Lorz will Deutsch verstärkt fördern lassen – GEW: Lehrer sind überlastet

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WIESBADEN. Die Schulpolitik bleibt ein fortwährender Zankapfel zwischen der schwarz-grünen hessischen Landesregierung auf der einen sowie den Gewerkschaften und der Opposition auf der anderen Seite – trotz steigender Finanzmittel für den Kultus-Etat. Der Lehrermangel setzt den Schulen allerdings zu.

ucht händeringend Grundschullehrer: Hessens Kultusminister Alexander Lorz. Foto: Hesssisches Kultusministeriums
Unter Druck: Hessens Kultusminister Alexander Lorz. Foto: Hesssisches Kultusministeriums

An Hessens Schulen soll die Zahl der Pädagogen auch im kommenden Schuljahr 2020/21 steigen. Kultusminister Alexander Lorz (CDU) kündigte am Dienstag in Wiesbaden 750 zusätzliche Stellen für Lehrer und Sozialpädgogen an – wobei angesichts der Flaute auf dem Lehrerarbeitsmarkt fraglich ist, ob er die alle auch besetzen kann. Dazu kämen weitere Stellen für den Ausbildungsbereich, kündigte Lorz an. Finanziert werden sollen die Mittel für die insgesamt rund 900 neuen Stellen durch eine Aufstockung des Kultus-Etats.

Ausweitung der Stundentafel in der Grundschule

Als einen Schwerpunkt für das kommende Schuljahr nannte Lorz die Stärkung der Bildungssprache Deutsch mit einer Ausweitung der Stundentafel in der Grundschule um eine zusätzliche Stunde. Auch die Deutsch-Förderkurse, die begleitend zum regulären Unterricht laufen, sowie das Deutschangebot an den Berufsschulen sollen ausgebaut werden.

Weitere Ziele seien, den anhaltenden Lehrkräftebedarf zu decken und an den Schulen Teams mit sozialpädagogischen Fachkräften zu bilden, um die Lehrer zu entlasten, sagte der Minister. Zudem soll die digitale Kompetenz gestärkt werden. Dazu gehöre auch, dass alle Lehrkräfte in Hessen dienstliche E-Mail-Adressen erhalten. Die neuen Stellen seien alle unbefristet, betonte der Kultusminister.

Für die Bildungsgewerkschaft GEW gehen die Maßnahmen des Landes jedoch nicht weit genug. Generell sei die Lage an den Schulen nach wie vor äußerst angespannt, kritisierten die Vorsitzenden Birgit Koch und Maike Wiedwald. Es gebe viele Beschwerden über eine zu hohe Arbeitsbelastung und schlechte Arbeitsbedingungen. Ein großes Problem seien auch die fehlenden ausgebildeten Lehrkräfte. Nach Angaben des Minister liegt der Anteil der Quereinsteiger ohne klassische pädagogische Ausbildung über alle Schulformen in Hessen bei rund acht Prozent.

SPD und Linke: Grundschullehrer nach A13 bezahlen

SPD-Fraktionschefin Nancy Faeser kritisierte, dass vor allem für die Grundschulen zu wenig Lehrer zur Verfügung stehen. Deswegen müssten zusätzliche Studienplätze für das Grundschullehramt geschaffen und die Arbeitsbedingungen attraktiver gemacht werden. Dazu zähle auch die Anhebung der Besoldung für diese Pädagogen auf die Stufe A 13. Das hatte Lorz allerdings schon vor Wochen als derzeit nicht finanzierbar zurückgewiesen (News4teachers berichtete).

Für diesen Schritt sprach sich auch die Linke-Fraktion aus. Die Bildungsexpertin Elisabeth Kula mahnte, dass die zentralen Probleme an Hessens Schulen kaum mit den gegebenen Ressourcen gelöst werden könnten.

