IQB-Bildungstrend: Insgesamt sind die Leistungen der Neuntklässler in den MINT-Fächern stabil – aber: Gymnasiasten bauen ab

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BERLIN. In Deutschland sind die von Neuntklässlern erreichten Kompetenzen sowohl im Fach Mathematik als auch in den naturwissenschaftlichen Fächern stabil geblieben. Dies ist das Ergebnis des IQB-Bildungstrends, der Schülerleistungen im Bundesländervergleich erfasst. Dass es angesichts der zunehmenden Heterogenität in den Klassen aufgrund der Steigerung des Migrationsanteils sowie des Anteils der inklusiv beschulten Kinder und Jugendlichen kein Absacken der Leistungen in der Breite gegeben hat, „kann als Erfolg bewertet werden“, so heißt es bei der Kultusministerkonferenz. Einige Bundesländer – und eine Schulform – müssen sich trotzdem Sorgen machen.

Die Leistungen der 15-Jährigen in Deutschland in den MINT-Fächern sind insgesamt auf gleichem Niveau wie 2012. Foto: Shutterstock

Im Vergleich der Ergebnisse von 2012 und 2018 sind in einigen Ländern „ungünstige Entwicklungen“ zu verzeichnen, wie es bei der KMK heißt. Im Fach Mathematik betrifft das fünf Bundesländer – insbesondere Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sowie in geringerem Maße Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. Signifikant positive Veränderungen sind im Fach Mathematik für kein Land zu verzeichnen.

„Für die naturwissenschaftlichen Fächer zeigen die Ergebnisse, dass sich die Anteile der Neuntklässlerinnen und Neuntklässler, die mindestens den Regelstandard erreichen bzw. den Mindeststandard verfehlen, in Deutschland insgesamt ebenfalls nicht signifikant verändert haben“, so heißt es im IQB-Bericht. „Innerhalb der Länder sind jedoch auch hier teilweise deutlich ungünstige Veränderungen zu verzeichnen. In Brandenburg und Sachsen-Anhalt erreicht im Jahr 2018 in nahezu allen naturwissenschaftlichen Fächern und Kompetenzbereichen ein signifikant geringerer Anteil der Schülerinnen und Schüler die Regelstandards und verfehlt ein signifikant höherer Anteil die Mindeststandards. Für das Erreichen der Regelstandards ist ein ähnliches Muster auch in Thüringen zu beobachten. In einigen anderen Ländern sind ebenfalls vereinzelt ungünstige Entwicklungen in den naturwissenschaftlichen Fächern festzustellen.“

Schwächere Leistungen vor allem an den Gymnasien

Insbesondere an den Gymnasien zeigen sich dem Bericht zufolge in nahezu allen betrachteten Kompetenzbereichen schwächere Leistungen. Auffällig sei darüber hinaus die divergierende Leistungs- und Motivationsentwicklung der Jungen und Mädchen, die eines der zentralen Ergebnisse des Bildungstrends ist und daher einer besonderen Aufmerksamkeit bedarf. Insbesondere im Fach Mathematik, aber auch in nahezu allen untersuchten naturwissenschaftlichen Fächern und Kompetenzbereichen sind dabei für Jungen häufiger signifikant ungünstige Entwicklungen zu verzeichnen als für Mädchen. Obwohl Jungen lediglich im Fach Mathematik bessere Leistungen als Mädchen vorweisen, schätzen sie ihr eigenes Können und ihr Interesse in den Fächern Mathematik, Chemie und Physik höher ein.

