„A13 für alle“: Druck auf Landesregierungen wächst – Grundschullehrer wandern dorthin ab, wo sie mehr verdienen

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BERLIN. Nachdem Hamburg im Dezember angekündigt hat, die Lehrer aller Schulformen künftig nach A13/E13 zu bezahlen, und sich aktuell ein ähnlicher Beschluss in Thüringen abzeichnet, wächst der Druck auf die Bundesländer, die sich einer finanziellen Gleichbehandlung insbesondere der Grundschullehrer verweigern. Das wären – sollte es im Freistaat tatsächlich dazu kommen – nur noch acht, darunter allerdings die bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen, Bayern und Niedersachsen. Gerade das Beispiel Niedersachsen zeigt aber, wie sich die Konkurrenz auswirken kann.

Immer mehr Grundschullehrer wählen offenbar den Notausgang. Foto: Shutterstock

Immer mehr Lehrer wollen nach Angaben der GEW von Niedersachsen in ein anderes Bundesland wechseln. Habe es 2014 noch 612 Versetzungsanträge gegeben, seien es 2016 bereits 807 Anträge und weitere zwei Jahre später sogar 1011 Anträge gewesen, sagte GEW-Landeschefin Laura Pooth bereits kurz vor Weihnachten. Als Ursache machte sie die ungleiche Bezahlung von Grund-, Haupt- und Realschullehrern im Vergleich mit Gymnasiallehrern aus: „Die Lehrer wandern ab. Und neu ist, dass sie als Begründung angeben: „Ich will in ein anderes Land, weil ich da mehr verdiene.“ Das hatten wir bisher nicht, da ging es bei Versetzungsanträgen hauptsächlich um Familienzusammenführungen.“

Zwischen dem Lehrer-Einstiegsgehalt von A12 zu A13 liegen 450 Euro brutto

Bundesländer in Niedersachsens Nachbarschaft (neben Hamburg auch Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg, darüber hinaus zudem Sachsen und Berlin) haben angekündigt, die Bezahlung einheitlich auf die Besoldungsstufe A13 anzuheben – zuletzt eben Hamburg (News4teachers berichtete). „Wenn wir in Niedersachsen nicht nachziehen, werden wir zur Insel“, warnte Pooth. Zwischen den Einstiegsgehältern für A12 und A13, die von März 2020 an in Niedersachsen gelten, liegen rund 450 Euro brutto monatlich.

Dabei hatte Niedersachsen bereits im Juli ein Gehaltsplus für Lehrer der Gehaltsstufe A12 angekündigt – aber eben keine Angleichung. Lediglich 94 Euro brutto sollten sie mehr bekommen – „als Einstieg in ein neues Besoldungssystem“, wie die Regierung erklärte. Sie machte eine eigene Rechnung auf: Zuzüglich der beschlossenen allgemeinen Besoldungserhöhungen und einer nun wieder gewährten jährlichen Sonderzahlung von 300 Euro (brutto) steige damit das Jahresgehalt der Grund, Haupt- und Realschullehrer um 4000 Euro im Jahr. „Das ist schon eine Größenordnung, die aufmerken lässt“, meinte Ministerpräsident  Stephan Weil (SPD).

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Lehrerberuf attraktiver gestalten? „Nur einviertelherzig“

Begeistert von der Rechnung zeigte sich der Verband Niedersächsischer Lehrkräfte (VNL/VDR) seinerzeit allerdings nicht – im Gegenteil. „Wir sind sehr enttäuscht, dass unsere Landesregierung noch nicht einmal halbherzig, sondern allenfalls einviertelherzig, auf unsere Vorschläge eingegangen ist, den Lehrerberuf in Niedersachsen durch eine Mindestbesoldung für alle nach A13 attraktiver zu gestalten“, sagte Vorsitzender Torsten Neumann.

Seine Rechnung sah anders aus: „Damit wird die Differenz von A12 zu A13 nicht ansatzweise ausgeglichen. Diese beträgt derzeit mehr als 430 Euro und nicht 90 Euro. Somit bleibt der Lehrerberuf an den nicht-gymnasialen Schulen in Niedersachsen weiterhin unattraktiv, das kann auch die Wiederaufnahme der relativ niedrigen Sonderzahlung für alle aktiven Beamtinnen und Beamten nicht wettmachen.“ Neumann sagte voraus: „Die teilweise prekäre Unterrichtssituation besonders an den nicht-gymnasialen Schulen wird so auch im nächsten Schuljahr weiterhin bestehen bleiben.“ Zumal dann, wenn immer mehr Konkurrenten in der Nachbarschaft bessere Konditionen bieten. News4teachers / mit Material der dpa

Streit um A13 kocht auch in Hessen hoch

Angesichts der bestehenden Probleme im Bildungsbereich haben die Vorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Hessen, Maike Wiedwald und Birgit Koch, die Pressekonferenz der Fraktionsvorsitzenden von CDU und Grünen zum Landeshaushalt heute als „Trauerspiel“ bezeichnet.

