Steinmeier rechnet nach PISA mit der Bildungspolitik ab: „Es gibt kaum ein Politikfeld, in dem Reden und Handeln so beschämend weit auseinanderklaffen.“

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BERLIN. Mit einem Appell, Ungleichheiten beim Zugang zu Bildung abzubauen, reagiert Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf den deutschen Abstieg bei PISA. Mit deutlichen Worten liest das Staatsoberhaupt der Politik die Leviten. Der VBE sieht darin einen „Weckruf“.

Hat Ehrenamtler ausgezeichnet, die sich in der Bildung engangieren: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Foto: Bundespräsidialamt

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat von der Politik einen größeren Einsatz verlangt, um in der Bundesrepublik endlich Bildungsgerechtigkeit zu schaffen. „In Deutschland entscheidet noch immer häufig die soziale Herkunft über die Bildungschancen von Kindern“, sagte er am Mittwoch in Berlin. „Es gibt kaum ein Politikfeld, in dem Reden und Handeln so beschämend weit auseinanderklaffen.“ Bessere Bildung brauche „entschiedeneres Handeln“.

Seit Jahren zeigen Studien und Leistungstests, dass Kinder aus ärmeren Familien schlechtere Bildungschancen haben als Kinder, die in begüterten Verhältnissen groß werden. Steinmeier verwies auf den jüngsten, erst am Dienstag veröffentlichten Pisa-Test. Dort wurde festgestellt: „In Deutschland ist die Lesekompetenz signifikant stärker als im Durchschnitt der OECD-Staaten durch den sozialen Status bestimmt.“

„Ungleichheit abbauen – das können Schulen nicht allein leisten“

„Wir müssen diese Ungleichheiten abbauen, und das ist eine Aufgabe, die die Schulen nicht allein leisten können“, betonte Steinmeier im Schloss Bellevue bei der Auszeichnung von Ehrenamtlichen, die sich für Bildungsprojekte engagieren, mit dem Bundesverdienstkreuz. Auch diese würden zu dieser Aufgabe beitragen.

„Jeder Einzelne von Ihnen tut etwas für den Zusammenhalt in unserem Land“, sagte Steinmeier, bevor er 24 Frauen und Männer aus allen Bundesländern den Verdienstorden überreichte. Unter ihnen war auch der ehemalige Basketball-Profi Dirk Nowitzki, der mit einer Stiftung benachteiligte Kinder unterstützt.  Die ehemalige Grundschulleiterin Bettina Oelmann aus Sachsen-Anhalt erhielt das Verdienstkreuz am Bande, weil sie «in Halberstadt einen bedeutenden Beitrag gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit und für Verständigung und Toleranz» geleistet habe. Sie habe unter anderem die Erinnerung an die jüdische Geschichte Halberstadts im Schulprofil verankert.

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Schulleiterin ausgezeichnet – für Inklusion an der Grundschule

Christina Groß, Schulleiterin aus Rani, wurde ebenfalls ausgezeichnet. Sie habe die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Kinder mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf die Grundschule gemeinsam besuchen, so die Begründung. «Wie wichtig ihr das Gemeinsame ist, zeigt sie auch als Vorsitzende des Fördervereins Mittendrin in Ranis», hieß es weiter. Außerdem habe Groß maßgeblich an der Gründung eines genossenschaftlichen Einkaufsmarktes mit Lesecafé mitgewirkt.

„Danke für Ihre Zeit. Danke für Ihre Energie, Ihre Tatkraft, Ihre Kreativität. Sie sind ein Geschenk an unser Land“, sagte Steinmeier.

Beckmann: Herausforderungen des Bildungssystems gemeinsam angehen!