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KMK: „Die Heterogenität der Schülerschaft bleibt eine Herausforderung“

„Den Schulen in Deutschland ist es gelungen, mit den großen Herausforderungen der vergangenen Jahre gut umzugehen“, betont der Präsident der Kultusministerkonferenz und hessische Kultusminister Alexander Lorz (CDU). „Auch dank dieses Einsatzes konnte das Leistungsniveau der Neuntklässlerinnen und Neuntklässler in Mathematik und den Naturwissenschaften gehalten werden. Wir dürfen uns aber keineswegs zurücklehnen, sondern müssen uns ganz genau ansehen, wo weitere Anstrengungen erforderlich sind, damit wir in Zukunft besser werden. Der IQB-Bildungstrend 2018 liefert hierfür wertvolle und differenzierte Erkenntnisse für jedes einzelne Land. Sehr erfreulich ist die erneute Bestätigung, dass sich Schülerinnen und Schüler mit und ohne Zuwanderungshintergrund in ihren Schulen gut integriert fühlen.“

Die KMK zieht folgende Schlussfolgerungen aus der Studie:

  • „Die Studie ist abermals ein Beleg dafür, dass eine regelmäßige Überprüfung der Kompetenzentwicklung im Rahmen der Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung erforderlich ist, um länderspezifische Handlungsbedarfe zu identifizieren und geeignete Maßnahmen ergreifen zu können.“
  • „Die unterschiedlichen Ergebnismuster in den einzelnen Ländern erfordern deshalb eine sorgfältige und differenzierte Analyse der Befunde vor dem Hintergrund der landesspezifischen Rahmenbedingungen.“
  • „Die Heterogenität der Schülerschaft bildet eine große Herausforderung im Schulalltag. Die Länder werden die Lehrkräfte verstärkt dabei unterstützen, mit dieser Heterogenität konstruktiv und professionell umzugehen.“
  • „Die vorliegende Studie verweist erneut auf die besondere Bedeutung von Sprachförderung für den schulischen Erfolg auch in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern. Hierfür wird auch die Transferphase der gemeinsamen Initiative „Bildung durch Sprache und Schrift“ (BiSS-Transfer) wichtige Unterstützung liefern. Die Bildungssprache Deutsch zu stärken, wird weiter im Fokus der gemeinsamen Arbeit der Länder im Rahmen der Kultusministerkonferenz stehen.“
  • „Die Entwicklung der Unterrichtsqualität muss nach wie vor ein zentrales Ziel bleiben.“
Hintergrund: Der IQB-Bildungstrend

Im IQB-Bildungstrend 2018 untersucht das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) im Auftrag der Kultusministerkonferenz zum zweiten Mal, inwieweit Neuntklässlerinnen und Neuntklässler die länderübergreifend geltenden Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz in den Fächern Mathematik, Biologie, Chemie und Physik in der Sekundarstufe I erreichen.

Durch einen Vergleich mit den Ergebnissen des IQB-Ländervergleichs 2012 ist es möglich zu prüfen, inwieweit sich das Kompetenzniveau der Schülerinnen und Schüler der 9. Jahrgangsstufe in den einzelnen Ländern in einem Zeitraum von sechs Jahren verändert hat. Der IQB-Bildungstrend hatte 2012 den PISA-Bundesländervergleich abgelöst.

Zentrale Ergebnisse der Studie

Die wichtigsten Ergebnisse im Fach Mathematik

  • Rund 45 Prozent aller Schülerinnen und Schüler erreichen bereits in der 9. Jahrgangsstufe mindestens die Regelstandards für den Mittleren Schulabschluss im Fach Mathematik.
  • Knapp ein Viertel der Neuntklässlerinnen und Neuntklässler erreicht zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Mindeststandards für den Mittleren Schulabschluss.
  • Diese Ergebnisse sind gegenüber dem Vergleichsjahr 2012 insgesamt stabil geblieben.
  • Dagegen haben sich an Gymnasien die mittleren Kompetenzwerte gegenüber 2012 ungünstig entwickelt.