Große Sorge, so Koch, mache der GEW die Lage im Schulbereich: „Es fehlen schon jetzt an allen Ecken und Enden ausgebildete Lehrkräfte. Die Landesregierung versucht, dies so gut es geht zu verschleiern. Dabei wird sich dieser Zustand nach allen Prognosen in den nächsten Jahren weiter verschlechtern. An den allgemeinbildenden Schulen gilt dies insbesondere für die Grundschulen. Hier sollte Hessen endlich zur Besoldung nach A 13 wechseln. Sieben Bundesländer bezahlen ihre Lehrkräfte an den Grundschulen besser als Hessen oder haben dies angekündigt. Und auch die Mehrheit der A 12-Bundesländer entlohnt ihre Lehrerinnen und Lehrer an den Grundschulen besser. Hinzu kommt, dass Hessen die höchste Pflichtstundenzahl aller Bundesländer aufweist. Unter diesen Bedingungen dürfte Hessen zukünftig noch größere Schwierigkeiten bekommen, seinen Lehrkräftebedarf zu decken.“

Lehrer- und Erziehermangel: „Auch nicht im Ansatz eine Antwort“

Maike Wiedwald verwies darauf, dass der Schulbereich durch die Umsetzung der Inklusion und dem — von der Landesregierung zumindest angekündigten — Ausbau des Ganztags vor der Aufgabe stehe, einen noch weiter steigenden Fachkräftebedarf in den kommenden Jahren zu sichern: „Wie dies geschehen soll, das ist das Geheimnis der Landesregierung. Hierauf haben CDU und Grüne im Rahmen ihrer heutigen Pressekonferenz auch nicht im Ansatz eine Antwort gegeben.“

Hessens Kultusminister Alexander Lorz (CDU) hatte Ende Dezember erklärt, er sehe im Moment keine finanziellen Spielräume für eine finanzielle Gleichstellung von Grundschullehrern mit ihren besser verdienenden Kollegen an weiterführenden Schulen (News4teachers berichtete).

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Mehrheit für finanzielle Angleichung der Grundschullehrer zeichnet sich in Thüringen ab

 

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SR500
4 Jahre zuvor

Die Dominosteine fallen langsam, aber immerhin fallen sie. Konkurrenz belebt das Geschäft. 😉

Irmingard
4 Jahre zuvor

Es gibt ja sicher gute Gründe für A 13 für Grundschullehrer. Dass Grundschullehrkräfte in Bundesländer abwandern könnten, die besser bezahlen, zählt aber sicher nicht dazu. Es gibt kaum eine Berufsgruppe, die so immobil ist, wie die Gruppe der Grundschullehrkräfte. Das zeigen alle Arbeitsmarktstatistiken.

mississippi
4 Jahre zuvor
Antwortet  Irmingard

@Irmingard: Da falle ich aber aus der Statistik. Vllt. entsteht diese ja auch, weil die Länder es den Wechselwilligen nicht erlauben oder erst nach Jahren…da kenne ich einige Beispiele.

Dina
4 Jahre zuvor
Antwortet  Irmingard

Mitten im Land ist das vielleicht kein Problem aber Niedersachsen und Hessen haben lange Grenzen.

Emil
4 Jahre zuvor
Antwortet  Irmingard

Seit wann tauchen Beamte in Arbeitsmartstatistiken auf? ????

Jessica Wolf
4 Jahre zuvor
Antwortet  Irmingard

Die eigene Familie zu entwurzeln, ist sicherlich besonders für Grundschullehrerinnen nicht vertretbar. Auch nicht für mehr Geld etc.

Emil
4 Jahre zuvor
Antwortet  Jessica Wolf

??? Komische Moral! Ģrundschullehrerinnen sind freie Menschen und dürfen wie jeder andere auch frei entscheiden!!

lehrer002
4 Jahre zuvor

Ich fände es interesant, mal von Herrn Weil zu hören, ob er 4000 Euro im Jahr auch viel findet, wenn für seine Tätigkeit auch mit A12 besoldet würde. Wäre doch fair, wo er doch selbst auch genau zwei Staatsexamen hat.
Wenn das dann eingesparte Geld in das Kultusministerium fließen würde, wären wir schon einen Schritt weiter.

Meeh
4 Jahre zuvor

Zu Hessen: Hier werden ausgebildete Gymnasiallehrer drei (!) Jahre lang an Grundschulen eingesetzt und „ausgebildet“. Vergütet wird mit E11. Die Ausbildung umfasst insgesamt 30 Seminartage, sonst unterrichtet man eigenständig. Abschließend „darf“ man noch eine Prüfung ablegen, die dem 1. Staatsexamen gleicht.

Grundschullehrer
4 Jahre zuvor

Ich kenne einige, die nach ihrem Vorbereitungsdienst in Thüringen dann nach Sachsen gegangen sind, nachdem damals die Erhöhung auf A13/E13 beschlossen worden war. Die E11/A12 ist nicht gerade ein Lockruf für Junglehrer im Grundschulbereich. Und auch in anderen BL gibt es attraktive Arbeitsorte und Schulen.

Benny
4 Jahre zuvor

Es ist heute nicht mehr vertretbar, dass Lehrkräfte anderer Schulformen weniger verdienen sollen als Gymnasiallehrer/innen. Die Argumentation, man müsse ja auch länger studieren und habe eine längere Nachbereitung, kann so nicht mehr standhalten, wenn man die Hererogenität, den Aufwand der Vorbereitung ( die meines Erachtens die Nachbereitungsarbeit eines Gymnasiallehrers mindestens ausgleicht) und die Pflichtstundenzahl in Hessen berücksichtigt. Es ist eine Schande, dass ein so wohlhabendes Land auf Zeit spielt, um jährlich 70 Mio Euro einzusparen. Diese Summe ist ein Witz im Vergleich zu den Steuereinnahmen im Land. Aber leider sind immer wieder Parteien an der Spitze, denen die Bildung im eigenen Land nicht wichtig genug zu sein scheint. Einige – deutlich ärmere- Schwellenländer geben ja mehr Geld ihres Bruttoinlandsprodukts für Bildung aus als Deutschland- das sagt leider schon viel über die Zustände im Bildungssystem! Es muss sich endlich etwas ÄNDERN !!!!!Setzt endlich ein Zeichen mit A13 für alle!