Bildungsbotschafterin Maischberger: „Ohne Bildung keinen Fortschritt“

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Sandra Maischberger ist eine der bekanntesten Fernsehjournalistinnen des Landes. Heute bereut sie, das Bildungsangebot ihrer Schule zu wenig genutzt zu haben. Als Gründerin des Vereins „Vincentino“ für benachteiligte Kinder und Jugendliche wird die Moderatorin auf der didacta – die Bildungsmesse 2020 als Bildungsbotschafterin ausgezeichnet.

BILDNACHWEIS: MESSE STUTTGART

Frau Maischberger, Sie sind didacta-Bildungsbotschafterin 2020. Welche Rolle spielt Bildung heutzutage?
Ohne Bildung gibt es kein Wissen, keine Demokratie, keinen Fortschritt. Ich glaube, ohne Bildung gibt es auch weniger Lebenszufriedenheit. Die Schulzeit ist der Lebenszeitraum, in dem für einen jeden Menschen die Weichen gestellt werden. Was wir in der Schulzeit verpassen, ist unheimlich schwer oder gar nicht mehr aufzuholen.

Wie haben Sie Ihre Schulzeit erlebt?
Ich war keine besonders herausragende Schülerin, was den Fleiß angeht. Ich habe immer nur das gemacht, was mir Spaß bereitete und bin so durchgekommen. Aber ich habe von den nebenschulischen Aktivitäten unglaublich profitiert: Ich war im Schulorchester, bei der Schülerzeitung und der Theatergruppe und ich war Klassen- und Schülersprecherin. Für mein eigenständiges Denken wurde der Grundstein in der Schule gelegt. Ich bin heute nur enttäuscht von mir selbst, weil ich die klassischen Bildungsangebote meiner Schule allesamt ausgeschlagen habe. Ich kann kein einziges Gedicht aufsagen. Die große deutsche Literatur ist in der Schule völlig an mir vorbeigegangen. Ich habe mir in meinen 30 Jahren als Journalistin häufig gewünscht, ich hätte zwischendurch ein bisschen besser aufgepasst.

2008 haben Sie den Verein „Vincentino“ gegründet, der Berliner Kinder aus sozial benachteiligten Verhältnissen Kultur und Bildung näherbringen möchte. Was hat Sie dazu bewogen?
Mit der Geburt meines Sohnes habe ich beschlossen, dass ich alle ehrenamtlichen Aufgaben, für die ich vorher viel reisen musste, auf Berlin fokussieren möchte. Dabei konzentriere ich mich auf das Thema Bildung, das mir sehr wichtig ist. Unser Verein kann nicht in die schulische Bildung eingreifen, weil das eine staatliche Aufgabe ist. Aber wir können da helfen, wo es um kulturelle Bildung geht und Angebote wie Musikpädagogik oder Medienbildung stärken. Wir möchten Lehrer bei ihrem schweren Weg unterstützen, auch Kinder aus bildungsfernen Familien zu erreichen. Das war unser Grundgedanke.

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Als Journalistin sehen Sie sich zurzeit öfters „Lügenpresse“- oder „Fake News“-Vorwürfen ausgesetzt. Wie können Kinder und Jugendliche in der heutigen Zeit mehr Medienkompetenz erlernen?
Indem Sie nicht nur konsumieren, sondern selbst Inhalte verbreiten, weiterleiten oder sich informieren. Kinder und Jugendliche müssen vor allem lernen, hinter die Kulissen zu blicken. Woher kommen die Dinge, die sie sich auf YouTube ansehen? Was ist meine Verantwortung, wenn ich selbst etwas ins Netz stelle? Wie kann ich kreativ mit Medien umgehen und nicht nur die Kreativität anderer konsumieren? Dazu bietet „Vincentino“ beispielsweise eine Medienwerkstatt an.

Wo sehen Sie generell in Deutschlands Bildungssystem den größten Handlungsbedarf?
Der Personalmangel ist das Augenfälligste. Den sehe ich auch jeden Tag als Mutter eines Schulkindes in Berlin oder bemerke ihn im Zuge der Vereinsarbeit. In Deutschland suchen wir händeringend nach Pädagogen. Es ist ein Versäumnis, dass man nicht frühzeitig genug junge Leute animiert hat, diesen Beruf zu ergreifen. Man könnte sicherlich bürokratische oder auch universitäre Hindernisse abbauen, um umzusteuern.