„Wir begrüßen die deutliche Ansage des Bundespräsidenten Steinmeier. Er hat vollkommen Recht: Es ist beschämend, wie weit die Lücke zwischen Sonntagsreden mit dem Hohelied auf Bildung und der tatsächlichen Realität an Schule mit der unzureichenden Investitionsbereitschaft der Politik klafft“, erklärte Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des VBE, und betonte: „Zehn Jahre nach Ausrufung der Bildungsrepublik durch die damalige und heute noch amtierende Kanzlerin Merkel ist das als Weckruf zu verstehen. Im Angesichts des möglichen Scheiterns des Nationalen Bildungsrates sollte auch der Bundespräsident jetzt seine Möglichkeiten ausschöpfen, Politik, Wissenschaft und Praxis an einen Tisch zu bringen. Nur in Zusammenarbeit dieser Akteure können die großen Herausforderungen des Bildungssystems angegangen werden.“ News4teachers / mit Material der dpa

Im Wortlaut

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat in Schloss Bellevue 13 Frauen und 11 Männer mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Unter dem Motto „Engagement bildet“ würdigte er zum Tag des Ehrenamts ihren herausragenden Einsatz in unterschiedlichen Bereichen der Bildung. Dabei sagte er wörtlich:

„Bildung, das ist ein Thema, das kaum jemanden in unserem Land unberührt und erst recht nicht ungerührt lässt. In der Bildung geht es oft zu wie beim Fußball. Alle reden mit, und alle wissen es besser. Aber tatsächlich geht uns Bildung ja auch alle an. Gute Bildung ist nicht nur für jeden Einzelnen von uns wichtig und wegweisend. Sie ist die Grundlage für eine gerechte Gesellschaft, für die Zukunft unseres Landes und unserer Demokratie. So sehen es auch die meisten Menschen in unserem Land. Eine große Mehrheit ist der Ansicht, dass es die wichtigste Aufgabe der Politik ist, für gute Bildung zu sorgen.

Wie sehr die Menschen das Thema Bildung umtreibt, erlebe ich auch selbst immer wieder bei meinen Reisen durchs Land, die mich – ganz bewusst – oft in ländliche Gegenden führen. In Gegenden also, in denen die nächste Schule oder Berufsschule weit weg ist, in denen es gar nicht so einfach ist, sein Kind zu einer Lernhilfe zu bringen oder selbst einen Abendkurs zu besuchen. Gerade dort, in diesen Regionen, sind es Menschen wie Sie, die unschätzbare Arbeit leisten. Sie tragen dazu bei, dass überall in unserem Land Kinder und Jugendliche genauso wie Erwachsene sich politisch, kulturell und beruflich bilden können und bessere Chancen bekommen. Sie übernehmen damit nicht selten eine Aufgabe, die der Staat leisten müsste.

(…)

Bildung und Gerechtigkeit, das hängt eng miteinander zusammen. In Deutschland entscheidet noch immer häufig – allzu häufig – die soziale Herkunft über die Bildungschancen von Kindern, stärker als in anderen Industrienationen. Es gibt kaum ein Politikfeld, in dem Reden und Handeln so beschämend weit auseinanderklaffen. Nicht nur die Experten sagen uns das, sondern auch die Jugendlichen selbst – wie jüngst hier im Schloss, als Teenager beim Kids Takeover die Rolle von Bundespräsidentinnen und Bundespräsidenten übernommen und Bildungsgerechtigkeit gefordert haben. Ich spreche also auch in ihrem Auftrag, wenn ich wiederhole: Bessere Bildung braucht entschiedeneres Handeln!

Wir müssen diese Ungleichheiten abbauen, und das ist eine Aufgabe, die die Schulen nicht allein leisten können. Sie alle hier im Saal tragen dazu bei, dass sich das ändert, und dafür sind wir Ihnen dankbar.“

Die vollständige Rede ist hier abrufbar.

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Neue PISA-Studie: Es geht wieder abwärts – Karliczek: „Mittelmaß kann nicht unser Anspruch sein“

 

 

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LoKano
4 Jahre zuvor

Und wieder werden nur Sonntagsreden, Ausschüsse, Räte und Arbeitskreise folgen.

Gute Bildung und Erziehung müssen die Eltern und Schüler*innen wollen und entsprechend auch Zuhause unterstützen.

Wenn das nicht klappt müssen Kita, Grund- und weiterführende Schule die Lücke füllen.

Das geht nur mit Ressourcen und Ressourcen kosten jede Menge Taler.

Taler wollen nicht ausgegeben werden also kommen nur veränderte Lehrpläne und Konzepte, Konzepte, Konzepte.