Die wichtigsten Ergebnisse für die naturwissenschaftlichen Fächer

  • Im Fach Biologie erreichen oder übertreffen fast 71 Prozent (Fachwissen) bzw. 60 Prozent (Erkenntnisgewinnung) der Schülerinnen und Schüler, die den Mittleren Schulabschluss anstreben, die Regelstandards. Im Fach Chemie erreichen etwa 56 Prozent (Fachwissen) bzw. 64 Prozent (Erkenntnisgewinnung) mindestens die Regelstandards. Im Fach Physik sind es gut 69 Prozent (Fachwissen) und knapp 77 Prozent (Erkenntnisgewinnung).
  • Den Mindeststandard verfehlen in den beiden Kompetenzbereichen im Fach Biologie gut 5 bzw. knapp 8 Prozent, im Fach Chemie fast 17 Prozent bzw. knapp 11 Prozent sowie im Fach Physik fast 9 bzw. fast 6 Prozent der Schülerinnen und Schüler.
  • Für die mittleren Leistungen in den Gymnasien ist in allen naturwissenschaftlichen Fächern außer im Kompetenzbereich Erkenntnisgewinnung im Fach Biologie ein ungünstiger Trend zu verzeichnen.

Leistungsunterschiede nach sozialer Herkunft und Zuwanderungshintergrund

  • Die Kopplung von sozialem Hintergrund und erreichten Kompetenzen hat sich nicht verstärkt.
  • Die Nachteile für Jugendliche aus zugewanderten Familien sind in den naturwissenschaftlichen Fächern stärker ausgeprägt als im Fach Mathematik.
  • Für Jugendliche der zweiten Zuwanderergeneration zeigen sich in den Naturwissenschaften einige positive Entwicklungen, sodass sich die Leistungsunterschiede für diese Gruppe teilweise verringert haben.
  • Die zuwanderungsbezogenen Disparitäten lassen sich zu großen Teilen auf Merkmale der sozialen Herkunft zurückführen.

Nach dem IQB-Desaster: Eisenmann nimmt auch Sek-I-Lehrer in die Pflicht, sich um Rechtschreibung zu kümmern – in allen Fächern!

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Carsten60
4 Jahre zuvor

Soso: Die MINT-Leistungen an den Gymnasien sind schwächer geworden. Das gab’s auch schon bei PISA 2015 in Mathematik. Aber wenn hier jemand sagt, das Niveau an den Gymnasien sei gesunken, gibt’s heftigen Widerspruch, so als dürfe man das einfach nicht sagen. Offenbar ist es aber empirisch belegt.

g. h.
4 Jahre zuvor

Beim Schulvergleich in Mathematik liegen Sachsen und Bayern an der Spitze. Den Erfolg beider Bundesländer schreibt Petra Stanat, Leiterin der Studie, vor allem der Tatsache zu, „dass dort im Schulsystem wenig verändert wird“.
Und was lernen wir bzw. unsere Bildungspolitiker und Schulexperten daraus??
Schlusslichter sind wie gewöhnlich: Bremen und Berlin.

Pälzer
4 Jahre zuvor

Sind die Leistungen denn nun stabil oder stagnieren sie?
Schlechtere Leistungen bei Jungen: ist das ein Grund, sie zu fördern? (siehe Schülerinnentage)

PeterPan314
4 Jahre zuvor

@Carsten: Für mich wäre interessant zu erfahren, wie die Schulformen im Vergleich zueinander abgeschnitten haben. Es wird immer nur davon berichtet, dass das Niveau insgesamt stabil geblieben ist, aber die Gymnasien schlechter wurden. Im Mathematik-Abitur holen Gymnasiasten durchschnittlichen 3 bis 4 Punkte mehr als Gesamtschüler, aber darüber spricht man ja nicht. Hier muss man die Frage stellen, ob der Vergleich bewusst gescheut wird.

@g.h.: Man muss sich auch fragen lassen, welche Faktoren man mit einbeziehen kann. Wie schneiden Bundesländer im Vergleich ab, in denen das Wiederholen („Sitzen-Bleiben“) abgeschafft worden ist oder es keine verbindliche Gymnasialempfehlung gibt? Wenn in NRW Gymnasien existieren, an denen ein Drittel der Schüler nur eine Hauptschulempfehlung hat, muss man sich angesichts eines „Absackens“ nicht wundern.

