Corona-Krise: Deutschlands Schulsystem holpert sich in digitale Zeitalter

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BERLIN. Die Schulen in Deutschland sind zur Zeit geschlossen, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen. Das Internet soll nun dabei helfen, den Schulbetrieb aufrecht zu erhalten. Dafür ist Deutschland nur bedingt gerüstet, wie die vergangene Woche gezeigt hat. Es gibt allerdings auch positive Vorbilder.

Die staatlichen Lernplattformen haben unter der aktuellen Nutzerlast mit ihren Serverkapazitäten zu kämpfen. Foto: Shutterstock

Der Klassenraum der 8B an der Freiherr-vom-Stein-Schule in Fulda ist seit Tagen verwaist. Der normale Lehrbetrieb wurde eingestellt – so wie an den rund 32.500 allgemeinbildenden Schulen in Deutschland auch. Doch der Unterricht an dem Fuldaer Gymnasium geht online weiter. Im Mathe-Unterricht verweist Lehrer Uwe Rafler die Schüler nun auf seinen virtuellen Kollegen Daniel Jung, um «Punktbestimmungen bei linearen Funktionen» erläutern zu lassen. Jung ist auf YouTube mit seinem Mathe-Kanal ein Star. 630.000 Abonnenten schauen hier regelmäßig vorbei.

Der Direktor der Freiherr-vom-Stein-Schule, Ulf Brüdigam, kann zwar nicht auf eine große Online-Plattform aus einem Guss zurückgreifen. Doch die Kombination aus einer Cloud-Lösung der Stadt Fulda, einem Moodle-Server des Landes und den öffentlich zugänglichen Inhalten sorgt dafür, dass die Schülerinnen und Schüler nicht auf das Lernen verzichten müssen. «Wir bieten das auch als mobile App für das Handy an, denn quasi alle Schülerinnen und Schüler verfügen über ein Smartphone.» Beim Ansturm der ersten Tage waren die Download-Zeiten zwar länger als sonst, doch immerhin gingen die Anlaufstellen nicht in die Knie.

Fernunterricht zeitweise komplett lahmgelegt

In Bayern dagegen wurde der Fernunterricht zeitweise komplett lahmgelegt. Nach Schließung der Schulen ächzte die landesweite Online-Plattform Mebis bereits unter der starken Nachfrage. Als dann noch Cyberkriminelle die Plattform angriffen, stand das System etliche Stunden lang still. Bayern gehört aber immerhin zu den Ländern, die überhaupt eine halbwegs funktionierende Online-Plattform haben. Allerdings ist Mebis nicht für einen flächendeckenden Ersatz von geschlossenen Schulen ausgelegt. Und Experten verweisen darauf, dass das System technisch inzwischen in die Jahre gekommen sei.

Viel schlechter dran sind die Schulen in Baden-Württemberg. Hier wurden schätzungsweise 20 Millionen Euro in den Aufbau der Lernplattform «ella» versenkt. Wegen technischer Mängel wurde das System nicht in Betrieb genommen. Die Schulen im Südwesten müssen sich nun mit einer improvisierten Lernplattform herumschlagen, die in diesen Tagen auch nur schwer erreichbar ist.

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SchoolFox sichert jetzt die Schulkommunikation – auch in den Tagen der Corona-Krise. Foto: Shutterstock

Um die Schulkommunikation auch während Corona-Krise zu gewährleisten, brauchen SchulleiterInnen und LehrerInnen einen verlässlichen digitalen Kommunikationskanal. SchoolFox ist dieser Kanal.

Behörden, Schulämter und Ministerien empfehlen Schulen in der Corona-Krise den Umstieg auf digitale Kommunikationskanäle, wobei nur sehr wenige Anbieter auch die rechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Beispielsweise erfüllt WhatsApp die datenschutzrechtlichen Bedingungen NICHT und ist an Schulen verboten. Andere Kanäle hingegen brechen aktuell unter der Last der vielen Nutzer zusammen – sie sind dann einfach nicht mehr erreichbar.

