Türkische Gemeinde: Viele Familien wünschen sich türkische Schulen

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BERLIN. Die Verhandlungen zwischen der türkischen und der deutschen Regierung über die Gründung von türkischen Schulen in Deutschland sorgen für Wirbel. Die CSU positioniert sich eindeutig: „Wir wollen keine Erdogan-Schulen in Deutschland“. Viele hierzulande lebende Türken wünschen sich aber offenbar, dass mehr Türkisch-Unterricht angeboten wird. Daran hapere es gewaltig.  

Hat es das deutsche Schulsystem versäumt, genügend Türksch-Unterricht anzubieten? Foto: Shutterstock

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, sagte der „Stuttgarter Zeitung“, dass es in vielen Familien mit türkischem Hintergrund den Wunsch nach türkischen Schulen gebe. «Die deutschen Schulbehörden haben es seit Jahrzehnten versäumt, neben anderen Fremdsprachen auch Türkisch als Wahlfach anzubieten.» Um Einflussmöglichkeiten der türkischen Regierung zu unterbinden, müssten die Schulen nach Ansicht Sofuoglus aber unter Aufsicht der Schulbehörden in Deutschland stehen.

„Was an Schulen gelehrt wird, muss zu unseren Grundwerten passen“

Der Präsident des Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, sagte der «Bild»-Zeitung, dass es keinen grundsätzlichen Anlass gebe, dagegen zu sein. Doch wenn man nicht genau aufpasse, könnten solche Schulen «integrationsschädigend» sein. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz, forderte eine Einhaltung kultureller Werte. «Klar muss sein: Was an Schulen in Deutschland gelehrt wird, muss mit unseren Grundwerten und Gesetzen übereinstimmen», sagte die CDU-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Klar gegen die türkischen Schulen stellte sich die CSU. «Wir wollen keine Erdogan-Schulen in Deutschland», sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Wer deutsche Schulen in der Türkei schließe, dürfe in Deutschland keine eröffnen, sagte Blume mit Blick auf die vorübergehende Schließung der deutschen Schule in Izmir.

Die Türkei darf – genau wie andere Staaten – nicht selbst als Schulträger in Erscheinung treten. Diese Rolle müssten private Vereine übernehmen. Die Verhandlungen, an denen neben der Bundesregierung auch die für Schulen zuständigen Bundesländer beteiligt sind, laufen laut Zeitung seit Sommer 2019. Ausgelöst wurden sie demnach durch die vorübergehende Schließung der deutschen Schule in Izmir durch türkische Behörden ein Jahr zuvor. Das türkische Erziehungsministerium hatte erklärt, dass der Schule die rechtliche Grundlage fehle.

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Rechtsgrundlage für deutsche Auslandsschulen absichern

Das geplante Abkommen mit der Türkei zielt dem Auswärtigem Amt zufolge darauf ab, «die Rechtsgrundlage für die deutschen Auslandsschulen in Ankara, Istanbul und Izmir abzusichern». Vergleichbare Abkommen gibt es nach Angaben eines Sprechers bereits mit über 20 Staaten. Wann die Gespräche abgeschlossen werden, sei noch offen. Ein Entwurf für ein Abkommen liege Hessen, Berlin und Nordrhein-Westfalen derzeit zur Prüfung vor.

Die Verhandlungen seien noch nicht abgeschlossen, betonte NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP). «Wer in Nordrhein-Westfalen Schule machen will, muss sich an die Spielregeln des NRW-Schulgesetzes halten.» Das Land überwache die Einhaltung aller schulrechtlichen Standards. Für alle Schulen – egal ob öffentlich oder privat – gelte uneingeschränkt das Schulgesetz. «Es gibt keinen diplomatischen Rabatt.»

