Was bringt eine „Dorflehrerprämie“? Zunächst: Kritik – und rechtliche Bedenken

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KIEL/HANNOVER. Die Bonuspläne für junge Lehrer auf dem Lande nehmen Gestalt an – in Schleswig-Holstein jedenfalls. In Niedersachsen, wo ebenfalls eine „Dorflehrerprämie“ eingeführt werden soll, hat das Finanzministerium rechtliche Bedenken erhoben. Kritik kommt von der GEW in beiden Bundesländern.

Das Landleben lockt – Referendare bald auch mit gutem Gehalt? Foto: Schlotti / pixelio.de

Schleswig-Holsteins  Bildungsministerin Karin Prien (CDU) hat ihre Pläne für Regionalzuschläge präzisiert, mit denen sie Lehrer an weniger attraktive Standorten in Schleswig-Holstein locken will. Den Bonus von 250 Euro im Monat sollen Lehramtsanwärter bekommen, die ihren Vorbereitungsdienst an ausgewählten Schulen in den Kreisen Dithmarschen, Segeberg, Herzogtum Lauenburg und Steinburg absolvieren, teilte Prien am Dienstag mit. Der Zuschlag ist ab 1. Februar nächsten Jahres vorgesehen.

Die angehenden Lehrer müssen sich verpflichten, nach Erwerb der Lehramtsbefähigung mindestens fünf Jahre in den genannten Kreisen im Landesdienst zu bleiben. Andernfalls ist das Geld zurückzuzahlen, das für die Dauer des 18-monatigen Vorbereitungsdiensts bestimmt ist.

«Wir schaffen gezielt Anreize in bestimmten Regionen», sagte Prien. «So kann es uns gelingen, Lehrkräfte für Schulen in den Regionen zu gewinnen, die einen besonders hohen Bedarf haben, aber bisher von Bewerberinnen und Bewerber nicht ausreichend nachgefragt werden.» Der Zuschlag ist für ausgewählte Grundschulen und Förderzentren geplant. Das Modellvorhaben soll zunächst über zwei Jahre laufen. «Je Einstellungstermin stellen wir 66 Stellen zur Verfügung», sagte Prien. «Ich hoffe auf viele Bewerbungen bis zum 29. September.»

Lehrermangel? GEW: ein Tropfen auf den heißen Stein

Die Lehrergewerkschaft GEW erklärte, sie knüpfe an den Regionalzuschlag keine allzu großen Erwartungen. «Mit Glück werden sich einige junge Lehrerinnen und Lehrer für die Westküste und das Hamburger Umland entscheiden», sagte die Landesvorsitzende Astrid Henke. «Was den generellen Lehrkräftemangel betrifft, bleibt der Regionalzuschlag aber ein Tropfen auf den heißen Stein.»

Der Mangel an Lehrern werde dadurch nicht behoben. «Wir brauchen insgesamt vor allem mehr Bewerberinnen und Bewerber für die Grundschulen und die Förderzentren.» Erforderlich seien bessere Arbeitsbedingungen und eine rasche Anhebung der Besoldung für Lehrer an den Grundschulen. Auch sei die Bindungsfrist von fünf Jahren zu lang. «Das wird viele junge Leute abschrecken.»

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Was ist mit Lehrern, die schon lange auf dem Land arbeiten?

In Niedersachsen hat derweil das Finanzministerium rechtliche Bedenken angesichts der von Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) geplanten Dorflehrerprämie geäußert. Das Besoldungsrecht lasse keine Besserstellung von Lehrern in strukturschwachen Regionen zu, teilte das Ministerium in Hannover am Dienstag mit. Das Einführen einer Dorflehrerprämie habe als Folgeprobleme das rechtssichere geografische Abgrenzen strukturschwacher Regionen und das Schlechterstellen von dort bereits tätigen Lehrern.

Auch in den Lehrerverbänden wird Tonnes Plan skeptisch betrachtet. «Ich sehe erhebliche Schwierigkeiten bei dem Versuch, ein solches Modell mit dem Beamtenrecht vereinbar zu gestalten», sagte die Geschäftsführerin der Gewerkschaft GEW, Heidemarie Schuldt, dem Politikjournal «Rundblick».

Um die Lehrerversorgung im ländlichen Raum zu verbessern, hatte Tonne vor zwei Wochen ein Sonderprogramm angekündigt. Teilnehmen sollen fünf ländliche Regionen mit geringer Lehrerversorgung. Das Land prüft derzeit die Zahlung einer Prämie für Pädagogen, die dort eine Stelle annehmen. Laut Tonne soll es sich um einen «dreistelligen Betrag monatlich» handeln. Auch die Umzugskosten will das Land übernehmen.