@Pälzer: Das ist ein ganz heißes Eisen, das niemand anfasst. Jungenförderung gibt es nicht. Dafür gibt es keine Lobby, keine Gelder, kaum Studien und keine Perspektive.
Lesen Sie dazu einmal:
https://www.schulentwicklung.nrw.de/q/upload/Gender/GEW_Bildung_von_Geschlecht_Jungenbenachteil.pdf
Im Endeffekt gibt es die Befunde,
– dass Jungen in der Grundschule bei gleichen Leistungen tendenziell schlechtere Noten erhalten als Mädchen,
– dass Jungen bei gleichen Noten seltener eine Gymnasialempfehlung erhalten als Mädchen und
– dass Jungen an Gymnasien unter- und an Hauptschulen überrepräsentiert sind.
Während schlechtere Leistungen und weniger Interesse von Mädchen im MINT-Bereich zu teilweise obsessiven Förderungen geführt haben, wird bei Jungs zunächst differenziert, analysiert und anschließend ein vielschichtiges Problem erkannt, das nicht nur mit dem Geschlecht verbunden ist. Gleichzeitig werden in der Studie die Einstellung der Jungs, deren Verhalten und deren schlechtere Deutsch-Kenntnisse kurz in den Fokus gerückt, was ein klarer Handlungsauftrag sein sollte, aber dann wieder verworfen wird, denn Einstellung und Verhalten sind eigenverantwortliche Probleme. Dass Deutsch-Kenntnisse wie sinnergreifendes Lesen in fast jedem Fach über Erfolg und Misserfolg entscheiden, könnte ja die Erklärung für schlechtere Leistungen sein, aber hier von Bildungsverlieren zu sprechen oder gar eine gezielte Förderung anzustoßen, möchte man dann nicht, weil es nicht nötig ist.

Carsten60
4 Jahre zuvor
Antwortet  PeterPan314

Hier steht ja der Bericht:
https://www.iqb.hu-berlin.de/bt/BT2018/Bericht
Soweit ich sehe, werden die verschiedenen Schulformen nicht konsequent miteinander verglichen, insbesondere nicht die Gesamtschulen mit den Gymnasien. Man unterschiedet aber zwischen denjenigen SuS, die einen Hauptschulabschluss anstreben, und denen, die einen MSA anstreben.
Die Gymnasiasten allerdings werden auch in PISA-Berichten gegen die anderen gestellt. Sie erreichen normalerweise im Durchschnitt knapp 100 Punkte mehr als die anderen. Bei PISA 2000 erreichten die bayerischen Gymnasiasten in allen drei Testdisziplinen knapp 600 Punkte im Durchschnitt, was damals wirklich als viel gelten konnte. Also kein PISA-Schock in Bayern. Dennoch wurde damals Bayern gescholten, und Gesamtschulsysteme wurden hochgejubelt.

xxx
4 Jahre zuvor
Antwortet  Carsten60

Ein konsequenter Vergleich würde ja der Ideologie widersprechen und als Rasdismus ausgelegt werden.

Gerd Möller
4 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

@ xxx & Carsten 60:
Nein, umgekehrt würde ein Schuh draus: Nur Gymnasien und Nicht-Gymnasien werden zwischen den Ländern verglichen, da nur bei den Gymnasialquoten der Bildungsbeteiligung eine Vergleichbarkeit möglich ist, weil die Bildungsbeteiligungsquoten nur hier annähernd ähnlich hoch ausfallen. Bei den Schulformen außerhalb der Gymnasien besteht in Deutschland ein Flickenteppich von verschiedenen Schulformen, die aufgrund sehr unterschiedlicher Beteiligungsquoten auf Länderebene nicht vergleichbar sind.
Das hat nichts mit Ideologie, sondern mit sorgfältiger methodischer Vorgehensweise zu tun.