SchoolFox sichert jetzt die Schulkommunikation. Garantiert! Der Schul-Messenger ermöglicht Schulen und Kitas eine direkte, einfache und DSGVO-konforme Kommunikation mit den Eltern und SchülerInnen – per App oder Web. Das wichtigste allerdings: SchoolFox ist für Sie als Lehrkraft oder Schulleitung sofort einsatzbereit.

Hier gibt es mehr Informationen dazu.

Am Hasso-Plattner-Institut (HPI) in Potsdam sieht man in dem teilweise desolaten Zustand eine Chance. «Generell sind solche Krisenzeiten oft auch Zeiten, wo notgedrungen Innovationen vorankommen», sagt Institutsdirektor Prof. Christoph Meinel. Das HPI, das der gemeinnützigen Stiftung des SAP-Mitbegründers Hasso Plattner gehört, hat mit der «Schul-Cloud» eine moderne Lernplattform entwickelt, die auch für den eigenen Lern- und Lehrbetrieb («openHPI») verwendet wird.

Die Schul-Cloud des HPI war ursprünglich dafür entwickelt worden, den Unterricht mit interaktiven Medien und Lernmethoden zu bereichern. Die Cloud ermöglicht den Kindern, Hausaufgaben digital zu empfangen und einzureichen. Nun hat das HPI das Konzept aber erweitert, um einen Fernunterricht zu ermöglichen. «Das ist kein 1:1-Ersatz für den herkömmlichen Unterricht, aber inhaltlich kann man eine Menge machen.» Die Kommunikation könne dabei in beide Richtungen laufen. Dabei würden auch die geltenden Datenschutzregeln eingehalten.

Thüringen, Brandenburg und Niedersachsen nutzen die Schul-Cloud bereits in Pilotprojekten, auch am renommierten Gymnasium Carolinum in Neustrelitz (Mecklenburg-Vorpommern). Dort kommuniziert Schulleiter Henry Tesch mit seinen Schülerinnen und Schülern auch über Instagram. Auf längere Sicht werde es nicht ausreichen, den Schülern über eine Lernplattform Aufgaben zu senden. Deshalb geht das Carolinum nun einen Schritt weiter. Am Donnerstag wurde für die 12. Jahrgangsstufe die erste Online-Stunde im Fach Geschichte abgehalten – in Form eines Online-Webinars, bei dem sich rund 60 Teilnehmer auch wie im analogen Klassenzimmer melden konnten. «Da haben auch Lehrer zugeschaut. Das ist auch intern eine Ermutigungsstrategie gewesen», sagte Tesch.

Digitale Lernsysteme im Unterricht sinnvoll nutzen

Aus Sicht von HPI-Chef Meinel ist es nun aber zunächst einmal die größte Herausforderung, auch die Schulen schnell anzuschließen, die noch nie mit der Cloud gearbeitet haben. «Meist fehlen da digitale Konzepte und das Grundwissen, wie digitale Lernsysteme im Unterricht sinnvoll genutzt werden können.»

Ein Vorbild könnte die Alemannenschule in der 7000 Einwohner-Gemeinde Wutöschingen im Landkreis Waldshut (Baden-Württemberg) sein, die im vergangenen Jahr mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet wurde. Die Gemeinschaftsschule koppelte sich schon vor Jahren vom Wirrwarr der landeseigenen Ressourcen ab und setzt seit 2011 im Kampf um das eigene Überleben auf die selbst entwickelte «Digitale Lernplattform» (DiLer), die wiederum auf der offenen Software Joomla aufsetzt. DiLer wird inzwischen auch anderen Schulen angeboten. Eine abgespeckte «Community Edition» ohne Video-Chat-Funktion und technische Dienstleistung ist frei. Eine «Partner Edition» kostet einmalig 1000 Euro sowie acht Euro pro Schüler und Jahr, um die Weiterentwicklung des Systems zu finanzieren.