Um Lehrern beim Antritt einer Stelle in einer ländlichen Region einen Anreiz zu bieten, sieht das Finanzministerium allerdings die Möglichkeit der Zahlung eines Personalgewinnungszuschlags. Für einen befristeten Zeitraum könne den Lehrern ein Zuschlag von 100 Euro gezahlt werden, vorausgesetzt dass die betroffenen Schulen belegen können, dass sie sonst keinen geeigneten Lehrer finden. News4teachers / mit Material der dpa

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5 Kommentare
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Reisinger850
4 Jahre zuvor

100 Euro

Herr Mückenfuß
4 Jahre zuvor

Dafür dass man eine kostenlose Berufsausbildung vom Staat finanziert bekommt, könnte dieser Staat schon verlangen, dass z.B. Lehrer bereit sind, die ersten Jahre nach ihrem Abschluss dorthin zu gehen, wo sie gebraucht werden.

(Anderenfalls könnte der Staat ja auch mal die Kosten der Berufsausbildung in Rechnung stellen.)

PS: Kann der Staat Beamte nicht sowieso da hinschicken, wo er sie braucht? Oder gelten nur noch die Vorteile des Berufsbeamtentums?

Palim
4 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

Da sich der obige Artikel auf Nds. bezieht:
Der Staat schickt seine Lehrkräfte … vor allem im Referendariat … irgendwohin.
Es gibt Seminarplätze an den Ausbildungsseminaren, man darf Wünsche äußern, muss diese aber nicht erfüllt bekommen, die Schulen liegen im „Umkreis“ des Seminares … wobe „Umkreis“ ein dehnbarer Begriff ist.

Ausgeschriebene Stellen sind dann in der Regel „schulscharf“ , die meisten Stellen werden also über die Schulen besetzt: Die Schulen sichten die Bewerbungen, führen die Gespräche, erledigen eine Menge Papierkram … und erstellen eine Rangliste, in der Landesschulbehörde werden die Listen der Schulen gesichtet und zusammengeführt, den BewerbeIinnen geht die Auswahl zu und sie suchen sich daraus eine Schule aus, an der sie dann eingesetzt werden.
Die 2. Bewerbungsrunde läuft anders ab, aber auch hier können BewerberInnen wählen, ob oder welcher Schule sie zusagen.

Nur sehr wenige Stellen laufen als Bezirksstellen und werden über die Landesschulbehörde besetzt.

Darüber ergibt sich ein Wettbewerb unter den Schulen, bei denen
die abgelegeneren Schulen und die in den Brennpunkten den Kürzeren ziehen,
viel Arbeit mit den Bewerbungen erledigt werden muss,
viel Aufwand besteht, wenn Jahr für Jahr ihre Stellen nicht besetzt werden können und immer neue Abordnungen von anderen Schulen/ Schulformen eingesetzt und eingearbeitet werden müssen,
und es gibt weit weniger Regulierungsmöglichkeiten durch die Landesschulbehörde.

Alternativ müsste es Abordnungen quer durch das Bundesland geben, sozusagen „Busch-Dienst“ statt „Auslandseinsatz“.

Sveshaan
4 Jahre zuvor

Das ist ein bisschen „lustig“ – in NRW wird genau solch eine Zulage offen von der Gew gefordert, um unterversorgte Regionen zu bedienen. Ich halte das für ein großes Problem, da die Bestandslehrkräfte diese Zulage nicht bekommen…

dickebank
4 Jahre zuvor
Antwortet  Sveshaan

In NRW gibt es aber auch schulscharfe Ausschreibungen. Die Schulabteilung der Bez.-Reg. weist die lehrkräfte ja nicht den Schulen zu, sondern die Schulen wählen die Kandidaten, die sich auf die schulscharfe Stellenausschreibung hin beworben haben, selbst aus. Welche Stellen die Schulen ausschreiben, können sie sebst entscheiden. Ob sie Stellen ausschreiben dürfen, ergibt sich aus den SchIPS-Daten (Stellenbedarf), die von der Bez.-Reg. ermittelt werden. Wenn im Auswahlverfahren ein geeigneter Kandidat (m/w/d) von der Schule gefunden worden ist, wird diesem die Stelle angeboten. Unterschreibt der Kandidat, wird seine Ernennung bzw. der Arbeitsvertrag von der Bez.-Reg. ausgefertigt.

Schulen, bei denen die Stellen „leerlaufen“ haben halt Pech gehabt. Um die Attraktivität solcher Stellen, die entweder am AdW – also ganz weit draußen – oder im sozialen Brennpunkt liegen zu erhöhen, sind entsprechende Zulagen mit Sicherheit ein Anreiz, zumal eine Versetzung für verbeamtete Berufseinsteiger (m/w/d) erst nach max. fünf Jahren möglich ist. (drei Jahre bis zur Ernennung auf Lebenszeit und die Möglichkeit der SL einem Versetzungsantrag zweimal zu widersprechen; nach dem dritten in Folge gestellten Versetzungsantrag muss einen die SL ziehen lassen.)

Bestandslehrkräfte haben aber auch die Möglichkeit sich versetzen zu lassen, die müssen ja nicht für immer und ewig an ihrem Einsatzort (Schule) verharren. In der Regel haben sie aber persönliche Gründe dieses zu tun.