An vielen öffentlichen Schulen des Landes werde herkunftssprachlicher Unterricht bereits durch landesbedienstete Lehrkräfte angeboten, unterstrich die Ministerin. Bundesweit nehme NRW hier sogar eine Vorreiterrolle ein. «Von insgesamt 936 Lehrerstellen, die wir hierfür zur Verfügung stellen, entfallen 403 auf das Fach Türkisch», berichtete Gebauer. «Der herkunftssprachliche Unterricht wird in insgesamt 23 Sprachen angeboten.» News4teachers / mit Material der dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

 

Türkei will eigene Schulen in Deutschland gründen – Erdogan macht Druck

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11 Kommentare
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xxx
4 Jahre zuvor

Als zweite, besser dritte Fremdsprache kann man türkisch gerne einrichten, auf keinen Fall aber als Ersatz für Englisch. Global gesehen spielt türkisch keine Rolle, chinesisch wäre so gesehen viel relevanter.

lehrer002
4 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Bei diesem Thema bin ich ganz bei Ihnen:
Als dritte oder vierte Fremdsprache für interessierte Schüler gern. Erste und zweite Fremdsprachen sollten ausschließlich wichtige (E, F, L, S) sein. Danach sollte jeder nach seinen Interessen erweitern können. Aber es ist nicht notwendig, dass jede Schule Türkisch anbietet, es bietet ja auch nicht jede Schule Italienisch, Schwedisch oder Polnisch an.
Außerdem ist das Erlernen der Herkunfts- oder Muttersprache, wenn es seitens der Familie gewünscht ist, meiner Meinung Privatsache.

Ignaz Wrobel
4 Jahre zuvor
Antwortet  lehrer002

Und wer benötigt Latein als gesprochene Sprache in seiner praktischen Anwendung ?
Welche Anzahl an Studierenden hat jemals Latein benötigt, außer dass diese theoretische Sprache als Bedingung für ein Studium der Theologie, der Geschichte partiell benötigt wurde oder eben als eine Grundvoraussetzung für ein Studiums des Lehramtes als Zugangsberechtigung willkürlich festgeschrieben wurde.
Latein erscheint mir schon eher als ein alter Zopf, dem viel zu viele Schüler auf Grund von traditionellem Denken der Eltern, sowie deren laienhaften Vorstellungen über das Studium der Medizin ausgesetzt sind. Hinzu kommen die vielen Altphilologen, die sich etwas auf ihre geringen praktischen Lateinkenntnisse etwas einbildenden, anderen sprachlich voraus zu sein und sich in ihrer Eitelkeit ergeben.
Das merkt man dann, wenn zu irgendwelchen Gelegenheiten ein hängengebliebener Spruch herausgehauen wird und der Rest der Belegschaft ob des tollen Spruches in Erstaunen versetzt werden soll.
Da texte ich den betreffenden Kollegen dann mit einem Sprachgewitter an Französisch zu oder nerve diesen, indem ich mit diesen Französisch spreche.

lehrer002
4 Jahre zuvor
Antwortet  Ignaz Wrobel

Meiner Meinung nach sollten Latein- und Französischunterricht sich nicht ausschließen und konkurrieren. Im Idealfall sollte ein Gymnasiast beide Sprachen beherrschen. Französisch ist eine wichtige Sprache in globaler politischer, ökonomischer und kultureller Hinsicht. Gleichzeitig bedeutet, Latein zu lernen, unseren Wurzeln auf der Spur zu sein.
Das Unwissen über das Medizinstudium scheint ein allg. Trend zu sein, frei nach dem Motto: Mein Abi ist gut, also studier ich Medizin, ohne mir im Klaren zu sein, was das bedeutet. Auch wenn ich als Lehrer Latein nicht alltäglich brauche, so ist nachgewiesen, dass es z.B. hilfreich ist, die Sprache zu beherrschen, da Lateinkenntnisse oft einen sehr guten deutschen Sprachgebrauch zur Folge haben. Außerdem gehört Latein zur Allgemeinbildung!

