Bestätigter Corona-Fall betrifft Elternpaar, die Frau ist Erzieherin: Kreis Heinsberg (NRW) schließt Schulen und Kitas

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HEINSBERG. Das Corona-Virus beeinträchtigt erstmals in Deutschland den Schul- und Kitabetrieb einer Region: Alle Einrichtungen im nordrhein-westfälischen Kreis Heinsberg bleiben bis einschließlich kommenden Montag geschlossen, weil ein dort beheimateter 47-jähriger Familienvater positiv auf den Erreger der Corona-Krankheit, Sars-CoV-2, getestet wurde. Seine Frau ist einem aktuellen Bericht zufolge Erzieherin. Auch bei ihr wurde mittlerweile das sogenannte Corona-Virus nachgewiesen. Das Paar hat zwei schulpflichtige Kinder.

Viele Passanten warten im Zweifelsfall lieber auf die Profis, bevor sie entschlossen eigene Reanimationsmaßnahmen ergreifen. Foto: Rettungssani /Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)
Der Mann und seine Frau wurden gestern Abend in die Uniklinik gebracht. (Symbolbild). Foto: Rettungssani /Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Die beiden wurden am Dienstagabend ins Universitätsklinikum Düsseldorf zur Behandlung gebracht. Der 47-Jährige – der nach dpa-Informationen unter einer Vorerkrankung leidet – habe sich nach Angaben des Kreises Heinsberg in kritischem Zustand befunden; auch seine 46-jährige Frau weise „Symptome einer Viruserkrankung“ auf, teilte das NRW-Gesundheitsministerium am späten Abend mit. Dass es sich bei ihr ebenfalls um einen Corona-Fall handelt, ist mittlerweile bestätigt. Das Paar hat zwei schulpflichtige Kinder, die laut „Spiegel online“ bislang keine Beschwerden aufweisen. Sie befänden sich mit ihrer Großmutter unter häuslicher Quarantäne.

Die 46-Jährige ist Erzieherin von Beruf. Die Einrichtung, in der sie arbeitet, bleibt bis auf weiteres geschlossen. Aktuell würden Tests bei den Kita-Kindern durchgeführt, bei ihnen seien Rachenabstriche genommen worden, heißt es. Wo sich das Ehepaar infiziert hat, ist unklar. Eine erste Vermutung, die Infektion könne durch einen Bekannten erfolgt sein, der sich geschäftlich in letzter Zeit in China aufgehalten hat, bestätigt sich nicht.

Schulen und Kitas öffnen erst am Dienstag wieder

Am Dienstagabend war der Krisenstab des Kreises Heinsberg zusammengekommen, um über den Fall zu beraten. Als erstes Ergebnis bleiben alle Schulen und Kitas im Kreisgebiet zunächst geschlossen. Wie Pusch später via Facebook bekannt gibt, werden die Einrichtungen erst am kommenden Dienstag ihren Betrieb wieder aufnehmen.

An einem Eingangstor des Heinsberger Kreisgymnasiums hängt am Mittwochmorgen ein Schild mit der Aufschrift «Die Schule bleibt heute geschlossen». Davon überraschte Schüler seien um 8.00 Uhr auf dem Schulhof nicht zu sehen gewesen, berichtet ein dpa-Reporter. Schulbusse fahren nicht.

Lehrer Arnold Frenken steht am Vormittag ohne Schüler da. Auch in der Gesamtschule Gangelt-Selfkant ist es für einen Vormittag ungewöhnlich still. Am Vorabend gegen 22 Uhr erhielt er von einem Freund die erste Nachricht vom ersten Corona-Fall in NRW. Kurz danach folgte dann die Information, dass auch ihre Schule am Mittwoch geschlossen bleibt. Jetzt arbeiten die Lehrer ohne Schüler und bereiten Unterricht vor.

Persönlich ist Lehrer Frenken nicht besorgt. Aber die Familie wird in den nächsten Tagen mehr einkaufen als sonst. Sicherheitshalber. «Es soll ja schon Hamsterkäufe geben», sagt er. Tatsächlich schieben in einem Supermarkt im Ort auffallend viele Menschen prall gefüllte Einkaufswagen vor sich her – ein älteres Paar stemmt sogar zwei. Das Coronavirus, sagen sie auf die Frage nach dem warum. Man weiß ja nie.

„Besuche in Gemeinschaftseinrichtungen“ vermeiden

Landrat Pusch ruft die Bevölkerung zu Ruhe auf. «Ich denke, diese Situation erfordert von uns allen etwas Disziplin. Aber wir sollten auch nicht in Panik verfallen», sagt der CDU-Politiker in einem auf Facebook veröffentlichten Video. Am Vormittag solle in Düsseldorf mit Ministerien über das weitere Vorgehen beraten werden. «Wir werden Sie über alle weiteren Maßnahmen unterrichten», kündigt er an. «Bitte verbreiten sie keine Falschnachrichten.»

Pusch sagt in dem Video, dass die Menschen im Kreis Heinsberg «Massenansammlungen oder Besuche in Gemeinschafteinrichtungen» wenn möglich vermeiden sollten. «Bleiben Sie, wenn es sich nicht vermeiden lässt, bitte zuhause», mahnt er. Auch wer Krankheitssymptome bei sich oder Bekannten feststelle, solle erstmal zuhause blieben und seinen Hausarzt anrufen. «Dieser weiß, wie in einer solchen Situation zu verfahren ist.»