Danke

Emil
4 Jahre zuvor

„Es gibt kaum ein Politikfeld, in dem Reden und Handeln so beschämend weit auseinanderklaffen.”

Das ist so wahr!!!!

Andreas Vajai
4 Jahre zuvor

Herr Steinmeier, dafür sind auch Sie mit Ihrer ideologisch ausgerichteten Politik verantwortlich. Und außerdem:
„Der Worte waren genug,
lasst Taten folgen.“

Wolfgang Bergmann
4 Jahre zuvor

Was ich wirklich als verlogen empfinde:

Wenn Politiker, die jahrelang in der Exekutive, Legislative und in Parteigremien politische Verantwortung getragen haben (Steinmeier), sich verbal plötzlich als Großkritiker dieses Politikbetriebs aufspielen. Das mag ja stimmen, was er sagt, aber es ist heuchlerisch.

Ignaz Wrobel
4 Jahre zuvor

In der Demokratie bedeutet es noch lange nicht, dass man sich mit seinen Positionen durchzusetzen vermag, da Entscheidungen im wechselseitigen Mitspiel unterschiedlichster Positionen gefällt werden.
Wer etwas anderes von der Politik erwartet, eben dass ein Einzelner oder eine kleine Gruppe die Entscheidungen fällt, ohne Rücksicht auf andere Positionen zu nehmen, der will die Diktatur.

Martin Vogt
4 Jahre zuvor

Wie soll denn „entschiedenes Handeln“ zustande kommen, wenn 16 KultusministerInnen aus verschiedenen Parteien das Sagen haben?

Pälzer
4 Jahre zuvor

Schade, dass der Bundespräsident nur sozialdemokratische Standardaussagen wiederholt.

Ignaz Wrobel
4 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

Dieses Statement vom Bundespräsidenten Steinmeier ist eben dem Pluralismus unserer gelebten Demokratie geschuldet, in der nicht ein Einzelner oder kleine politische Gruppen mit ihrem dominierenden Einfluss dem Rest der demokratisch denkenden Mitbürger ihren Willen aufdrücken, sondern erst das gemeinsame aufeinander Zugehen und die zum Teil im widerstrebenden Diskurs der Meinungen zu einer gemeinsamen Entscheidungsfindung findende Konsens führt, der von Kompromissen getragen ist.
Das entspricht dann demokratisch-politischer Vernunft, die zum richtigen Handeln im Konsens zwingt, losgelöst von persönlichen Empfindlichkeiten und nachtragenden Gefühlen.

Bettina
4 Jahre zuvor
Antwortet  Ignaz Wrobel

In jedem Lager wird der Glaube gepflegt, die politischen Gegner drückten anderen ihren Willen auf, deswegen seien sie schrecklich böse.
Da ist keines besser als das andere.
Für mich bedeutet „Willen aufdrücken“, wenn mit fiesen Unterstellungen, Verleumdungen und persönlichen Verunglimpfungen gearbeitet wird unter der Fahne von einer Liebe zur Demokratie, die einen angeblich zur Aufklärung über den bösen anderen zwinge. So erhalten Hass und Hetze in jedem Lager ihren Freibrief und werden sogar zur guten Tat hochgejubelt.
Da nehme sich doch bitte keiner aus, Herr Wrobel! Wenn jeder mehr vor der eigenen Haustür kehrte, wäre für die Demokratie und einen gesitteten Umgang miteinander viel gewonnen. Wir brauchen keine Lagermentalität, bei der sich alle als Gute fühlen und hemmungslos aufeinander eindreschen.

Ignaz Wrobel
4 Jahre zuvor
Antwortet  Bettina

Demokratie mit Leben zu füllen, macht es erforderlich, sich in einen kritischen Diskurs mit den eigenen Positionen und Denkweisen und denen der anderen zu begeben.
Wer aber offen rassistische Ressentiments gegen ethnische Minderheiten schürt, diese als arbeitscheu und sozialschmarotzend darstellt, diesen auch noch auf Grund ihrer schlechteren sozialen Lebensbedingungen deshalb ihre kultuerelle Herkunft zum Vorwurf macht und damit deren schlechtes schulisches Abschneiden erklärt und dieses fälschlicherweise als die Ursache wider besseren Wissens benennt, der setzt sich zu Recht dem Vorwurf, aus rassistisch zu denken und zu handeln.

