Lehrermangel auf dem Land: Ministerium will Umzugskosten übernehmen – manchmal

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HANNOVER. Nicht nur Ärzte wollen nicht aufs Land, auch Lehrer meiden Regionen abseits der Metropolen. Das Land Niedersachsen will nun in fünf besonders gebeutelten Regionen mit einem Sonderprogramm Anreize für die Pädagogen schaffen. Die sind allerdings „variabel“.

Ob es hilft, wenn das Land für einzelne Lehrer die Umzugskosten übernimmt? Foto: Shutterstock

Der niedersächsische Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) will in fünf besonders vom Lehrermangel betroffenen Regionen stärkere Anreize schaffen, um Pädagogen anzuwerben. Konkret heißt das, wie das Kultusministerium am Mittwoch in Hannover mitteilte:

  • „Einzelfallprüfungen für die Zahlung von Personalgewinnungszuschlägen für die Besetzung von Stellen an den Haupt-, Real- und Oberschulen in den Modellregionen,
  • Einzelfallprüfungen für die Zusage der Umzugskostenvergütung für neu eingestellte Lehrkräfte an diesen Schulen,
  • Angebot an Gymnasiallehrkräfte, die sich für drei Jahre verpflichten an einer Haupt-, Real- oder Oberschule in den Modellregionen zu unterrichten, im Gegenzug eine Stelle an einem Gymnasium zu erhalten
  • Schaffung weiterer schulischer Beförderungsstellen bzw. Zulagen für Lehrkräfte an den Sek-I-Schulen“.

Tonne betont: Das Sonderprogramm „ist kein klassisches Projekt, sondern lebt von der Flexibilität: Das Ziel ist definiert, der Weg – der Maßnahmenkatalog – ist variabel. Um die Schulen aktiv und zielführend einzubinden, soll das Sonderprogramm durch ein agiles Projektmanagement umgesetzt werden.“

Schulen sollen selbst entscheiden, womit sie Lehrer anlocken wollen

Schulen sollen auch eigene Werbemaßnahmen planen können. „Die Schulen entscheiden selbst, an welchen Schwerpunkten sie arbeiten wollen. Beispiele dafür können die Erprobung von Distanzlernen oder des Einsatzes für Fachexpertinnen und Fachexperten im Unterricht oder auch die Erprobung besonderer pädagogischer Freiräume sein, jeweils mit dem Ziel, die Attraktivität der pädagogischen Arbeit zu erhöhen“, so heißt es in einer Presseerklärung. Die Teilnahme ist freiwillig, Start ist am 1. Februar.

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Das Sonderprogramm unter dem Titel «Starke Sek I-Schulen» soll in den Regionen Salzgitter, Heidekreis, Holzminden, Nienburg und Wilhelmshaven laufen. Dort lag die Unterrichtsversorgung in den vergangenen Jahren unter dem Landesdurchschnitt.

«Helfen würde das A 13 für alle, nicht aber eine Zulage für wenige. Die Schulen brauchen Schulsozialarbeiter und pädagogische Mitarbeiter, statt Projektmoderatoren», kritisierte der FDP-Bildungsexperte im Landtag, Björn Försterling, das Sonderprogramm. Auch aus Sicht der Grünen löst Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) nicht das strukturelle Problem. Es sei fraglich, ob das Programm überhaupt einen Effekt erzielen werde, sagte Grünen-Abgeordnete Julia Willie Hamburg. News4teaches / mit Material der dpa

Statement des VNL/VDR

HANNOVER. Nach Ansicht des Verbandes Niedersächsischer Lehrkräfte (VNL/VDR) dürfte das Sonderprogramm kaum dazu beitragen, die «desolate Unterrichtsversorgung» zu beheben.

„Es bleibt bei bruchstückhaften Maßnahmen, und das nur für wenige Regionen. Weder der akute Lehrkräftemangel noch die enorme Arbeitsbelastung wird dadurch in irgendeiner Weise behoben. Wir brauchen eine ganzheitliche Lösung und nicht immer wieder einzelne Maßnahmen, die werbewirksam verkündet werden“, so erklärt Vorsitzender Torsten Neumann.

„Das Hauptproblem ist doch, dass der Lehrerberuf gerade im nicht-gymnasialen Bereich nicht attraktiv genug ist, um junge Bewerberinnen und Bewerber nach Niedersachsen zu holen. Eine bessere Bezahlung der Lehrkräfte mindestens nach A13 wäre ein wichtiges Signal. Umzugskostenvergütung und eine Sonderzahlung von 94 Euro abzüglich Steuern werden nicht dazu führen, dass sich an der angespannten Lage insbesondere an den Ober-, Real-, Haupt- und auch Grundschulen etwas ändern wird. Wir müssen leider davon ausgehen, dass auch diese Aktion nicht ausreichen wird, um die bestehenden Probleme zu lösen.“

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Palim
4 Jahre zuvor

Ich danke dem Vorsitzenden des VDR, Torsten Neumann, dass er die Grundschulen zusätzlich zu den SekI-Schulen benennt.
Herr Tonne verschweigt einmal mehr, dass auch Grundschulen vom Lehrkräftemangel betroffen sind.