Gerd Möller
4 Jahre zuvor
Antwortet  Carsten60

Carsten 60:
Bayern wurde nicht gescholten wegen der guten Ergebnisse der Gymnasiasten, wie Sie das darstellen.
Mit Recht wurde für Bayern – auch für andere Länder – bemängelt, dass die Verteilung der Grundschüler nicht leistungsgerecht erfolgte und auch heute nicht erfolgt, sondern die Aufteilungen in die Schulformen hoch sozial selektiv waren und noch sind:
So überschneidet sich in PISA 2000 etwa die (bessere) Hälfte der getesteten Hauptschüler/innen mit der (schlechteren) Hälfte der Realschüler/innen. Die sind leistungsgleich! Warum landen die einen in der Hauptschule und die anderen in der Realschule? Offensichtlich ist die Sortierung in Schubladen nicht gelungen. Und das war zu einer Zeit, als die Realschüler erst nach der Klasse 6 von den Hauptschülern getrennt wurden.
Noch erstaunlicher: Ein Drittel der Hauptschüler ist leistungsgleich mit einem Drittel der Gymnasiasten!
Damit steht die wichtige Argumentationssäule für das gegliederte Schulsystem auf wackligen Füßen: die Aufteilung in homogene Schülergruppen gelingt überhaupt nicht.
Aber es gelingt leider, einem Teil der Schüler Entwicklungschancen vorzuenthalten, sie dürfen nicht das lernen, was anderen erlaubt ist.

GriasDi
4 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Warum ist dann laut IQB-Studie die Bildungsgerechtigkeit in Bayern mit am höchsten und in Berlin am ungerechtesten?
Es scheint kein Bundesland hinzubekommen.

Carsten60
4 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Herr Möller; Die Leute, die so wie Sie 19;01 argumentieren, ignorieren geflissentlich, dass gerade bei einer niedrigen Gymnasialquote (auch die Schweiz hat eine solche) ein sehr guter Durchschnittswert nur dann möglich ist, wenn gerade auch die Nicht-Gymnasiasten gut sind (im Jargon; hohe Kompetenzstufen erreichen), denn die relativ wenigen Gymnasiasten könnten das in der Statistik sonst nicht rausreißen. Letztlich zählen aber doch die Kompetenzen und nichts sonst?
Da gibt es also Leute (zu denen scheint auch Bertelsmann zu gehören) , die eine hohe Gymnasialquote per se für ein erstrebenswertes Ziel halten, ohne noch zu fragen: was können die denn anschließend? Das Land Berlin ist ein Beispiel, dass auch hohe Abiturquoten mit einem niedrigen Gesamtniveau einher gehen können. Das ist das Gegenteil der Schweiz mit guten Nicht-Gymnasiasten: Aber was ist auf Dauer besser?
Zur Überlappung: Es ist doch sonnenklar, dass man eine Gaußsche Glockenkurve nur dann in zwei oder mehrere Glockenkurven zerlegen kann, wenn diese sich erheblich überlappen. Sonst hätte man ja ein Loch dazwischen. Man beklagt ja auch nicht, dass es Leute in der 2.Fußballliga gibt, die genauso gut kicken wie andere in der 1. Liga. Für die Lehrer (wie auch für die Fu0balltrainer) sind ja wohl die unterschiedlichen Mittelwerte entscheidend, die bei den Schulformen um 80-100 Punkte, also 1-2 Schuljahre differieren können.
Zum Schluss: Ihre Behauptung, das bayerische Schulsystem sei sozal besonders selektiv, müsste mal präzise belegt werden. Die IQB-Vergleichstests scheinen das bei der Tabelle zum sozialen Gradienten nicht herzugeben. Da sieht es bei anderen Ländern schlechter aus.

xxx
4 Jahre zuvor
Antwortet  Carsten60

Volle Zustimmung. Gerade Schüler, die am Gymnasium zum schwächsten Drittel gehören, können auf einer eine Stufe niedrigeren Schulform zu den Besten gehören. Kombination dieser beiden Effekte verbessert die durchschnittliche Leistung sowohl am Gymnasium (Wegfall schwacher Schüler) als auch an der niedrigeren Schulform (Zusätzliche gute Schüler).

