Es hakt bei der Umsetzung: Digitalpakt-Mittel für die Schulen tröpfeln bisher nur

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BERLIN. Neueste Technik für die Schulen – mehr als fünf Milliarden Euro stehen dafür seit Mai bereit. Ein halbes Jahr nach Inkrafttreten des «Digitalpakts» zeigt eine Umfrage aber: Viel von dem Geld gesehen haben die Schulen bisher nicht. Das hat verschiedene Gründe.

In vielen Schulen ist vom Digitalpakt noch wenig zu spüren. Illustration: Shutterstock

Ein halbes Jahr nach Inkrafttreten des milliardenschweren «Digitalpakts Schule» fließen die Gelder für die Schulen bisher nur langsam. Das hat eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur in allen 16 Bundesländern ergeben. Demnach wurden von den 5,5 Milliarden Euro für die Ausstattung mit schuleigenem Wlan, neuen Laptops oder digitalen Tafeln – sogenannten Smartboards – bisher rund 500 000 Euro abgerufen. Nur in Bremen, Hamburg und Sachsen ist bislang Geld geflossen.

Die Bildungsministerien der Länder erklären das damit, dass die Schulen zuerst schlüssige Medienkonzepte vorlegen und die Mittel dann durch die Kommunen oder Landkreise beantragt werden müssten. Voraussetzung ist zudem, dass die Länder zuerst die Bedingungen für die Vergabe der Mittel in sogenannten Förderrichtlinien festschreiben. Das hat in einigen Ländern bis in den Herbst hinein gedauert. Die Hamburger Bildungsverwaltung verwies auch darauf, dass Kommunen oder Landkreise für ihre Schulen nicht einfach so Tausende neue Laptops kaufen könnten. Solche großen Aufträge müssten öffentlich ausgeschrieben werden.

Qualität gehe vor Schnelligkeit, sagte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) der Deutschen Presse-Agentur. «Die Gelder fließen, wenn die Rechnungen da sind. Das ist das übliche Verfahren bei einer Finanzhilfe.» Entscheidend sei, dass an den Schulen eine Bewegung entstehe. Und diese habe der Digitalpakt bereits ganz klar bewirkt.

Am 17. Mai dieses Jahres war das Vertragswerk in Kraft getreten. Vorausgegangen war ein langer Streit zwischen Bund und Ländern, weil das Grundgesetz geändert werden musste, damit der Bund das Geld zur Verfügung stellen darf. In Bildungsfragen darf er den Ländern normalerweise nicht reinreden.

Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg können die Schulträger seit Anfang Oktober Geld aus dem Digitalpakt beantragen. Rund rund 60 Anträge gingen nach Angaben des Kultusministeriums in Stuttgart seitdem ein und werden geprüft. Geld ausgezahlt wurde bisher nicht.

Bayern
Auch in Bayern ist die Digitalpakt-Kasse noch prall gefüllt. Die Unterlagen für die Beantragung der Mittel seien in der Endabstimmung, hieß es aus dem Münchner Kultusministerium. Der Freistaat verwies aber darauf, dass bereits ein ähnliches landeseigenes Programm laufe, über das die Schulen in digitale Technik investieren könnten.

Berlin
In der Bundeshauptstadt läuft das Antragsverfahren seit Anfang November. Bisher seien mehr als 200 Anträge eingegangen, sagte ein Sprecher der Bildungsverwaltung. Es wird davon ausgegangen, dass noch in diesem Jahr erste Schulen mit Technik beliefert werden können.

Brandenburg
Die Brandenburger Schulen oder ihre Träger halten sich bisher zurück. Seit Anfang September können Anträge bei der Investitionsbank des Landes gestellt werden. Ein Antrag ist der Bank zufolge bisher eingegangen, der noch nicht bewilligt und ausgezahlt sei.

Bremen/Bremerhaven
Das kleinste Bundesland ist neben Sachsen und Hamburg bisher das einzige, in dem tatsächlich Digitalpakt-Geld geflossen ist. Stand Anfang November waren in Bremen und Bremerhaven nach Angaben der Bildungsverwaltung 300 000 von 48 Millionen Euro abgerufen. Davon wurden unter anderem Tablets und Laptops gekauft.

Hamburg
Nach Angaben eines Sprechers der Bildungsverwaltung investiert Hamburg in Wlan und «Präsentations- und IT-Endgeräte». Fünf Schulen hätten bereits Endgeräte im Wert von 60 000 Euro gekauft. Noch dieses Jahr soll über weitere Anschaffungen entschieden werden.

