine adäquate digitale Ausstattung beruflicher Schulen kostet pro Schülerin oder Schüler bei teilzeitschulischer Ausbildung 387 Euro im Jahr, bei vollzeitschulischer 470 Euro.“

Woraus entsteht diese Summe? Für das Geld kann man jedes Jahr Hardware und Software fast für die gesamte Schule neu kaufen.

Nun gut dann mache ich mal eine kleine Recherche, die man vielleicht hätte hier im Artikel schon einbringen können. Die Studie: https://www.gew.de/fileadmin/media/publikationen/hv/Digitale-Medienbildung/BWd—DigitAusstOffensiveBB-A4-2019-web.pdf

Bei den genannten Kosten handelt es sich um eine Abschätzung, die sich wiederum auf eine Abschätzung einer Studie der Uni Bremen aus dem Jahr 2015 stützt.

Der größte Posten ist dabei eben das IT-Personal. Es wird eine E9-Stelle pro 300-400 Endgeräte angesetzt. Damit würden dann pro SuS Kosten von 180€ pro Jahr enstehen. Das halte ich für sehr realitätsfern.

Bei den Kosten der Endgeräte (120€ pro Jahr) finde ich die Ansetzung von 600€ für ein Notebook, ausgerichtet auf 5 Jahre ebenfalls für realitätsfern.

1. Gerade iPads sind wesentlich günstiger zu erwerben
2. Mit 5 Jahren sollte man bei Endgeräten niemals kalkulieren. Selbst bei langlebigen Apple-Geräten. Ein Notebook in der Preisklasse von 600€ wird in 2-3 Jahren schon erste Probleme bereiten.

Desweiteren fließen Summen hinein, die eigentlich auch schon früher relevant waren: Computerraum, Internetanbindung, Prozesskosten, Präsentationsmedien, Office-Software, etc. Würde man das alles rausrechnen wäre die Summer ca. ein Viertel von dem, was die GEW kalkuliert. Also eben doch nicht viermal so hoch.

Einen Aspekt würde ich dennoch unterstreichen: Folgekosten. Diese werden von der GEW auch nicht groß thematisiert. Die Anschaffung von Endgeräten z.B. ist ja auch nicht einmalig, sondern muss dann alle 3-4 Jahre stattfinden.