Gerd Möller
4 Jahre zuvor
Antwortet  Carsten60

@ Carsten60
Ihr Argument mit den niedrigen Gymnasialquoten trägt nicht: Außer in Deutschland, Schweiz und Österreich gibt es überhaupt keine Schulform-Gliederungen u.a. mit Gymnasien. Dennoch erreichen viele dieser Länder vergleichbare bzw. bessere Leistungen als in Bayern. Es geht also auch ohne ein gegliedertes Schulsystem gute Leistungen zu erzielen.
Aber auch im innerdeutschen Ländervergleich trägt Ihr Argument nicht: In Bayern war im Schuljahr 2017/18 in der 8. Klasse (nur hier gibt es den KMK-Ländervergleich) die Gymnasialquote 31% (zweitniedrigster Wert im Ländervergleich), in Sachsen jedoch 37,9%, das ist der 7. höchste Wert im Ländervergleich. Sachsen erreicht aber ebenfalls Leistungswerte wie in Bayern. Der von Ihnen konstruierte Zusammenhang zwischen kleiner Gymnasialquote und guten Gesamtwerten ist nicht haltbar.

Ihr Argument bei den Überlappungen ist einfach falsch. Natürlich können Zerlegungen einer Verteilung in Teilgruppen sogar elementfrei sein. In Bayern sind die Überlappungsbereiche sehr groß (die Verteilungen liegen eng bei einander), das war mein Argument. Es gibt also viele Schüler in den anderen Schulformen, die die Leistungen der Gymnasiasten erreichen, sie könnten also auch am Gymnasium sein.
Natürlich kommt es auf das Erreichen hoher Kompetenzen in der Schule an. Es geht aber auch darum, ob allen Schülern die gleiche Chance haben, diese Kompetenzen und die damit verbundenen Abschlüsse zu erreichen. Das hierarchisch gegliederte Schulsystem bietet allerdings aufgrund der differenziellen Entwicklungsmilieus nicht allen Schülern diese Chancen. Die Verteilung nach der Grundschule ist nicht leistungsgerecht, sondern sozial gekoppelt. Das war meine Kritik.
Der relativ günstige Gradient in Bayern im Ländervergleich hat mit meinen Argumenten allerdings nichts zu tun.

Wer die Stadtstaaten in die Argumentation einbezieht übersieht, dass diese Städte deutlich schlechtere Ausgangsbedingungen bezüglich der sozialen Zusammensetzung ihrer Schüler haben.