Abgesehen davon, haben Sie den Artikel gelesen? Lateinunterricht ist dort gar nicht Thema – und auch nicht der Anlass meines Kommentars gewesen;)

Milch der frommen Denkungsart
4 Jahre zuvor
Antwortet  lehrer002

@lehrer002:

Ich fühl‘ mich von Ihrer Kritik, die im letzten Satz mitschwingt, ebenso angesprochen – und Sie haben
damit völlig recht.
Deshalb schweig‘ ich nun auch davon.

xxx
4 Jahre zuvor
Antwortet  Ignaz Wrobel

Als tote Sprache ist Latein im Alltag tatsächlich nicht notwendig. In diesem Sinne ist Spanisch sinnvoller, aufgrund der Globalität sogar auch wichtiger als Französisch. Zum Thema Türkisch als Fremdsprache haben Sie aber nicht Stellung genommen.

Milch der frommen Denkungsart
4 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

xxx:
Einerseits ist es eine philologische Binse, dass Latein im Sinne des praktischen Sprachalltags mit keiner modernen Fremdsprache in Vergleich gesetzt werden kann; insofern ist diese Waffe, mit der immer wieder auf die humaniora (an meiner Schule wird ja sogar noch das Altgriechische gepflegt !) eingeschlagen wird, per se für eine stumpfe.
Zum anderen halte ich das Französische allein schon aus historisch-politischen Gründen vor der Folie unserer Nachbarschaft bzw. blutigen Geschichte mit Frankreich für ungleich essentieller als Spanisch.

Milch der frommen Denkungsart
4 Jahre zuvor

@Ignaz Wrobel:

Da scheint jemand aber in diesem von Ignoranz getrübten Rundumschlag einen tiefsitzenden Minderwertigkeitskomplex mit Macht nach außen stülpen zu müssen.
Im Übrigen passt auf derlei schimmerlose Breitseite eine Senecasentenz, die ich Ihnen gerne sofort in Übersetzung gebe, um somit keine gallischen Donnerschläge zu provozieren:
„Die Bosheit trinkt den größten Teil ihres Giftes selbst.“

Vale !

Ignaz Wrobel
4 Jahre zuvor

Au revoir et à bientot !
On y soit qui mal y pense.

Ignaz Wrobel
4 Jahre zuvor

Wer möchte, dem soll es freigestellt sein, eben auch Türkisch zu erlernen und diese Sprache auch weiter zu vertiefen.
Mit dem Erlernen der französischen Sprache erlangt man die Möglichkeit, sich beruflich in zwei direkt angrenzenden und kulturell sehr interessanten Nachbarländern zu betätigen, und diese Chance wurde für einige meiner Kollegen zur beruflichen Alternative, so dass diese, dort in Frankreich, sehr schnell Fuß fassen konnten und dort seit längerem leben und arbeiten.
Bisher benötigte ich Latein nur sehr rudimentär in seiner praktischen Anwendung.
Gleichwohl bin ich mir wohl dessen bewusst, dass die deutsche Schriftsprache sich in enger Anlehnung an die lateinische Schrift mit dem Beginn der Bibelübersetzungen entwickelt hat und Deutsch dadurch erst in seiner heutigen Form seine sprachliche und schriftliche Gestalt annehmen konnte.
Die deutsche Schrift hat sich aber dann auch eigenständig weiterentwickeltund sich abgenabelt.
Es ist eben auch so, dass das Deutsche eine eigenständige Schriftsprache mit eigenen Regeln ist, die auf Grund der logischen Struktur in ihrer praktischen Anwendung durch strukturierte Einübungen leicht zu erlernen ist.

Heinz
4 Jahre zuvor

Sehr schwierig. Wenn man aber bedenkt, wie viele deutsche Schulen es im Ausland vor allem für Diplomatenkinder usw. gibt, und daran haben wir ein berechtigtes Interesse, dann kann man dieses Interesse anderen Ländern kaum abschlagen, auch wenn sie nicht unsere Werte vertreten.
Gut finde ich es zwar irgendwie nicht, aber ich denke man muss diesbezüglich abwägen. Wir wollen unsere Schulen im Ausland, und wir wollen das Verhältnis wegen so etwas nicht unnötig noch weiter gefährden. Wir reden hier ja nicht davon, dass es auf einmal in jeder Stadt eine türkische Schule gibt, sondern wir reden hier von von sehr sehr wenigen, die wiederum auch sehr wenig Einfluss hätten, ich glaube das wäre es dann vermutlich Wert.