Studie: Akademiker holen beim Gesamteinkommen erst spät auf (liegen dann aber vorn)

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STUTTGART. Akademiker verdienen am besten? Laut einer Studie haben in den meisten Lebensphasen andere Gruppen beim Einkommen die Nase vorn.

Die Zeit der Gratiskonten ist vorbei. Foto: Ralf Schulze / Wikimedia Commons (CC-BY-2.0)
Akademiker liegen beim Lebenseinkommen vorn – aber nur knapp. Foto: Ralf Schulze / Wikimedia Commons (CC-BY-2.0)

Meister und Techniker liegen beim Gesamteinkommen die meiste Zeit ihres Lebens vorn. Erst mit Anfang 60 werden sie von den Akademikern überholt, die dann durchschnittlich ein höheres Lebenseinkommen haben. Das geht aus einer Untersuchung des Tübinger Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) hervor, die der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) am Donnerstag in Stuttgart vorstellte.

Für die Studie untersuchten die Wissenschaftler des IAW das Lebenseinkommen von 12 453 Personen der Jahrgänge 1948 bis 1986, also das Geld, das sie bis zu einem bestimmten Alter insgesamt verdient hatten. Die Wissenschaftler hatten Zugriff auf die anonymisierten Sozialversicherungsmeldungen der Untersuchten und konnten daher exakt berechnen, wie viel Menschen mit einer bestimmten Bildungsbiografie zu einem bestimmten Zeitpunkt verdienten.

Ein Studium hat sich demnach in der Vergangenheit erst mit Mitte 30 finanziell gelohnt: Bis zu einem Alter von 35 hatten Akademiker weniger Lebenseinkommen angesammelt als Menschen mit Ausbildung. Die hätten in der Phase die Nase vorn, in der Hausbau und Familiengründung wichtig seien, sagte BWIHK-Präsident Wolfgang Grenke. Mit 35 hatten Menschen mit Ausbildung und Studium um die 260 000 Euro verdient, Meister und Techniker kamen zu dem Zeitpunkt schon auf rund 355 000 Euro.

Beließen es Menschen bei einer Ausbildung und machten keine Weiterbildung, fielen sie laut der Studie aber im Laufe des Arbeitslebens zurück und verdienten insgesamt rund ein Drittel weniger als Akademiker sowie Techniker und Meister. Mit 65 hatten Menschen nur mit Ausbildung insgesamt rund 962 000 Euro, Meister und Techniker rund 1,41 Millionen Euro und Akademiker rund 1,45 Millionen Euro brutto verdient.

Die Studie unterscheidet nicht nach einzelnen Berufen, außerdem sind etwa auch Personen eingerechnet, die zwar einen Abschluss erwarben, dann aber arbeitslos wurden oder aus anderen Gründen lange nicht arbeiteten. Die absoluten Zahlen sind laut dem Studienautor Tobias Brändle vom IAW daher weniger aussagekräftig als ihr Verhältnis zueinander.

Laut der Studie hatten Personen, die erst eine Ausbildung machten und dann noch ein Studium draufsetzten, am Ende fast genauso viel Lebenseinkommen angesammelt wie diejenigen, die direkt studierten.

Personen ohne Abschluss verdienten demnach am Ende des Arbeitslebens rund 822.000 Euro und damit knapp 15 Prozent weniger als Menschen mit Ausbildung. In die Kategorie «ohne Abschluss» fallen auch etwa Studienabbrecher, die tendenziell einen guten Bildungshintergrund haben. Ungelernte konnten laut der Studie früher vor allem in der Industrie noch gut verdienen. Tendenziell lohne sich eine Ausbildung heute mehr als früher, sagte Brändle vom IAW.

Nach Einschätzung des Zentrums für Bildungsökonomik am Münchner ifo Institut deutet vieles darauf hin, dass künftig vor allem Routine-Tätigkeiten gefährdet seien, zum Beispiel mechanische Tätigkeiten, aber auch Bürojobs mit routinisierbaren Tätigkeiten im Banken- oder Versicherungssektor. Dagegen dürften Tätigkeiten profitieren, für die soziale oder kreative Kompetenzen nötig seien. dpa

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2 Kommentare
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Gümnasiallehrer a.D.
4 Jahre zuvor

Süß, in der Phase des Hausbaus. Mit 35. Das ist heute doch eher die Ausnahme, außer bei wirklich gut verdienenden Ausbildungsberufen, die man BW nicht absprechen kann.

Ansonsten: Im Westen nichts neues.

dickebank
4 Jahre zuvor

Trifft nicht nur BaWü. Es gibt Industriebereiche, in denen immer noch gut verdient wird. Der sich abzeichendende Abbau von stellen im Bereich Automotive wird den Lohnabstand der Metaller zu anderen Branchen wieder verkürzen. IGMetall kann sich schon einmal den Verlauf der Lohnentwicklung der letzten Jahrzehnte bei IGBCE oder IGBAU ansehen. Der Lohnabstand zwischen den Industriegewerkschaften und den Dienstleistungsgewerkschaften schrumpft.