Carsten60
4 Jahre zuvor
Antwortet  Carsten60

Herr Möller: Sie argumentieren mehr und mehr gegen Behauptungen an, die die anderen gar nicht gemacht haben.
1. Ich habe nicht behauptet, dass hohe Durchschnittsleistungen immer mit einer niedrigen Gymnasialquote einhergehen (was Sie als „nicht haltbar“ angreifen). Ich habe nur gesagt, WENN diese beiden zusammentreffen (in Bayern und in der Schweiz ist das so), DANN müssen wohl die Nicht-Gymnasiasten gut sein. Und das ist doch nur zu begrüßen. 80 % schlappe Gymnasiasten und dann 20 % funktionale Analphabeten in den Nicht-Gymnasien will doch auch keiner.
2. Die Leistungsverteilungen in allen Schulformen dürften ungefähr Gaußsche Glockenkurven sein. Es ist aber schon theoretisch nicht möglich, eine Glockenkurve als Summe zweier Glockenkurven darzustellen, ohne dass diese sich erheblich überlappen. Sonst hätte man eine Kamelverteilung mit zwei Höckern und einem Tal dazwischen.
3. Die Ungerechtigkeit eines Schulsystems wird von den Empirikern nun mal mit dem Einfluss des sozialen Gradienten gemessen und nicht mit solchen Sprechblasen zu „Chancen“, wie Sie sie anbieten. Sie müssten mal empirische Zahlen auf den Tisch legen, die die (Chancen-)Ungerechtigkeit in Bayern belegen.
4. Das Gejammere über das Soziale in den Stadtstaaten: Die Stadtstaaten haben in mancher Hinsicht auch eine vorteilhafte Position. Dort sind nämlich (auch unterschiedliche) weiterführende Schulen relativ leicht erreichbar, im Gegensatz zum flachen Land, wo der Weg in die nächste Stadt weit ist und der Bus nur 5 mal am Tag fährt (führt das nicht zu Ungerechtigkeiten bei den Chancen auf dem flachen Land?). Zudem haben die drei Stadtstaaten eine lange Tradition bei den Gesamtschulen (ein Lieblingsthema der SPD-Schulpolitik seit 1969), und Berlin hat sogar seit 1945 die 6-jährige Grundschule mit dem „längeren gemeinsamen Lernen“. Warum eigentlich wirkt sich das nicht positiv aus? Viele glauben daran, aber empirisch ist nichts feststellbar.

dickebank
4 Jahre zuvor
Antwortet  Carsten60

Muss doch gar nicht untersucht werden. Die Gründe sind doch bekannt.
Die Kurse auf E-Ebene (Erweiterungskurse hier in NRW) werden auf dem Niveau, das zum MSA führt, unterrichtet. Der Abschluss für die meisten Gesamtschüler ist der MSA verbunden mit der Fachoberschulreife. Etwa ein Drittel eines Abschlussjahrganges (10. Klasse) erreichen den MSA mit dem Q-Vermerk, der zum Besuch der GOSt berechtigt. Von diesem Drittel haben ca. 25% Mathematik lediglich auf G-Ebene (Grundkurs) abgeschlossen. Die Voraussetzungen zum Besuch der Oberstufe haben sie durch die Einstufung auf E-Ebene in den Fächern Deutsch, Englisch und einer Naturwissenschaft (entweder Chemie oder Physik) erreicht. Dieser Prozentsatz – rund 8% – der Oberstufenschüler an GE ist Teil der Ursache für die im Durchschnitt geingere Punktzahl im Vergleich zu den GY. Für diese Schüler gilt „4 gewinnt“, da sie so die Mindestpunktzahl erreicht und kein Defizit hat.

Corinna
4 Jahre zuvor
Antwortet  PeterPan314

Wieso den Jungs mehr Aufmerksamkeit schenken, obwohl sie in den vergangenen Jahren nachweislich immer mehr hinter die Mädchen zurückgefallen sind? Das würde ja die Gendertheorie gefährden, die das weibliche Geschlecht per se benachteiligt sieht und sogar die Vernunzung unserer Sprache betreibt, wenn sie denn weiblicher gemacht werden kann und angeblich muss.
Wenn eine Ideologie solch verrückte Ausmaße annimmt, ist es schwer, an ihr zu rütteln. Da können die Jungs an unseren Schulen noch so klar ins Abseits gerutscht sein, Ihre Interessen und Bedürfnisse haben gefälligst als unbedeutend zu gelten gegenüber denen von Mädchen und Frauen.

GriasDi
4 Jahre zuvor

Ein interessantes Ergebnis dieser Studie ist ja auch die Frage nach dem Einfluss der sozialen Herkunft auf die Leistungen der Schüler.
Am größten ist dieser Einfluss in Berlin, vergleichsweise gering ist er in Bayern – wer hätte es gedacht? Bayern ist ja immer so ungerecht.