Carsten60
4 Jahre zuvor

Noch was zu PISA 2018
Zitat: „Die Schülerjahrgänge werden kleiner. Gleichzeitig steigt der Anteil der Zuwandererkinder, die aus sozial schwächeren Verhältnissen stammen. Mehr Bildungsarmut in den Familien, weniger Kinder, die zu Hause deutsch sprechen, das werde sich fast zwangsläufig (!) auf das durchschnittliche Lernniveau niederschlagen.“

Wer sagt das? Die AfD? Ein Rassist und Fremdenfeind? Nein, es ist Prof. Baumert, anfangs PISA-Chef auf deutscher Seite:
https://www.zeit.de/2019/51/bildungspolitik-pisa-studie-einwanderkinder-benachteiligung-umverteilung/komplettansicht

Der ZEIT-Artikel (von Spiewak) fährt fort: „Mittlerweile stammen knapp 36 Prozent der
Neuntklässler aus Zuwandererfamilien, vor zehn Jahren waren es noch 26 Prozent – eine enorme soziokulturelle Verschiebung. […] Insgesamt sind die Unterschichtskinder mit Migrationshintergrund deutlich zahlreicher. […] Die betroffenen Jugendlichen sprechen heute zu Hause seltener (!) deutsch, als dies noch 2009 der Fall war; das wirkt sich deutlich (!) auf ihre Leistungen aus. […] Jugendliche ohne Migrationshintergrund haben dagegen teilweise zugelegt. Das deutsche Bildungsproblem ist in großen Teilen (!) ein Migrationsproblem.“

Dreimal dürfen wir raten, wie das bei PISA 2021, PISA 2024 sowie in den IQB-Bildungstrends weitergehen wird: Das weitere Abbröckeln im Durchschnitt ist vorprogrammiert, egal welche schulpolitischen Maßnahmen ergriffen werden (der letzte Absatz in dem ZEIT-Artikel ist wieder nur ein freundliches Postulat, ein Placebo für Politiker, mehr nicht).
Es ist wie ein Strudel im Wasser, der alles nach unten saugt und dem auch sehr gute Schwimmer nicht entkommen können: Die bildungsnahen Schichten werden weniger, haben weniger Kinder, und die bildungsfernen Schichten von Zuwanderern
werden mehr und haben mehr Kinder (ein Wachstumsprozess wie aus dem Schulbuch Kl. 10).
Selbst ein Gesamtschulsystem wird nicht helfen können, wenn der Anteil der bildungsfernen Unterschichten in den Klassen erst einmal zu groß wird.
In Bremen sieht man, wie das so läuft. Dort gibt es schon 59 % Kinder und Jugendliche (unter 18) mit Migrationshintergrund und einen hohen Anteil armer Leute dazu, Tendenz weiter steigend. Beim IQB-Bildungstrend 2016 für die Viertklässler hat sich Bremen bei der Mathematik von 2011 auf 2016 nochmal katastrophal verschlechtert (um 35 Punkte!), NRW um 26 Punkte (ist Viertletzter), Hamburg nur geringfügig (ist Drittletzter), wobei eine Verbesserung trotz sozialindizierter Mittelvergabe nicht zu beobachten war (alle drei übrigens mit wachsender Standardabweichung, d.h. wachsenden Leistungsunterschieden). Das ist also auch keine Wunderwaffe. Auch Bayern hat Federn lassen müssen, liegt aber dennoch weiter an der Spitze der Tabelle in Abb. 6.16 (wohlgemerkt: für die Grundschule!).

Eigentlich könnte auch unser Bundespräsident als erfahrener Politiker diesen Zusammenhang zwischen PISA-Ergebnissen und der Migrationspolitik der letzten 50 Jahre sehen, statt nur pauschal und leicht irreführend „Kinder aus ärmeren Familien“ zu erwähnen wie oben im Artikel.
Bevor jetzt wieder Herr Möller mich mit unfreundlichen Adjektiven zu meiner Person („rassistische Denke“) überzieht, stelle ich fest: Wenn die ZEIT das schreiben darf, dann darf ich das auch.