Vom 24. bis 28. März 2020 führt die didacta als weltweit größte und Deutschlands wichtigste Bildungsmesse wieder Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher, Ausbilderinnen und Ausbilder sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in Stuttgart zusammen.

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7 Kommentare
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xxx
4 Jahre zuvor

Zu Fortschritt gehört auch Elitenförderung, die leider nahezu komplett der Heterogenität und der „individuellen Förderung“ geopfert wurde.

Palim
4 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Elitenförderung wurde der Heterogenität geopfert?
Das verstehe ich nicht:
Wenn der Stellenwert der Heterogenität gering ist, müssen alle Gleiches akzeptieren. Dabei wäre „Elitenförderung“ gar nicht notwendig, da alles möglichst homogen sein soll und keinerlei Differenzierung erfolgen muss.

Individuelle Förderung hingegen eröffnet vielfältige Möglichkeiten, die auch begabten SchülerInnen zu Gute kommt.
In meiner Wahrnehmung ist dies erheblich stärker im Schulalltag verankert, als es früher war,
jedem steht offen, sich an herausfordernden Angeboten, an Aufgaben zu höheren Anforderungsbereichen, an Wettbewerben, AGs zu beteiligen,
offene Aufgabenformate geben Raum, sich auszuprobieren und zu zeigen, was man kann,
Enrichment bietet sich in vielen Fächern an und wird auch angeboten und kann von allen SuS angenommen werden, die sich dazu in der Lage sehen.

Individuelle Förderung steht der Herausforderung Begabter oder Hochleistender nicht entgegen.
Oder wollten Sie etwas anderes unter „Elitenförderung“ verstanden wissen?

xxx
4 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Bei einer durchschnittlichen Klasse haben Sie nicht die Zeit, sich auch um die guten und sehr guten zu kümmern, weil Sie die schwachen halbwegs auf Kurs und bei der Sache halten müssen. Die guten schaffen die anständigen Noten auch so, bei zu vielen schlechten Noten bei den schwachen aufgrund von Begabtenforderung gibt es vermeidbaren Stress mit der Schulleitung und/oder den Eltern.

Palim
4 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Woher wollen Sie wissen, wofür ICH Zeit habe?

Warum rechnen Sie die Förderung von Schwachen und die Herausforderung von Stärkeren gegeneinander auf und schließen Gleichzeitigkeit aus?

Gerd Möller)
4 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

@ xxx:
Wer hat was geopfert? Wieder so ein Satz ohne Substanz!

Warum ergreifen Sie in Ihrem Unterricht nicht Initiativen, um Schülern, die den Unterrichtsstoff bereits sehr gut beherrschen, individuell einen tieferen Einblick in den Schulstoff zu geben. Gerade im Mathematikunterricht ist es fast trivial, Aufgaben individuell so zu verändern, dass auch gute Schüler an ihre Leistungsgrenzen heran geführt werden können.
Sie aber verstecken sich permanent hinter imaginären vermeintlichen Hindernissen, die Sie daran hindern, selber Verantwortung für die Förderung aller Schüler zu übernehmen.
Finden Sie nicht selber, dass dies Ihre Aussagen unglaubwürdig macht?

xxx
4 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller)

„Warum ergreifen Sie in Ihrem Unterricht nicht Initiativen, um Schülern, die den Unterrichtsstoff bereits sehr gut beherrschen, individuell einen tieferen Einblick in den Schulstoff zu geben.“

In einem Leistungskurs tue ich das durchaus, nur reichen die Algebrafähigkeiten der Schüler dafür kaum und das Zentralabitur prüft mittlerweile weniger Mathematik ab als sinnentnehmendes Lesen und Knõpfchendrücken auf dem Taschenrechner.

unverzagte
4 Jahre zuvor

eine von xxx thesen, die auf geistiges privateigentum verweisen.