Papa 51
4 Jahre zuvor
Antwortet  GriasDi

Das überrascht mich nicht, sondern deckt sich mit meinem Eindruck, dass überall dort, wo mal wieder ein riesiges Problem an die Wand gemalt und bekämpft wird, genau dieses Problem nicht kleiner, sondern größer wird.
Dass Bayern mit seiner Bildungspolitik falsch liegt, dass diese elitär, ungerecht und fortschrittsfeindlich ist, wird seit Jahren mit schöner Regelmäßigkeit behauptet und von den Tatsachen widerlegt.
Die besserwisserischen Länder wie Berlin und Bremen sollten endlich mal kleinlauter werden und ihre reformversessene Schulpolitik an Realitäten statt schönklingenden Ideologien orientieren.

Siegfried Marquardt
4 Jahre zuvor

Brandenburg ist Schlusslicht beim nationalen Bildungsvergleich 2018 im Fach Mathematik!
Um es vorwegzunehmen: Beim IQB-Bildungstrend 2018, wo insgesamt ca. 45 Tausend Schüler der 9. Klasse aus ca. 1460 Schulen dran teilnahmen, ist Brandenburg im Fach Mathematik Schlusslicht von den 16 Bundesländern und hat sich im Vergleich zu 2012 in den mathematischen Leistungen der Schüler um 11 Punkte (!) verschlechtert, wobei knapp über 24 Prozent der Schüler nicht den vorgegebenen Bildungsstandard erzielten! Um sich ein Bild vom Schwierigkeitsgrad einer Mathe-Aufgabe (verkürzte Darstellung) zu machen: An einer Tankstelle wird der Geldbetrag von 58,51 € für die getankten Liter ausgewiesen. Für jeden Euro sind 73 Cent Steuern zu entrichten. Es sollte hier der Steuerbelastung errechnet werden (die weiteren Angaben, wie Preis pro Liter und getankte Liter erwiesen sich als irrelevant). Die mathematischen Anforderungen, die sich auf Zahlenräume, das Messen und die Geometrie bezogen und das mathematische Formulieren, Problemlösen, Modellieren und Kommunizieren beinhalteten waren vom Schwierigkeitsgrad also zu bewältigen! Positiv ist aber hervorzuheben, dass der Einfluss vom sozialen Status (Gradienten) sich in Brandenburg im Fach Mathematik insgesamt um 15 Punkte verringert hat (von ursprünglich 49 im Jahre 2012 auf 34 Punkte 2018 = 15 Punkte). In der Bunderepublik liegt dieser Wert momentan bei 39 Prozent. Nur rund 45 Prozent der Schüler der Bundesrepublik bewältigten den vorgegebenen Bildungsstandard der Kultusministerkonferenz in den Fächern Mathematik, Physik, Bio und Chemie. Und 31 Prozent erzielten hier nur mit Ach und Krach das Minimalniveau, wo hingeben über 24 Prozent der Schüler das Bildungsziel verfehlte. Führend waren wieder traditionell beim Bildungsvergleich die Schüler aus Bayern, Thüringen und Sachsen. Man muss dem Vorsitzenden der GEW-Brandenburg, Günther Fuchs unbedingt Recht geben, dass das Desaster der Ergebnisse des IQB-Bildungstrend 2018 auf eine verfehlte Bildungspolitik in Brandenburg und darüber hinaus zurückzuführen ist. Auch seine Schlussfolgerungen sind logisch und nachvollziehbar: Die Grundkenntnisse in den einzelnen Fächern müssen immer wieder abgerufen und trainiert werden. Dies heißt üben, üben und nochmals üben! (beispielsweise die Grundrechenarten, das Kopfrechnen,…). Der sogenannte Bildungsexperte, Gordon Hoffman (CDU) lag mal wieder meilenweit mit seiner Diagnose daneben, wie bereits in den Vorjahren beim gescheiterten Mathe-Abi in Brandenburg!
Siegfried Marquardt, Königs Wusterhausen