Im Haushaltsplan des Landes sind Mittel für das Kultusministerium von rund 4,2 Milliarden Euro für 2020 vorgesehen. Das entspricht einer Steigerung von 158 Millionen Euro im Jahresvergleich. In der kommenden Woche soll der Landeshaushalt in zweiter Lesung im hessischen Landtag beraten werden. dpa

Im Wortlaut

In einem Brief, den die GEW im Zuge der Haushaltsberatungen an alle Fraktionen im hessischen Landtag geschickt hat, fordert die Gewerkschaft ein Sofortprogramm für die Bildung in Höhe von 500 Millionen Euro. In dem Schreiben heißt es: 

„Generell fallen die Ausgaben für Bildung in Deutschland und auch in Hessen gemessen an den eigentlichen Erfordernissen viel zu gering aus. Zum einen ist die Bildungsinfrastruktur – also in erster Linie die Gebäudeinfrastruktur – häufig in keinem guten Zustand. In Deutschland insgesamt summiert sich der Investitionsstau gemäß der verfügbaren Studien auf rund 100 Milliarden Euro. Hiervon dürften wenigstens fünf Milliarden Euro auf Hessen entfallen. Wir möchten in diesem Zusammenhang nur an die drei wegen Einsturzgefahr geschlossenen hessischen Schulen im Jahr 2018 erinnern.

Ohne A13 für Grundschullehrer dürfte der Lehrermangel kaum zu beseitigen sein

Zum anderen sieht es mit Blick auf die Personalausstattung in allen Teilsegmenten des hessischen Bildungssektors nicht gut aus – hier ist eine deutliche Steigerung erforderlich. So fehlen, wenn angemessene Personalschlüssel zugrunde gelegt werden, in Hessen zwischen 9.000 und 10.000 Erzieherinnen und Erzieher.

Gerade die frühkindliche Bildung ist zu Recht in den vergangenen Jahren in den Fokus der Bildungsforschung gerückt: Bildungsprozesse in der frühen Kindheit legen die Grundlage für die Schulzeit und den weiteren Lebensweg. Für eine hohe Qualität in der frühen Bildung ist eine ausreichende Zahl von gut ausgebildeten Beschäftigten in den Kindertageseinrichtungen die zentrale Größe.

Im Schulbereich besteht ein erheblicher Mangel an ausgebildeten Lehrkräften, der sich in den nächsten Jahren erhöhen wird. An den allgemeinbildenden Schulen gilt dies insbesondere für die Grundschulen. Hier sollte Hessen endlich zur Besoldung nach A 13 wechseln. Aktuell bezahlen bereits sieben Bundesländer ihre Grundschullehrkräfte nach

A 13 und auch die Mehrheit der A 12-Bundesländer entlohnt ihre Lehrerinnen und Lehrer an den Grundschulen besser. Hinzu kommt, dass Hessen die höchste Pflichtstundenzahl aller Bundesländer aufweist. Unter diesen Bedingungen dürfte Hessen zukünftig immer größere Schwierigkeiten bekommen, den Lehrkräftebedarf zu decken.

Zudem steht gerade der Schulbereich durch die Umsetzung der Inklusion und dem — auch von der Landesregierung zumindest angekündigten — Ausbau des Ganztags vor der Aufgabe, den steigenden Fachkräftebedarf in den kommenden Jahren zu sichern. Zu bedenken ist dabei, dass eine sehr große Zahl von Lehrkräften schon jetzt über einen kaum noch zu bewältigenden Anfall von Aufgaben klagt. In den zu Hauf gestellten Überlastungsanzeigen der vergangenen Jahre werden zahlreiche Punkte angeführt, die die Arbeitsbelastung massiv erhöht bzw. die Arbeitsbedingungen verschlechtert haben – hierzu zählt unter anderem die Unterbesetzung an Schulen, zu große Klassen, die Erteilung von fachfremdem Unterricht, steigender Dokumentations- und Verwaltungsaufwand, befristete Beschäftigung, die weitgehende Verweigerung der Übernahme von Fortbildungskosten, die Übernahme von Hausmeistertätigkeiten und bauliche Mängel.“

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

A13 für alle Lehrer? Scheidender KMK-Präsident Lorz erteilt Forderung nach Gleichstellung eine Absage – zu teuer

 

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