Gerd Möller
4 Jahre zuvor
Antwortet  Carsten60

In dem von Ihnen zitierten Artikel steht aber auch:

„Man kann den Satz jedoch auch umdrehen, und er stimmt ebenso: Das größte Problem der Migranten ist das deutsche Schulsystem. Denn der „typische“ Migrantenschüler ist kein Flüchtlingskind (ihr Anteil an den bei Pisa Getesteten ist minimal). Der typische Schüler aus einer Einwandererfamilie wurde vielmehr in Deutschland geboren, hat einen deutschen Pass und besucht seit der ersten Klasse eine deutsche Schule. Nur hat er hier offenbar das Falsche gelernt, beziehungsweise vom Richtigen und Wichtigen zu wenig: dem Lesen, Schreiben, Rechnen.
Wem diese Basiskompetenzen fehlen, der hat es nicht nur in Deutsch und Mathematik schwer, sondern auch in allen anderen Fächern, die mit Texten und Zahlen arbeiten, also in fast allen. Schon nach der ersten Pisa-Studie haben Bildungspolitiker versprochen, hier den Schwerpunkt ihrer Arbeit zu setzen. Doch die Kultusminister brauchten fast zwanzig Jahre, bis sie das erste nationale Leseprogramm aufgelegt hatten: Die sogenannte BiSS-Initiative (Bildung durch Sprache und Schrift) startete vor zwei Wochen.
Wer als Kind in der Familie zuerst Türkisch, Arabisch oder Rumänisch gelernt hat, ist auf sprachliche Unterstützung angewiesen: in jedem Fach, von der ersten bis zur letzten Klasse. Doch die systematische Deutschförderung endet meist noch immer nach der Grundschule. Und auch der Ganztagstag – die vielleicht größte institutionelle Reform der vergangenen Jahre – bleibt ohne große Lernwirkung, wenn nachmittags nur unverbindlich unter Aufsicht gespielt und nicht gelernt wird.“

Und weiter Unten:
„Mehr Geld für Brennpunktschulen
Die Unterschiede zwischen einzelnen Schulen – das dokumentiert dieser Pisa-Bericht erneut – zeigen sich in Deutschland besonders krass. In mancher Großstadt beträgt die Distanz zwischen Brennpunktschule und Elitegymnasium nur wenige Kilometer – die jeweiligen Leistungsniveaus jedoch trennen Welten. Die Sozialpolitik kennt in so einem Fall das Prinzip Umverteilung: Wer wenig hat, bekommt mehr vom Staat.
In der Bildungspolitik ist das Prinzip Umverteilung weitgehend unbekannt. Stattdessen herrscht das Prinzip Gießkanne: Jede Schule erhält so viele Ressourcen, wie sie Schüler hat.“

Darüber schreiben Sie aber nicht, Carsten60.

xxx
4 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

„Wer als Kind in der Familie zuerst Türkisch, Arabisch oder Rumänisch gelernt hat, ist auf sprachliche Unterstützung angewiesen: in jedem Fach, von der ersten bis zur letzten Klasse.“

Warum eigentlich nur osteuropäische oder vorderasiatische Sprachen? Ich werfe mal wieder die kaum integrierten Japaner und Chinesen in den Raum. Deren Sprachkenntnisse sind in vielen Fällen auch sehr überschaubar.

„Und auch der Ganztagstag – die vielleicht größte institutionelle Reform der vergangenen Jahre – bleibt ohne große Lernwirkung, wenn nachmittags nur unverbindlich unter Aufsicht gespielt und nicht gelernt wird.“

Das ist korrekt und so gewollt. Vernünftige Förderung — selbst nur Hausaufgabenbetreuung — würde die Schulträger deutlich mehr Geld kosten als die Übungsleiter.