Schwere Verläufe sind Ausnahmen

Der Freiburger Virologe Hartmut Hengel mahnt unterdessen, Infektionsketten möglichst zu unterbinden oder zumindest zu unterbrechen. «Das gelingt, wenn schnelle Erstdiagnosen gestellt und dann Weitergaben des Virus durch Isolation der Patienten verhindert werden», sagte der Leiter des Instituts für Virologie der Universität Freiburg. Es müsse vermieden werden, dass Menschen mit Beschwerden die Kliniken stürmen und das Personal anstecken, das dann wiederum weitere Patienten infizieren könnte.

Ein solcher Dominoeffekt sei fatal und könne durch das strikte Befolgen der Hygiene- und Pandemiepläne mit Vorgaben für jede Eskalationsstufe vermieden werden. «Die Kapazitäten der Krankenhäuser sind nicht nur beim Personal endlich, sondern auch bei Medikamenten, Betten und Beatmungsgeräten.» Das Risiko einer schweren Lungenerkrankung sei für die Mehrheit der Bevölkerung sehr gering, sagt Hengel. Schwere Verläufe bei Menschen ohne Risikomerkmale seien Ausnahmen. News4teachers / mit Material der dpa

Hintergund

In Deutschland waren schon vor einiger Zeit erste Infektionen mit Sars-CoV-2 (dem Coronavirus), das die Lungenkrankheit Covid-19 auslösen kann, nachgewiesen worden: vor allem bei einer Firma in Bayern, aber auch bei Rückkehrern aus dem chinesischen Wuhan. Diese Fälle führten aber nicht zu weiteren bekannten Ansteckungen.

Neben dem aktuellen Fall in NRW gibt es einen weiteren in Baden-Württemberg. Dabei handelt es sich laut tagesschau.de um einen 25-Jährigen aus dem Landkreis Göppingen. Er war nach Angaben des Sozialministeriums in Stuttgart kürzlich nach Italien gereist, dem mit inzwischen zehn Todes- und mehr als 300 Ansteckungsfällen größten Herd des Coronavirus in Europa. Der Mann habe nach seiner Rückkehr grippeähnliche Sympome gezeigt. Ihm geht es nach Angaben des Landesgesundheitsministeriums gut. Er liegt isoliert in einer Göppinger Klinik.

Nach dem Ausbruch einer Coronavirus-Epidemie in Italien gibt es nun in immer mehr europäischen Staaten Nachweise des Erregers: Österreich, Kroatien, das spanische Festland und die Schweiz hatten am Dienstag von Sars-CoV-2-Fällen berichtet.

Viele haben nur leichte Erkältungssymptome – oder gar keine

Viele Menschen, die sich mit Sars-CoV-2 angesteckt haben, haben nur leichte Erkältungssymptome wie Frösteln und Halsschmerzen – oder gar keine. Hinzukommen können Fieber, Husten und Atemprobleme, wie sie auch bei einer Grippe auftreten. Auch Kopfschmerzen oder Durchfall sind möglich. Die Inkubationszeit – der Zeitraum zwischen Infektion und Beginn von Symptomen – beträgt nach derzeitigem Stand meist 2 bis 14 Tage.

Vom Robert Koch-Institut (RKI) hieß es, Ziel in Deutschland sei es, eine Erkrankungswelle hinauszuzögern, um zu vermeiden, dass die Covid-19- und die derzeitige Grippewelle zusammenfallen. Behörden versuchen, den Fällen mit Hochdruck nachzugehen, um eine weitere Verbreitung des Virus möglichst zu verhindern. Dadurch soll die Belastung auf das Gesundheitssystem abgemildert werden.

Erster Corona-Verdachtsfall an einer Schule in Deutschland: Entwarnung!

 

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AvL
4 Jahre zuvor

Bei den Corona-Viren handelt es sich um eine Gruppe von sehr variablen RNA-Viren, die von einem Ursprungswirt eines Wirbeltieres auf andere Wirbeltiere überspringen kann.
Die ursprünglichen Wirte sind Vögel, Säugetiere und Fische.
Beim Übertritt auf den Menschen können grippeartige Symptome auftreten, die bei einer entsprechenden Vorerkrankung des Menschen, wie etwa beim Vorliegen eines Diabetes mellitus oder einer chronischen Lungenerkrankung, schließlich in Folge einer nachfolgenden bakteriellen Infektion nach Vorschädigung der Zilien und der Alveolen durch die Virusinfektion, eine bakterielle Lungenentzündung (Pneumonie) nach sich ziehen kann.
Gefährdet sind also immunsupprimierte Personen nach Chemotherapie, unter einer Cortison-Therapie oder einer Rheumaerkrankungstherapie mit MTX, Patienten mit angeborenen oder erworbenen Störungen des Immunsystems, ältere Personen, Menschen mit chronischen oder pulmonalen Vorerkrankungen (COPD, chronische Bronchitis , Silikose, Asbestose etc.)mit soliden Tumorerkrankungen und des Erkrankungen des blutbildenden Systems, Patienten mit Zustand nach Organtransplantationen in Folge immunsuppressiver Therapie, d.h. auch nach einer gerade erfolgten Bluttransfusion, da auch dort das Immunsystem kompromittiert wird.
Da zur Zeit keine Impfstoffe zur Verfügung stehen, gelingt es den weiteren Ausbruch nur durch eine Isolierung der Erkrankten zu erreichen, damit sich das Virus nicht weiter ausbreitet und mögliche Risikogruppe lebensbedrohlich erkranken können.
Ansonsten ist der Verlauf wie bei einer Grippe, die aber auch sehr hohe Todesraten nach sich ziehen kann.
Die Spanische Grippe verursachte nach Ende des ersten Weltkrieges zwischen 1918 und 1920 zwischen 25 und 50 Millionen Tote !
Um eine weitere Ausbreitung zu verhindern