Hessen
Keine Auszahlung bisher. Anträge können erst gestellt werden, wenn die Förderrichtlinie des Landes in Kraft getreten ist. Das hessische Kultusministerium rechnet damit, dass das noch in diesem Jahr passiert. Das Geld solle dann zeitnah nach einer Bewilligung fließen, sagte ein Ministeriumssprecher.

Mecklenburg-Vorpommern
In Mecklenburg-Vorpommern bekommen die ersten 24 Schulen noch in diesem Jahr Geld, hieß aus dem Kultusministerium in Schwerin. Voraussetzung: Die Schule muss ans Glasfasernetz angeschlossen sein. Alle andere Schulen des Landes sollen später ebenfalls zum Zuge kommen. Es gibt einen festen Verteilungsschlüssel.

Nordrhein-Westfalen
In Nordrhein-Westfalen kann das Geld seit September beantragt werden. Nach Angaben des Schulministeriums gingen bislang 16 Förderanträge ein. Bewilligt worden sei noch keiner. Die Landesregierung rechnet damit, dass das noch in diesem Jahr passiert. NRW erhält als bevölkerungsreichstes Bundesland aus dem Digitalpakt gut eine Milliarde Euro.

Niedersachsen
In Niedersachsen werden zur Zeit mehr als 40 Anträge im Umfang von 930 000 Euro geprüft. Beantragt worden sei das Geld vor allem für Wlan und «digitale Anzeigegeräte», sagte ein Sprecher des Kultusministeriums in Hannover. Die ersten Mittel sollten noch dieses Jahr bewilligt werden.

Saarland
Es sei zu früh für eine erste Bilanz, sagte ein Sprecher des Bildungsministeriums in Saarbrücken. Die Förderrichtlinie im Land sei erst seit Ende Oktober in Kraft. Zwei Grundschulen hätten bisher Anträge gestellt.

Sachsen-Anhalt
In Sachsen-Anhalt können die Gelder seit Anfang Oktober beantragt werden. Bisher wurden nach Angaben eines Sprechers des Kultusministeriums keine Anträge gestellt und bewilligt. Damit wird in der Landeshauptstadt Magdeburg im ersten Quartal 2020 gerechnet.

Sachsen
Die Sachsen waren bei dem Thema die schnellsten: Schon seit Ende Juni können im Freistaat Fördermittel aus dem Digitalpakt online beantragt werden. Bislang wurden 13 Anträge genehmigt mit einer Fördersumme von knapp 5,5 Millionen Euro. Geflossen seien bisher 140 000 Euro, teilte eine Sprecherin mit. Weitere 15 Anträge von Schulträgern lägen vor.

Schleswig-Holstein
Im Norden läuft der Digitalpakt gerade erst an. Stand 12. November hätten zwei Anträge von Schulträgern vorgelegen, sagte eine Sprecherin in Kiel. Bewilligt werden könnte das erste Geld noch in diesem Jahr. Bis Ende 2022 hätten die Schulträger Zeit, ihnen zugewiesene Budgets auszuschöpfen.

Thüringen
In Thüringen stecken die Schulen nach Angaben des Bildungsministeriums noch mitten in der Konzeptionierungs- und Planungsphase. Deshalb seien bisher noch keine Anträge auf Gelder aus dem Digitalpakt gestellt worden.

Rheinland-Pfalz
Auch in Rheinland-Pfalz ist der Fördertopf noch prall gefüllt. Keine Auszahlungen bisher. Stand 7. November lagen laut Bildungsministerium zwei Anträge vor. Diese beträfen hauptsächlich die Wlan-Ausstattung, die Vernetzung von Schulgebäuden und «Anzeigegeräte». dpa

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3 Kommentare
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Palim
4 Jahre zuvor

Könnte daran liegen, dass
a) jedes Bundesland wieder eigene Modalitäten für die Umsetzung erlassen hat
b) die Schulen und/oder Schulträger umfangreich erfassen, Konzepte erstellen und dann erst Gelder abrufen können. Das braucht Zeit.
c) das Abrufen der Gelder sofort zeitlich gestreckt wurde bis 2024 und den Schulen ein Sockelbetrag zugesagt wurde. Das ermöglicht ein gewissenhaftes Vorgehen statt eines Schnellschusses.
d) in manchen Kommunen externe Planungsfirmen beauftragt wurden, die nicht an jeder Schule zur gleichen Zeit arbeiten können und werden.

xxx
4 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

e) die Kommunen einen Teufel tun werden, weil sie die Folgekosten (Systemadministratoren) scheuen.

OMG
4 Jahre zuvor

f) Schulträger, die sich nicht an die Vorgaben halten und nachhaltig den Support garantieren, erhalten 0,00 Euro!