Carsten60
4 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Ich muss doch wirklich nicht den ganzen ZEIT-Artikel wörtlich zitieren, jeder kann den nachlesen. Im ersten Teil stehen ein paar unangenehme Tatsachen, die dann zum Schluss wieder mit Postulaten relativiert werden sollen. Ich halte das mehr für einen Kotau von Spiewak vor dem Zeitgeist (Schulpolitik als Sozialpolitik), vielleicht hätte der Chefredakteur das sonst nicht genehmigt. Und warum spricht Spiewak von der schädlichen „Schonhaltung“ in NRW? Das klingt nach hausgemachten Fehlern, deren Wirkung jetzt mit Krokodilstränen beklagt werden.
Herrn Möller scheint nicht aufzufallen, dass Spiewaks Behauptung über BiSS gar nicht stimmt. Dieses Programm gibt es schon seit 2012. Nur von einer Wirkung hat man noch nie was gehört, typisch PR-wirksame KMK-Ankündigung. 🙂

Gerd Möller
4 Jahre zuvor
Antwortet  Carsten60

Carsten60:
Das BISS-Programm wurde bisher nur in einer Pilotphase erprobt . Hier ein Ausschnitt aus der offiziellen BISS-Plattform vom 16.12.2019:
„Das Konzept des Hamburger BiSS-Verbunds „Systematische Leseförderung in der Grundschule“ wird im laufenden Schuljahr auf über 50 Grundschulen ausgeweitet. Das hat Hamburgs Schulsenator Ties Rabe in der vergangenen Woche bei einer Pressekonferenz verkündet. Als nächster Schritt sei außerdem geplant, das Konzept an allen Hamburger Grundschulen zu verankern. Bisher waren sechs Schulen an dem BiSS-Verbund beteiligt und haben das Leseförderkonzept seit 2015 als Pilotschulen erprobt. Das Konzept umfasst wöchentliche, unterrichtsintegrierte Lesezeiten ab der 2. Klasse, in denen die Schülerinnen und Schüler trainieren, flüssig zu lesen und ihren Wortschatz auszubauen. Dafür setzen die Lehrkräfte sogenannte Lautlese-Verfahren wie zum Beispiel das Tandem-Lesen oder „Lesen durch Hören“ ein.“

Dies nur zu Ihrer Falschmeldung, Carsten60. Nur weil man selber nicht hinreichend informiert ist, sind Aussagen anderer nicht falsch!

Nun zu Spiewak:
Natürlich müssen Sie nicht den ganzen Artikel zitieren. Sie haben ihn in bestimmter Absicht zitiert, ist mir und anderen Lesern schon klar.
Es geht aber gar nicht, den Artikel von Spiewak für Ihre ideologische Position zu mißbrauchen, indem Sie seine Position und Intention durch Weglassen wesentlicher Aussagen verfälschen.

Aber schäbig finde ich es, wenn Sie ihm einfach unterstellen – auf meinen Einwand gegen Ihre Darstellung hin – dass die von Ihnen verschwiegenen Aussagen von Spiewak ja lediglich ein Kotau vor dem Zeitgeist seien und der Chefredakteur sonst womöglich den Artikel nicht genehmigt hätte.
Dieses Muster der Verschwörungstheorien a`la AfD ist aber sehr durchschaubar!!!

Carsten60
4 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Dumm ist nur, dass die KMK selbst zu BiSS was anderes schreibt, von Pilotphase ist nicht die Rede:
https://www.kmk.org/themen/allgemeinbildende-schulen/individuelle-foerderung/sprachfoerderung.html
Da müssten Sie eigentlich der KMK vorwerfen, eine
„Falschmeldung“ in die Welt gesetzt zu haben, darauf hatte ich mich nämlich bezogen. Und wenn BiSS weiter in diesem Tempo vorangeht, dann wird man den schwächelnden Testergebnissen jahrzehntelang immer nur hinterherlaufen. In dem Link steht unten sogar was von einem KMK-Beschluss von 2003 zur „Förderung von SuS mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben oder im Rechnen“. Und was war die Wirkung? Nichts. Die PR-orientierte KMK mit ihren 1001 wirkungslosen Beschlüssen ist ein schlechter Witz.

AvL
4 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

XXX
Setzen sie einmal die türkisch, arabisch und die rumänisch sprechenden Kinder in zahlenmäßig in Relation zu denen mit einem japanischen oder einem chinesischen Sprachhintergrund.
Außerdem unterhalten letzter eigen Schulen in Deutschland.

Gerd Möller
4 Jahre zuvor

Ja, auch ich ärgere mich, dass so wenig passiert. Dies gilt auch für die KMK!