«Wir in Wutöschingen haben E-Learning äußerst konsequent und nachhaltig eingeführt», sagt Lehrer Dieter Umlauf, der an der Schule die Oberstufe leitet. «Während in anderen Schulen Ausnahmezustand herrscht, geht bei uns der Betrieb recht reibungsfrei weiter.» An seiner Schule verfügen alle Schülerinnen und Schüler über ein iPad. «Wir kommunizieren im geschützten Raum über „DiLer“. Hier nutzen wir „Talkie“ zur Live-Kommunikation in Wort, Schrift und Bild, tauschen Materialien aus, und der Unterricht geht weiter.»

Schülerzentrierte Konzepte für den Unterricht

Zum Online-Konzept der Schule, die auf herkömmliche Klassenzimmer verzichtet, gehört aber nicht nur die reine Konnektivität. Es werden auch neue Konzepte wie das «Challenge Based Learning» praktiziert, gegen die sich manche konservative Lehrer noch mit Händen und Füßen zur Wehr setzen. Bei diesem Konzept werden Ziele formuliert, aber keine Lösungswege vorgegeben. «Die Schüler sind also gefordert, sich selbst einzubringen und können so am ehesten ihre Fähigkeiten bei der Lösung eines Problems einbringen», sagt Umlauf. Und dieses Konzept funktioniert auch in Zeiten der Coronavirus-Krise. Von Christoph Dernbach, dpa

Moodle nachgebessert

STUTTGART. Das baden-württembergische Kultusministerium hat die Lernplattform Moodle verbessert. Um die die Plattform stabil zu halten, sind nach Angaben vom Montag zusätzliche Serverleistung und Speicherkapazität gekauft worden. So sei man auch perspektivisch für weiter steigende Zugriffe gewappnet, wird Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) in einer Mitteilung zitiert. Nach den Schulschließungen wegen der Corona-Krise war die Lernplattform vergangene Woche zeitweise überlastet.

Laut Kultusministerium wurden etwa 4000 neue Moodle-Accounts für Schulen eingerichtet. Die Zahl der Aufrufe der neuen Zugänge habe sich innerhalb von vier Tagen auf 900 000 mehr als verzehnfacht. Die Schulen, die die Lernplattform bereits genutzt haben, riefen die Seite am Mittwoch demnach 12 Millionen Mal auf. Einen Tag später waren es bereits knapp 20 Millionen Aufrufe.

Das Kultusministerium hatte Moodle als Lernmanagementsystem bereitgestellt. Das kostenlose Instrument für interaktiven Unterricht ermöglicht es, Lerngruppen zu bilden, den Schülern Aufgaben und Materialien zuzuleiten und Arbeitsergebnisse zu bewerten. Moodle wird seit vielen Jahren von einigen Schulen sowie in der Lehrerfortbildung eingesetzt und weiterentwickelt. dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Ministerien setzen in der Corona-Krise auf digitalen Unterricht – Lehrer und Schüler müssen sich durch instabile Plattformen quälen

 

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Heinz
4 Jahre zuvor

Wem es nicht auffällt, NRW wird überhaupt nicht erwähnt, das könnte daran liegen, dass man hier einfach in dieser Krise nichts macht oder plant.
Wenn ich mir die zumindest schlecht funktionierenden Systeme der anderen Bundesländer durchlese, scheinen die ja immerhin einen Schritt in die richtige Richtung gemacht zu haben, auch wenn es für diese Krise einfach zu spät ist (hätte man sich halt vorher überlegen müssen). In NRW bieten die meisten Schulen ihr Unterrichtsmaterial per Email oder auf der Schulhomepage an. Cloud? Lernplattform? Sowas gibt es in NRW nicht. Datenschutz, Urheberrecht und fehlender Ausstattung sei Dank. Was erwartet man aber auch, wenn man jeden Tag einfach froh ist, dass viele Schulen einfach noch stehen.